In Antwort auf: Querlenkerin
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Die meisten aktiven Mitglieder dieses Forums würde ich in einer der beiden ersten Gruppen zuordnen, die insgesamt 7% ausmachen; diese fahren mit wenig oder gar keiner Angst.

Interessant finde ich die (mit 60%) größte Gruppe der "interessierten und besorgten", zu der auch Kinder und ältere Menschen gehören. Wenn man dieser großen Gruppe keine sichere, separate Radinfrastruktur anbietet, glaube ich nicht, dass man die meisten Menschen zum Umstieg aufs Fahrrad im Alltag bewegen kann.

Die ca. 30% "No way"-Gruppe sind keine Radfahrer und gehören somit nicht in die Betrachtung.
Dann bleiben ca. 10% Enthusiasten und 90% "Besorgte", in die man den Bevölkerungsanteil, der in irgendeiner Form Interesse am Radfahren hat, einteilen kann.

Diese 90% sind relativ leicht identifizierbar:
  • ängstliches Gehwegradeln;
  • linksseitiges Radeln ("Dann muss ich nicht über die Straße, um zur richtigen Seite zu kommen");
  • meist Räder mit z. T. erheblichen technischen Mängeln (der Zusammenhang zw. einer nicht funktionierenden Bremse und dem zermalmt werden unter LKW-Rädern scheint vielen nicht bekannt zu sein);
  • keine/wenig Radbeherrschung / Fahrtechnik (oft wg. völlig falscher Rahmengrößen, fehlender korrekter Anpassung von Sattelhöhen, Lenkerabstand, technischer Mängel);
  • sichtbares Unwohlsein ob der völlig ungewohnten körperlichen Anstrengung;
  • z. T. völlig fehlendes Bewusstsein, auch als "Radfahrer" den Grundregeln des Fahrverkehrs zu unterliegen;
  • kein Technikverständnis (Fahrrad mit 30 Gängen - es wird z. B. aber nur in dem Gang gefahren, den der Händler beim Verkauf "eingelegt" hat weil man die Schaltung nicht versteht);
  • etc.
Die ersten zwei Punkte hängen mit den weiteren unmittelbar zusammen.

Mehr und bessere Radverkehrsanlagen ändern nichts an den Punkten 3. bis 8.. Diese Punkte 3. bis 8. sind aber wesentlich für sicheres und "unbesorgtes" Radfahren. Solange man davon ausgeht, dass Radfahrer lediglich wegen fehlender Radwege (schlimmstenfalls getrennt von normalen Fahrverkehr) "unsicher Radfahren", stellt man sich m. E. gegenüber einem Großteil des Problems blind.
Es ist eher davon auszugehen, dass bei ganz tollen, "sicheren" Radwegen mehr unsichere Radfahrer unterwegs sein werden - die durch den Radweg selbst nicht sicherer werden, sondern sich lediglich (mitunter verhängnisvoll) sicherer fühlen. Ein Radfahrer ohne Licht und/oder funktionierende Bremsen bleibt auch auf einem separaten Radweg für sich und andere eine Gefahr - er stört dabei nur den KFZ-Verkehr weniger (was von diesem sicherlich positiv aufgenommen wird).

"So geht Verkehrswende" ist eine Broschüre, in der nichts -auch nur ansatzweise- Neues drin steht. Der bessere Titel der Broschüre wäre "ERA 2010 in Kurzform" gewesen.