In der 2. Aprilhälfte waren wir dieses Jahr für 2 Wochen in Südspanien unterwegs. Zunächst waren wir noch unentschlossen, ob wir eher nochmal in den Norden in den Winter oder in den Süden in den Frühling wollen. Da der Berliner Winter dieses Jahr aber wieder mit maximal grauer Tristesse geglänzt hatte, hatte vor allem ich einen großen Bedarf nach Frühling. Einen konkreten Plan hatten wir erstmal nicht und sichten so zunächst die möglichen Flugverbindungen. Die erscheinen noch immer ausgedünnt, aber zeitlich sinnvolle Flüge lassen die Entscheidung auf eine Tour von Valencia nach Malaga fallen. Nun noch die Frage: wie und woher? Bei der Ideensuche stolpere ich über diese
Seite auf bikepacking.com. Die Altravesur-Route: eine Strecke von Cadiz nach Valencia, die größtenteils auf Fahr- und Wanderwegen verläuft. Auf die Distanz Valencia-Malaga gekürzt landen wir bei einer Strecke von rund 950km. Dass der Autor für die Gesamtstrecke von 1300 km 30 Tage veranschlagt, wir für unseren Abschnitt aber nur 15 Tage zur Verfügung haben, lässt allerdings ahnen, dass wir vielleicht an der ein oder anderen Stelle ein bisschen kürzen müssen. Um zumindest ein bisschen mobiler unterwegs zu sein, entscheiden wir uns das erste Mal gegen die Ortlieb-4-Taschen-Variante und verzurren unsere Ausrüstung stattdessen in bikepacking-Taschen an den Mountainbikes.
Tag1: Von Berlin nach Valencia, 6 km Da der Flug erst am frühen Nachmittag startet, sollte die Anreise eigentlich entspannt sein. Dass der FEX zum Flughafen uns mal wieder ärgert indem er verspätet, dann auf einem anderen Bahnsteig und letztlich vor unserer Nase abfährt, als wir glücklich die Räder und Kartons in Rekordzeit einmal die Treppe hoch und wieder runtergewuchtet haben, ist im Rückblick schon gar nicht mehr so schlimm. Am Bahnhof haben wir so noch kurz Zeit ein paar Worte mit „Kettenfahrer“ zu wechseln, der uns noch hilft, die Kartons in den nächsten Zug zu packen. Erst später erinnere ich mich, dass wir uns vor vielen Jahren schon mal beim Berliner Radlerstammtisch gesehen haben…
Einmal am Flughafen, klappt dann alles planmäßig und am Abend rollen wir bei 22°C und T-Shirt-Wetter nach Valencia.
In Valencia ist es gar nicht so leicht, zum Hotel zu kommen, da viele Straßen aufgrund der Karfreitags-Prozessionen gesperrt sind.
Tag2: Von Valencia in die Berge vor Dos Aguas, 75 km Der Vormittag steht ganz im Zeichen der Suche nach einer Gaskartusche. Zwar hatten wir uns vorab einige kleine Outdoorläden in der Innenstadt rausgesucht, aber die haben am Ostersamstag alle geschlossen. Und die verschiedenen Decathlon-Filialen die wir abfahren sind entweder komplett ausverkauft, oder haben nur noch die Klick-Systeme im Angebot die nicht zu unserem Schraub-Kocher passen. Wir erwägen sogar, einen entsprechenden Kocher zu kaufen – den gibt es aber auch nicht. Immerhin, zumindest gibt es ein umfangreiches Radwegenetz:
In einem Baumarkt am Stadtrand werden wir schließlich fündig und machen uns nun entspannt auf den Weg. Zunächst noch eine Weile auf Radwegen, später dann auf kleinen Landstraßen, die uns gleich die ersten Höhenmeter bescheren.
Die Strecke ist zwar noch weitgehend asphaltiert, bietet aber auch schon erste Furt-Einlagen.
Im Anstieg auf die erste Bergkette, die wir queren, finden wir ein ruhiges Plätzchen für das Zelt abseits der Straße mit schöner Aussicht auf die Ebene westlich von Valencia.
Tag3: Von den Bergen vor Dos Aguas bis hinter den Embalse de Embarcaderos 61 km Die nächsten ca. 12 km bis Dos Aguas geht es konstant aber schön fahrbar weiter bergan. Da Ostersonntag ist, sind einige Rennradfahrer und vor allem auch Motorradfahrer unterwegs. In Dos Aguas legen wir eine Frühstückspause ein und genießen den Sonnenschein.
Immer weiter kurbeln wir hoch – die Aussicht ist schön, aber für uns, die wir so frisch aus dem kalten Norden kommen, ist es auch ganz schön warm.
Nach einer Weile unser Track auf eine Nebenstraße ab. Sie zieht sich nördlich eines Sees entlang und bietet immer mal wieder schöne Blicke auf den See.
Da die Straße an einer Stelle abgesackt und für PKW nicht mehr passierbar ist, ist der Verkehr auch extrem überschaubar.
Am See legen pausieren wir ausgiebig – sogar der Osterhase ist bis hierher mitgehoppelt::
So hübsch es am See auch ist – gleich unmittelbar danach geht es dann wieder steil nach oben. Ziemlich steil… die nächsten 3 Kilometer kosten uns eine gute Stunde.
Das Örtchen Cofrentes erreichen wir am frühen Abend. Wir legen eine kleine Bierpause auf dem Marktplatz ein und machen uns dann auf den Weg, um nach einem Platz für unser Zelt zu suchen. Da wir weiter auf einer kleinen Nebenstraße unterwegs sind, findet sich bald ein Plätzchen neben der Straße.
Tag4: Weiter nach Jorquera 64 km Schon bald verlassen wir den Asphalt und es geht wieder steil bergauf – heute auf Schotter und immer noch bei schönstem Sonnenschein.
Der Anstieg ist etwas mühsam, aber einmal oben, führt uns der Weg die nächste Zeit über eine Hochebene mit grandioser Aussicht – quasi eine Panorama-Piste.
In Balsa de Ves machen wir kurze Kaffee-Pause und weiter geht’s über Feldwege zum Rio Júcar.
Der Weg führt von der Höhe hinab in das Flusstal, und die Abfahrt zum Fluss macht richtig Spaß. Unten angekommen finden wir uns an einem paradiesischen Pausenplätzchen wieder, das wir erstmal für ein erfrischendes Bad nutzen.
Nahe bei der kleinen Badestelle stehen auch einige, zum Teil verfallene, Gebäude eines Wasserkraftwerks.
Von hier aus geht es jetzt immer am Fluss entlang durch das Tal. Ein wunderschöner Abschnitt: der Fluss schlängelt sich durch eine sich nur langsam aufweitende Schlucht. Mit im späteren Verlauf einigen hübschen, in die Felswände geschlagenen Dörfern und zahlreichen Höhlen.
Wir fahren staunend weiter. In Alcalá del Júcar – einem kleinen Ort der von spanischen Osterurlaubern ziemlich geflutet ist, kehren wir in auf Bier und Tapas ein. Noch während wir unser Getränk schlürfen, werden die Wolken am Himmel immer dunkler. Es folgt ein kurzes Gewitter, das aber schnell vorbeizieht. Für uns das Zeichen zum Aufbruch.
Kurz hinter den Ortschaften La Recueja und Jorquera wird der Himmel wieder sehr düster. Für uns ist es eh langsam Zeit, nach einem Schlafplatz zu suchen. Kaum dass die ersten Tropfen fallen, kommen wir an einer geräumigen Höhle vorbei, die kurzentschlossen zum Nachtlager erklärt wird.
Kaum haben wir uns gemütlich eingerichtet, fängt es draußen auch schon an zu schütten. Sauber abgepasst!
Tag 5: Höhle bei Jorquera bis kurz vor Balazote 79 km Am Morgen begrüßt uns zunächst wieder die Sonne und auch die nächsten Kilometer durch das Flusstal gibt es nochmal viel zu sehen. Häuser, die direkt in die Felswände gebaut sind und selbst eine Kirche, die halb in der Felswand steht.
In Valdeganga verlassen wir das Flusstal – Zeit für unsere schon fast obligatorischen Mittags-Tostadas.
Die Strecke führt uns nun nach Albacete – eine Stadt mitten im platten Land. Es ist zwar nicht überragend spannend zu fahren, aber es gibt eine exzellente Fahrradstraße gleich neben der nicht eben überfüllten Landstraße, die uns flott voranbringt.
So flott, dass wir erst kurz vor Albacete merken, dass unser Track eigentlich nur wenig parallel verläuft. Also schwenken wir nochmal kurz ab – nach einem kurzen fehlgeleiteten Ausflug auf den Acker finden wir die korrekte Route und die letzten Kilometer geht es nun fernab der Straße in die Stadt.
Zu Albacete selbst ist nicht viel zu sagen – sonderlich schön fanden wir es nicht. Wir verbummeln ziemlich viel Zeit mit ein paar Einkäufen, und dem Abwarten eines heftigen Gewittergusses und verlassen die Stadt dann auf der Via Verde in Richtung Alcaraz – der Ruta de Don Quijote.
Das ist zwar im Prinzip ganz nett zu fahren, allerdings wird mit den dunklen Wolken auch der Wind im Laufe des Nachmittags immer stärker. Und das – wie sollte es auf so einer Strecke anders sein - direkt von vorn. Meine Laune sinkt Kilometer für Kilometer tiefer in den Keller und so suchen wir uns dann bald ein Plätzchen für das Zelt.
Tag 6: weiter nach Alcaraz 63 km Als wir morgens aufwachen ist es verdammt kalt. Die Temperatur ist von 25-30°C in den letzten Tagen auf jetzt etwa 5°C abgesackt. Brrr – So richtig zieht uns nichts aus dem Schlafsack und so ist es schon 10 Uhr, bis wir aufbrechen. Der Weg geht schnurgrade weiter bis Balazote.
Wieder Gelegenheit, ein ausgiebiges 2. Frühstück einzulegen. Ist schon komfortabel mit all den Futterstellen unterwegs.
Auch für den weiteren Verlauf von Balazote nach Alcaraz folgen wir der Ruta de Don Quijote. Es wird ein bisschen abwechslungsreicher als der erste Abschnitt gestern und die Landschaft bietet ein wechselhafteres Bild.
Es wird auch deutlich hügeliger – was man auf der Bahntrasse nicht unbedingt an der Steigung merkt, sondern hier vielmehr daran, dass ein Tunnel auf den nächsten folgt. Und viele davon unbeleuchtet und nicht eben kurz. Das war schon wirklich finster da drin – ohne Beleuchtung absolut unmöglich, auch nur einen Hauch zu erkennen. Da just hier die Batterien meiner Stirnlampe schwächeln und wir keine Lampen am Rad haben, klemm ich mich an Bernds Hinterrad und rolle langsam hinter seinem Lichtkegel her. Auf jeden Fall sehr spannend zu fahren!
Im weiteren Verlauf kommen dann auch noch einige Tunnel mit Beleuchtung, die über Bewegungssensoren gesteuert wird. Das fährt sich dann doch irgendwie etwas angenehmer.
Es gibt auch hübsch angelegte Pausenplätze – allerdings will bei den Temperaturen keine rechte Gemütlichkeit aufkommen.
Die Wolken werden auch wieder deutlich dunkler – und wenige Kilometer vor Alcaraz bricht dann der nächste Platzregen los.
Irgendwie zeigt das Konzept, durch die Reise gen Süden den Frühling vorziehen zu wollen, grad massive Schwächen. Es pfeift ein eiskalter Wind, und auf Dauerregen bei 5°C sind wir von der eingepackten Regenbekleidung her auch nicht wirklich eingestellt. Da außerdem langsam eine Wäsche sowohl von uns als auch von unseren Klamotten fällig ist, nehmen wir kurzerhand in Alcaraz ein Hotelzimmer, um uns mal wieder in einen präsentablen Zustand zu versetzen. Zum Abendessen findet sich leider nur eine etwas schmierige Bar – die wenigen anderen Restaurantoptionen im Ort sind alle geschlossen – aber zumindest bekommen wir so auch noch einen kleinen Happen zu Essen.
Tag 7: Alcaraz nach Riópar 63 km Der nächste Tag begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein – allerdings erstmal immer noch bei recht frischen Temperaturen.
Viel Zeit zum Frieren bleibt aber nicht, denn es geht gleich wieder bergauf in die Sierra de Alcaraz. In der Ferne locken die ersten schneebedeckten Berge.
Wir fahren zunächst auf der Straße, und ich glaube, es ist an der Zeit, einen kleinen Exkurs in die dortige Fauna zu machen: Zunächst wundern wir uns etwas über die vielen schwarzen Streifen, die sich quer über die Straße ziehen:
Des Rätsels Lösung findet sich in den vielen Ansammlungen von Raupen auf der Straße – von Bernd kurzerhand „Doof-Raupen“ genannt: „Ich hab die beobachtet: die rotten sich am Straßenrand zusammen, stecken die Nase in den Hintern vom Vordermann und laufen dann gemeinsam los. Aber nicht quer über die Straße, sondern längs hin und her, bis sie dann überfahren werden…“ Wie auch immer die „Doof-Raupen“ in Wirklichkeit heißen – und welchen Sinn diese Kettenwanderung auch immer haben mag – es gab davon auf jeden Fall verdammt viele.
So rollen wir also entspannt die Asphaltstraße entlang und beobachten Raupen, als ich mich beim Blick auf Track und Karte frage, warum der Altravesur-Track bloß einen Riesenbogen auf der Straße schlägt, wo doch auch eine direktere Verbindung auf der Karte eingezeichnet ist. Immerhin 5 km könnten wir hier sparen – gut, der Anstieg ist wohl etwas steiler, aber das wird schon gehen! Wir überlegen nur kurz und entscheiden dann für den direkten Weg. Zunächst geht’s auch auf schön zu fahrendem Fahrweg bergan. An einer Weggabelung geht allerdings der Fahrweg im spitzen Winkel zurück, während unsere Richtung geradeaus auf einem Wanderweg weitergeht. Die Bodenverhältnisse sind nach dem Regen gestern – nunja – suboptimal…
Aber in der festen Überzeugung, dass 5 km sparen eine Superidee ist, ziehen wir weiter.
Es wird immer steiler und steiniger, und zwischen den Steinen dann schmieriger Lehm – es ist eine Freude! Immerhin ist uns nun nicht mehr kalt.
Ich weiß nicht mehr genau, wie lange wir für den Anstieg gebraucht haben, aber das war definitiv das, was man typischerweise mit „fahrzeitverlängernde Abkürzung“ beschreibt.
Endlich auf der Passhöhe angekommen treffen wir glücklicherweise wieder auf einen Fahrweg, so dass die Abfahrt nun wirklich richtig Spaß macht.
Wir treffen noch einen niederländischen Radler, der für 3 Monate auf dem european devide trail unterwegs ist und tauschen uns ein bisschen aus. Dann folgen viele weitere lange Abfahrtskilometer bis Riópar, auf denen wir’s einfach nur rollen lassen können.
Im Ort angekommen, wollten wir eigentlich einen Campingplatz ansteuern – der scheint aber noch geschlossen zu haben. Also ist der nächste Anlaufpunkt erstmal wieder die örtliche Bar.
Die Wettervorhersage für morgen ist einigermaßen bescheiden und kündigt Dauerregen an. Auch wenn die Zuverlässigkeit meiner Wetter-App bekanntermaßen bescheiden ist, trübt diese Aussicht doch etwas die Laune. Wir überlegen nur kurz und entscheiden dann, auch heute nochmal ein Hotelzimmer zu nehmen.
Tag 8: von Riópar zum Campingplatz Montillana 71 kmMal wieder hat die Wetter-App Quatsch erzählt – statt mit Dauerregen begrüßt uns der Morgen zwar bewölkt aber trocken. Los geht’s auf den nächsten Höhenzug - Richtung Sierra de Segura.
Wir folgen zunächst mal der Straße bis Siles. Von dort würde der Track wieder auf Wanderweg abbiegen und sich durch die Sierra de Segura schlängeln. Da sich der Himmel immer mehr verfinstert und wir auch zeitlich nur begrenzte Kapazitäten haben, entschließen wir uns, auf dem nächsten Abschnitt den Wanderweg links liegen zu lassen und stattdessen auf Nebenstraßen den See westlich anzupeilen.
Es geht über hügeliges Auf und Ab durch endlose Olivenbaum-Reihen. Unterbrochen von dem ein oder anderen Kaffeestopp in den verschlafenen Bergdörfern.
Immer mal wieder regnet es heftig, beruhigt sich dann aber recht schnell auch wieder.
Als wir uns dem See nähern, wird es richtig malerisch als eine üppig grüne Vegetation die endlosen Olivenbaumreihen ablöst.
Wir peilen den kleinen Campingplatz Cazorla Montillana an und unser Zelt bekommt einen einsamen und zentralen Platz auf der Zeltwiese – Überfüllung sieht anders aus…
Tag 9: Campingplatz Montillana nach Coto Rios 27 kmIn der Nacht schüttet es heftig. Als wir am Morgen aufwachen, steht selbst die Wiese im Vorzelt unter Wasser. Wir sind fast ein bisschen überrascht, dass der Zeltboden dichtgehalten hat. Dann plötzlich die Frage: wo ist eigentlich die Kamera? – Oh, die ist wohl noch in der offenen Tasche griffbereit am Steuerrohr am Fahrrad! Und tatsächlich, mit platschendem Schritt tapsen wir zu Rad, und da ist sie – frisch geduscht! Nach anfänglichen Startschwierigkeiten tut sie dann aber tatsächlich wieder ihre Dienste. Der Monitor zwar noch leicht beschlagen, aber ansonsten anscheinend funktionsfähig – gibt also noch ein paar mehr Fotos!
Zwar ist es im Moment trocken, aber sonderlich vielversprechend sieht es nicht aus. Wie gesagt – für Regen bei niedrigen Temperaturen sind wir hier eigentlich nicht so gut gerüstet. Bernd ist mit kurzer Regenhose unterwegs – die Überschuhe hatten wir gleich beide zu Hause gelassen. So startet Bernd bei etwa zugigen 8°C im recht sommerlichen Outfit.
Trotz der Regenmengen macht der See einen erschütternd ausgetrockneten Eindruck. Offensichtlich ist hier in der letzten Zeit viel zu wenig Niederschlag gefallen. In einem kleinen Straßenimbiss gibt es die schöne Gelegenheit, sich am offenen Feuer kurz aufzuwärmen.
Der Regen wird jetzt immer heftiger und geht nun zeitweise in Hagel über. Wir schrauben unsere Ziel-Distanz für heute auf 27 km herunter. Rekord! Aber dort gibt es den nächsten Campingplatz – und überhaupt, so ein halber Pausentag ist ja auch mal ganz schön.
Schon am späten Mittag treffen wir am Campingplatz ein. Auch hier herrscht gähnende Leere. Die Anmeldung erfolgt in der Campingplatz-eigenen Bar, in der grade eine Familie ihr Fleisch am offenen Kamin grillt. Da setzen wir uns gleich auch dazu und werden von der Wirtin ausgiebig mit kleinen Leckereien versorgt, während Bernd seine Füße am Feuer auftauen kann.
Am Abend schlendern wir noch durch den kleinen Ort. Da aber auch hier das gastronomische Angebot recht überschaubar ist, machen wir es uns schon bald im Schlafsack gemütlich.
Tag 10: Coto Rios nach Camping la Bolera 54 kmAm nächsten Morgen scheint wieder die Sonne! Mit neuem Elan strampeln wir los – zunächst mal wieder bergan bis in die Ortschaft Arroyo Frio wo wir – ihr könnt es euch wahrscheinlich inzwischen denken – für ein zweites Frühstück einkehren. Hinter dem Ort biegen wir dann wieder von der Straße ab. Wir wollen uns jetzt wieder zurück zum Altravesur-Track orientieren, der weiter östlich verläuft. Meine Plan-B-Variante sieht hier zunächst mal wieder ein kurzes Stück Wanderweg vor, das zwar einfach zu begehen aber verdammt steil ist.
Hm, kann man an dem Bild nicht so wirklich erkennen – höchstens an meinem außerordentlich genervten Gesichtsausdruck…
Zu diesem Zeitpunkt hab ich wirklich etwas den Kaffee auf. Meine größte Sorge ist in dem Moment, dass mein Knie dieses ganze Rauf und Runter nicht klaglos mitmachen könnte und wir, ähnlich wie in Finnland letztes Jahr, wieder zum Abbrechen gezwungen werden. Für einen Moment hatte ich erwogen, nach einer Mitfahrgelegenheit zu suchen, um ein Stück abzukürzen. Aber die Gelegenheiten blieben ungenutzt und so schubse ich laut fluchend mein Rad hinter Bernd den Berg hoch. Glücklicherweise ist der Abschnitt zwar wirklich steil, aber mit gut 800m Länge absolut überschaubar. Danach geht es zunächst auf Asphalt, später auf Schotter weiter hinauf zu einer Passhöhe. Mit immer wieder fantastischen Aussichten und meine Laune steigt erheblich.
Wir passieren einen kleinen Berggasthof wo wir ein weiteres Mal ausgiebig Pause machen. Eine Diät-Tour ist das hier auf jeden Fall nicht!
Was dann folgt ist zweifellos einer der schönsten Abschnitte der ganzen Tour! Auf Fahr- und Wanderwegen geht es über Hochebenen, durch kleine Täler und über geschotterte Abfahrten weiter durch die westliche Sierra de Castril. Es ist ein Traum – und ich bin unheimlich froh, dass wir hier sind und nicht, wie von mir kurz überlegt, per Anhalter abgekürzt haben.
Als ich dieses Flüsschen hier erreiche, begrüßt mich Bernd schon fröhlich winkend und plitschnass. Sein enthusiastischer Versuch, da mit Schwung durchzufahren endet in einem Vollbad. Angeblich kam da plötzlich ne Monsterwelle…
Auch unsere Kamera nimmt das zweite Bad der Reise – und das wieder unbeschadet…
Auch die weitere Strecke ist ein Traum:
Im Tal angekommen, steuern wir den Campinplatz la Bolera an. Das Tor ist zwar geschlossen, aber es auf dem Platz sehen wir zwei Bikepacking-Mädels, die uns zurufen, wie wir es öffnen können und dass morgen früh jemand zum Kassieren vorbeikäme. Die zwei sind aus den Niederlanden und kürzlich in Granada gestartet. Wir unterhalten uns kurz – für die eine ist es die erste, für die andere die zweite Radtour. Sie sind mit top-Rädern unterwegs und am Abend folgt eine ausgiebige Fotosession um die Ausrüstung socialmedia-gerecht zu inszenieren. Wir kochen unsere Nudeln und verfolgen das Schauspiel mit leichter Irritation.
Der Vollständigkeit halber haben wir dann auch ein Foto von unserem Zelt gemacht:
Dass die beiden am nächsten Morgen dann noch pünktlich verschwinden, bevor die Campingplatz-Inhaberin die Gebühr kassieren kann, finden wir allerdings dann doppelt befremdlich.
Tag 11: Camping la Bolera bis hinter Gor 65 kmNach dem Traumtag gestern empfängt uns auch dieser Morgen wieder mit strahlendem Sonnenschein. Der Altravesur-Track schlägt nun einen Bogen nach Osten über die Sierra de Baza. Sicherlich auch eine wunderschöne Strecke, aber langsam schließt sich unser Zeitfenster und so entscheiden wir, hier nochmal abzukürzen und gradewegs über Gor nach Süden in Richtung Sierra Nevada zu fahren.
Die Aussicht auf die schneebedeckten Berge begleitet uns jetzt die ganze Fahrt.
Der erste Ort, den wir erreichen ist Pozo Alcón. Am Supermarkt treffen wir wieder auf die beiden Mädels aus den Niederlanden. Und einen Briten der ebenfalls offroad aber mit viel Zeit unterwegs ist, und sich über seine weitere Route erst noch schlüssig werden will. Mit ihm trinken wir noch einen Kaffee, bevor wir nach Süden weiterradeln.
Spargelzeit…
Und immer wieder der Blick auf die Sierra Nevada:
Vor uns liegen 17 Kilometer Abfahrt hinab zu einem Stausee. Aber auch dieser Stausee zeigt eindrücklich, wie trocken es hier in letzter Zeit gewesen sein muss:
Rauf geht’s dann natürlich auch wieder. Langsam aber stetig – mal auf größeren, mal auf kleineren Straßen.
Die meiste Zeit sind wir heute auf Asphalt unterwegs. Erst am Nachmittag verlassen wir hinter Gor die Straße und fahren auf Feldwegen weiter. Es folgt nochmal ein hübscher Abschnitt über eine kleinere Passhöhe.
Augenscheinlich ist unsere Routenwahl nicht ganz offiziell, denn plötzlich steht uns dieses Tor im Weg, das wir links am Hang umgehen müssen.
Je weiter wir von den Bergen herunterkommen, desto klarer wird, dass das vor uns liegende Tal stark bewirtschaftet ist. So nutzen wir noch ein Fleckchen neben der Straße für die Nacht, bevor wir wieder komplett in den Feldern der Bauern landen.
Teil 2 folgt