Ich habe den 610 nach 6 Monaten wieder abgebaut. Bei 90 kg Körpergewicht war die wegen des Stufenprinzips erhöhte Druckbelastung unter den Sitzknochen unerträglich. Trotz Eingewöhnung mit Ruhepausen. Eine Weile funktionierte der Sattel befriedigend, bis nach 6 Monaten das Gelpolster etwas weicher wurde und der Sitzknochen bis zur Schale durchdrückte. Das Problem wird wahrscheinlich nur bei größerem Körpergewicht und ungünstig geformten Sitzknochen auftreten. Für 30 km Arbeitsweg ist der 610-Sattel wahrscheinlich erträglich.
Gestört hat mich außerdem der relativ breite Übergang zwischen Sitzfläche und Sattelnase bei mehreren SQ-lab-Sätteln. Das scheuert zwischen den Beinen (je nach Oberschenkeldurchmesser und Beinhaltung).
Außerdem hat man mir trotz ergonomiegeschultem Händler einen etwas zu schmalen Sattel verkauft, was bei hohem Körpergewicht zusätzlich den Druck verstärkt. Das SQ-lab-Messergebnis sei laut SQ-lab die minimale Sattelbreite, der Händler weiß davon aber nichts und kennt das Messergebnis als optimale Sattelbreite.
Die Sitzposition muss ganz penibel ausgerichtet werden, am besten mit einer Sattelstütze, die in der Neigung stufenlos verstellbar ist (Rastung wäre zu grob). Außerdem verhindert die Gestellform bei einigen Modellen (z.B. 611), den Sattel weit nach vorn zu schieben. Man muß aber mit den Sitzknochen genau auf den Idealpunkten sitzen - die SQ-lab-Sättel haben kaum Bewegungsspielraum. In meinem Fall war die Anschaffung einer neuen Sattelstütze nötig und nützlich:
NC-17 Empire S-pro Das ergonomische Konzept und die Theorie von
SQ-lab finde ich völlig richtig. Leider gelingen die Umsetzung im Produkt und der Vertrieb nach meiner Erfahrung nicht so gut:
Ohne Vermessung und längere Probefahrten würde ich keinen SQ-lab-Sattel kaufen. Leider führen nur wenige Händler alle Modelle. Viele nur die gängigsten Modelle in wenigen Breiten. Das nützt nichts.
Den Händlern stehen auch keine Testmodelle zur Verfügung, weshalb die Möglichkeiten zur Probefahrt begrenzt werden. Bereits nach kurzer Fahrzeit verwischt die weisse Farbe der Produktgrafik und der Sattel sieht gebraucht aus. Der Händler steckt also in der Klemme und begrenzt Probefahrten und Umtausch. Das Messergebnis sei sowieso absolut sicher...
Auch das SQ-lab-Messverfahren ist kritisch zu betrachten: Der Sitzknochenabstand lässt sich im Wellpapp-Abdruck vielleicht auf 5 mm genau messen. Dieser Wert wird auf ein Anzeigegerät mit rotem Laserstrahl übertragen und in einer Tabelle werden die empfohlenen Sattelmodelle sichtbar. Toll, aber ungenau. SQ-lab sortiert die Sättel nach Sitzknochenabstand und Sitzwinkel. Und den hat mein Händler nur grob geschätzt. Trotzdem kamen für mich lasergenau gleich mehrere Modelle in Frage: vom Rennsattel 611 bis zum weichen 602. Funktioniert hat keiner. 611 schmerzhaft unter den Sitzknochen. 602 viel zu weich, Faltenbildung mit Druckstellen. 610 war dann noch am besten...
Unberücksichtigt blieben beim SQ-lab-Händler auch andere wichtige Kriterien: Körpergewicht, Sitzdauer, Tourenlänge, Beckenhaltung, eventuelle Fehleinstellung der bisherigen Sitzposition. So wird das nichts.
Inzwischen fahre ich einen
Allay Racing Sport 2.1 . Druckentlastung ausgezeichnet, Druckbelastung unter Sitzknochen moderat. Dauerhaltbarkeit noch nicht geprüft, da zu neu.