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#775277 - 29.11.11 22:41 Re: Pyrénées Cathares-Catalán [Re: veloträumer]
veloträumer
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Nun auch noch der letzte Teil des textlastigen Prologs. Für die nächste Tranche brauche ich dann allerdings wieder etwas Luft. Also bitte Geduld.

Karten, Straßen, Verkehr und Offroadprojekte

Soweit Frankreich und Andorra betreffend, habe ich die Michelin-Straßenkarten 1:150.000 verwendet, bei der Planung auch noch die alten 1:200.000 (wegen der Campings). Soweit nicht auf den französischen Karten bereits mitaufgeführt, musste ich für den spanischen Teil auf die Michelin-Karte Aragón/Catalunya im Maßstab 1:400.000 zurückgreifen. Darin habe ich einige Strecke und Punkte eingetragen, die ich zuvor im Internet recherchiert hatte und in dieser Karte entweder gar nicht oder unzureichend markiert sind. Tatsächlich lassen sich noch offene Wegfragen auch gut vor Ort lösen, da es entsprechend gute Regionaltafeln gibt. Für die die Regionen Andorra/Cadí und Canigou habe ich ergänzend IGN-Karten im Maßstab 1:50.000 verwendet, die aber nicht unbedingt nötig gewesen wären. Etwas Orientierungs-Sicherheit im Gebirge kann aber nie schaden.

Insbesondere in Spanien gibt es mittlerweile Straßen, die in den Straßenkarten noch nicht berücksichtigt sind. So existiert etwa in der westlichen Garrotxa-Region zwischen Joanetes (Olot) und Torelló (Vic) eine neue Schnellstraße, die u.a. per Tunnels den Coll de Bracon umgeht. Für Radfahrer ist das uninteressant, man ist aber verwundert über die Quasi-Autobahn, die eben nicht auf der Karte mitten in einer an sich entlegenen Region zu sehen ist. Offenbar entlastet diese Strecke auch den Verkehr zwischen Olot und Ripoll im Norden und sorgt für eine weitere Schnellanbindung der Pyrenäen an Barcelona.

Da ich eine Nischentour geplant habe, lagen auch die meisten Straßen abseits der Hauptwege. Selbst von mir vermutete Hauptwege waren häufig verkehrsarm wie z.B. die Route von Coll de Nargo nach Berga oder von Mont Louis nach Olette im oberen Têt-Tal. Es gab viele Strecken, auf denen über Stunden nicht viel mehr als 10 Autos vorbeikamen. Die oft entlegenen und schwach frequentierten Strecken haben mich auch häufiger ermutigt Pässe in Teilen oder auch komplett nackt abzuradeln. Das ist bei einer windigen Brise oder auf Abfahrten bei heißen Temperaturen einfach ein herrliches Gefühl.



Die vielleicht nervigsten Verkehrsachsen lagen in Andorra. Von La Seu d’Urgell schließt man die Augen und lässt die Pedalen möglichst schnell rotieren. Gegenüber meiner früheren Erfahrung gab es in La Vella weniger Staus (vielleicht lag es auch nur am Samstagabend nach Hauptladenschluss). Die steile Ausfahrt nach La Massana bei Dunkelheit ist dann schon eine kleine Mutprobe. Immerhin gab es bei den letzten Häusern dafür noch Applaus vom Straßenrand. Die Fahrt zwischen Encamp und Canillo war wohl wegen Sonntag eher schwächer frequentiert. Hier (Route zum Port d’Envalira) hat man neue Schilder mit Hinweis auf Reiseradler für die Autofahrer aufgestellt. Alle anderen Binnenrouten waren wiederum verkehrsarm, wenngleich nicht ganz ruhig. Auch sind mittlerweile die aus Frankreich und Spanien bekannten Steigungsschildchen für Radler überall zu finden – ergänzt mit Nummern von Radrouten, die man im Lande fahren. Diese Streckenvorschläge dürfte es bei den Touristinfos geben.

Mit Gegenwind und viel Verkehr war die Strecke zwischen Maury und Estagel ein wenig nervig. Die Einfahrt nach Ceret war ziemlich umkämpft, auch in Lourdes muss man schon mal für Straßenquerungen etwas warten. Die größte Verkehrstraube gab es auf der Strecke zum bzw. am Col de Perthus – seines Zeichens die niedrigste Pyrenäenquerung. Riesiger Grenzrummel, ein wenig Andorra-Gefühl. In der Cerdagne ist der Verkehr schon wegen der vielen Verkehrsachsen recht dicht, Puigcerda ist eine umtriebige Einkaufs- und Flanierstadt, Font-Romeu nicht nur ein Wintersportort sondern auch eine internationale Sommerdestination (viele Amerikaner) für Wanderer, MTBer usw. (hohe Leihrad-Dichte) – absoluter Rummelort mit viel Kitsch.

Auf der Strecke zwischen Col du Portel (Quillan) und Puivert begegneten mir zwei Tour-de-France-Werbeautos – der Haupttransfer war aber schon abgeschlossen. Ohne es geplant zu haben, war ich auf einigen TdF-Strecken kurz danach unterwegs (im Couserans) – noch frische, große Fanbekundungen auf dem Asphalt, aber schon wieder in Ruhe getaucht. Es gab noch ein paar weitere erwartungsgemäß besser frequentierte Teilstrecken, die aber keinerlei Unannehmlichkeiten mit sich brachten. Verglichen mit dem ländlichen Bergverkehr in Deutschland waren es paradiesische Zustände. Raserei und Überholinfernale – Fehlanzeige.

Die Qualität der Fahrbahnen war insgesamt gesehen dürftig. Gerade viele der Nebenrouten auch abseits klassischer TdF-Pässe verfügen nur über sehr rauen Asphalt. Typisch sind auch schmale Straßen mit engen nicht einsehbaren Kurven. Entweder angeschrieben oder auch ohne Schilder fahren Autos maximal 30 km/h oder gar weniger. Typisches Abfahrtstempo oft nicht umsetzbar.



Die besten Straßen haben die Spanier – die Katalanen voran. Das ist ja auch von den Diskussionen um die Verschuldung der Iberer (Portugiesen eingeschlossen) bekannt – tolle Infrastruktur, aber ohne Rücksicht auf Kassenlage. Die raue Grenzstraße über den Coll de Manrelles – von Frankreich aus Las Illas teils unasphaltiert im oberen Teil, mündet auf der Passhöhe auf eine aalglatte, autobahnähnliche Straße, auf der man geradezu paradiesisch heruntergleiten kann. (Im Bild: perfekte Straße durch die kaum besiedelte Sierra del Cadí) Ähnlich habe ich den Übergang bei Coustouges in Erinnerung. Dabei ist die Besiedlung auf der spanischen Seite wesentlich dünner als auf der französischen. Aufgefallen ist mir auch die hervorragende Ausschilderung von Wanderwegen bis hin zu MTB-Pisten in Katalonien mit einem offensichtlich noch recht neuem Schildersystem.

Für die Tour hatte ich einige riskante, weil wenig gut beschriebene Offroadprojekte geplant. Ungeplant waren aber einige asphaltmäßig ausgewiesenen Strecken, die sich durch auflösenden oder gar nicht vorhandenen Asphalt zu Quasi-Offroadstrecken entwickelten. Dazu zählten der Col d’Artigascou als einsame Verbindung zwischen dem auslaufenden Vall d’Aran nach Aspet bzw. via Port d’Aspet nach St-Girons. Im oberen Passbereich schon sehr ruppig, ist die route forestière auf der Ostseite nicht zu empfehlen (auch nur dunkler Wald). Es gibt eine teils auch nicht asphaltierte, aber bessere Alternative über die Höhe direkt zum aalglatten Col de Menté.

Auch der Col de Beyrède bei Arreau führt mit den vielen Zufahrten in die Irre. Es gibt letztlich nur eine gut fahrbare Straße, die aber mit dem Schild „route barrée“ versehen war, was mich auf die alternative route forestière lenkte. Eine sehr mühsames Gewürge für Asphaltfahrer, wenngleich keine echte MTB-Strecke. Immerhin entschädigten die Flora, Schmetterlinge, Tauglitzer und überall sprießendes Wasser für die Mühen.



Zu dem vielleicht aufregendsten Offroadprojekt der Reise gehört die Querung des Canigou-Massivs im Westen über den Collade des Roques Blanches (Bild). Entgegen von anders lautenden Darstellungen im Internet ist die Nordseite leichter befahrbar als die Südseite (siehe ergänzend Etappenbeschreibung im Teil 3). Schon im Vorlauf liegt mit Col de Jou eine Pisten-Abfahrt auf dem Programm, die aber vergleichsweise einfach zu bewältigen ist. Landschaftlich stellt dieses schwierige, wenngleich machbare Projekt ein sensationelles Erlebnis dar. Es macht auch Sinn, die Fahrt anders aufzuteilen – z.B. in der auf dem Offroad-Weg liegenden Schutzhütte les Clots/Coubilet zu übernachten.

Unter Radreise-Insidern schon bekannter sind der Port de Cabús (La Massana, Andorra – Tor, Spanien, Bild unten) und der Puerto de Sahún (Plan – Castejon de Sos) als geschotterte Alternative zum südlicheren Coll de Foradada (Asphalt). Wiederum seltener beschrieben ist der Puerto de Beret als Alternative zum Port de la Bonaigua. Das dürfte weniger an der Wegbeschaffenheit liegen als an dem deutlichen Umweg zu dem gleichfalls schönen und beliebten Straßenpass. Weniger anspruchsvoll, aber einen Tipp wert ist der Collade de Beixalis als Binnenpass in Andorra mit einem Pistenanteil auf der Ostseite. Schlicht harmlos sind die Pistenanteile beim Col du Couret (bei Bagnères-de-Bigorre) und beim Grenzpass Coll de Manrella (Las Illas – Agullana).



Das vielleicht abwegigste Projekt war die Durchfahrt des Coll de Pal von Baga nach La Molina (Verbindung Serra del Cadí-Moixeró zur Cerdagne). Zwar ist der Pass im Südwesten durchgehend ordentlich asphaltiert und erreicht ein Skigebiet, doch gilt er als absolute Sackgasse. Ich habe oben Mountainbiker getroffen, die sind aber irgendwelche Höhenwege dort gefahren, von der Molina-Verbindung hatten sie auch keinen Schimmer. Skipisten und MTB-Trails führen aber nach Super Molina, die Skibasisstation oberhalb von La Molina. Das Ergebnis vorweg: Die Strecke ist zwar kurz, aber brutal steil und schotterig, unfahrbar. Geschoben geht aber. Eine enorme Abkürzung trotzdem, insbesondere wenn man schon den Coll de la Creueta gefahren ist und man keinen Transitwirt für den Tunel de Cadí findet. Wer mit MTB unterwegs ist, kann sich auch an alternativen Trails versuchen, die sind vielleicht besser fahrbar, aber für das Reiserad mit Lowridern zu eng gespurt. Landschaftlich ist der Pass aber nur bedingt interessant, die Schiebeseite gar nicht.

Nicht viel weniger übel ist die Durchfahrt vom Col de Portet zum Lac d’Oule (nahe Bielsa-Tunnel). Bereits die Auffahrt ist schlechter als erwartet, weil teils Piste, aber noch ordentlich. Steil ist die Auffahrt bereits ab Vielle Aure. Als ich meine Abendvesper an einem Brunnen in Soulan zu mir nahm, kam ein Rennradler, der mich bewunderte und schließlich ermutigte, diese Durchfahrt über den Pass zu machen. „Mit meinem Rad kein Problem“, meinte er. Selbstverständlich hat er es selber nie gemacht. Der eigentliche Wanderweg war wiederum zu eng gefurcht für das Reiserad, teils auch unfahrbar steile Rampen. Die von mir gefahrene Piste ist kürzer, gelangt direkt zur Staumauer, ist aber vermutlich steiler bergab. Das ganze war wohl mehr ausgebaute Skipiste, vielleicht fahren auch manchmal Allrad-angetriebenen Jeeps daher. Also wieder Runterschieben, ebenfalls nicht lange, bei der Staumauer gibt es ein bewirtete Hütte samt Übernachtungsmöglichkeit. Von dort gibt es eine fahrbare Piste abwärts bis zur Straße zum Lac Aumar. Insgesamt landschaftlich lohnend, archaisch wirkende Baumwelt (siehe Bild), großer Wasserfall bei der Hütte.



Nahezu gar keine Informationen hatte ich über die Fahrbarkeit der Gorges de la Frau, mit der man das Pays de Sault durchqueren kann, etwa um abkürzend vom Col de Chioula nach Montségur zu gelangen. Dieser Wanderstieg ist in der Tat MTB-zugelassen und so offiziell ausgewiesen. Ich hatte mich tags zuvor noch in Axat bei der Touristinfo rückversichert. Für ein Reiserad ist der Kernbereich aber nicht fahrbar. Mir kamen aufwärts Reiter entgegen – auch für die eine ziemlich herbe und nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Auch MTBer kamen hochgefahren – allerdings sind alle irgendwo abgestiegen. Selbst zum Runterschieben braucht man eine ganze Menge Bremsgummi – aber als gewollte Abkürzung durchaus so machbar, aufwärts schieben wäre mir aber zu anstrengend. Einige schlichte Wanderer (ganz ohne großes Gepäck), die mir entgegen kamen, waren im Mittelteil bereits fix und fertig. grins

Ein gescheitertes Offroadprojekt war die Verbindung zwischen Montaillu und dem Col du Teil unweit der Gorges de la Frau/Belcaire. Diese als fahrbare route forestière eingezeichnete Strecke wird zu einem Pferde- oder Trampelweg mit tiefem, morastigem Waldboden. Im Gegensatz dazu ist eine als MTB-Strecke ausgezeichnete Piste gut fahrbar in die andere Richtung vorhanden. Dieser Weg ist wiederum in der Michelin-Straßenkarte nur als Wanderweg gekennzeichnet. Ich bin dann den Col du Teil auch nicht mehr als Stichstraße von Camurac aus gefahren, denn diese gut ausgebaute Straße zu einer Skistation ist nur als schnelle Abfahrt und Nebenprodukt interessant – zumal ich mich in der windig-kalten Hochebene nicht mehr länger aufhalten wollte.


Pleiten, Pech und Pannen

Abgesehen von dem tierischen Schuheklau hatte ich noch zwei bemerkenswerte Pechmomente. Da war dieser gelangweilte, kurz vor der Siesta-Pause dahindösende Jungpolizist am östlichen Schluchteingang der Congost de Collegats unweit von La Pobla de Segur. Während die Autos im Tunnel wenig von der Schlucht sehen, existiert für Radfahrer und Fußgänger ein Weg mit unmittelbarem Schluchterlebnis. Obwohl offensichtlich auf zu schnelle Autos lauernd, nimmt der Polizist die „Verfolgung“ meinerseits auf dem Nebenweg auf. Grund: Ich trage keinen Helm.

In Spanien herrscht offiziell Helmpflicht – bis auf innerorts oder bei heißem Wetter bergauf. Es war zwar heiß genug, aber leider ging es nicht bergauf. Zudem hatte ich ja auch gar keinen Helm dabei – besser gesagt, habe ich noch nie einen verwendet. Nach ungefähr einem halben Jahrhundert Lebenszeit, verbrieften 140.000 Radkilometern seit meine Radreisekarriere (die erst im Alter von 37 Jahren begann) sowie weiteren unbekannten Tausenden von Kilometern auf Rennrädern, Mountainbikes und Alltagsrädern seit Kinderzeiten kann ich mit gewisser Erfahrung sagen, dass ich die Sinnhaftigkeit vom Helmtragen stark in Zweifel ziehe. Nur einmal im Leben hätte mir der Helm geringfügig geholfen – wobei die entscheidende Unfallursache die Radwegnutzung gewesen war. Die offensichtliche Unsicherheit mit dem Thema Helmpflicht spiegelt sich ja auch in den seltsamen Ausnahmen der spanischen Vorschrift wider. Gerade im Innerortsverkehr bestände der größte Sicherheitsnutzen des Radhelmtragens – und gerade dort ist man freigebig? Warum?

Nun, der Polizist drohte mein Rad zu konfiszieren (rechtmäßig? – bereits hier im Forum diskutiert) schockiert böse – nach einer kleinen Diskussion machte er mir zur Auflage im nächsten Ort (La Pobla) einen Helm zu kaufen – ansonsten würde er mein Rad definitiv beschlagnahmen. böse böse böse Abgesehen davon, dass der Polizist ebenso wenig wie ich etwas über einen Radladen in La Pobla wusste, eine ziemliche Frechheit. Immerhin lag auf meiner weiterführenden Strecke noch Tremp – ein doch bereits ziemlich großer Ort, wo man einen Radladen erwarten könnte. Unvorsichtigerweise gab ich dem Polizisten auch noch diese Stadt als weiteren Tourverlauf bekannt.

Nun, weder in La Pobla noch in Tremp suchte ich nach einem Radladen, weil ich ernsthaft mich nicht auf eine solch ungastliche Verpflichtung einlassen möchte. Tausende von Kilometern habe ich bereits über verschiedene Jahre gestreut und in unterschiedlichsten Regionen in Spanien hinter mir – ich bin auf Autobahnen gefahren und zahllose Polizeiautos sind an mir vorbei – sogar in Standard-Polizeikontrollen bin ich geraten (auf dieser Tour wenige Tage zuvor südlich des Bielsa-Tunnels) – und nie gab es eine Beanstandung. Nach allen Erfahrungen anderer Spanien-Reisender wie auch Einheimischer sind solcherart Vorschriften nicht allzu ernst zu nehmen. Doch jetzt soll dieser Naseweis-Sheriff – ein Velo-Spätfrancist wohl – meine Radreise einfach so im bürokratischen Wohlstandssumpf zu Tortilla-Teig einstampfen???

Da ich die vermutete Siesta-Zeit ausnutzen wollte, beeilte ich mich auf der Strecke nach Tremp bei großer Hitze, verzichtete auf ein Bad an den Ufern des Stausees, um möglichst schnell auf meine dann dem Polizisten nicht mehr bekannte östliche Nebenroute zu gelangen (er dürfte eher vermuten, dass ich berglos nach Lleida weiterfahren wollte). Doch gleich drei Polizeiautos begegneten mir auf der auch sonst selbst zur Siesta-Zeit relativ stark befahrenen Strecke nach Tremp – allerdings keines hielt an. Der La-Pobla-Sheriff hatte sich offenbar doch zur Siesta auf die faule Haut gelegt. Allerdings vermute ich, dass er sich an mir rächen wollte und in einem geheimen Bündnis mit einem Fuchs mir die Radtour vermiesen wollte. :böse grins zwinker Der Fuchs hat sich aber im letzten Moment noch von seiner humanen lach Seite gezeigt und den Polizeiauftrag nicht konsequent ausgeführt. :zufrieden:

Der zweite ernsthafte Zwischenfall war ein Felgenriss. Leider zeigen Mavic-Felgen ihren Verschleiß nur unzureichend frühzeitig an. Sobald die Felge ruckelt, sind nur noch wenige Bremskilometer möglich. DT Swiss ist da mit der Kerbenabnutzungskennzeichnung transparenter für den Laien. Beim Radcheck bzw. Neubau meines Rades (neuer Rahmen, neue Gabel, neuer Lenker) kurz vorher befanden die Radfachwerkler einschließlich velotraum-Mechaniker selber den Zustand noch für ausreichend. Offensichtlich muss das aber eher ich selbst entscheiden, weil sich die Radmonteure offenbar nicht ganz meine Tourverläufe vorstellen können. Allerdings hatte auch ich selbst die Steilheit bzw. Bremshäufigkeit für diese Tour unterschätzt. Ich bin sicherlich schon Bergtouren gleicher Dauer gefahren, wo die Felge ganz durchgehalten hätte. Abwärts war diesmal insgesamt sehr heftig.

Nun, am Col de Menté abwärts merkte ich erstmals das Ruckeln. In St-Beat musste ich die Entscheidung treffen, wohin für einen Radmechaniker. Nach Rücksprache mit der Restaurantwirt und meiner eigenen Einschätzung nach war es übereinstimmend besser, nach Bagnères-de-Luchon zu fahren als noch Montréjeau, da Bagnères an der wichtigsten Pyrenäenpassroute liegt und ein kleines Radsportbasiszentrum darstellt. Es gibt nicht nur mehrere Radverleiher, sondern auch mindestens zwei Werkstätten. Die Reparatur ist dann eiliger als erwartet, denn schon ca. 30 Kilometer nach dem ersten Schadenshinweis fängt die Felge an aufzuplatzen – obwohl ich eher aufwärts als abwärts fahre. Selbst in der Ebene darf ich nur noch vorne anbremsen.



Ich stoße am südwestlichen Ortseingang als erstes auf den Radmechaniker Miguel – ein echtes Original und offenbar die beste Wahl im Ort. Zwischen einem kaum entwirrbaren Wust an gebrauchten wie neuen Rädern und zahllosen Schrottteilen läuft der kleine, schrullige, wuselige, oft mit sich selbst sprechende Miguel herum. Schrauben und andere Teile sind auf dem Kiesgrund im Hof zu Hauf zu finden. In einem Mischmasch aus Französisch und schlechtem Englisch glaubt er mir zunächst ein platten Reifen reparieren zu müssen – den Felgenriss sieht er dann erst auf meinen dringlichen Hinweis hin. Er ist als Radmechaniker sehr begehrt und jeder Radtourist, der ein Problem hat, lernt ihn kennen – so auch eine deutsches Radlerpaar, das ich anderntags beim Abendessen in Arreau treffe. Verschiedene Bilder in einem Ordner zeugen von Miguels Vergangenheit als Radrennfahrer – aber auch mit aktuellen Rennprofis scheint er noch im Kontakt zu stehen. Er arbeitet mit kantigen Bewegungen und ich zittere um den Lack an meinem Rad. Doch hat alles Hand und Fuß, was er tut. Er schickt mich zum Bäcker für ein Schoko-Croissant, möchte mir auch eines spendieren – aber ich drehe den Spieß um, und spendiere es ihm.

Immer wieder unterbricht er seine Arbeit, wenn andere Kunden kommen – sorgt sich väterlich bis ins Detail etwa um einen jungen Kerl, der sich ein Rennrad samt Helm und veralteten Klickpedalen ausleiht – selbst die Wasserflasche füllt er ihm noch. Es gibt viel zu schmunzeln für mich, aber es dauert auch eine gehörig lange Zeit auf diese Art. Nahezu drei Stunden sind vorbei mit Ein- und Ausspeichen und neuer, aber schwererer Felge. Dazu kommt noch der Umweg, den ich gefahren bin – denn ich beschließe, meinen Kurs weiter nördlich fortzusetzen mit der geplanten Überfahrt des Col de Balés – immerhin für mich ein besonders ersehnter Pass. Schließlich beunruhigt mich Miguel auch noch mit schlechten Wetterprognosen, die tatsächlich in der zweiten Tageshälfte eintreffen. Der Tag endete schließlich in einer unbewirteten Wanderhütte mitten in den Wolken im letzen Drittel der Passauffahrt. Zu den Opfern dieser Panne gehörten die geplanten Stichfahrten zum Cascade de Madelaine und Lac d’Oô sowie eine weitere kleine Schleife bei Arreau.

Eine relativ unerklärliche, kleine Reifenpanne ereignete sich auf dem Gelände von „La Clapère“ am eigentlichen Ruhetag. Ein kleines Opfer fordert auch diese Panne, denn die Zeit ist nebst meiner Radexkursion zum Col d l’Quillat dann doch zu knapp, um auch noch das Musée de la Liège (Korkmuseum) in Maureillas zu besuchen. Da ich Korkprodukte liebe, wäre der Besuch des Museumsshops für mich sehr interessant gewesen. Das Loch im Schlauch müsste auf Materialermüdung zurückzuführen sein. Der reparierte Schlauch hielt zwar eine Weile, verlor aber alsbald immer ein wenig Luft. Das versuchte ich zunächst über ein paar Tage mit morgendlichem Aufpumpen auszugleichen, was zunächst auch ausreichte. Erst nach über drei Wochen allerdings gab der Schlauch seinen Geist ganz auf.

Fortsetzung folgt

Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen

Geändert von veloträumer (14.01.18 22:12)
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Betreff von verfasst am
Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 27.11.11 21:46
Re: Pyrénées Cathares-Catalán LudgerP 28.11.11 16:24
Re: Pyrénées Cathares-Catalán kettenraucher 28.11.11 17:10
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Juergen 28.11.11 19:15
Re: Pyrénées Cathares-Catalán bep 28.11.11 19:43
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 28.11.11 20:45
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Falk 29.11.11 18:56
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 29.11.11 22:41
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 02.12.11 20:24
Re: Pyrénées Cathares-Catalán HelmutHB 03.12.11 15:59
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 03.12.11 16:32
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Tom72 03.12.11 19:10
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Oktoberkind 04.12.11 17:00
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 04.12.11 18:00
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 07.12.11 20:21
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 07.12.11 20:41
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Juergen 08.12.11 07:23
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 10.12.11 20:17
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 13.12.11 19:12
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Bremerin 13.12.11 22:21
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 14.12.11 22:20
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 15.12.11 23:36
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán kettenraucher 16.12.11 13:30
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 19.12.11 13:38
Re: Pyrénées Cathares-Catalán Juergen 19.12.11 17:47
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán StefanS 27.12.11 21:22
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán chema 28.12.11 14:46
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán SuseAnne 29.12.11 16:21
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Re: Pyrénées Cathares-Catalán StefanS 19.12.11 20:54
Re: Pyrénées Cathares-Catalán kettenraucher 09.12.11 07:56
Re: Pyrénées Cathares-Catalán veloträumer 04.12.11 18:19
Re: Pyrénées Cathares-Catalán kettenraucher 29.11.11 16:07
Re: Pyrénées Cathares-Catalán bep 03.12.11 23:13
Re: Pyrénées Cathares-Catalán iassu 28.11.11 19:58
Re: Pyrénées Cathares-Catalán kettenraucher 29.11.11 16:19
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