Es juckt mich jetzt hier doch mal, was dazu zu schreiben. Mir fehlt bei dem Ganzen etwas der Bezug zum Eigentlichen. Zum Radreisen. Ich glaube, der Blick auf Transport, vor allem was Bahn betrifft, erfolgt hier nicht unabhängig davon, wie man radreist.

Ich hab hier schon mitbekommen, dass es mindestens zwei Fraktionen gibt, und die eine davon plant eher "konservativ". Man landet in der Regel 17 Uhr an, und/oder wählt sein tägliches Pensum jedenfalls so, dass da nicht viel schief gehen kann. Diese Fraktion kann auch eine Reise von 10 oder 20 Tagen vermutlich noch exakt durchplanen. Denn wer so radreist, geht ja nicht grad bis zum Äußersten.
Dann gibt es die andere Fraktion, diejenigen, die täglich versuchen, so weit zu kommen, wie sie eben schaffen. Und das Viel-Schaffen ist dabei im Fokus. (Wie viel Prozent das bei Euch sind, hab ich noch nicht herausgefunden.)

Ich denke aber, es dürfte klar sein, worauf ich hinaus will: Wer so radreist wie die zweite Fraktion, geht Risiken ein. Er/sie kann eigentlich unmöglich über mehrere Tage wissen, wie weit er/sie kommt. Vielleicht gibt es dann wieder die Supertrainierer, die ihren Körper perfekt kennen, aber selbst die sind nicht völlig unabhängig vom Wetter. Für die anderen kommen noch mehr Risiken hinzu. Man kann krank werden, man kann im Zelt oder Hotel schlecht schlafen und hat dann am nächsten Tag keine Lust, 180km zu radeln. Man kann seinen Trainingszustand oder Schwierigkeit der Strecke generell falsch eingeschätzt haben. Diese Fraktion kann eigentlich unmöglich bei einer Mehrtagestour wissen, wann genau man ankommt. Ich war manchmal schon einen oder gar zwei Tage zu früh wieder zu Hause, weil ich besser war, als ich gedacht habe (oder nicht genau genug geplant hatte). Umgekehrt musste ich auch mal abbrechen, weil unterwegs krank geworden (Corona).
Wer also so radreist, warum projiziert der nicht auch einen Teil der Demut gegenüber den Umständen (Wetter (Wind), Krankheit, unbekannte Streckenbeschaffenheit, etc.) auf die Bahn? Also, wenn ich sowieso nicht weiß, ob ich 9 oder 10 Tage für die Tour brauchen werde, kann ich dann nicht auch akzeptieren, dass mal ein Zug ausfällt und ich ungeplant übernachten muss, oder mich mit Bummelzügen irgendwie durchschlagen muss, oder was weiss ich.

Im Umkehrschluss, wer hier so auf die Bahn schimpft, ist das vielleicht die Fraktion, die sich täglich ein sehr gemütliches Kilometerpensum vornimmt? Anders kann ich es mir nämlich nicht vorstellen. Oder sind es die Super-Performer, die Extremes leisten, und ihren Körper so genau kennen, dass sie wissen, dass sie diesen ambitionierten Zeitplan auch einhalten werden? Für die ist es natürlich ärgerlich, wenn der Hochleistungsplan durch die Bahn durcheinander gerät (das ist jetzt mit hohem Respekt gesagt und ohne jede Ironie).

Wer aber sowieso mit Unwägbarkeiten unterwegs rechnen muss, weil er jeden Tag so weit versucht zu kommen wie er schafft, und nicht alle Umstände wie die eigene Leistungsfähigkeit, das Wetter, etc. so ganz genau einschätzen kann, der wird sich doch nicht ernsthaft aufregen, wenn bei der Bahn mal was schief geht. Weil ja auch an 'zig anderen Stellen während der Radreise was schief gehen kann.
Grüße
Christoph