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#1473004 - 23.06.21 10:07 Grünes Band von Bayern bis zur Ostsee
GrünerBandRadler
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 1
Dauer:20 Tage
Zeitraum:19.8.2019 bis 7.9.2019
Entfernung:1200 Kilometer
Bereiste Länder:deDeutschland
Externe URL:https://mein-gruenes-band.de

Zum Abschluss meines Berufslebens wollte ich etwas Besonderes unternehmen. Ich entwickelte den Plan, das Grüne Band (das ist die ehemalige Grenze zwischen Ost und West) vom südlichsten Punkt in Bayern bis zur Ostsee abzuradeln. 2019 passte es überdies, weil 2019 das 30. Jubiläum stattfand - zur Erinnerung: der Mauerfall war 1989. Mir ging es nicht um bloßes Kilometerfressen, sondern um die Frage, wie sich das Leben an der ehemaligen Nahtstelle zwischen Ost und West verändert hatte. Neben schöner Natur auf dem längsten durchgängigen Biotop in Deutschland gibt es zahlreiche zeitgeschichtliche Erinnerungsstätten, die eine solche Reise in einem besonderen Licht erscheinen lassen. Das läßt sich bei den einzelnen Etappenberichten gut nachlesen - hier habe ich die Tour im Zeitraffer wiedergegeben.

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Die Fakten in Kurzform: 19 Tage auf Tour, 1.200 Km, 11.000 Hm, viele Begegnungen, sehr viele Erinnerungen

Tag 1: Dreiländereck (bei Prex) – Bad Steben
Strecke 58km – hoch 860m – runter 840m

Gut gelaunt, gut gefrühstückt, bei idealem Radwetter ging es von der Übernachtung in Selb zum Dreiländereck. Das ist der südlichste Punkt des Grünen Bands: hier treffen sich die Bundesländer Bayern und Sachsen sowie die tschechische Republik. Hier sollte nach langer Vorbereitung endlich der Startschuss für meine bislang längste Radtour fallen. Es dauerte sicher 1 1/2 Stunden, bis ich meine Gepäcktaschen an- und wieder abmontiert hatte, denn ich vermisste irgendein Kleinteil, was natürlich ganz unten in einer der Ortliebs drin steckte: alles raus, dann wieder neu sortiert rein. Soviel kann ich verraten: das war nicht das letzte Mal in den kommenden drei Wochen.

Ich habe mich riesig gefreut, als der Beginn des Abenteuers immer näher rückte. Vorher wurde noch ausgiebig geküsst, geherzt und gute Ratschläge mit auf den Weg gegeben. Ein letztes „Bis bald!“ – Frau und Parkplatz wurden immer kleiner.

Diese erste Etappe war ein recht sanfter Einstieg über knapp 60 Km. Die Strecke führt am alten Grenzbahnhof Gutenfürst, dem ehemals geteilten „Klein-Berlin“ oder Mödlareuth vorbei. Dann geht’s an Saale und Selbitz bis zum romantischen Höllental, um nach einem knackigen Anstieg ins Bayerische Staatsbad Bad Steben zu gelangen.

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Tag 2: Bad Steben – Probstzella
Strecke 56km – hoch 990m – runer 1.220m


Nach einem gemütlichen Abend im neu gemachten Sauna-Bereich des Staatsbades, einer erquicklichen Nacht und einem guten Frühstück ging es am nächsten Morgen – bei Sonnenschein und trotzdem frischen Temperaturen – Richtung Norden weiter. Das Ziel dieser Etappe hieß: Probstzella – Bauhaus-Geschichte in der thüringischen Pampa. Obwohl sich einige Höhenmeter im Laufe des Tages summierten, ist das im Prinzip eine leicht hügelige Streckenführung, die Kondition, aber keine Herkules-Kräfte erfordert.

Ein Highlight zwischendurch ist der historische Schieferabbau in Lehesten und nicht weit davon entfernt eine sehr traurige Mahnung aus der Zeit des deutschen Faschismus: das KZ-Außenlager Laura. Hier wurden die Häftlinge zur Arbeit in der Schieferbrüchen gezwungen.

Zum guten Ende: nach Probstzella geht es von 630m NN auf 360m NN herunter. Je nach Routenführung kann man vor Probstzella die Burg Lauenstein (kurz hinter der bayerisch-thüringischen Grenze) „mitnehmen“; dafür rechtzeitig im Örtchen Lichtentanne abbiegen. Ich habe die Burg am späten Nachmittag besucht, als Genussausflug von Probstzella – alles ohne Gepäck.

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Tag 3: Probstzella – Steinach
→ 40km – ↑ 940m – ↓ 710m

Diese Etappe hatte es in sich, denn der Thüringer Wald kann verdammt steil sein, vor allem, wenn man – wie ich eher aus Versehen – einen nicht unerheblichen Teil auf dem Kolonnenweg gefahren war.

Ein Highlight ist in jedem Fall kurz hinter Probstzella die Thüringer Warte. Früher wollte man die „Brüdern und Schwestern im Osten“ nahe sein, zumindest aus luftiger Höhe (knapp 30m hoch) ihnen vom Ratzenberg zuwinken können. Auch heute hat man einen fantastischen 360° Rundumblick über den Thüringer Wald.

Anschließend ging es weiter auf mehr oder weniger einsamen Wald- und Wirtschaftspfaden hinunter ins Tal der Steinach und ins gleichnamige Städtchen. Übernachtet habe ich im OutdoorInn, welches für solche Zwecke bestens gerüstet ist (kein Hochzeitsreisen/Flitterwochen-Hotel).

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Tag 4: Rund um Steinach
→ 62km – ↑ 900m – ↓ 890m

Das sollte ein Ruhetag werden, aber Wetter und Stimmung waren so gut, dass ich es nicht sein lassen konnte und in den Süden bis zur Landesgrenze bei Heinersdorf geradelt bin.

Das Schöne an solchen Tagen ist es, sich nicht um das Gepäck kümmern zu müssen; die kleine Lenkertasche hatte genug Platz für zwei Müsli-Riegel, einen Apfel und den restlichen Krempel. Es war zwar kein reinrassiger Ruhetag, dafür aber eine tolle Genuss-Tour durch Thüringen, natürlich auch wieder über den Plattenweg, irgendwo, irgendwann im Wald gestrandet und am Ende doch noch über Sonneberg – die Spielzeugstadt – nach Steinach rechtzeitig vor einem satten Gewitter und Wolkenbruch zurückgekommen.


Tag 5: Steinach – Zimmerau
→ 55km – ↑ 560m – ↓ 550m


Ich erinnere mich ungern an die technische Probleme mit dem Server/Hosting, aber das beschäftigte mich zwischendurch etliche Stunden – ich wollte Radfahren und mich nicht als Techniker hervortun. Also raus aus dem Thüringer Wald – rein in den Frankenwald. Dafür nutzte ich den Panoramazug der Südthüringen Bahn, um von Steinach eine „Abkürzung“ bis Veilsdorf zu nehmen.

In Veilsdorf war der Thüringer Wald Geschichte und ich radelte sehr entspannt über eine hügelige Landschaft bis Zimmerau. Dort sollte mich der nächste Aussichtsturm mit Blick in den Osten erwarten – und Wanderreiter, die ebenfalls Richtung Norden auf dem Grünen Band unterwegs waren.

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Tag 6: Zimmerau – Birx
→ 93km – ↑ 1.370m – ↓ 1.050m

Es war nicht das verflixte 7. Jahr, sondern der 6. Tag: Ich war voll auf der Fresse gelandet, nachdem ich auf einem Schotterweg vor Fladungen versucht hatte, mein Rad mit Oberarm und Oberschenkel abzubremsen. Hat zwar geklappt, aber nur mit erheblichem Kollateralschaden.

Trotz der längeren Distanz ist dieses Teilstück sehr interessant und auch wunderschön zum Fahren: Saale-Quelle als kleiner Rinnsal, schöne Ausblicke über die Landschaft, Skulpturenpark Deutsche Einheit bei Eußenhausen und vieles mehr.

Diesen Eindruck hätte ich gerne behalten, bis, ja bis ich mich auf einem Schotterweg hingelegt habe – es war viel Glück dabei, denn Rad okay, Mann bis auf kleinere Schäden ebenfalls. Dennoch benötigte ich medizinische Hilfe und wurde zum Glück eine halbe Stunde später in Fladungen fündig.

Durch den Sturz und die weiteren Umstände habe ich leider den Abstecher zum Schwarzen Moor versäumt. Hier wird man Informationen zur Geschichte des Moors und einem hölzernen Wanderpfad durchs Moor belohnt.

Tag 7: Birx – Sünna
→ 54km – ↑ 440m – ↓ 790m


Diese Etappe führte mich nach einer fürchterlichen Nacht (Ibuprofen sei Dank!), jedoch mit interessanten Gesprächen durchs Ulstertal nach Geisa und damit auch zum Point Alpha. Diese Stelle war im Kalten Krieg ein strategisch wichtiger Punkt zwischen Ost und West. Nach NATO-Überlegungen hätte nämlich nur hier der „Russe“ mit seiner riesigen Panzertruppe in den freien Westen durchbrechen können. Darum war der Beobachtungspunkt Point Alpha für die Amerikaner und die NATO ein wichtige Landmarke, von der aus die Truppenbewegungen des „Warschauer Paktes“ rechtzeitig zu erkennen gewesen wären.

Heute gibt es sowohl ein spannendes Grenz-Museum als auch das museale Areal des ehemaligen Point Alpha-Stützpunktes der US Armee zu besichtigen.

Der Tag endete angestrengt und mühselig im Keltenhotel in Sünna, unweit einer frühzeitlichen Keltensiedlung auf dem nahen Öchsenberg.

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Tag 8: Sünna – Creuzburg
→ 63km – ↑ 250m – ↓ 460m


Von der Ulster an die Werra: eine Landschaft, die durch die großen Kaliabraumhalden geprägt wird. Monte Kali ist weithin sichtbar. Vacha, ein kleines, mittelalterliches Städtchen wurde durch die „Brücke der Einheit“ und das Grüne Ampelmännchen bekannt. In der Stadt Heringen ist K+S Kali zuhause. Im kleinen Hörschel an der Werra beginnt der Rennsteig. Und für den Radfahrer ist eine Etappe entlang eines Flusses meistens eine sehr erholsame Sache. Zumal in Creuzburg meine Frau auf mich wartete und wir im Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn ein paar Tage gemeinsam verbringen wollten.

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Tag 9: Rund um Creuzburg
„Faulsein in Creuzburg“ so lautete die Überschrift. Das Motto war wirklich Programm. Das Fahrrad blieb im Rad-Schuppen und wir nutzten die Zeit für eine ausgedehnte Erkundung mit dem Auto. Schon Creuzburg ist recht pittoresk, die bekannte Liboriuskapelle aus dem 15. Jahrhundert an der alten Werrabrücke, Treffurt, Mühlhausen – das sind alles Orte mit viel Geschichte und Vergangenheit. Insofern ging die Zeit schnell vorbei, auch weil wir Zeit miteinander wollten und das Hotel nicht nur für einen gemütlichen Plausch auf der kleinen Seeterrasse geeignet war.

Tag 10: Treffurt – Bad Sooden-Allendorf
→ 42km – ↑ 530m – ↓ 560m


Dieses Teilstück hatte es wieder mächtig in sich. Erst der gemütliche Einstieg an der Werra entlang – nebenbei bemerkt: ich hätte einfach bis Bad Sooden gemächlich weiterradeln können. Aber ich wollte mir unbedingt das Grenzmuseum Schifflersgrund, die berühmte Agentenröhre und die Burgruine Altenstein anschauen. Kurz gesagt: alle diese Orte habe ich nicht erreicht, dafür auch ein tolles, wildes und waghalsiges Stück vom Grünen Band – wenn auch nicht beabsichtigt – erlebt. Bei Volkerode (im Osten) oder in der Hessischen Schweiz (im Westen) findet man einen wunderschönen Abschnitt des Grünen Bands – wie aus dem Lehrbuch vom BUND. Eine breite Schneise, Magerwiesen, der alte Plattenweg bis zum Horizont – und Einsamkeit pur. Das alleine war schon toll, allerdings war der anschließende „Preis“ durch die Komoot-Navigation anstrengend und waghalsig.

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Tag 11: Bad Sooden-Allendorf – Breitenworbis
→ 90km – ↑ 1.230m – ↓ 1.090m


Das Wetter war passend für diese lange Etappe: die Sonne hatte sich hinter Wolken versteckt und meinte es insgesamt gut mit mir, da Höhenmeter ohne heftigen Sonnenschein immer besser laufen.

Ich hatte mir einige spannende Besichtigungspunkte auf den Zettel geschrieben, auch hier: weniger ist mehr, denn es wurde ein recht stressiger Tag. Die Burg Hanstein liegt praktisch noch in Sichtweite der Werra und hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Danach bin ich bald nach Friedland abgebogen, das liegt nicht unmittelbar am Grünen Band, aber beschreibt die Wirren und das menschliche Leid im Nachkriegs-Deutschland sehr anschaulich. Außerdem eine sehr berührende Ausstellung über Migration und Fluchtursachen. Kurz vorm Ende des Tages dann noch das Grenzmuseum in Teistungen – mit einer neu aufgebauten Ausstellung und einem ausgedehnten Besichtigungsareal. Hingehen!

Tag 12: Breitenworbis – Sülzhayn
→ 83km – ↑ 1.060m – ↓ 990m


Die Etappe nach Sülzhayn zog sich länger als geplant, weil ich mich einmal bei Rhumspringe (nahe der Rhume-Quelle) trotz Komoot kräftig verfahren hatte. Ansonsten war es eine abwechslungsreiche Streckenführung übers Eichsfeld und durch die westlichen Ausläufer des Harz.

Besonders gefallen haben mir drei Besichtigungsorte: das West-Östliche Tor bei Duderstadt, das Gut Herbigshagen der Sielmann Stiftung und das ehemalige Kloster Walkenried. Das West-Östliche Tor ist ein Naturkunstwerk, welches das Zusammenwachsen unserer beiden Deutschländer gut beschreiben kann: Altes zerfällt und Neues wächst – vielleicht auch zusammen 😉 Die Sendungen von Sielmann gefielen mir schon als Kind immer gut – seine Stiftung hat hier ein wunderbares Naturmuseum und einen Show-Bauernhof eingerichtet, das hofeigene Café lädt zum Verweilen ein. Last but not least: das ehemalige Zisterzienserkloster in Örtchen Walkenried hat eine über 800jährige Geschichte und ist leider nur noch in Fragmenten erkennbar. Wenn man davon abstrahiert, muss es eine gewaltige Anlage gewesen sein.

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Tag 13: Sülzhayn – Goslar
→ 85km – ↑ 1.670m – ↓ 1.740m


Der mächtige Brocken war nicht das eigentliche Etappenziel, aber die höchste Erhebung in Norddeutschland sollte auf dem Weg nach Goslar bezwungen werden.

Das war die Etappe der Schmerzen: Blut, Schweiß und Tränen – na, ich übertreibe maßlos. Dennoch war diese Etappe aufgrund der vielen Höhenmeter kräftezehrend. Der Aufstieg zum Brocken zog sich, nicht zuletzt weil ich die Planung der Streckenführung zu dilettantisch angegangen war. Wer auf die Komoot-Karte schaut, sieht einen großen Kringel, den ich hätte abkürzen können. An diesem Tag hat das erste Mal die ganz große Landkarte gefehlt, um mir einen umfassenden Überblick zu verschaffen.

Insofern galt der Kölsche Spruch: Umwege erhöhen die Ortskenntnis 😉 Ich war am frühen Abend sehr froh, in Bad Harzburg ein Schild „Bahnhof“ zu finden, diesem nachzufahren und 20 Minuten später im Zug nach Goslar zu sitzen – dort war mein heutiges Etappenziel. Geschafft hing ich während der wenigen Minuten der Zugfahrt in den Seilen, aber auch sehr glücklich auf dem Brocken gewesen zu sein und die raue Schönheit des Harzes kennengelernt zu haben.

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Tag 14: Goslar – Oebisfelde
→ 85km – ↑ 580m – ↓ 570m


Die kurze Zugfahrt von Bad Harzburg nach Goslar hatte mich begeistert, zunächst bis Wolfenbüttel mit der Bahn zu fahren, um von dort aufs Grüne Band zurückzugelangen. Das klappte gut und ich konnte vor mich hin träumend die flache Landschaft betrachten. Viel zu schnell angekommen, musste ich wieder in die Pedale steigen, um mein nächstes Etappenziel Oebisfelde zu erreichen.

Es gibt auf dieser Etappe wenig echte Highlights oder beachtenswerte Landmarken. Zwei, drei möchte ich nennen: das Freiland-Museum Hötensleben, den aufgegebenen Tagebau in Schöningen und unweit davon das paläon-Museum. Wenn man die A2 überquert, sollte man sich auch den ehemaligen Grenzübergang Helmstedt/Marienborn anschauen. Im Sommer 2020 wurde gerade eine neue Dauerausstellung in dem zentralen Grenzgebäude eröffnet (das hatte ich mir gespart und habe Marienborn „links liegengelassen“).

Die letzten 30 Kilometer waren wenig erquicklich, es ging neben einer vielbefahrenen Bundesstraße entlang, zum Glück auf einem gut ausgebauten und sicheren Radweg.

Tag 15: Oebisfelde – Binde (Arendsee)
→ 95km – ↑ 320m – ↓ 350m


Weiter ging es übers flache, platte Land, wenig Überraschung, allerdings ein verstörender Stopp an der Gedenkstätte in Gardelegen, die Verabredung mit einer Rad-Freundin und die freundliche Aufnahme in der „Villa Kunterbunt“ bei Jürgen Starck.

Die Gedenkstätte in Gardelegen wurde im bereits 1945 an der Stelle eingerichtet, wo mindestens 1.100 KZ-Häftlinge auf einem der Todesmärsche brutal in eine Scheune gesperrt und bei dem absichtlich gelegten Brand der SS-Wachmannschaften bestialisch umgebracht wurden. Kurze Zeit später trafen die US-amerikanischen Truppen ein und konnten noch viele der Verantwortlichen festsetzen. Ebenso musste die Gardelegener Bevölkerung die Toten ordentlich bestatten, darüber hinaus wurde festgelegt, dass die Gräber dauerhaft durch die Bevölkerung gepflegt werden mussten. Es ist ein wirklich bedrückender Ort mit einer unvorstellbaren, grausamen Geschichte.

Anschließend habe ich noch eine alte Freundin aus Berlin getroffen, die gemeinsam mit mir drei Tage radeln wollte. Das abendliche Ziel lag diesmal in Binde, also kurz vorm Arendsee. Jürgen Starck hat dort seit einiger Zeit den Haselnusshof – im Garten eine kleine Villa. Naja, es ist ein Gartenhäuschen mit 3x3m Grundfläche. Für eine gemütliche Übernachtung reicht es aus.

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Tag 16: Binde (Arendsee) – Lenzerwische
→ 60km – ↑ 120m – ↓ 130m


Langsam merkte ich, was es mit der Norddeutschen Tiefebene auf sich hat: plattes, flaches Land – der Horizont weit entfernt.

Von Binde war es nur ein kurzes Stück – durch Plantagen-Wälder und ausgedehnte Ackerwiesen – um Schnackenburg an der Elbe zu erreichen. The Outpost of the free World – bis 1989 zumindest. Allerdings ist es beeindruckend, wenn man sich dem breit gestreckten Elbtal nähert und die riesigen Überflutungsflächen in den Elbauen bestaunen kann. Das sieht sehr urtümlich aus – wenn ich zuhause auf das enge Tal des Mittelrheins schaue, einfach ein Wow-Effekt.

Einmal auf dem Elberadweg angekommen, ist die Richtung klar: immer nach Norden und Obacht geben , dass einen kein anderer Radler (oder Radlergruppen) über den Haufen fährt. Es ist ein Trubel wie auf der Stadtautobahn A100 in Berlin.

Tag 17: Lenzerwische – Langenlehsten
→ 90km – ↑ 270m – ↓ 260m


Also, Verfahren konnten wir uns hier nicht, denn es ging nach der Übernachtung in Lenzerwische immer weiter an der Elbe entlang. Hier erwischten wir den ersten richtigen Regentag auf der Tour: wir starteten bei heftigem Regen vom Landhaus hinter dem Elbdamm über Dömitz (schöne Festung) bis zur kurzzeitig berühmten Dorfrepublik Rüterberg. Zum Glück hatte es sich dann für diesen Tag ausgeregnet. In Boizenburg haben wir den Elberadweg Richtung nach Norden verlassen. Landschaftlich gibt es nicht viel Abwechslung – es ist halt platt. Doch immerhin meinte es der Wettergott mit uns gut: wir radelten bei strahlendem Sonnenschein über die lange Dorfstraße zu meiner Freundin Tina.

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Tag 18: Langenlehsten – Ratzeburg
→ 61km – ↑ 250m – ↓ 270m

Zum Glück mussten wir heute nicht so weit fahren, denn es dauerte eine gute Weile, bis wir nach dem Frühstück endlich in die Gänge bzw. auf die Fahrradsättel kamen. Der Abend mit Tina und ihrem Mann war eine willkommene Unterbrechung, denn mein Babbel-Gen hatte Nachholbedarf.

Am Morgen fuhren wir ein kleines Stück zurück, denn einige Kilometer von Langenlehsten entfernt liegt die Stelle, wo Michael Gartenschläger bei der Demontage einer Selbstschussanlage von DDR-Spezialkräften 1976 erschossen wurde. Anschließend ging es durchs Unterholz auf den Kolonnenweg zurück, am Schaalsee und dem bekannten Kloster Himmelspforte vorbei bis zur überaus nervigen B208 nach Ratzeburg hinein. Hier gab es im Hotel Seehof – unmittelbar am Küchensee gelegen – bei Kaffee und Kuchen einen herzlichen Abschied, denn meine Freundin Barbara fuhr mit dem Zug nach Berlin zurück. Und für mich war der letzte Abend auf meiner Radtour angebrochen.

Tag 19: Ratzeburg – Priwall (Travemünde)
→ 51km – ↑ 240m – ↓ 240m


Nun erwischte es mich zum zweiten Mal auf der Tour: kaum hatte ich morgens die Augen aufgeschlagen, nahm ich die tiefhängenden Wolken und den prasselnden Regen wahr. Das hinderte mich nicht an einem erfrischenden Bad im Küchensee, zumal das Hotel einen kleinen Strand am See hat. Wunderbar – den ganzen See für mich alleine, denn ich war wohl der einzige Badegast in diesem Morgen.

Und dann musste ich mich richtig motivieren: ich hatte das Frühstück in die Länge gezogen, sinnierend am Fenster gesessen, den Regentropfen und ineinanderlaufenden, konzentrischen Ringen auf dem Wasser zugeschaut. Naja, irgendwann half das auch nicht weiter und ich musste los. Es gab ja auch ein echtes Incentive auf dem Priwall bei Travemünde, denn dort war ich mit meiner Frau verabredet.

Natürlich tue ich den Menschen, die dort leben Unrecht, aber die Gegend dieser letzten Kilometer bis zur Ostsee sind recht langweilig: Landwirtschaft, Wälder, viel Autoverkehr – nichts, was zu den Highlights meiner 1.200 Km Tour zählen würde. Und dann das letzte Mal die ehemalige Grenze kurz vor dem OT Priwall kreuzen und am Passathafen meine Liebste in den Arm nehmen.

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Bilder bitte max. 1024px in der Breite. Zu große Bilder in Links gewandelt.
Siehe auch:
HINWEISE AN DIE BEITRAGSSCHREIBER (Treffpunkt)
HowTo: Bilder in Beiträge einfügen (Forum)

Du kannst den Text gerne mit frischen Links auf 1024er Bilder neu erstellen und mir per PN zuschicken. Dann ändere ich den Beitrag gerne. Ansonsten:
Willkommen im Forum. party






Geändert von Juergen (23.06.21 14:36)
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