13. Tag: Traumstraße Teil 1
Santiago de Cuba – La Mula
Donnerstag, 16. November (sonnig)

Dreimal hintereinander Frühstück um 6.00 Uhr morgens. Ich glaube, Tanja war froh als auch ich abreiste und wieder normale Touristen bei ihr übernachteten. Ich trug mein Gepäck das Treppenhaus hinunter und ich erleichtert, als das Rad beladen vor der Eingangstüre stand. Das Rad wackelte unerhört. Hatte ich nach zwei Tagen plötzlich das Fahren mit Gepäck verlernt? Nach acht Kilometern hielt ich an und packte die Lowrider-Taschen neu, damit sie nahezu gleich schwer waren. Die linke Seite des Lowriders hatte etwas Spiel. Ich zurrte diese mit einem Kabelbinder fest. Das funktionierte wider Erwarten. Als ich um halb neun die Küste erreichte, begann die Sonne zu stechen.
An einem kleinen Fluss fragte ich nach dem Weg zu einem kleinen Wasserfall. Zwei Jungs boten sich sofort als Guides an. Ich nahm das Angebot an und in einem blumengeschmückten Haus konnte das Rad sicher abstellt werden. Durch ein wildes, idyllisches Flusstal gelangten wir nach einem kurzen Fußmarsch zu dem 3-4 Meter hohen Wasserfall. Darunter hat sich ein tiefer Pool mit kristallklarem Wasser gebildet. Selbstverständlich musste ich dort ein Bad nehmen. Es war herrlich. Bei der Rückkehr zum Haus war das vorbestellte Essen schon für mich hergerichtet. Es gab Avocadosalat mit frittierten Bananen. Dazu trank ich zwei Hatuey-Bier, dass eigentlich scheußlich schmeckt. Das erste verdampfte förmlich in der Kehle und ich benötigte das zweite zum Essen. Der Schock folgte, als ich nach der Rechnung fragte: 10 CUC für alles. Ich zeigte mich ziemlich unzufrieden, bezahlte aber. Wie schon gestern gesagt, erst nach dem Preis fragen! Lerneffekte stellen sich nicht ein.
Etwa 500 Meter nach dem Fluss sah ich die Kanonen eines versunkenen Schiffes aus dem Wasser ragen. Vielleicht sollte ich zukünftig Schnorchel und Taucherbrille einpacken, denn dort zu schnorcheln wäre sicherlich interessant gewesen. Aber so blieb es beim Fotostopp. Obwohl ich zeitig losfuhr, zeigte um 12.00 Uhr mein Tacho gerade mal 28 Kilometer an. Daher entschied ich mich, keinen weiteren Stopp am winzigen, aber schönen Strand von „Caletón Blanco“ einzulegen. Es jetzt ging überwiegend flach entlang der Küste, links das Meer und rechts die Sierra Maestra. Bisher war es eine sehr schöne Strecke. Zehn Kilometer vor Chivorico wurde die Strecke spektakulär. Dort konnte ich meine Vorräte ergänzen. Hier bekam ich Nudeln und die handtellergroßen Kekse werden hoffentlich länger halten als Brot. Jetzt muss ich mindestens 16 Kilometer pro Stunde fahren, um den Campingplatz in La Mula bei Tageslicht zu erreichen. Das würde nicht einfach werden, da ich nahezu jeden Kilometer ein Foto machen musste. Kurz vor La Mula tauchten Hügel auf, die es zu überwinden galt. Dieser Teil der Strecke entlang der majestätischen Sierra Maestra ist fantastisch. Man fährt kleine Hügel hoch und runter, um anschließend an felsige Strände zu gelangen. Ein paar Kilometer führt die Straße direkt entlang der Küste an senkrechten Felswänden vorbei. Dazu kam das fast perfekte Licht zum Fotografieren. Obwohl ich mich sputen musste, nahm ich mir die Zeit für das eine oder andere Foto. Ich weiß zwar nicht wie, aber ich erreichte zum Dämmerungsende den Campingplatz.
Im Dunkeln war es schwierig die Rezeption zu finden, denn neben dem fehlenden Tageslicht herrschte gerade Stromausfall. Nach den heutigen knapp 120 Kilometern nutzte ich Zeit zu einer Pause. Dabei stellte ich fest, dass die Taschelampe in einer Lowridertasche brannte. Um die Batterien zu schonen packte ich diese aus. Mit dem Licht der Taschenlampe konnte ich schließlich auch die Registrierung ausfüllen. Als ich gerade den Bungalow bezog, ging überall unter lautem Beifall das Licht wieder an. Nachdem ich mich geduscht hatte, klopfte es an der Tür. Roger nahm die Bestellung für das Abendessen auf. Ich hatte überhaupt keinen Hunger und nach langem Zögern bestellte ich dann doch das Huhn. Entgegen meiner Hoffnung, besteht von hier keine Möglichkeit, den mit 2000 Metern höchsten Berg von Kuba, den „Pico Turquino“ zu besteigen. Als Ausländer muss man selbst die ca. zehn Kilometer bis Las Curvas auf eigene Faust bewältigen. Das hieß für mich, entweder um 3.30 Uhr losfahren oder die Besteigung ausfallen zu lassen. Auf eine Nachtfahrt hatte ich keine Lust. Wieder strich ich einen Höhepunkt der Reise aus dem Programm.
Um 20.30 Uhr sollte das Abendessen serviert werden, aber ich musste bis 22.00 Uhr warten. Mittlerweile hatte ich sogar Hunger bekommen. Die Wartezeit verkürzte ich mit einem Bier und begann das zweite Buch zu lesen, „Im Feuer der Smaragde“ von Patricia Shaw. Nach dem Essen ging ich direkt ins Bett, denn nach der bisher längsten Etappe auf dieser Tour war ich müde. Da ich keinen Wecker stellte, hatte ich instinktiv die Entscheidung getroffen, die Besteigung des „Pico Turquinos“ abzublasen. Damit war ich nur noch einen Tag hinter der Planung zurück.