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#1365679 - 04.12.18 16:40
Die kleine Maus und die große Null
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Dauer: | 14 Tage |
Zeitraum: | 12.8.2018 bis 25.8.2018 |
Entfernung: | 1067 Kilometer |
Bereiste Länder: | Deutschland Frankreich
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Die kleine Maus und die große Null
Oder: Einmal rund um das Vogesenmassiv 12. bis 25. August 2018 So. 12. Aug: Bains-les-Bains - Corbenay - Fontaine-lès-Luxeil - Saint Sauveur - Breuches-lès-Faucogney - Écromagny - Mélisey: 62 km „Ja, äh, also danke nochmal und bis bald.“ „Mach's gut. Viel Spaß.“ So gegen 12 h 30 nach einem netten kleinen Mittagessen mit Edda, die während den kommenden zwei Wochen auf mein Haus und meine Tiere aufpassen würde, ging es los. Die Maus war gepackt und angehängt, ich wollte Richtung Süden, die Verbindungstrasse zwischen der VR 50 und der EV 6 ausprobieren und mich dann nördlich orientieren. Nach Fontaine legte ich eine kurze Vesperpause an dem kleinen See ein (da, wo ich immer vespere), dann war ich schon bald aus der Ebene um Luxeuil heraus und es ging ab Raddon leicht hügelig Richtung Ausläufer des Plateau des 1000 Étangs. Ich kenne die Gegend hier recht gut, die Beschilderung ist perfekt. Erst folgte ich der Boucle Nr 14, dann der Nr 4, zusätzlich war die EV 6 auch immer angeschrieben. Gegen Abend fand ich dann in Mélisey einen Campingplatz, den ich noch nicht kannte. So ein richtiger Alternativ-Platz - eigentlich war er um eine große Ziegenweide herum angelegt. Zu den Zelten selber führte nur ein kleiner, schmaler Pfad, und ich bewunderte einen Rollstuhlfahrer, der - da der Pfad ihm zu schmal war - einfach durch die Ziegenweide holperte. Mein Zeltnachbar, ein Niederländer, war von der Maus wegen ihrer orangenen Farbe absolut angetan, aber auch sonst sorgte sie für viel Aufsehen. Dem Campingbesitzer (der seine Afrolocken als Türmchenfrisur auf dem Kopf balancierte) kaufte ich noch selbstgemachten Apfelsaft, Mirabellen und einen Ziegenkäse ab, der es in sich hatte: Er war so alt, daß er vollkommen vertrocknet war, so daß sich der Geschmack, der sich sonst auf eine große Käsemenge verteilt, extrem stark konzentriert hatte. Man brauchte zwei Scheiben Brot um ein kleines bißchen davon essen zu können und spuckte selbst dann noch Feuer. Zum Abendessen gab es vegetarische Ravioli, denn schlief ich ein. Mo, 13. Aug: Mélisey - Malbouhans - Ronchamp - Champagney - Belfort - Sevenans - Montreux-Château: 63 km „Vous croyez que je peux rester ici cette nuit ?„ „Mais bien sûr. Ils sont fadas, de toute façon. Ils font tout un foin autour de l'Eurovélo, et après, il n'y a même pas de camping. Alors ça, alors … !“ Das war das Gespräch am Abend mit dem Pächter der Halte Fluviale. Über Nacht hatte es geregnet, und am Morgen nieselte es noch. Ich brach trotzdem auf, setze mich zum Vesper irgendwo einfach in die Maus, radelte durch Ronchamp und vesperte dann später nochmal, indem ich mich in eine Bushaltestelle setzte. Erst am Nachmittag lichtete sich das Wetter. Die Durchquerung von Belfort gestaltete sich etwas schwierig, denn wird man noch nachgerade perfekt durch einen schön angelegten Park Richtung Stadt geleitet, so ist innerhalb des Zentrums die Beschilderung für Fernradler ganz weg. Nur die einzelnen Stadtviertel werden angezeigt. Zum Glück schenkte mir ein Passant eine Radwanderkarte, laut der ich bis Sevenans ganz im Süden der Stadt fahren mußte (vorbei an dem ganz neu angelegten TGV-Bahnhof), um dann auf die FrancoVéloSuisse zu wechseln, welche in Höhe von Bourogne die EV 6 kreuzt. Und bei KM-Stand 115 war ich dann tatsächlich auf diesem europäischen Radwanderweg (EV 6: Atlantik - Schwarzes Meer). Dieses Schild brachte mich gleich zum Schmunzeln ... Es fuhr sich total nett, einfach dem Canal du Rhône au Rhin entlang. Als ich gegen Abend keinen Campingplatz fand, stellte ich die Maus einfach bei der Halte Fluviale in Montreux-Château ab und bat die Pächter um Erlaubnis. So hatte ich zwar keine Dusche, aber immerhin ein WC und ein Waschbecken. Zum Abendessen gab es Kartoffeln und Schmorgurken aus dem eignen Garten, den Tag beendete ich mit einem kleinen Spaziergang durch den Ort, während dem ich kunstvoll den Ziegenkäse entsorgte. Sollte am nächsten Tag etwas von feuerspuckenden Ameisen in der Zeitung gestanden haben, so würde mich das nicht wundern. Di, 14. Aug: Montreux-Château - Mulhouse - Ottmarsheim - Chapampé - Hochstetten: 93 km „C'est quoi, ça ?“ „C'est une petite souris avec un beau sourire et des moustaches soyeuses.“Wenn ich mit meiner Stretchlimousine durch Dörfer fuhr, fielen mir oft die plötzlich verstummenden Gespräche auf, gefolgt von schallendem Lachen oder lautem Prusten. Und andauernd befragten mich Leute über meine Fuhre. Meine Standardantwort wurde, es sei eine kleine Maus mit einem schönen Lächeln und seidigen Schnurrbarthaaren …. Den Tag begann ich mit einem Einkauf im örtlichen Supermarché, dann brach ich auf. Also dieses Einkaufen unterwegs liebe ich ja, wobei ich Tante Emma bevorzuge. So kleine leckere Sachen für das nächste Vesper einkaufen … Das muß unbedingt dabei sein: Was zu trinken, Müsliriegel, Brot & Käse, Salat, Joghurt, Apfelkompott … und dann braucht man nur noch ein gemütliches Plätzchen, wie hier an der Schleuse, und das Glück ist perfekt. Bei der Suche nach einem schönen Platz bin ich übrigens sehr anspruchsvoll. Ich lehne mich gerne an, möchte eine angenehme Aussicht und Ruhe. Das Beste ist noch, wenn es dabei irgendwas Spannendes zu beobachten gibt. Am allerbesten noch, wenn es was zu lachen gibt. Schadenfroh bin ich allerdings gar nicht Bald war ich dann in Mulhouse, und hier wurde man wirklich tadellos durch die Stadt geleitet. Mulhouse ist ja so ein Knotenpunkt, weil sich in der Nähe drei EV-Strecken kreuzen: Die schon erwähnte EV 6, die EV 5 (London-Süditalien) und die EV 15 (Rhein-Radwanderweg). Ich hätte in Kembs auf den Rhein überwechseln können, aber dazu hätte ich wieder Richtung Süden radeln müssen. Ich bog als von der EV 6 Richtung Ottmarsheim ab (nach einem kurz einsetzenden Regen, der mir zu einem Mittagsschläfchen in der Maus verholfen hatte) und war dann schon bald an der Grenze Chalampé-Neuenburg. Zuvor passierten wir mit viel Geschick und Luft anhalten noch einige eiskalte Duschen durch die Bewässerungsanlagen, die immer so eingestellt sind, daß sie den Radweg mitbesprenkeln … Die Brücke überquerten Glencinchie und die Maus mit sichtlichem Stolz. Überhaupt herrschte hier reger Radwanderverkehr. Da war richtig was los ! Ich bog auf den Radwanderweg ein und war einigermaßen entsetzt, denn hier bestand der Radweg nur aus Schotterpiste. Und nicht nur Schotter, auch grobe Steine und streckenweise ein Mittelstreifen aus Gras. Igitt !!! Ich schlingerte mich langsam vorwärts, aber wirklich Spaß machte das nicht. Wobei die Landschaft allerdings ganz nett war. Und dann löste sich durch das Gerüttel die Mutter an meiner Anhängung, und die Maus fiel auf den Boden. Ich sprach gleich drei Dankesgebete, als ich nicht nur besagte Mutter, sondern auch die beiden Unterlegscheiben wiederfand. Puuh, welche ein Glück. Meine Notbehelfsanhängung per Seil war nämlich alles andere als prima. Aber den Rheinradweg würde ich verlassen, zumal alle mir entgegen-kommenden Radfahrer bestätigten, daß der Belag so bleiben würde. Als ich auf das Camping-Schild Hochstetten stieß, zögerte ich keine Sekunde. Es ging zwar bis zu der Bundesstraße noch auf Schotter, aber dann war endlich wieder Asphalt unter den Mäusefüßen ! Der Camping „Münsterblick“ gehört zu dem Landgasthaus Adlerhof und war nett und klein mit penibel sauberen großzügigen Sanitäranlagen. Ich duschte rasch und gönnte mir ein Abendessen in dem Gasthof. Der geneigte Leser wird mir zwei Abschweifungen erlauben: Erstens hatte ich mich von dem Kellner apéritif-technisch beraten lassen, und was da kam nannte sich Little Berry und war köstlich. Leicht bitzelnd, eisgekühlt, fruchtig. Zum Apéritif trinken muß man geboren sein, das kann man nicht lernen. Da meine liebsten Apéritif-Mitbestreiter leider alle schon im Himmel sind, trinke ich nicht mehr so oft welchen. Entspannen, wohlwollend zurück auf den Tag blicken, freundlich plaudern, sich auf die gemeinsame Mahlzeit freuen … An seinem Ruhetag nach der Schöpfung hat der liebe Gott den Apéritif nicht nur erschaffen, sondern auch daran genippt - soviel steht fest. Zweitens war dann da noch der badische Salat, den ich als Vorspeise bekam. Badische Salate sind lecker, haben immer genau die richtige Zusammensetzung, werden immer in der genau passenden Menge serviert, die Soße verteilt sich wie von selbst gleichmäßig überall hin, badische Salate sind die leckersten auf der ganzen Welt und einfach das Top an Genuß. Punkt. Dann gab es Käsespätzle mit Pfifferlingen, ein alkoholfreies Bier und zum Nachtisch einen Cappuccino. Derweil ging die Senior-Chefin von Tisch zu Tisch, begrüßte die Gäste und fragte ob alles recht sei. Ich glaube wenn ich nochmal in der Gegend bin, kehre ich hier wieder ein. Fortsetzung folgt
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Geändert von Mütze (08.12.18 08:14) |
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#1365681 - 04.12.18 17:46
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Moderator
abwesend
Beiträge: 13.173
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Liebe Mitmoderatorin, nun kommst auch Du mit einem interessanten Reisebericht und ich habe noch nicht einmal richtig angefangen . Da bist Du ja mit einem interessanten Gespann unterwegs. Wie sieht denn Deine Maus von innen aus? Wie lange ist die Liegefläche? Konntest Du darin gut schlafen? Wie fährt es sich mit dem Wohnwagen (z. B. auch bergan und bergab)? Nicht, dass ich mir jetzt so ein Teil zulegen wollte, aber interessant finde ich das allemal.
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Gruß, Arnulf
"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot) | |
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#1365689 - 04.12.18 18:23
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Moderator
abwesend
Beiträge: 14.766
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Gegen Abend fand ich dann in Mélisey einen Campingplatz, den ich noch nicht kannte. So ein richtiger Alternativ-Platz - eigentlich war er um eine große Ziegenweide herum angelegt. Zu den Zelten selber führte nur ein kleiner, schmaler Pfad,
Ich liebe diesen Platz und den Zirkus, den die veranstalten bis das Essen mal aufm Teller ist. Ich bin seinerzeit nördlich von Belfort geblieben und erst in Dannemarie auf den Kanal gestoßen. War auch nett. Bin gespannt, wie es dir weiter ergeht. Jürgen
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° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° Reisen + | |
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#1365692 - 04.12.18 18:33
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Keine Ahnung]
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Mitglied
anwesend
Beiträge: 8.871
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Du hättest diese Version der Maus bei Jürgen in Erfurt bewundern können.
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Cycling is an addiction, it can drive you quite insane. It can rule your life as truly as strong whiskey and cocaine. | |
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#1365701 - 04.12.18 18:53
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Deul]
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Moderator
abwesend
Beiträge: 13.173
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Leider habe ich mir den Anhänger damals nur von außen betrachtet und es versäumt, mir das Innere anzusehen.
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Gruß, Arnulf
"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot) | |
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#1365705 - 04.12.18 19:14
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Ah-es ging also nicht in den Schwarzwald. Das ist dann was fürs nächste Mal . Aufgefallen bist Du mit Deinem Gefährt zweifellos. Aber,nun die Gretchenfrage:Wie fährt es sich bergauf? Gruß Nat
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#1365758 - 05.12.18 07:24
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Keine Ahnung]
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Hi Arnulf, ich habe noch ein paar Photos der Maus in die Galerie geladen, da kannst Du sie auch von Innen bewundern. Die genauen Maße habe ich gerade nicht im Kopf, aber ich habe von Breite und Länge her genug Platz zum Schlafen und schlafe auch sehr gut darin. Das Gepäck ist in Fächern unter der Liegefläche verstaut.
@ Arnulf und Natash Man merkt ihr Gewicht schon, auch am Berg, insgesamt muß ich so beim Radeln im Vergleich mit Reiserad + vier Packtaschen circa 2 Gänge runterschalten. Aber sie fährt sich trotzdem angenehm.
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#1365777 - 05.12.18 09:09
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Mitglied
abwesend
Beiträge: 4.210
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Jürgen fährt die Maus mitm Lieger und "E".
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Gruss Markus Forza Victoria !
When nothing goes right -> go left! | |
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#1365780 - 05.12.18 09:27
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Mi, 15. Aug: Hochstetten - Breisach - Rheinradweg - Burkheim - Rust - WoMo-Park Ortenau: 78 km „Das würde ich auch gerne mal machen, so ganz alleine reisen, ohne meinen Mann ...“ Das war die Verabschiedung am nächsten Morgen von der Senior-Chefin. Und dabei lachte sie so spitzbübisch und frech … Ich hatte mir auf der Karte eine Strecke rausgesucht, auf der ich ohne Schotter von Dorf zu Dorf fahren würde. Dabei hangelte ich mich an den örtlichen Radwegen entlang und immer - aber auch IMMER - wurde Rust und der Vergnügungspark angezeigt. Ich durchquerte langsam Breisach (das Städtchen mag ich irgendwie), legte eine Vesperpause ein und wurde prompt erneut auf den Radweg am Rhein geleitet. Puuh. Dabei ist es wie gesagt landschaftlich toll ! Auf der einen Seite der langsam fließende Vater Rhein mit Lastkähnen und Sportbooten, auf der anderen Seite der Altrhein oder ein kleiner Kanal, dazu gar kein Verkehr sondern nur Radfahrer. Wenn nur dieser nicht wäre ! Okay, dann halt langsam. Und bei der nächsten Möglichkeit würde ich wieder auf Straßen zurückkehren. Später gab ich einem anderen Radwanderer noch die Adresse des Erbauers der Maus, war betrübt über einen lang angekündigten, dann aber doch geschlossenen Kiosk,da ich als Seelentrost ein Eis wollte, und dann kam doch endlich eine Möglichkeit, die Schotterpiste zu verlassen. Und schon wieder wies der Radweg auf Rust hin. Das lag nicht so ganz auf meiner Strecke. Ich durchquerte Burkheim, kam zwar nicht zu einem Eis, aber immerhin zu einem Apfelschorle, und dann leitete mich der örtliche Radweg nochmal auf die Rüttelpiste. Allmählich bekam ich Übung. Bei der nächsten Abfahrt wollte ich dem Schotter endgültig entfliehen - aber denkste ! Der Radweg führte mich beharrlich weiter über Schotter, und als ich endlich Asphalt erblickte und erleichtert Tempo zulegte, landete ich in … Rust ! Das hatte ich doch die ganze Zeit umfahren wollen ! Ich verdächtigte einen gewissen vergnügungssüchtigen Schutzengel, und knipste dann wenigstens diese höllische Achterbahn für ihn, auf der die Menschen lauthals kreischend in unendliche Tiefen stürzten. Und dafür auch noch zahlen. Also sowas Verrücktes ! Ab jetzt sah ich an jeder Straßenkreuzung auf die Karte und gelangte auf netten kleinen Straßen über Kappel, Wittenweier und Schwanau nach Meißenheim. Dort gab es zwar keinen Campingplatz, aber einen Wohnmobilpark. Da würde ich übernachten. In Meißenheim scheute ein Pferd, als er meine orangene Riesenmaus erblickte, und die Reiterin schimpfte deswegen mit ihrem Reitlehrer, anstatt ihr Tier zu beruhigen. Nee also echt - Leute gibt’s … Am WoMoPark Ortenau war die Anmeldung nicht besetzt, dafür gab es einen Aushang mit Preisliste und der Bitte, man möge doch einfach das Formular ausfüllen und zusammen mit dem Geld in den Briefkasten stecken. Sowas gefällt mir. Während ich nach meine Brille kramte, kam der Besitzer dann doch. Netter Typ übrigens, der mir erzählte, wie er seinen Platz auch noch für Radwanderer gestalten und so erweitern wollte. Ich kaufte ihm zwei alkoholfreie Biere ab und bekam die Wegbeschreibung zum nächsten Baggersee. Phantastisch. Kurz auf der Picknickdecke ausruhen und dann zum Baggersee radeln. Danach kochen (Kartoffeln mit Zucchini) und gemütlich den Abend bei einem kühlen Bier kommen lassen. Oberfein. Do, 16. Aug: Meißenheim - unzählige kleine Dörfchen - Hügelsheim - Rastatt - Durlach: 114 km „Mönsch ! Da paßt ja die Nationalelf rein !“ „Transportieren Sie 'ne Orgel ?“Die Welt durch den Blick meines Kochers: der WoMoPark Ortenau.Ich hatte meinem Vater versprochen, ihn am Freitag zu besuchen, heute wollte ich also bis nach Durlach auf den Campingplatz kommen. Ich fuhr zeitig los - nach Karte auf Radwegen von einem Dorf zum nächsten. In einer Tankstelle kaufte ich Plundergebäck für's Frühstück (ich trinke morgens nur Kaffee und frühstücke erst, wenn ich schon ein bißchen gefahren bin), das ich dann auf der Terrasse eines Cafés bei einer Apfelschorle verzehrte. Das Café hatte noch garnicht auf, die Chefin war am putzen, setzte mir das Getränk einfach so vor die Nase und verschwand mit ihrer Freundin zum Tratschen. Ich mußte ewig nach ihr suchen, um überhaupt bezahlen zu können ! Später besorgte ich mir noch Gemüse und Obst in einem Tante Emma Laden und fuhr und fuhr und fuhr. In Hügelsheim machte ich eine Pause und bestieg andächtig das Keltengrab, das da leider so verlassen inmitten von Straßengewirr liegt. Und weiter ging's. Die Durchquerung von Rastatt war nicht so ganz leicht, meistens war der Radweg für meine Stretchlimousine zu eng, und ich fuhr auf der Straße. Malsch, Ettlingen, Wolfartsweier, ich legte mich richtig ins Zeug, um nicht zu spät in Durlach anzukommen. Auf den Campingplatz freute ich mich schon. Ich kenne ihn, seit ein paar Monaten gab es da neue Pächter, die waren richtig nett und hatten gute Ideen gehabt, um den Campingplatz wieder auf Trab zu bringen. Als ich endlich in Durlach war, wunderte ich mich schon, warum auf einem Parkplatz in Nähe des Campingplatzes so viele Wohnwägen rumstanden. Und dann der Schreck: Der Campingplatz war geschlossen. So eine Enttäuschung ! Ich brauchte etwas Zeit, um mich von dem Schock zu erholen, dann fuhr ich zur Obermühle, wo ich eh hatte essen wollen. Da herrschte Hochbetrieb. Ich wollte in der Wirtschaft nach einem anderen Campingplatz fragen, aber dafür hatte niemand Zeit, der Kellner verwies mich hastig an einen gewissen Martin, den Leiter des in dem gleichen Gebäude angesiedelten Vereins der Naturfreunde, der gerade hier zu Abend aß, ich ergatterte mühselig einen Tisch, und erzählte dann diesem Martin mein Problem. So richtig hatte der aber auch keine Idee. Oh weia. Ich probierte noch erfolglos, eine vegetarische Mahlzeit zu bestellen, aber der Kellner war am Rotieren - so wurde es halt nur ein griechischer Salat, der allerdings sehr lecker war. Vorher ein Apéritif, dazu ein alkoholfreies Bier, allmählich stieg meine Zuversicht wieder. Zur Not würde ich mich einfach mit meiner Stretchlimousine auf einen Parkplatz stellen. Als ich gerade etwas Neues probierte, nämlich Weinschorle als Nachtisch, kam Martin auf mich zu und meinte, von mir aus könne ich gerne meine Maus im Hof der Naturfreunde abstellen und da übernachten. Dann marschierte er noch rüstig zu den Besitzern der Obermühle und organisierte alles für mich. Super. Echt nett von ihm. Jetzt würde mir der Kellner aber nicht mehr entkommen. Ich legte mir einen kurzen knappen Satz zurecht und stellte mich ihm extra in den Weg. Wir waren ungefähr gleich groß, diesmal mußte er mich einfach wahrnehmen. Bevor er auch nur den Mund aufbekam bedankte ich mich bei ihm, daß er mich mit diesem Martin in Verbindung gesetzt hatte. Und aus seiner Antwort entnahm ich, daß er gar nicht so unfreundlich war, wie er wirkte, sondern daß er mein Gespräch mit Martin und unser beider Reaktion danach aus der Ferne genau beobachtet und sich seine Gedanken gemacht hatte, daß seine scheinbare Hast und Verschlossenheit eigentlich nur höfliche Zurückhaltung waren. Feiner Kerl, eigentlich. Fr, 17. Aug: Durlach - Karlsruhe - Bruchsal: 33 km „Schön, Dich zu sehen !“Die Welt durch den Blick meines Kochers: Der Biergarten der Obermühle.Wie immer trank ich am nächsten Vormittag meinen Kaffee, dann radelte ich nach Karlsruhe rein. Eigentlich hätte ich der Maus ja einen Ruhetag gönnen wollen und sie auf dem Campingplatz gelassen. Aber das ging ja jetzt nicht, die Maus mußte mit, sich ein bißchen Stadtluft um die Schnurrbarthaare wehen lassen. Ja, bei meinem Papa war es so richtig nett. Ich nutzte den Tag zum Wäschewaschen während wir Kreuzworträtsel lösten, Glencinchies Kette wurde im nahen Radladen geölt, zum Mittagessen gab es Pizza, das ist so schön einfach. Dabei versuchte ich auch, mein Handy zu laden und mich nach anderen Campingplätzen zu erkundigen. Der nächste schien bei dem Naturfreundehaus in Bruchsal zu sein - auch gut. Mein Handy wollte sich übrigens gar nicht laden lassen, ich hatte unterwegs immer mal verschiedene Stromquellen genutzt, Steckdosen in Waschräumen z.B., aber jetzt wollte es absolut nicht klappen. Naja, auf dem Campingplatz würde ich es nochmal probieren. Ich packte meine frisch gewaschene Wäsche in den Mausbauch, und radelte dann am Abend über Stutensee nach Bruchsal. Ich habe Vorurteile. Und zwar massive. Sehe ich einen älteren Mann mit einer jüngeren asiatischen Frau, denke ich sofort, daß Liebe hier keine Rolle spielt. Sehe ich einen Mann mit Tätowierung und Pferdezopf, denke ich sofort, daß er ein Faulpelz ist. Sehe ich einen Mann mit Bart, der Moslem sein könnte, denke ich sofort an die Attentate von Paris und in mir flammt blutroter Hass auf. In diesem Fall waren es die Zeltnachbarn, die ich sofort für unangenehme Zeitgenossen hielt, und von denen gegenüber dachte ich, daß sie einem gehörigen Tropfen Alkohol abends keineswegs abgeneigt wären. Ich zog also mit meiner Maus von dem auf den ersten Blick gewählten Stellplatz auf die höhere Etage des stufenweise gebauten Campingplatzes um (mit der Maus geht das ja so schön einfach) und hängte meine Wäsche auf. Dann ließ ich den Abend bei einem Salat und alkoholfreiem Bier auf der Terrasse der Gasthausschenke ausklingen. Fortsetzung folgt
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Geändert von Mütze (08.12.18 08:19) |
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Off-topic
#1365815 - 05.12.18 13:11
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Mitglied
abwesend
Beiträge: 7.797
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Ich hatte mir auf der Karte eine Strecke rausgesucht, auf der ich ohne Schotter von Dorf zu Dorf fahren würde. Völlig OT, aber bei dem Satz musste ich unwillkürlich und spontan an diesen, auch konsequent ohne Schotter Reisenden denken. Bernd (garantiert ohne Pferdeschwanz, Tatoo, Thaimieze aus dem Internet und Al Kaida-Gesichtspullover )
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Mit Fahrrädern? So mit selber treten? Wo ist denn da der Sinn? (Heinz Erhardt im Film “Immer diese Radler”) |
Geändert von BeBor (05.12.18 13:11) |
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Off-topic
#1365818 - 05.12.18 13:17
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: BeBor]
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Hoffentlich kam mein Abschnitt über meine Vorurteile so rüber, wie ich ihn gedacht habe: Ich habe Vorurteile und handle danach (im Sinne: ich gehe z. B. auf Abstand), aber ich bin mir ihrer bewußt und lasse mich zu irgendwelchen Taten / Worten verleiten.
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#1365821 - 05.12.18 13:26
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Sa, 18. Aug: Radtour durch's Pfinztal: 65 km „Es geht eine bunte Flöhöte ...“ Heute wollte ich einen Ruhetag einlegen, nur mit dem Rad einen kleine Ausflug machen und nochmal meinen Vater besuchen. Die Wäsche war über Nacht nicht getrocknet, ich spannte also eine lange Leine in der Maus auf, hängte die ganze Wäsche drüber und ließ die Maustür als Belüftung ein ganz klein wenig offen. Dann packte ich Vesper und Flöte ein, fuhr nach Bruchsal rein und dann auf Radwegen Richtung Bretten. An einem kleinen Denkmal für ich-weiß-nicht-mehr-wen-Unbekannten spielte ich ein bißchen Flöte, leider hielten die Noten nicht so richtig im Wind. Das nächste Mal nehme ich Wäscheklammern mit, die waren bei der Maus geblieben. Ab Bretten ging es dann durch Walzbachtal und dann über Wöschbach, Berghausen, Grötzingen nach Durlach, wo ich gerade kurz vor Ladenschluß noch eine Radwanderkarte für meinen nächsten Reiseabschnitt bekam. Und mit meinem Papa mußte ich natürlich wieder ein paar Kreuzworträtsel lösen und ihm auf der Flöte was vorspielen, dann traf ich wieder in Bruchsal ein, und siehe da, meine Wäsche war richtig schön trocken. Das Aufladen des Handys bei meinem Vater hatte wieder nicht geklappt, irgendwas stimmte da nicht. Ich hängte es hier erneut ans Netz und kochte mir Kohlrabi mit Nudeln, während ich den Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier zusah, die abends hier steigen sollte. Nach dem Essen setzte ich mich noch gemütlich auf die Terrasse der Campingschenke und sah bei alkoholfreiem Bier und Weinschorle dem bunten Treiben zu. So, 19. Aug: Bruchsal - Rheinhausen - Rheinüberquerung auf der Fähre - Sondernheim: 67 km „Ja, sowas habe ich früher auch mit meinem Erwin gemacht. Radtouren. Und das hier war immer unser Plätzchen. Aber Radfahren kann ich jetzt nicht mehr. Das Gleichgewicht, wissen Sie. Alt werden ist schon schlimm.“ "Aber viel schlimmer ist doch, wenn man jung stirbt.“ Das war ein Gespräch mit einer alten Frau an während meiner Frühstückspause auf einer Bank an einer alten Eiche. Ich schlängelte mich nach der Radwanderkarte mal wieder durch kleine Dörfchen, denn ich wollte zum Rhein, den überqueren, und dann eventuell Speyer besichtigen, auch wenn ich es schon kannte. Dabei hatte ich immer irgendwie Germersheim im Blick, später dann Rheinhausen, weil es da eine Rheinfähre gibt. Und auf der setzte ich dann auch tatsächlich über. Ein nettes Ehepaar knipste noch für mich die Maus auf der Fähre, leider kam das Photo trotz Weitergabe von Telephon-Nummer und Mailadresse nie bei mir an. Schade. Auf der anderen Rheinseite legte ich erst mal ein Picknickpäuschen ein, dann beschloß ich, auf die Besichtigung von Speyer zu verzichten, und hier nach 546 km den Wendepunkt meiner Reise einzuleiten. Ich radelte (auf ausgezeichnetem Belag) den Rhein Richtung Süden entlang und legte noch so ein richtig schönes Mittagsschläfchen ein. Kennt Ihr das ? Stille … genau die richtige Temperatur … sich auf der gemütlichen Picknickdecke ausbreiten … und dann in so eine Art Schlummer versinken, bei dem der Körper vollkommen entspannt daliegt, die Sinne aber geschärft alles wahrnehmen: Geräusche, Gerüche … als könnte man trotz der geschlossen Augen alles sehen. Herrlich. Gegen Abend kam ich durch Sondernheim, wo auf meiner Karte ein Campingplatz eingezeichnet war. Den steuerte ich an, mußte mich im Ort aber durchfragen - ein netter Man fuhr deswegen extra noch ein Stück vor mir her - aber leider war dieser laut Auskunft in der Camping-Gaststätte nur für Dauercamper da, nicht für Durchreisende. So ein Mist ! Ich fuhr zum Campingkiosk, und die nette Besitzerin empfahl mir, diskret rechterhand am Ufer wild zu zelten, da würde oft so gemacht, das sei ein Privatgrundstück, dem Besitzer sei das völlig egal. Linkerhand liege Gemeindeland, da käme öfters mal das Ordnungsamt. Die Welt durch den Blick meines Kochers: Der Badesse am Campingplatz Sondernheim. Na gut. Ich trank bei ihr ein Apfelschorle und ließ die Maus den schönsten Stellplatz aussuchen. Dann badete ich ausführlich, machte einen ausgedehnten Spaziergang und schnabulierte eine Portion Pommes an dem Kiosk, die Besitzerin war wirklich ausgesprochen freundlich. Als ich zu der Maus zurückkam, traf ich einen anderen Radwanderer an, der hier auch einen richtigen Campingplatz erwartet hatte und etwas weiter weg sein Zelt aufschlug. Ich kam mit Bruno (aus Paris auf dem Weg nach Aalen) ins Gespräch, wir schlenderten umher und setzen uns dann noch auf einen Absacker (Eis und alkoholfreies Bier) an den Kiosk. Dabei kamen wir nicht umhin, ständig darüber zu schimpfen, so einen gut gelegenen Campingplatz nicht für Radreisende einzurichten. Die Kioskbesitzerin pflichtete uns bei. So Leute wir war hatte sie oft, und die Wiese direkt neben dem Kiosk (und somit direkt neben Toiletten und Duschen) wäre von der Lage her als Zeltplatz für Radwanderer ideal. Mo, 20. Aug: Sondersheim - Wörth am Rhein - Schaidt - Wissembourg - Hagenau: 89 km „Stop !!! Vous n'avez pas le droit de rouler ici ! N'avez-vous pas vu le panneau ?!?“ „ … „ Das - nun das war der etwas einseitige Dialog mit einem wackeren Gendarmen, aber dazu später mehr. Als erstes heute Vormittag legte ich mir einen Einweg-Photoappart zu, denn mit meinem Handy, das ich unterwegs auch zum knipsen nahm, war jetzt endgültig nichts mehr anzufangen. Und wie immer besorgte ich mir auch leckere Sachen zum Frühstück, das ich diesmal an einer kleinen Kapelle neben dem Radweg einnahm. Später fragte ich auch einen netten Kioskbesitzer, ob ich mal sein Telephon benutzen dürfe, denn da ich jetzt gar keine Meldungen mehr durchgeben konnte, wollte ich zumindest die Familie benachrichtigen, daß es mir gut geht, und warum ich mich nicht meldete. Bei einem Eis auf der Terrasse hörte ich dann einem Gespräch zu, in dem ein kleiner Junge seine Mutter dazu bewegen wollte, ihm doch auch so eine schöne Maus zu bauen … Das erste Bild, das ich dann knipste, waren die Tabakfelder, durch die der Radweg jetzt führte. Ich hielt sogar mal an, um mit einem Landwirt zu reden, der gerade mit einer großen Maschine die Blüten an seinem Tabak zurückschnitt. Wegen der Trockenheit sei die Kultur zu früh dran, er solle eigentlich ernten käme aber garnicht hinterher, das Rückschneiden der Blüte hemme die Pflanze etwas in der Reife. Als ich ihm erzählte, daß bei uns früher auch Tabak angebaut wurde, daß sogar die alten Bauern ihren eigenen Tabak rauchten, meinte er, hier sei es ganz genau so gewesen. Im Nachbardorf sei eine Tabakfabrik gewesen, der Tabak sei lokal verkauft worden. Jetzt ging sein Ernte (heller Tabak) nach Ägypten, dunkler Tabak werde von ich-weiß-nicht-woher importiert, die Preise richteten sich ausschließlich nach der Börse. Er hinge vollkommen von Subventionen ab, das gefiel ihm absolut überhaupt nicht. Wir waren uns einig, daß lokal produzieren und verkaufen das beste sei, aber das ist nicht einfach umzusetzen. Bei meiner Vesperpause in Schaidt an diesem Korbmacher-Brunnen passierte dann noch etwas richtig Nettes. Während ich aß hatte sich eine alte Frau in die Nähe gesetzt. Sie erhielt einen Anruf und unterhielt sich in einer Fremdsprache mit jemanden. Ich liebe es, andere Sprachen zu hören: Melodie, Betonung, Gesten … ich bilde mir immer ein, ich wüßte grob um was es geht. Aber ich bin schon ziemlich gut darin, zu erraten, um welche Sprache es sich handelt. Hier tippte ich auf rumänisch. Als ich aufbrechen wollte, kam sie auf mich zu und nestelte umständlich Geld aus ihrer Schürzentasche. Ich solle mir etwas zu trinken kaufen. Anders gesagt: Ich sei in ihrem Dorf zu Gast, und die Gastfreundschaft gebot, daß sie mir was anbieten müsse. Das fand' ich wirklich total süß. Zum Glück hatte ich gerade meine Trinkflaschen an „ihrem“ Brunnen gefüllt und konnte ihr glaubhaft machen, daß der Gastfreundschaft so Genüge getan worden war. Und so gelangte ich langsam nach Wissembourg, ein richtig schönes Städtchen. Ich ruhte mich aus, probierte „Frozen Yoghurt“ ... … und brach dann nach Hagenau auf. Richtung Lauterbourg gab es einen ganz neuen, vorzüglich ausgeschilderten Radweg, Richtung Hagenau aber nur eine gut ausgebaute Landstraße. Die D 263. Mann, war das ein Vergnügen ! Leichter Rückenwind, ein breiter Seitenstreifen, die Streckenführung fast eben - ich kam nachgerade auf rekordverdächtige Höchstgeschwindigkeiten, bis … ja bis der wackere Gendarme rotköpfig in seine Trillerpfeife blies und mich aus meiner Trance holte. Aha. Hier durften Radfahrer also nicht fahren. Ich antwortete nicht so ganz arg viel, denn das Schild war mir schon aufgefallen, allein, es war halt gerade so richtig schön gewesen. Dabei äugte er auch immer so Richtung Maus, es fehlte gerade noch, daß er mich fragte, ob die auch der frz. StVO entsprach. Dann wurde er aber noch ganz nett, ging auf mein Argument ein, es gäbe halt keinen Radweg, suchte nach der Adresse des Campingplatzes in Hagenau und zeigte mir, wie ich über Mini-Dorfsträßchen an mein Ziel gelangen würde. Jetzt wurde es zwar landschaftlich sehr schön, aber auch hügelig. Und gefühlt verdoppelte sich die Strecke so, denn die Ministraße schlängelte sich, die D 263 war so schön gerade gewesen … Soultz-sous-Forêts, Surbourg, Schabwiller … nach Durchfragen fand ich da auch wieder einen Radweg, der durch einen großen Wald zu dem Picknickplatz „Le Gros Chêne“ führte. Da gabelte sich der Weg, ein Schild gab es nicht. Ein Mausbewunderer (fehlt gerade noch, daß sie demnächst noch Autogramme verteilt) schickte mich nach rechts, aber dieser Weg führte kurz vor Hagenau wieder auf die D 263 ! Blick nach links, Blick nach rechts … kein wackerer Ordnungshüter in Sicht … Also voll durchstarten, es waren ja nur noch 2 km. Worauf ich in der Eile aber eine falsche Abfahrt nahm und auf so eine Art Stadtautobahn geriet. Au weia, heute war echt der Tag der Ordnungsbrüche. Denn jetzt radelte ich die Abfahrt gegen die Fahrtrichtung wieder zurück, bog recht chaotisch mit meiner Stretchlimousine wieder auf die D 263 ein und holte erst Luft, also ich wirklich in Hagenau drin war. Puuh. Jetzt nur noch ganz cool und möglichst unsichtbar durch's Städtchen radeln, der Campingplatz befindet sich nämlich genau auf der anderen Seite. Der Abend bestand aus Wäschewaschen (das mache ich gerne abends, deswegen muß ich auch nicht so viel Gepäck mitnehmen), Duschen, Essen kochen (so 'ne Art Bio-Couscous aus der Tüte), herumschlendern, ausruhen. Das war ja ein moralisch anstrengender Tag gewesen … Fortsetzung folgt.
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Geändert von Mütze (05.12.18 13:48) |
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#1365875 - 05.12.18 17:05
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Di, 21. Aug: Hagenau - Brumath - Krautwiller - Radwanderweg V52 bis Lutzelbourg: 56 km „Je ne sais pas quoi prendre“ „Allez, goûtez-moi les trois sortes, et nous allons voir.“ Die Welt durch den Blick meines Kochers: Der Campingplatz von Hagenau. Mein Aufbruch am nächsten Morgen wurde mal wieder durch das Photoshooting der Maus verzögert. Ich drückte mich dabei tunlichst woanders rum, denn ich möchte auf keinen Fall auf Facebook oder so landen. Dann ging es los, ich wollte heute auf den Radwanderweg V 52 (den Canal de la Marne au Rhin) stoßen und bis Lutzelbourg fahren. Feinstes Wetter, eine ausgeschilderte Radstrecke, es lief klasse. Bei dem Moulin des Moines (mit Bio-Geschäft) stieß ich nach einem kleinen Einkauf in Brumath auf den Kanal und freute mich über die Landschaft und den angenehmen Streckenverlauf. Mit ausführlichen Vesperpäuschen radelte es sich urgemütlich bis nach Saverne. Das hätte ich eigentlich besichtigen wollen, aber ein paar andere Leute hatten anscheinend die gleiche Idee gehabt. Es war mir einfach zu voll, aber ich komme wieder, bestimmt. Es sah nämlich wirklich richtig nett aus. Es war das allererste Mal in meinem Leben (glaube ich zumindest), daß ich schon am frühen Nachmittag auf einem Campingplatz war. Der ganz neue Pächter kam aus Indien und war sehr zuvorkommend. Ich suchte mir auf der Zeltwiese das allerschönste Plätzchen aus und ging dann erstmal ins Camping-Schwimmbad. Brrr - war das eisig !!! Nach einem Genußschläfchen in der Sonne, radelte ich mit Glenkinchie zu einer ganz nah gelegenen Glasbläserei - die Schilder dazu hatte ich schon am Radwanderweg bemerkt. Also das war toll. Man konnte den Glasbläsern bei der Arbeit zusehen, bekam gut formulierte Erklärungen, und einen Ausstellungsraum gab es auch. Mit richtig schönen, wie kleine, ferne Welten geformten Kunstwerken. Wer dieses Bild sieht, weiß übrigens gleich, warum die Maus so viel Anklang findet. Echt charmant, gell ?Tja, ich fläzte mich noch auf der Picknickkdecke herum, fragte den Pächter, warum in den WCs ständig das Radio lief (um gewisse Geräusche zu übertönen, erklärte er mir) und kochte mir dann noch Nudeln zum Abendessen. Später brach ich zu einer Abendrunde auf, das alte Schleusental hoch. Es war so eine angenehme Luft, die 17 Schleusen, die durch das Schiffshebewerk ersetzt worden waren, waren zum Teil wieder bewohnt, ein kleines Café hatte eröffnet, Künstler hatten sich angesiedelt. Aber trotz des neuen Lebens meinte ich, noch die Vergangenheit zu spüren. Der Klang der Pferdehufe, die die Schiffe treidelten, die Rufe der Schleuser … es war wirklich eine Genußtour in vergangene Träume. Oben angekommen fuhr ich noch ein kleines Stück Richtung Schiffshebewerk, aber es wurde dunkel. Ich ließ mich zurückschweben und setzt mich noch auf ein Bier in die Campingschenke. Und da dort eigenes Bier gebraut wird, und ich mich nicht entscheiden konnte, entstand der obige Dialog. Die Chefin stellte mir drei Sorten zum Kosten vor die Nase, und ich bestellte das leckerste. Mi, 22. Aug: Lutzelbourg - Arzviller - Hesse - Xouaxange - Kerprich-aux-Bois - Langatte: 36 km „Nice bike you have.“ „It is my joy and pride“ Das war die Morgenplauderei mit dem Radwanderer aus England (auf dem Weg nach Italien), der gestern Abend noch eingetroffen war (ich hatte ihn schadenfroh beim Zeltaufbau beobachtet, das muß ich ja jetzt nicht mehr machen …). Und wie er dann so liebevoll die Kette ölte und ein neues Lenkerband aufzog … sein Rad (Marke Galaxy) liebte er wirklich. Die Welt durch den Blick meines Kochers: Der Campingplatz von Lutzelbourg.Derweil war Glen übermütig geworden und versuchte sich an unmöglichen Dingen ...Jetzt fuhr ich das alte Schleusental nochmal ganz langsam hoch. Dann ging es durch Arzviller und in dem Örtchen rechts ab, über einen kleine Berg, während der Kanal in zwei hintereinander liegenden Tunneln verschwand. Also insgesamt keine nennenswerte Steigung, auch wenn ich einmal kurz schieben mußte. Und das auch nur, weil mich zwei Mausbewunderer jäh in meinem Schwung gestoppt hatten, sie wollten unbedingt knipsen und plaudern. Die Strecke war bestens ausgeschildert - auf der Abfahrt bekam ich den Kanal wieder zu Blick, dann machte ich am Port Fluvial von Niderviller direkt am Ausgang des zweiten Tunnels eine ausführliche Vesperpause, ich wollte nämlich Bootchen zu sehen bekommen, die da rausfuhren. Leider war absolut nichts los. Faule Bande ! Bis Hesse blieb ich auf der V 52, dann bog ich auf den Zubringer zum Kohlekanal ab, denn ich wollte nach Langatte, um dort einen Ruhetag einzulegen. Den Ort liebe ich einfach. Bei Kerpich-aux-Bois wurde es nochmal richtig steil, dann war ich da - auch mal wieder echt früh. Beim Durchqueren von Langatte hatte ich mit Schrecken festgestellt, daß es den örtlichen Tante Emma Laden nicht mehr gab. Und nach Auskunft an der Rezeption (es war immer noch die gleiche nette Angestellte da), wurde mir das leider bestätigt. Mist ! Eine örtliche Post gab es auch nicht mehr … Zum Glück durfte ich meinen Aufenthalt mit Scheck bezahlen, sonst wäre ich mit Bargeld nicht mehr weit gekommen. Jetzt legte ich mich erstmal an den Badestrand des Etang du Stock, schwamm mehrmals genüßlich, ruhte mich aus und entschied mich dann für einen Ausflug (42 km) nach Mittersheim an den Etang de Mittersheim, also den Kohle-Kanal entlang. Da gab es doch noch einen Laden und mit viel Glück auch eine Post. Die Strecke kenne ich ja schon. Die Gegend gefällt mir irgendwie. Und während ich so fuhr, dachte ich über mein nicht funktionierendes Handy nach, ich - die doch immer fest davon überzeugt gewesen war, absolut vernünftig damit umzugehen. Dabei merkte ich jetzt, wo ich es seit Tagen gar nicht benutzte, ganz deutlich, wie stark es doch mein Leben beeinflußte. Es fehlte mir absolut nicht, ganz im Gegenteil, ich fühlte mich ohne es deutlich leichter. Eben mal ein Bild zu knipsen führte halt doch immer dazu, mal schnell in die Mails zu linsen, eine Nachricht über Telegram absetzen oder zu überprüfen, ob jemand angerufen hatte. Eigentlich erschreckend, wie man ständig mit der Welt verbammselt ist, statt ganz für sich zu sein. In Mittersheim kaufte ich ein, die Post war leider zu, ich gondelte zurück. Und da in der Auberge du Stock, wo man wirklich gut ißt, heute Pizza-Abend mit Schunkelmusik war, setzte ich mich in den Bowling-Club am Empfang und aß zwei riesengroße Salate. Später bewunderte ich bei einem Eis die Bowlingkünste der Spieler, dann ging ich schlafen. Fortsetzung folgt.
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Geändert von Mütze (05.12.18 17:19) |
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#1365884 - 05.12.18 18:11
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Als ich Xouaxange gelesen habe, habe ich gedacht du hättest einen Abstecher nach China gemacht Toller Bericht. Wir leben doch in einer super Gegend, gell
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#1365895 - 05.12.18 19:55
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Die Stadt sucht einen neuen Pächter, der den Durlacher Camping saniert und wiedereröffnet. Bis nächstes Jahr wollen sie einen haben. Ansonsten wäre der nächste der Albgau Camping in (Waldbronn-) Neurod. Du darfst das nächste Mal aber auch bei uns anklopfen, wo, weißt Du ja. Mir selbst wäre die Maus zu schwer, ich habs ja nicht so sehr mit flachen Strecken, aber für Dich ist sie, wie es scheint, genau die richtige Reisepartnerin Gruß Nat
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#1365971 - 06.12.18 12:22
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Die Mütze und die Maus sind großartig Bon voyage auf all deinen Wegen
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Geändert von kettenraucher (06.12.18 12:33) |
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#1366072 - 07.12.18 07:54
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: wattkopfradler]
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Genau so geht's mir auch. Ich war ja schon oft in der Gegend, aber über den Namen muß ich jedesmal lachen. Ich muß mal rausfinden, wie der entstanden ist. Wäre ja geschichtlich ganz interessant.
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#1366074 - 07.12.18 07:57
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: natash]
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Hoffentlich macht er bald wieder auf ! Und die letzten Pächter (ich habe das letzte Mal da übernachtet, als ich mit der Maus auf dem Anhänger von Jürgen (schneller66) zurückfuhr), fand ich ausgesprochen nett und engagiert. Danke für den Tipp zu dem Campingplatz. Und sollte ich es eeendlich mal wieder nach Durlach scheffen, klopfe ich gerne an.
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#1366139 - 07.12.18 17:21
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Hallo Ruth,
Vielen Dank für deinen Bericht. Da ich deine Route aus eigener Erfahrung gut kenne ist dein Bericht für mich sehr von Interesse, erinnert er mich doch an meine Touren durch und um die Vogesen. Gerade habe ich auch deine website besucht und festgestellt, dass ich dieses Jahr schon zweimal durch deinen Wohnort gefahren bin. Sollte ich im kommenden Jahr noch einmal in der Ecke sein, dann melde ich mich mal vorher bei dir. Was mich aber interessiert, ist das Gewicht deiner "Maus". Vielleicht stellst du sie innerhalb des Berichts mal genauer vor.
LG Hildegard
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#1366142 - 07.12.18 17:54
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Wenn ich Deine Maus sehe erinnere ich mich an all die skeptischen Blicke und Kommentare zu meinem Einspuranhänger (Schweiz, Österreich, Italien, Korsika, ...) Viel Spass
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#1366190 - 08.12.18 07:44
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: amarillo]
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Hallo Hildegard, ja, würde mich freuen, wenn Du mal vorbeischaust. Genügend Platz für's Übernachten habe ich ja. Wegen dem Leergewicht der Maus muß ich nochmal stöbern. Dazu veröffentliche ich dann auch noch ein paar Detailphotos von ihrem "Innenleben".
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#1366192 - 08.12.18 07:56
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Do, 23. Aug: Ruhetag Langatte, Ausflug nach Lorquin und Abreschwiller, diverse Runden: 69 km „Ca, c'est vraiment très, très, très gentil à vous“Und das war es wirklich. Richtig ganz arg nett. Die freundliche Dame am Empfang hatte mir nämlich aus der Patsche geholfen. Ich hatte nicht mehr genügend Bargeld zum Einkaufen, wollte aber in den lokalen Tante Emma Laden in Diane Capelle, der aber nur vormittags aufhatte. In Sarrebourg wäre die nächstliegende Post zum Geld abheben gewesen, wenn ich hätte bis dahin radeln müssen, hätte ich auch gleich dort eingekauft. Aber das mußte ich der freundlichen Brigitte gar nicht genau erklären, sie verstand auch so, und bot mir an, daß ich ihr einen auf ihren Namen ausgestellten Scheck gab, worauf sie mir Bargeld aushändigte. Vollständig super. Ich beschloß einen Ruhetag mit Radausflug nach Abreschwiller auf einer stillgelegten Bahnstrecke. Also erstmal zu Tante Emma (wo ich u. a. leckere Kekse erstand), dann an den Kohlekanal Richtung Gondrexange und Lorquin, wo der Ausflug beginnen sollte. Dazu reihte ich die Kekse adrett in die Blechbehälter an meinem Vorderrad-Gepäckträger auf. Hübsch nicht ? (Merke: Kekse schmelzen a) auch wenn auf der Schachtel steht, sie würden das nicht tun und b) wenn sie in der Sonne in einem Blechbehälter unterwegs sind.) Aber lecker waren sie trotzdem. An der Wurschtelbrücke vor Gondrexange traf ich übrigens ein Paar wieder, dem ich gestern schon begegnet war. Sie hatten ein ( Merle genanntes) Hündchen zur Pflege und fuhren es in einem Anhänger spazieren. Während wir plauderten, klappten der sitzenden Merle immer wieder die Augendeckel zu, so genüßlich fühlte sie sich auf dem Kissen in dem Anhänger. War es nach Lorquin noch steil und mit viel Autoverkehr gewesen, so war die Bahnstrecke jetzt richtig schön flach und ruhig. Sie führte die Sarre Rouge entlang. Die Saar entspringt ja in Frankreich, und zwar aus zwei im Elsaß in der Nähe des Donon gelegenen Bächen Sarre Rouge und Sarre Blanche. In Abreschviller gab es eine Touristen-Dampflok, die gerade abfuhr. Ich hätte noch einen Platz ergattern können, aber der Zug war mir zu voll. Ein Picknick mit Mittagsschläfchen war mir lieber. Und dann gondelte ich zurück, fuhr sogar noch etwas weiter als Lorquin bis nach Hesse, und von da den schon bekannten Weg Richtung Camping. Ein Gewitter zog auf. Ich habe so eine Art eingebauten Regenradar. Eine innere Stimme sagt mir: „Jetzt“, und dann suche ich einen Unterstand, und keine zwei Minuten später geht es los. So auch diesmal. Ich stand in einem alten Schuppen eines Bauernhofes, der verlassen schien, und sann über seine Geschichte nach. Mehrere Generationen hatten sich hier abgelöst. Erst die Arbeit mit Ochsen und Pferden, dann der erste Traktor und jetzt riesige Landmaschinen, die programmierbar sind. Oh weia. Auf's Baden verzichtete ich heute Abend, es hatte sich empfindlich abgekühlt. Stattdessen aß ich in der Auberge du Stock und schlenderte dann noch über den Campingplatz bis zu einem Festzelt, in dem ein Soirée Mousse stattfand. Laute Musik und so komisches Schaumzeugs auf dem Boden - die Kinder hatten einen Riesenspaß. Fr. 24. Aug: Langatte - V52 - Bataville - Varangeville - V50 - Velle-sur-Moselle: 102 km „So ein Scheiß !“Der Morgen begrüßte mich mit Ekelwetter. Niesel, Kühle, Wind. Igitt !!! Für heute hatte ich mir überlegt, bis zum Campingplatz nach Velle-sur-Moselle zu kommen, dann wäre ich Samstag Abend zu Hause und könnte Edda, die so lieb mein Haus und Katzen gehütet hatte, am Sonntag noch zu einem kleinen Ausflug einladen. Die Strecke kannte ich, das war gut schaffbar. Ich hielt noch mal bei Tante Emma und versuchte ein Selbstbildnis in einer verglasten Toreinfahrt zu knipsen, kaufte ein, und dann fing es richtig zu regnen an. Hatte ich vorher noch so groß rumgetönt, bei Regen würde ich mich einfach in die Maus setzen, das sei weiter gar nicht schlimm, so mußte ich jetzt feststellen, daß das zwar stimmte (ich saß wirklich im Trockenen), aber mir das trotzdem nicht gefiel: Ich wollte doch fahren ! Als es das nächste Mal ein ganz bißchen aufklarte, band ich mir meine Regenponcho so um den Bauch, daß er nicht flatterte, und fuhr einfach los. Der Regen wurde schwacher, ein kräftiger Wind blies die Wolken über die Landschaft. Nur: Der Wind kam aus dem Westen, und da wollte ich hin. Es ist ja wirklich nicht das erste Mal, daß ich Gegenwind hatte, aber dieser hatte es in sich: Kalt und zäh. Ich kam überhaupt nicht voran, es war alles mühsam. Dann wurde das Wetter zwar freundlicher, aber der Wind blieb. Puuh - es war ein richtiger Kampf. Kurz vor Bataville kam ich an die größte Schleuse Frankreichs im Freycinet-Gabarit, wie der Schleusenwärter mir stolz erzählte. 15,50 m Höhe, das war schon beeindruckend, leider aber nicht photogen. Dafür fluchte ich kräftig über die allerneuste Art von Drängelgitter, die für die Maus zwar breit genug, aber nicht hoch genug waren. Ich mußte jedesmal abhängen und die Maus vorsichtig neben dem Gitter entlang schieben, was meiner Laune nicht gerade zuträglich war. Aber es klappte. Im Ort selbst kaufte ich dann nochmal ein und erinnerte mich, daß es hier vor kurzem einen erbitterten Kampf gegeben hatte. Die örtliche Schuhfabrik sollte schließen, die Angestellten hatten sich zur Wehr gesetzt, aber schlußendlich verloren. An der leeren riesengroßen Fabrik war ich ja auch vorbeigeradelt. Ab jetzt gab es den Radweg am Kanal nicht mehr, ich radelte über Landstraßen, es war hügelig, der Wind immer noch stark, und eine Frau meinte mir erzählen zu müssen, daß sie sich selber einen Fahradanhänger gebaut hatte. Eine Leiter, Räder unten dran, Zelt drauf, fertig. Aha. Irgendwo legte ich ein Päuschen mit Mittagsschlaf ein, dann ging es weiter, aber heute war alles nicht so lustig sondern anstrengend. Und dann war zwischen Dombasle und Varangeville auch noch eine Baustelle, der ganze Verkehr samt Radfahrer wurde über eine enge holprige Straße geleitet, mit den vielen Lastwägen hier war das äußerst lästig. Als ich dann wenig später noch eine Abzweigung verpaßte und beim Zurückfahren auf einen Bürgersteig geriet, der absolut dämlich gebaut war - links Blumentöpfe rechts eine Betonmauer, so daß die Maus nicht durchpaßte - fing ich an, richtig schlechte Laune zu haben. Ich mußte die Maus abhängen, mein Rad über zwei Ampeln schieben und abstellen, zurücklaufen, und die Maus vorsichtig zum Rad bugsieren. Am liebsten hätte ich die Blumentöpfe in die Mosel gefeuert und die Betonmauer gesprengt. Ein Kinderwagen kam da ja auch nicht durch ! So gelangte ich mühselig nach Laneuveville und zu der Anschlußstelle mit der V 50. Es war schon Abend, eigentlich die Zeit, um die ich gerne auf einem Campingplatz bin, bis Velle war es aber noch ein gutes Stück. Zum Glück kenne ich die Strecke - dachte ich zumindest. An der Anschlußstelle hinter der Schleuse beginnt eine kurze Schotterpiste, die wollte ich nehmen. Aber da war eine riesige Schranke, und die war unten. So ein Mist !!! Über die Straße fahren war ein bedeutender Umweg. Naja, vor der Schleuse ging auch ein Weg ab, der führte dann etwas wild auch auf die Schotterpiste. Das klappte auch, aber zu meinem Entsetzen mußte ich feststellen, daß irgend so ein Dödel den recht feinen Schotter auf der Piste mit groben Steinen aufgefüllt hatte. Es fuhr sich sozusagen gar nicht. Umdrehen ? Dafür war ich schon zu weit gefahren, das Ende sah ich ja schon. Also mühseligst weiter. An einer Brücke überlegte ich kurz, ob ich da diese Schreckenspiste verlassen sollte, dachte dann aber ich sei doch flotter, bis zum Ende durchzuradeln. Und dann … „So ein Scheiß !“, lagen am Ende der Piste Felsen im Weg. Wacker und riesig. Die waren absichtlich dahin gelegt worden, damit Autos nicht durchkamen. Räder paßten aber auch nur schwierig durch, die Maus schon gar nicht. Und das sollte ein Radweg sein ? Ja spinnen die Planer den manchmal vollständig ? Ich schimpfte und fluchte richtig laut, wendete und fuhr bis zur Brücke zurück … an deren Ende schon wieder so ein dämliches Drängelgitter war. Oh ne, also echt ey, das konnte doch nicht wahr sein ! Heute war echt der Wurm drin. Maus abhängen, durchschieben, wieder anhängen, inzwischen dämmerte es schon. Und kalt wurde es auch noch. Ich schaltete das Licht hinten an der Maus an, band mir meine Frontleuchte um den Kopf und trat volle Kanne in die Pedale. Irgendwann mußte ich doch ankommen, irgendwann mußte diese Serie von doofen Ereignissen doch rum sein ! Und dann, um 21 h 30 traf ich endlich völlig erschöpft, verklebt und verschwitzt auf dem Campingplatz ein. Die Duschen waren schon zu, ich wusch mich schnell mit dem Waschlappen, dann machte ich mir noch vegetarische Ravioli aus der Tüte warm. Beim Essen ließ ich den Tag Revue passieren. Es war eine Aneinanderreihung von Hindernissen gewesen. Das Gute war nur, daß ich es geschafft hatte, daß ich trotz Schwierigkeiten konzentriert, zwar stinksauer und übellaunig, aber ruhig geblieben war. Mit diesen Gedanken schlief ich ein. Sa. 25. Aug: Velle sur Moselle - Charmes - Golbey - Bains-les-Bains: 85 km „Tröööt, tröööt !“ „Chouette !“Der wunderbare Klang der Hupe des lokalen Tante Emma Ladens auf Rundtour weckte mich. Super !!! Darauf hatte ich mich gefreut, zum Frühstück Croissants zu bekommen. Traditionell gibt es nämlich (wenn ich auf Radreisen überhaupt frühstücke) ein Schocko-Croissant und ein normales. Da ich noch etwas verpooft war, rollte ich in einer merkwürdigen Drehbewegung aus der Maus, mein Haare standen irgendwie komisch ab (dafür kann ich nichts, meine Hauptbedeckung hat ein Eigenleben), und so ganz manierlich angezogen war ich auch noch nicht. Kurz: Die verdutzten Blicke der anderen Camper, als ich mich in die Warteschlange einreihte und entschuldigend murmelte, ich gehöre eigentlich schon der Zivilisation an, konnte ich durchaus verstehen. Die Welt durch den Blick meines Kochers: der Campingplatz von Velle.Aber dann saß ich glücklich bei einem Kaffee in meiner Maus und mümmelte meine Croissants. Es folgten die übliche Photosession für die Maus und der Morgenplausch mit dem Pächter, als ich meine Übernachtung zahlte, und dann brach ich schon wieder auf. Leider ist der Rest des Tages schnell erzählt. Nämlich daß ich auf der V 50 bis nach Golbey radelte - immer mal unterbrochen von kleinen Schauern - und dann weiter bis Bains-les-Bains. Und zu Hause war alles prima gelaufen. Es gab massenhaft Geschichten zu erzählen. Zum Dank lud ich Edda am nächsten Tag zu einem Ausflug zu dem schönen Klostergarten von Autrey bei Rambervillers ein. Kartenmaterial: ING-Karte Nancy - Bar-le-Duc 1 cm = 1 km, ING-Karte St. Dié - Mulhouse - Bâle 1 cm = 1 km ING-Karte Strasbourg - Forbach 1 cm = 1 km Radwanderkarte Karlsruhe Südteil 1 cm = 400 m ADGC Regionalkarte Pfalz 1 cm = 750 m
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Geändert von Mütze (08.12.18 08:21) |
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#1366198 - 08.12.18 09:09
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Du zahlst unterwegs mit Schecks Ich wusste gar nicht, dass es die noch gibt. In diesem Sommer in Schweden musste ich in vier Wochen nur zwei Mal zu Bargeld greifen, das fand ich sehr angenehm, kein Schotter auch nicht im Portemonnaie nötig. Danke für die schöne Berichterstattung! Gruß Jürgen
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#1366201 - 08.12.18 10:21
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Sehr schön. Vielen Dank für deinen Bericht.
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Leben und leben lassen Liebe Grüße, Peter | |
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#1366225 - 08.12.18 16:13
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Beiträge: 14.766
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Der Camping „Münsterblick“ gehört zu dem Landgasthaus Adlerhof und war nett und klein mit penibel sauberen großzügigen Sanitäranlagen. Ich duschte rasch und gönnte mir ein Abendessen in dem Gasthof. Der Gasthof bietet wirklich gutes Aber als Gespannfahrende Frau oder Brötchenholender Mann kann man sich ganz schön diskriminiert vorkommen. Der Mann fährt hier Auto und die Frau holt die BrötchenSo ist das auf dem Drecksrheinschotterradweg im Badischen. Frau bleibt da besser auf der richtigen und einzig wahren Rheinseite. Ich finde es klasse und freu mich mit dir, dass Du die Tour so gemacht hast und dass Du dein Haus mit den vielen Enten in Obhut geben konntest. Das war sicher nicht leicht. Deine Freude mit der Maus kommt gut rüber! Lieben Gruß Jürgen
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#1366367 - 10.12.18 07:21
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: JDV]
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Mit Schecks zu zahlen ist in Frankreich durchaus üblich und sehr verbreitet. Auf Radreisen habe ich aber immer Bargeld dabei.
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#1366368 - 10.12.18 07:24
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Juergen]
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Danke, Jürgen.
Ja, ich war echt froh, daß jemand mein Haus gehütet hat. Ist nicht immer ganz leicht zu organisieren, aber eigentlich ideal.
Auf dem Camping "Münsterblick" warst Du also auch schon ? Die Schilder sind mir gar nicht aufgefallen ...
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#1366370 - 10.12.18 07:34
Re: Die kleine Maus und die große Null
[Re: Mütze]
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Moderator
abwesend
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Jou, hab ja mal ganz in der Nähe gewohnt und kenne auch alle Achterbahnen in Rust, im Phantasialand und Efteling.
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