2. Tag: Touristenparadies Varadero
Varadero – Holguín (25 km)
Sonntag, 05. November (diesig)

Der Wind hatte über Nacht nicht an Stärke verloren. Bevor ich mich um meine fehlgeschlagene Buchung kümmerte, ging ich erst mal frühstücken. An dem reichhaltigen Frühstücksbuffet schlug ich mir so richtig den Bauch voll. Man weiß ja nie, wann es wieder etwas zu essen gibt. An der Rezeption hatte sich alles geklärt und die Kreditkartensicherung wurde vernichtet. Am Vormittag wollte ich baden gehen und suchte den Hotelstrand auf. Dort wehte mir eine steife Brise ins Gesicht und ich sah die rote Flagge im Wind tanzen. Mein Alternativprogramm war das Kennenlernen der Hotelanlage. Diese bestand aus zahlreichen Fressbuden und Sportanlagen. Nach 20 Minuten hatte ich die komplette Anlage abgelaufen. Da ich unbedingt schwimmen wollte, begab ich mich zum schönen großen Pool des Hotels. Ich schwamm meine Runden und wollte die restliche Zeit in Ruhe lesen. Kaum schlug ich die Seiten des Buches auf ,begann das lautstarke Animations- und Entertainmentprogramm. Mit der Ruhe war es vorbei und anstatt zu lesen, beobachtete ich ein paar Gäste, die Wasserball spielten. Der Poolbereich füllte sich mehr und mehr mit Menschen, die einfach auf einer anderen Wellenlänge ticken. Ich fühlte mich irgendwie deplaziert. Ich gönnte mir noch zwei Schinkensandwichs an der Poolbar und packte anschließend meine Sachen.
Um Punkt 12.00 Uhr checkte ich aus. Ich nahm das Gepäck gleich mit, anstatt dies noch für ein paar Stunden im Hotel aufzubewahren. Auf der Autobahn „Autopista Sur“ fragte ich mich, ob dies eine gute Idee war, denn es ging voll gegen den Wind. Mein erstes Ziel die Höhle „Cueva de Ambrosio“ war nur fünf Kilometer entfernt, aber ich musste auf das kleine Kettenblatt schalten, um überhaupt vorwärts zu kommen. An der Höhle angekommen war die Ticketbude nicht besetzt. Ich kramte meine Taschenlampe heraus und gönnte mir noch eine kleine Pause, bevor ich die Höhle besichtigte. In der Höhle war es drückend warm, man merkte den fehlenden Wind. Nach wenigen Metern entdeckte ich den Führer und schloss mich der Gruppe an. Zuvor bin ich achtlos an zahlreichen Taíno-Zeichnungen vorbeigelaufen. Beeindruckender als diese Zeichnungen sind die Fledermäuse, die zu Hunderten die Höhle bewohnten. Aufgescheucht vom Licht der Taschenlampe flogen diese um einen herum. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich so viele Fledermäuse. Nach der Führung unterhielt ich mit dem Führer, um mein Spanisch ein wenig zu verbessern.
Danach kämpfte ich mich weiter gegen den Wind zum Naturreservat „Reserva Ecológica Varahicacos“. Am Eingang bot mir der Wärter ein kühles Blondes an. Weil der Wind mich bisher genervt hatte, griff ich zu. Dort gibt es einen kurzen Wanderweg durch die ursprüngliche Vegetation der Halbinsel. Der dichten Pflanzenbewuchs erinnerte mich ein wenig an das australische Buschland. Am Anfang war der Weg gut ausgeschildert. Je weiter ich vorwärts kam desto seltener stieß ich auf Hinweisschilder. Es wachsen in diesem Busch neben den Büschen sehr viele Kakteen. Der Weg wurde zum Trampelpfad und ich folgte diesem zurück zum Ausgangspunkt. Hier gibt es die Hauptattraktion zu sehen, einen riesigen Kaktusbaum. Ich hoffte, dass der Himmel aufreißen möge, um ein vernünftiges Foto machen zu können, aber das glückte mir leider nicht. Ich schaute mir noch den Strand „Playa Calaveras“ an, von dem ich allerdings enttäuscht war. Es gab dort nur ein paar lieblose Sonnenschirme als Palmenersatz. Anstatt einer Badepause fuhr ich weiter.
Jetzt ging es zurück und mit Rückenwind kam ich sehr gut voran, bis mir eine hintere Satteltasche vom Rad fiel. Ein bisschen erstaunt war ich schon, wie die mir vom Rad fallen konnte. Nachdem ich sie wieder ordnungsgemäß am Rad befestigt hatte, fuhr ich mit mehr als 30 km/h über die „Autopista Sur“ zum Busbahnhof. Es lief so gut, dass ich neun Blöcke über das Ziel hinaus schoss. Die musste ich mich wieder gegen den Wind zurückkämpfen. Am Busbahnhof kaufte ich mir die Fahrkarte für heute Abend nach Holguín. Diese kostete mich 41 Pesos Convertibles (CUC).
Kuba ist ein Land mit einer Doppelwährung. Aufgrund mangelnder Devisen wurde der US Dollar als zusätzliche Währung eingeführt. 25 Pesos Cubanos entsprachen einem US-Dollar. Durch das Embargo der Vereinigten Staaten von Amerika wurde der US Dollar knapp. Kurzerhand verbot die Regierung den US Dollar und druckte als Ersatz eine eigene Devisenwährung, den Peso Convertible (CUC). Das Umtauschverhältnis von 1:25 zum Peso Cubano ist fix. Bei der Einführung des Peso Convertible war der Wechselkurs 1:1 zum US Dollar. Im Jahr 2006 hatte 1 CUC fast genau den Wert eines EUR. Es gibt Bestrebungen den EUR auch zur offiziellen Währung zu erklären.
Im Zentrum von Varadero, das es eigentlich gar nicht gibt, kaufte ich Vorräte für die nächsten Tage. Nachdem ich meine Notration aus Cola, Brot und Gebäck beschafft hatte, traf ich einen deutschen Langzeittouristen, der mir ein paar Tipps zur Lebensmittelbeschaffung gab. Die übrige Wartezeit, immerhin noch gut fünf Stunden, nutzte ich, um mich an den Strand zu legen. In einem Restaurant stärkte ich mich für die anstehende Busfahrt von immerhin zwölf Stunden. In der Busstation las ich und wartete auf den Bus. Beim Beladen musste ich noch zusätzlich 3 CUC (ca. 3 EUR) Fahrradgebühr, die es offiziell nicht gibt, bezahlen. Das ist meine Form der Entwicklungshilfe. Als alles verladen war und der Bus losfuhr, machte ich es mir bequem und ich schlief ein wenig.