In der Tat, da gebe ich panta rhei Recht, sehe ich die oft kolportierte Zerstörung der tragenden Bauteile nicht als das Hauptargument für hydraulische Scheibenbremsen. Das wirkt recht suggestiv und scheint ein Killerargument zu sein. Es fehlt dabei aber meist völlig der Blick auf die Verhältnismäßigkeit: wieviel Verzögerungshöhenmeter bei welchem Gewicht zu welchen äußeren Bedingungen in welcher Zeit. Fahrten in der norddeutschen Tiefebene, Jahreskilometer unter 1000, Ausschluß von nennenswert häufigen Schlechtwetterfahrten, niedriges Gesamtgewicht: jeder dieser Faktoren können die Lebensdauer der Felgen gerne über die des Restfahrrads oder gar des Fahrers ansteigen lassen. Die geschickte Auswahl geeigneter Reibepartner tut ein Übriges.
Umgekehrt können Bremsen, die nicht reibend auf die Felge einwirken, ein großer Fortschritt sein, wenn die genannten Faktoren umgekehrt ausfallen. Die pauschale Aussage, Felgenbremsen machen Felgen kaputt und sind deswegen zu vermeiden, ist daher ebenso zutreffend, wie die Behauptung, nachts sei es kälter als draußen.
Das einzige, für mich entscheidende Merkmal ist der Bremsvorgang als solcher. Es entfallen die Übertragungsverluste durch Bowdenzüge und durch Nachgiebigkeit der Cantisockel = Punkt 1, und die zur Erzielung eines vergleichbaren (!) Verzögerungseffektes notwendigen Handkräfte werden sehr deutlich gesenkt = Punkt 2. Keine Bremsenart kann diese beiden Punkte so entscheidend verknüpfen wie die hydraulische Scheibenbremse.
Aus allen genannten Merkmalen kann aber offensichtlich keine objektiv zwingende Bevorzugung irgendeiner Bremsenart abgeleitet werden. "Geschmacksache" allerdings finde das nicht, denn Geschmäcker sind nicht rational vergleichbar, technische Gegebenheiten aber schon. Es gibt dabei immer einen handfesten Grund, warum man sich für eine Variante entscheidet und der liegt in der Sortierung eben der objektiv gegebenen Präferenzen, nicht aber in einer nebulosen Ebene namens Geschmack.