Schwäbische Alb, Bodensee und ein Abschiednehmen
Für Schnellleser:
Meine Tour mit Rad und Zelt verlief mit wenigen Abstechern zum Übernachten und Einkaufen/ Essen entlang des Radwegs Schwäbische Alb (geprägt von schönen Landschaften, stillen Wäldern, teils abgelegenen Hügeln, für mich anspruchsvollen Anstiegen mit einer elend langen Schiebepassage) von Nördlingen über Bad Urach, Sigmaringen a.d. Donau nach Ludwigshafen/ Bodman am Bodensee (ca. 320 km und 4.400 Höhenmeter). Trotz Reisezeit (allerdings noch kurz vor den Schulferien in Baden-Würtemberg und Bayern) war in der Schwäbischen Alb nix los. Mir begegneten nur hin wieder ein paar Rennradler und E-Biker).
Dann ging es über Allensbach und Konstanz/ Kreuzlingen, Bregenz nach Lindau auf den Bodenseeradweg (ca. 100 km, 300 Hm). Vor allem in D und Ö war (zu) viel los, der Abschnitt durch die Schweiz ruhiger und sehr schön zu fahren, weil es dort fast keine Autoraser, gute Beschilderung weitgehend echte Fahrradstraßen und schöne Ausblicke auf den Bodensee nach links und auf tolle Wohnanlagen nach rechts gab. Der Kontrast war immens zu der Fahrt ab der Grenze von Ö nach Lindau auf herunter gekommenen Wegen, Fußgängergewimmel, unübersichtlicher Wegführung etc.
Aus Lindau war ich zum Glück schnell weg und es ging zuerst auf den Bodensee/ Königsseeradweg bis Syrgenstein. Dann zweigte ich ab auf den Oberschwaben-Allgäu-Radweg nach Isny und zuletzt von Isny auf dem Allgäuradweg nach Kempten (ca. 90 km, 930 hm). Dort war wieder wenig los und ich kann nur den Daumen hochhalten.
Das Allgäu gefällt mir immer wieder mit den hügeligen Landschaften und dem Blick auf die Berge. Den Bo-Kö Radweg bin ich in Teilabschnitten immer wieder gefahren. Nur der Abschnitt von Berchtesgaden bis zum Königssee war für mich ein Graus.
Ich hatte großes Glück mit dem meist sonnigen, regenfreien und für mich meist nicht zu heißen Wetter.
Schnellleser, die bis hier durchgehalten haben, dürfen noch die wenigen Fotos anschauen und sich dann anderen Beiträgen zuwenden.
(ich bin nicht so der Fotograf und mache nur mit dem Handy ein paar Erinnerungsbilder, meist mit dem zweirädrigen getreuen Gefährten, einem Koga-Miyata Terralineroval von 2002, eigentlich ein 28 Zoll-Stahlcrossrad, komplettiert zum Reiserad, nur noch Rahmen, Gabel, vordere Bremsschenkel und linke Kurbel sind Original. Alles andere ist infolge der vielen Kilometer teils mehrmals erneuert worden. In der Zeit von 2002 bis 2016 mein meist gefahrenes Rad, seitdem im Wesentlichen nur noch genutzt für meine Mehrtagestouren.).
Der nachfolgende Text ist geprägt vom Verlust meines Bruders, der während meiner Reise verstorben ist.
Mein Bruder war für mich seit meinem Umzug nach München vor fast 30 Jahren der beste Freund. Wir waren schon davor mit Rad und Zelt auf Elba und Korsika. Er hat mich mit dem Fahrradvirus infiziert und wir waren seit meiner Münchner Zeit an freien Tagen sehr oft im Doppelpack im Süden von München/ Alpenvorland unterwegs.
Wir hatten in den letzten Jahren unsere Tagestourenstandardstrecken von 70-100 km von München durch die Pupplinger Au nach Wolfratshausen, Eurasburg, ab und zu Bad Tölz, aber meist zum Ostufer am Starnberger See und dann zurück nach München auf der Olympiastraße oder den Forstenrieder Park. Wir sind sehr oft zusammen gefahren. Vielleicht hat uns manch einer gesehen mit unseren Erkennungsmerkmalen große Statur, relativ aufrechte Sitzhaltung, hinten zwei Ortliebtaschen, auffälligen gelben Warnwesten bei gemächlichem Tempo.
Am Sonntag, den 18.07. sind wir noch in (sich nicht bestätigter) Erwartung sich bessernden Wetters auf eine schnelle Pizza nach Wolfratshausen und dann über den Starnberger See zurück nach München. Mein Bruder wünschte mir noch schöne Tage in der Schwäbischen Alb und ich wollte schnell zurück nach Hause, um noch Zelt, etc. zu packen.
Inspiriert zur Schwäbischen Alb haben mich Jürgen „juergen“ der ohnehin mit soviel Herzblut das Forum vorantreibt (ich freue mich schon auf seinen Bericht und seine Berichte sind meiner Meinung nach hier absolute Highlights) und Matthias „veloträumer“ der schon so oft bis ins letzte Detail seine Touren hier präsentiert.
Ich bin von der Planung her ziemlich simpel gestrickt. Ich habe mir nur den Schwäbische Alb Fernradtrack auf mein Handy geladen und Zeltplätze herausgesucht und auf der Bayernfernradwegkarte des Verkehrsministeriums vermerkt. Ich habe als Notanker das Navikiprogramm, wenn ich etwa nicht weiß, wo ich bin oder einen Supermarkt suche, fahre aber wegen mangelnder Steckdose gerne den grünen Radwegenetzpfeilen und Hinweisschildern nach.
Mitgenommen hatte ich ferner eine alte Aral 1:400.000 Straßenkarte und eine zerfledderte ADFC Fahrradkarte, die ich vor 29 Jahren auf einer Tour von Lindau rund um den Bodensee und dann von Lindau nach München zurück zusammen mit meiner jüngeren Schwester gefahren bin. Mann, ist das lange her. Insofern war die Anschlussfahrt am Bodensee und zurück nach Kempten auch eine Nostalgiefahrt (für meine Schwester war es damals die letzte Zelttour :)).
Ich selbst hatte vorläufig 1993 das letzte Mal gezeltet und es dann erst wieder 2018 ausprobiert mit einem ausgeliehenen 3 Personenzelt von Aldi, einer Termarest Matte von 1993, die immer noch hält und einem zu kurzen Schlafsack.. Ich war bepackt mit 6 Taschen. Manche fragten mich, ob ich eine Weltreise machte. Dabei war ich nur von Petershausen zur Altmühl, Tauber nach Würzburg über Nördlingen zurück (auch etwa eine Woche).
Tag 1: mit dem Zug von München nach Nördlingen und mit dem Rad von Nördlingen zum Camping Hirtenteich in Essingen.
In euphorischer Stimmung (ich hatte keine Verpflichtungen in München und auch bestes Wetter) von zuhause zum Münchner Hauptbahnhof geradelt. Verdammt viel Betrieb. Dann hatte der Schwabenexpress auch noch Verspätung. Blöderweise ist im Schwabenexpress das kleine Fahrradabteil verengt durch einen zusätzlichen Sitzplatz (Schwaben halt!). Aber ich hatte nette Mitfahrende mit Fahrrädern, wir gaben uns gegenseitig Tipps und die ohnehin kurze Fahrt nach Donauwörth war kurzweilig. In Donauwörth war die Umsteigezeit verkürzt durch Verspätung. Dann wird der Bahnhof auch noch zur Zeit umgebaut und es ging über 4 Treppen mit viel Gewuchte gerade noch rechtzeitig in den Anschlusszug nach Nördlingen. Dann im Zug großer Schreck: ich hatte bei der Umsteigerei meine Bayernradkarte mit den vermerkten Zeltplätzen, die alte ADFC Karte und das Fahrradticket verloren. Zum Glück wurde ich nicht kontrolliert und in Nördlingen ging es in den Buchladen und die hatten eine aktuelle Bodensee/ Schwäbische Alb ADFC-Karte. Ein Riesenfortschritt zur alten Karte, auch mit dem Radweg, den es damals noch nicht gab.
Man wird auf dem Radwanderweg zunächst sehr schön auf Nebenwegen heraus geführt mit einem Blick auf eine vielleicht am Kraterrad des Nördlinger Ries hoch oben gelegenen Burg, an der es auch nach der ersten längeren Steigung dann vorbeiging. Sodann ging es weiter durch Wälder. Dort steckte ich meinen Helinox zusammen, man wird nicht jünger, machte Brotzeit, beobachtete neugierig Ziegen, die mich neugierig beobachteten. Kaum hatte ich den Helinox eingepackt und war wieder gestartet, tauchten schöne Sitzbänke auf. In Aalen habe ich noch Lebensmittel besorgt. Die Ecke ist wirtschaftlich prosperierend und irgendwann gingen mir die geleckten Neubaueinfamilienhäuser mit den dicken Audis auf den Keks (ich dachte, die Grünen wollten das verbieten?).
Schöne Aussicht bei Ellwangen (wahrscheinlich auf die JVA)
Dank Naviki (meine neue Karte startete erst ab dort) erreichte ich dann auch den Camping Hirtenteich. Ich hatte am Tag zuvor wegen der starken Niederschläge angerufen, wie es aussehe. Man sagte mir, dass das Wasser schnell versickert und der Campingplatz nicht überfüllt sei. So war es dann auch. Allerdings fragte mich die freundliche Dame vom Campingplatz, ob ich ein Elektrorad hätte. Als ich verneinte und sagte, dass ich von Essingen käme, seufzte sie und sagte, dass man zur Not ja schieben könnte. So war es dann auch zum Schluss sehr mühsam. Der steile Weg war zwar nicht aufgeweicht, aber dafür schräg und frisch gekiest! Am Camping war nur ein weiterer Radwanderer, allerdings mit Pedelec und keiner Lust, mit mir noch etwas zu quatschen. Den Camping dort kann ich empfehlen, aber nach Aussage der Betreiber ist er während der Schulferien sehr voll. Es wurde dann recht schnell recht frisch, so dass ich mich duschte und schlafen ging.
Tag 2: von Essingen nach Bad Urach.
Wieder ein toller Tag mit bestem Wetter. Der Radweg verläuft mit viel auf und ab durch wunderschöne Täler. Nach dem nicht so schönen Speckgürtel bei Kirchheim u.T. wurde es dann richtig haarig. So etwa 30 oder 40 km vor Bad Urach führen die Radwegweiser mit dem gelogenen Hinweis 6% Steigung durch Waldwege, die ich nur durch Schieben mit Pausen bewältigen konnte. Es waren mindestens 15%, ich schwöre. Wahrscheinlich ging es um den Krebstein/ Gutenberg. Während der Schiebepassage ist mir niemand (der mich fluchen und schnaufen hören konnte), insgesamt recht wenig Radler und kein Radwanderer begegnet. Danach ging es dann sehr lange bergab, was Wunder, und vor Bad Urach ist es wahrscheinlich günstiger die letzten Kilometer auf der abschüssigen Bundesstraße zu fahren, als wie ich den grob geschotterten und steil bergab führenden Serpentinenfußweg, auf dem ich mit 622-37 Bereifung ganz schöne Mühe hatte. Bad Urach selbst fand ich nicht so schön. Viele Bädergemeinden sind ja richtig hässlich (mein „Highlight“ ist Bad Kohlgrub auf dem BoKö Radweg, geht das anderen auch so?). Der Campingplatz war o.k., es war wenig los. In der Pizzeria (der Campingwirt hatte Ruhetag) daneben war das Essen schmackhaft, aber vielleicht für mich zu spät am Abend, weil es mir im Magen lag. So endete der anstrengendste Tag der Reise.
Tag 3:von Bad Urach nach Sigmaringen an der Donau.
Weiter ging es mit starker Tendenz bergab durch schöne Täler und dann recht lange entlang der Lauchert nach Sigmaringen. Die Sicht auf das Hohenzollernschloss in Sigmaringen ist sehr beeindruckend. Der Campingplatz hat eine sehr kleine Zeltwiese mit Blick auf die Donau, war jedoch wenig belegt. Ich hatte dort noch ein nettes Geplauder mit einem Schweizer Ehepaar mit traumhaften Aariosrädern und war schwer beeindruckt von einer Mutter die mit einem Billigelektrorad von Prophete mit ihrer etwa 8jährigen Tochter mit Kinderrad (teils hinten eingehängt) von Basel nach Ulm unterwegs war. Ich finde so etwas immer wieder toll (wie auch die Berichte von Sharima003 mit ihrer Hündin). Die kleine Reiseradlerin war einfach süß und aufgeweckt und freute sich mit mir, dass mein froschgrünes Upcloud2 upgrade Zelt von Naturehike so schöne glänzende orange-messingfarbene Zeltstangen und grüne Heringe hat. So ging ein schöner Tag sehr schön zuende.
Tag 4: von Sigmaringen zum Camping Ruederbomm (etwa vierter Campingplatz hinter Kreuznach)
Von Sigmaringen ein Stück die Donau entlang Richtung Quelle und dann aus dem Flusstal hinaus bergauf und weiter nach Süden durch eine sehr ruhige schöne Ackerlandschaft, durch Moore (?) an einem Naturschutzgebiet mit Weihern, vielen Vögeln, kleinen Wäldern unweit von dahin mäandernden Bächen und kleinen Flüssen. Zum Schluss ging es dann immer weiter steil bergab über eine urige Feldwegserpentinenstraße mit Brücken, einmündend in eine stark befahrene Bundesstraße, von der man urplötzlich einen Blick auf den Überlinger See hat.
Vorbei war es leider mit der bisher idyllischen Ruhe und bei Ludwigshafen-Bodman begann der Touristenrummel. Gut, die Radwege sind für deutsche Verhältnisse sehr gut ausgebaut und ich war nun auf dem Bodenseeradweg gelandet und folgte den Wegweisern Richtung Allensbach und Konstanz. Kurz vor Radolfzell bekam ich Hunger und folgte dem Schild Hofladen (Adresse Aussiedlerhof 1, Radolfzell). Der Zwetschgenkuchen (nicht -datschi) war eine Offenbarung. Ich kam ins Gespräch mit einem niederösterreichischen Ehepaar, die dort urlaubten und sie waren entsetzt, als ich erklärte, dass ich nicht Richtung Friedrichshafen, sondern weiter via Allensbach nach Konstanz fahren wollte. „Um Gottes Willen, da geht es doch so bergauf!“. Leicht irritiert setzte ich meine Fahrt fort. Gut, ich musste zwar mal etwas runterschalten, aber bergauf ist doch was ganz anderes. Konstanz war dann für mich etwas verwirrend trotz Karte, Wegweisern und Naviki. Dort wollte ich den Campingplatz aufsuchen. Ich traf auf ein ebenso bepacktes Pärchen Ende 20 und fragte, wo der Campingplatz wäre. Es stellte sich heraus, dass sie aus Belgien waren und schon an zwei Campingplätzen keinen Platz gefunden hatten. Da hatte ich großes Glück und ich bat mich anschließen zu dürfen, um mit ihnen über die Brücke nach Kreuzlingen/ Schweiz zu kommen. Wir wollten dann weiter fahren, weil dort nach meiner neu erworbenen Karte und nach dunkler Erinnerung ein Campingplatz nach dem anderen folgte. Ich war sehr froh und dankbar. Wir kauften dann noch ein und auf der Fahrt Richtung Südosten verpassten wir wahrscheinlich den ersten Campingplatz, auf dem zweiten waren nur Dauercamper, der dritte war voll, aber der nette Pächter empfahl uns den nächsten in Ruederbomm und dort hatten wir tatsächlich Glück und die nette Pächterin führte uns auf gelassene Schweizer Art herum und zeigte uns mehrere Möglichkeiten, die wir dankbar annahmen. Das Pärchen war nicht so faul wie ich, sondern hatte selbst gekocht und lud mich auch noch ein. Schade, dass ich von den vorher gekauften Sandwiches schon so voll war, sonst hätte ich mehr selbst gekochte Ratatouille essen können.
Der Campingplatz war gut gefüllt mit aufgedrehten Jugendlichen. Auch ein weiteres Reiseradlerpärchen logierte dort. So wurde es ein kurzer, netter Abend. Die Nacht war sicherlich nicht die ruhigste, dank Ohropax und Einschlafhilfe auszuhalten, wurde jedoch durch morgendliches lautes Traktorgedröhn jäh beendet.
Tag 5: Von Ruederbomm zur Gebetsstätte Wigratzbad.
Weiter gings am Bodenseeufer wie schon oben beschrieben.
Schöner Liegestuhlplatz mit Aussicht auf den Bodensee. Da kann man nur neidisch sein, wenn man aus einem der reichsten Länder der Welt kommt.
Am frühen Nachmittag war ich in Lindau, hatte wieder D-Netz und fing an bei den nächsten Campingplätzen Richtung Isny/ Wangen anzurufen. Einer war voll, beim anderen hob man nicht ab. Auf eine Mailanfrage bekam ich kurz darauf eine Zusage, die dann 15 Min. später wieder zurückgenommen wurde; vielen Dank auch. Zum Glück fiel mir ein, dass ich früher ohne Zeltgepäck schon zweimal in Wigratzbad, Nähe Hergatz direkt am BoKö genächtigt habe. Gestoßen bin ich darauf, weil ich mal nach Lindau wollte und vorher schon erschöpft war und dort nach Zimmern gefragt habe. Es handelt sich hier um einen tief religiösen katholischen Pilgerort mit Einkehrtagen. Früher hatte ich dort einige Jungpriester herumlaufen gesehen. Ich rief dort an (zum Glück vor 16.00 Uhr, danach geht keiner mehr hin) und bekam nach bejahter Frage nach Coronaimpfung (alternativ neg. Test) ein Zimmer. Man beschrieb mir noch den Nachttresor und gab mir den Code durch. Auf die Aufregung hin musste ich in Lindau erst mal was mampfen. Ich bekam einen super Dönerteller und fuhr dann gestärkt und mit gutem Gefühl den BoKö hinauf. Bei einer Rast unterwegs quatschte ich mit einem Rennradler, der mir erzählte, dass in der Gebetsstätte Wigratzbad ein Coronaausbruch war und, dass sie deswegen nach Wiederöffnung jetzt so vorsichtig wären. Er bestätigte mir auch, dass es sich um den absoluten Geheimtipp handelt mit günstigen Zimmern, zwar mit dem Charme der frühen Achtzigern, aber blitzsauber (für ein geräumiges Einzelzimmer mit Bad und Terrassentür zu € 42,- z.Zt. ohne Frühstück kann man nicht meckern; allerdings ohne TV/ Radio, Wlan, jedoch mit Bibel). Unterwegs durfte ich noch eine sehr sehnige Ultramarathonläuferin beim bergauf Fahren bespaßen. Wir waren da etwa gleich schnell. Sie pendelte joggend im Bikini zu ihrer Arbeit in Lindau und wieder , zurück (dürften einfach 15-20 km sein, wow!). In Wigratzbad gemütlich nach Zwischeneinkaufsabstecher angekommen...
Bild Wigratzbad
...fand ich schnell den Schlüsseltresor, scheiterte aber an der Öffnung desselben. Von den ganz wenigen Leuten, die dort waren (früher war einiges los) kam mir eine Dame zu Hilfe, rief einen Schutzengel an und dann ging beim gemeinsamen Versuch der Tresor auf. Mein atheistisches Weltbild wurde erheblich erschüttert! Ich lud schnell die Sachen ins Zimmer und fuhr mit meinem Helinox noch zu einer Aussichtsstelle um noch etwas zu essen. Nach Sonnenuntergang gings zurück zur Unterkunft. Es herrschte eine etwas gruselige Atmosphäre. Die letzten wenigen Autos waren vom Parkplatz verschwunden, kein Mensch mehr zu sehen. Im Hotelgebäude brannte nirgends Licht, alle Fenster geschlossen. Ich glaube, ich war der einzige Gast. Am nächsten Morgen wurde von heftigem Gewitterdonnern geweckt. Beim Bezahlen und Vorlage des Impfnachweises erfuhr ich, dass viele der früheren Gäste sich weder impfen noch testen ließen und, dass deswegen so wenig Betrieb wäre. Das Wetter war noch schwülwarm, aber nicht mehr so strahlend. Ab Isny gings auf einer alten geschotterten Bahnstrecke bis kurz vor Kempten. Bis zur mutmaßlich höchsten Stelle mit Wasserscheide zwischen Rhein und Donau bergauf und dann bergab.
Bild Wasserscheide
In Kempten erreichte ich wegen einer kurzen Wegsperrung und gezwungener Umleitung recht knapp den Zug nach München. Der Fuggerexpress war zwar innen nicht so doof gebaut wie der Schwabenexpress, ich wäre aber mit meiner Fuhre die engen steilen Stufen nicht hochgekommen, wenn nicht ein hilfsbereiter Herr das Rad am Vorderrad hineingezogen hätte und dann ins Fahrradabteil gehievt hätte.
In München entkam ich dann gerade noch vor der Tiefgarageneinfahrt dem einsetzenden Sturzregen und im Radio hörte ich, dass etwa 2 Stunden nach meiner Abfahrt von Kempten golfballgroße Hagelkörner gefallen waren. Zum Glück hatte ich nicht Nähe Kempten nochmals gezeltet, wie ich zuerst überlegt hatte.
Es war eine sehr schöne kleine Fahrradreise.
Als ich dann das Zelt zum Trocknen aufgehängt hatte und auf der Couch lag, erhielt ich einen Anruf vom Freund meines Bruders. Er könnte ihn telefonisch nicht erreichen, ich hatte es auch mal erfolglos probiert. Er stünde vor dem Haus, bei ihm wäre alles gekippt, aber kein Licht an. Ich bat ihn, bei den Nachbarn zu klingeln. Er rief dann wieder an, weinte und sagte mir, dass die Polizei im Haus war und Nachbarn nach Angehörigen gefragt hatte, weil er tot aufgefunden wurde. Ich rief dann bei der Polizei in seinem Stadtteil an und am Telefon war die Polizistin, die im Auftrag der Polizei Starnberg nach Angehörigen gesucht hatte. Sie berichtete mir, dass er tot neben seinem Rad am Boden liegend auf der Straße nach Berg am Starnberger See aufgefunden wurde. Wiederbelebungsversuche von Passanten und Notarzt waren erfolglos. Diagnostiziert wurde Herzstillstand ohne äußere Verletzungen. Es stellte sich heraus, dass er am ersten Tag meiner Reise gestorben ist, etwa zu der Zeit, als ich auf meiner ersten Übernachtungsstation angekommen war. Ich habe diesen Text mit vielen Emotionen 4 Tage nach Erhalt der Todesnachricht geschrieben. Wenn das manchen befremdet, möge er es mir als eine Art Selbsttherapie gönnen. Es war ein Tod, wie man ihn sich vielleicht als begeisterter Radfahrer wünscht, jedoch viel zu früh, wahrscheinlich für ihn, aber sicherlich für mich, seine Geschwister und Freunde. Mach´s gut, alter Vielradler!