18. Tag: Freibier
Sancti Spiritus – Trinidad (84 km)
Dienstag, 21. November (sonnig/bewölkt)

Um 2.30 Uhr erreichte der Bus Sancti Spiritus. In drei Stunden sollte die Sonne aufgehen. Ich setzte mich in eine Ecke und schrieb weiter am Reisetagebuch. Im Laufe der Zeit begann ich mehr und mehr zu frieren. Jede halbe Stunde wurde es ein Grad kälter. Um 5.30 Uhr kamen die ersten Verkäufer ins Busterminal und ich kaufte mir ein Schinkenbrötchen und einen heißen starken Kaffee. Selbst um 6.00 Uhr war es noch stockdunkel und die Temperatur fiel bis auf 14° C.
Um 6.15 Uhr begann endlich die Dämmerung. Mit dem ersten Tageslicht fuhr ich los, weil mir kalt und die Warterei zu blöd war. Minütlich wurde es heller und dabei fiel mir auf, dass mein Radcomputer keinen Impuls erhielt. Die blöde Busfahrerei, immer wird etwas verbogen. Aber der Sensor stand in der richtigen Position. Ich suchte meine Ersatzbatterien und tauschte diese, aber immer noch erhielt der Radcomputer keinen Impuls. Jetzt war ich mit meinem Latein am Ende. Aus Verzweiflung kratzte ich die Kontakte ein wenig mit dem Messer frei, und wie durch ein Wunder funktionierte der Computer wieder. Diese Aktion kostete mich ein paar Nerven und 45 Minuten. Wenige Minuten zuvor wartete ich fast vier Stunden im Busbahnhof und langweilte mich.
Ich verfuhr mich auf den Weg ins Zentrum von Sancti Spiritus ein wenig, gelangte dann aber doch zum Platz „Parque Maceo“. Das Fahrrad durfte mal wieder nicht auf den Platz. Ich fotografierte die herausgeputzten Gebäude und wollte anschließend das Rad durch die Fußgängerzone zum „Parque Serafin Sánchez“ schieben. Ein Wachmann hielt mich auf. Keine Fahrräder in der Fußgängerzone! So langsam verlor ich die Geduld. Ich stellte das Rad einfach vor dem Wachmann ab. Eine Antwort wartete ich gar nicht ab und zog los, um ein paar Fotos von der Fußgängerzone mit den Kunstfiguren zu machen. Wieder zurück am Rad bedankte ich mich artig fürs Aufpassen und fuhr zum Platz „Parque Serafin Sánchez“ und weiter zum Platz „Honorato“ mit der Kirche „Parroquial Mayor del Espiritu Santo“. Ich fotografierte sie und fuhr zur sehr schönen Yayabo Brücke, die durch das erste Sonnenlicht erstrahlte. Dort gab es einen einladenden Frühstücksstand. Gestärkt durch zwei perros calientes (Hot Dogs) und einen starken Kaffee verließ ich Sancti Spiritus. Die Stadt hat mir recht gut gefallen.
So langsam begann die Sonne zu wärmen und an einer passenden Stelle entledigte ich mich der warmen Kleidung. Vor der Weiterfahrt entdeckte ich, dass meine Kette total verdreckt war. Erst kratzte nur grob den Dreck weg, entschied mich dann aber doch für eine gründliche Reinigung. Wieder verschwendete ich 45 Minuten. Auch das hätte ich heute morgen im Busbahnhof erledigen können. Die Strecke nach Trinidad war sehr schön. Es ging zuerst einen Hügel hinauf. Die Straße ging immer leicht hoch und runter, eingerahmt von dem Gebirge von Sancti Spiritus. Die Felder rechts und links der Straße wurden immer weniger und konnte ich am Horizont bereits die Sierra del Escambray erkennen. Nach einem letzten Hügel wurde die Landschaft deutlich trockener und das Gebirge kam immer näher.
Mittlerweile war es bewölkt. In Manaca Iznaga gönnte ich mir in einer alten Hazienda ein Mittagessen. Ich wartete darauf, dass die Sonne wieder rauskommt, aber ich hatte Pech. Ich sah mir die Ausstellungsstücke der Hazienda an und wurde von den spielenden Kindern aufgefordert ein Foto zu machen. Das Wetter wurde nicht besser. Ich konnte nicht ewig warten und bestieg den 44 Meter hohen Sklaventurm. Über zum Teil wackelige Stufen kam ich nach oben. Von der Aussicht hatte ich mir mehr versprochen. Anschließend fuhr ich fünf Kilometer zur Casa Guachinago. Aber diesen, im Reiseführer empfohlenen Abstecher, fand ich uninteressant. Ich wendete und fuhr weiter nach Trinidad. Eine 300 Meter lange, knackig steile Stichstraße führt hinauf zum Aussichtssichtspunkt „Mirador de la Loma del Puerto“. Von dort hat man einen sehr schönen Überblick über das „Valle de los Ingenios“ (Zuckermühlental) mit dem majestätischen Escambray-Gebirge im Hintergrund. Ich genoss eine Weile die schöne Aussicht und kaufte mir in dem Café ein kühles Malzbier. Die letzten sechs Kilometer nach Trinidad waren ein Klacks.
In der Stadt angekommen, begab ich mich auf die Suche nach einer zentralen Casa Particular. Ich fuhr durch die ekelhaften Kopfsteinpflastergassen und entdeckte eine verschlossene Casa Particular. Ein cleverer Jinetero (Schlepper) schloss diese auf. Aber wir liefen nur durch das Haus und eine Querstraße weiter ging es in die Casa Particular seines Onkels. Die Leute waren nett, der Preis stimmte, das Zimmer war okay, was soll ich noch lange zögern? Ich nahm das Zimmer. Mein Privateingang lag zwei Querstraßen weiter. Ich holte das Rad und traf ich Nick, einen Deutsch sprechenden Engländer. Ich bezog kurz das Zimmer, wechselte die Kleidung und ging zu Nick, der vor der Pension wartete. Zentral gelegen war die Casa auf jeden Fall, zumindest ließen die Souvenirbuden vor meinem Zimmer keinen anderen Schluss zu. Nick lud mich auf ein Bier ein und wir unterhielten uns auf Deutsch. Es ist richtig schwierig konsequent langsam zu sprechen. Einen Satz brachte ich langsam heraus, aber unterbewusst fiel ich in mein normales Sprechtempo zurück. Eine Stunde lang tauschten wir auf dem Plaza Mayor unsere Reiseerlebnisse aus. Es herrschte fast optimales Fotowetter, dunkle Wolken in der Abendsonne. Ich musste unsere Unterhaltung das ein oder andere Mal unterbrechen, um ein Foto zu schießen. Nick verabschiedete sich von mir und ich wollte ein wenig planlos durch die Gassen schlendern. Aber ich kam nicht weit. Noch an der Plaza Mayor sah ich einen weiteren Reiseradler. Ich sprach Rob aus Holland an. Er wartete auf seine Frau, die schon mit dem Bus vorausgefahren war, aber er kam einen Tag zu früh in Trinidad an. Er lud mich ebenfalls auf ein Bier ein und wir suchten ein Lokal, um uns dort zu unterhalten. Das ist in Trinidad nicht so einfach, denn es gibt zwar jede Menge Lokale, aber alle haben Live-Musik. Nach dem Bier wechselten wir zu Mojitos und unterhielten uns recht lange. Rob ist schon von Tansania nach Kapstadt geradelt und arbeitet zurzeit als Projektleiter auf einer Großbaustelle im Oman. Wir zwei Weltreisende hatten viele Themen zu besprechen. Als es spät wurde lud ich Rob zu mir in die Casa ein. Jetzt mussten wir nur noch meine Unterkunft finden, denn ich hatte überhaupt nicht auf den Weg geachtet. Die Souvenirbuden waren alle abgebaut, aber nach kurzem Suchen fanden wir die Pension. Dort feierte meine Vermieterin gerade Geburtstag, und wir tranken noch das ein oder andere Bier auf Kosten des Hauses. Nach Mitternacht legten wir uns schlafen. Heute hatte ich echt einen im Kahn.