Reisebericht Tschechien 2018ReisevorbereitungenNachdem die letzte Radreise schon drei Jahre her ist, hatte ich mal wieder ein paar Tage Zeit dafür zur Verfügung! Natürlich wollte ich dahin, wo es richtige Berge gibt. Von Leipzig aus und mit dem ausgedünnten Nachtzugprogramm der Bahn ist das aber gar nicht mehr so einfach. Nach Italien zu kommen ist derzeit eher umständlich. Dazu kam eine praktisch stationäre Gewitterfront im Alpenraum. Am Ende habe ich mich dann für das Riesengebirge entschieden: Mit 1x Umsteigen komme ich in drei Stunden ins Zittauer Gebirge, und von da ab kann man immer dem Gebirgszug Richtung Südosten folgen.
Wie üblich gebe ich mir mit der Planung keine Mühe, weil ich die unterwegs ohnehin je nach Lust und Laune umstoße. Ich hole mir also einen Reiseführer und eine Landkarte für Tschechien und male mir für's GPS eine grobe Route von 800km, die in Zittau beginnt und endet, falls mir unterwegs nichts besseres einfällt. Auf jeden Fall möchte ich auf die Schneekoppe und an die Elbequelle. Wie man an den Fotos ganz gut nachvollziehen kann, hat mich auch das Essen sehr interessiert. Ich wusste bereits vor Reiseantritt, dass die Tschechen sehr gut kochen können. Allerdings bestreite ich strikt, dass dies die Auswahl des Reiseziels beeinflusst hat
Meine Reiseroute ist hier dargestellt. Die roten Punkte zeigen meine Übernachtungsorte an. An den Punkten kann man schön erkennen, wo es eher gebirgig war oder eher flach
Landkarte in Link umgewandelt. Zur Erläuterung siehe hier.Karte mit Track21.07.2018: Zittau-OybinAm Samstag fahre ich nach Zittau. Ich muss in Dresden-Neustadt einmal umsteigen, habe aber dort eine halbe Stunde aufenthalt, rechne also nicht mit Problemen. Die kommen aus einer ganz anderen Richtung: Ich bemerke im Zug, dass ich auf dem Weg zum Bahnhof den Schlüssel für das Bügelschloss verloren habe, das an meinem Sattel baumelt. Glücklicherweise habe ich mein Rad nicht abgeschlossen. Noch während des Umsteigehalts in Dresden-Neustadt gelingt es mir, jemanden mit einem Bolzenschneider aufzutreiben und einen Fahrradladen zu finden, der mir ein neues Schloss verkauft. Ich bitte darum, daraus keine Rückschlüsse auf Dresden zu ziehen
In Zittau esse ich erst einmal zünftig zu Mittag. Sowohl das Zittauer Bier als auch das Essen im Domspachhaus kann ich empfehlen.
Zittau glänzt an sonsten vor allem durch seinen Marktplatz mit dem schönen Rathaus.
Da ich Zittau kenne, fahre ich zügig weiter. Mein Plan ist, in Richtung Oybin zu fahren und mich unterwegs von der Zittauer Dampfbahn einholen und mitnehmen zu lassen, damit ich auch noch zu einer schönen Zugfahrt komme.
Allerdings ist die Dampfbahn arg langsam. Obwohl ich ständig anhalte, beispielsweise um die hier typischen Umgebindehäuser zu fotografieren, bin ich weit vor dem Zug in Oybin.
Das Zittauer Gebirge ist toll! Erst recht für jemanden, der in Leipzig seit über zwei Jahren fast nur Flachland zu Gesicht bekommen hat. Darum stelle ich mein Fahrrad und mein Gepäck direkt in einem Hotel unter und mache mich zu Fuß auf den Weg. Große Felsengasse, Mönchskanzel und Töpferbaude klingen vielversprechend.
Dies ist der Muschelsaal, so genannt wegen der bänderförmigen Formationen im Fels.
Der Ausblick vom Scharfenstein ist meine erste "echte"
Aussicht von einem "echten" Berg seit langem! Dabei ist der nur auf 570m. Das wird bestimmt noch besser
Felsformationen wie die brütende Henne spielen mit der Phantasie des Wanderers. Jedenfalls wenn man Zeit hat, darauf zu achten. Ich habe erst mal Hunger.
Den stillt die Töpferbaude sehr gut. Feldschlösschen-Pils aus Dresden, Kaltschale und ein paar weitere leckere Gerichte auf der Karte würden auch dem Appetit machen, der keinen hat.
Vom Töpfer aus hat man eine schöne Aussicht nach Zittau und zum Olberdorfer See, einem ehemaligen Tagebau.
Langsam wird es spät. Mich lockt die Beschreibung "Krieche, anstrengender Weg!" als Abstieg nach Oybin. Unterwegs komme ich an den "Grazer Höhlen" vorbei, einem Klettergebiet, das aus einem Felsenkessel mit steil emporragenden Felsformationen besteht.
22.07.2018: Oybin-KorenovBei einem ausgezeichneten Frühstück in Oybin überlege ich, wie ich am schnellsten nach Tschechien komme. "Schnell" fällt allerdings aus, weil ich auf meiner Wanderung am Tag zuvor immer wieder den Hochwald-Aussichtsturm vor Augen hatte. Da will ich als erstes hin.
Die Aussicht vom Hochwald-Turm aus 800m Höhe ist phantastisch! Allerdings bin ich halb zehn der erste Gast. Mich überholte auf dem Weg hierher noch die Angestellte des Hochwald-Cafes auf dem Quad. Immerhin hat sie mir den Turm aufgemacht, auch wenn ich für meinen nächsten Kaffee wohl noch ein Stückchen fahren muss.
In der Hochwald-Baude auf 750m möchte ich auch mal übernachten, die sieht toll aus! Vielleicht beim nächsten Mal.
Vom Hochwald-Turm kann man am Horizont einen hohen Berg mit einem ganz charakteristischen, kegelförmigen Fernsehturm auf dem Gipfel erkennen. Mein nächste Ziel ist steht.
Es handelt sich um den Jeschken, den 1012m hohen Hausberg von Liberec und die höchste Erhebung im höchste Erhebung im Jeschkengebirge.
Da der Gipfel freistehend ist, hat man eine tolle Rundumsicht auf ganz Nordböhmen, inklusive Liberec und Riesengebirge.
Praktisch auf jedem Gipfel in Böhmen, der durch eine Seilbahn erreichbar ist, gibts eine Mietstation für diese Tretroller. Also für mich wäre das ja nichts, mich mit einem Roller 600m Höhendifferenz auf einer Straße herunterzustürzen, die bis 15% Gefälle hat.
So richtig schön ist in Liberec nur das Neorenaissance-Rathaus am Marktplatz. An sonsten eher nervige Großstadt.
Aber Kaffee und Kuchen kann man dort sehr gut
Als nächstes gehts zur Königshöhe auf 860m im Isergebirge rauf. Das Areal gehört einer Gesellschaft, die den 130 Jahre alten Originalzustand wiederherstellen möchte. Wesentlich wichtiger: Es gibt dort gutes einheimisches Bier!
Schöne Abfahrt ins Josefstal (Josefuv Dul).
Nach einem weiteren Aussichtsturm bei Desna werde ich langsam müde und suche mir ein Hotel bei Korenov-Horni
23.07.2018: Korenov-Horni MiseckyNach einem ganz passablen Frühstück fahre ich zunächst durch Harrachov. Zwei oder drei Kilometer hinter dem Norma in Harrachov beginnt die Fahrradroute 2, die mich auf einer gutgeteerten Piste ohne Autoverkehr nach oben bringt. Mir gefallen die gefrästen und lackierten Holztäfelchen, mit denen die Routen hier markiert sind. Tschechien scheint Radfahrern einiges an Wertschätzung entgegenzubringen.
Die Route führt bis auf über 1000m. Die Bäume werden langsam kleiner.
Von der Piste aus sehe ich die Vosecka Bouda. Magen sagt: hin!
Das war eine sehr gute Idee
Von der Baude aus sinds vielleicht 2km Luftlinie bis zur Elbequelle, meinem nächsten Ziel. Leider gibts keinen mit dem Fahrrad befahrbaren Weg dorthin! Also fahre ich wieder runter, fast bis auf die Höhe von Harrachov.
Zwar finde ich diesen Hinweis auf eine Bierquelle äußerst attraktiv, aber mein Ziel liegt in der entgegengesetzten Richtung.
Es dauert den restlichen Nachmittag, bis ich auf 1400m bin.
Die Baude auf dem Grat hat leider geschlossen. Nicht so schlimm, die Labska Bouda ist nur 4km entfernt.
Und hat offen!
Ich bin über den Blaubeer-Kuchen begeistert. Ebenso über das hiesige Bier, auch wenn mich das Logo mit zwei sich begattenden Hirschen leicht irritiert. Schmeck jedenfalls nicht nach Hirsch.
Die Elbequelle ist mit Steinen eingefasst, aus denen ein Bächlein plätschert. Ein bisschen willkürlich, da in der Feuchtwiese hier oben zahlreiche Bäche entspringen, die man alle gleichermaßen als Elbequelle hätte auswählen können.
Auf dem nächsten Grat grüßt schon die nächste Baude. Leider nur zu Fuß zu erreichen. Es ist aber schon 17 Uhr, ich will noch ein bisschen fahren.
Die Landschaft ist unverkennbar Hochgebirge.
Überall stehen Bunker Typ LB 37 vom Tschechoslowakischen Wall, gebaut 1933 bis 1938 nach dem Vorbild der französischen Maginot-Linie, die ich noch aus meiner Zeit in Karlsruhe kenne.
Letztenendes bleibe ich in einer Skifahrer-Pension bei Horni Misecky (Obere Schlüsselbauden)
24.07.2018: Horni Misecky-Janske LazneHeute will ich auf die Schneekoppe! Zuerst muss ich aber eine ziemlich üble Abfahrt über loses Geröll bis nach Spindlermühle herunter.
Spindlermühle ist voller Touristen. Da schaue ich mir lieber die erste Elbe-Staustufe an.
Überhaupt finde ich hier oben den Elberadweg ganz reizvoll! Die Kabinenseilbahn, mit der Radfahrer das steilste Stück nach der Quelle überwinden sollen, habe ich selbstverständlich ausgelassen
Um zur Schneekoppe zu kommen, folge ich dem Elberadweg bis auf 500m herunter nach Horejsi Vrchlabi. Ab dort geht es über Kleinstraßen und Fahrradrouten über den Bergrücken nach oben. Über Verpflegung muss ich mir offensichtlich keine Sorgen machen.
So langsam komme ich wieder auf über 1000m. Aussicht toll, leerer Magen nicht so toll.
Ich biege zur Orska Bouda ab.
Die Aussicht von der Baude ist toll!
Das Essen gefällt mir auch ganz gut. Die Baude ist eine von den kleineren, man hat fast Familienanschluss. Töchterchen spielt am Klavier, Papa bringt das Essen, Stimmung super.
Blümchen fotografieren bietet eine willkommene Ausrede, um mal kurz abzusteigen und zu verschnaufen.
Noch diesen Höhenzug, dann müsste ich fast oben an der Schneekoppe sein!
Hmm, dieses Gefühl, wenn man nach mehreren Stunden des Bergauffahrens denkt, man hätte die höchste Stelle geschafft. Und dann sieht man den eigentlichen Berg und darf vorher nochmal 100m runter
Mit dem Fahrrad ist an der Baude unten links im Bild Schluss, die letzten vier Kilometer gehen nur zu Fuß.
Und zwar zuerst über einen Knüppeldamm durch ein Moorgebiet.
Auf der Schneekoppe ist es ganz schön voll. Allerdings sind das überwiegend Spaziergänger, die vielleicht vom Gipfel bis zur nächsten Baude kommen, aber nicht weiter.
Die Aussicht aus 1600m ist phantastisch! Mitte links im Bild die Baude, an der ich mein Fahrrad stehen ließ.
Bei den Wegen bin ich auch ganz froh, dass ich zu Fuß unterwegs bin. Typisch ostdeutsches Kopfsteinpflaster ist auch nicht schlechter
Wieder am Fahrrad angekommen muss ich gleich wieder in die Baude, nachtanken. Ich meine selbstverständlich nicht das Bier - die Lebkuchen aus Pardubice sind eine Spezialität.
Es ist schon wieder 17 Uhr. Ich will aus 1600m Höhe herunter.
Meine Übernachtung finde ich in Johannisbad (Janske Lazne) einem sehr schönen alten Kurort am östlichen Ausgang des Riesengebirges, 1km ab von der Hauptstraße.