Der Blick zurück auf Hornopiren.
Die Fähre braucht etwa 3 Stunden bis zum nächsten Anleger Leptepu.
(Einen Fährhafen gibt es dort nicht.)
Die Fahrt ist angenehm. Die Landschaft grandios. Wir stehen am Bug und schauen aufs Wasser.
Eigenartig gekräuselt ist die See. Solche Wellen haben wir noch nie gesehen.
Etwa nach einer Stunde Fahrtzeit gaben alle Handys und Smartphones der Einheimischen gleichzeitig einen Alarmton.
Wenige Minuten später rief der Kapitän alle Passagiere im Salon zusammen.
Wir verstanden nicht alles, aber schon "Erdbeben", "Tsunami" und schauten in ernste Gesichter.
Eine Chilenin übersetzte schließlich für die des Spnisch nicht so mächtigen.
Ein schweres Erdbeben der Stärke 7,7 ereignete sich in weniger als 100 Kilometer Entfernung auf der Insel Chiloe.
Im weiten Umkreis bestehe eine Tsunamiwarnung.
Über Schäden lägen noch keine Erkenntnisse vor.
Für uns bestehe keine Gefahr. Man wisse aber noch nicht, ob unsere Fähre anlanden könnte oder eventuell für Evakuierungen eingesetzt werden müsse.
Wir hatten in unserem Iphone nur noch ein sehr schwaches Signal konnten von dem Erdbeben aber auch bereits in deutschen Websites lesen.
Unsere SMS an die Familie ging noch raus, dass uns nichts passiert sei.
Dann hatten wir ein paar Tage keine Verbindung mehr, was die Sorgen der Angehörigen eher verstärkte.
In Chile wird mittlerweile relativ erdbebensicher gebaut.Obwohl es sich um das schwerste Erdbeben im Süden Chiles seit einem halben Jahrhundert handelte gab es zum Glück keine Todesopfer zu beklagen.
Die Tsunamiwelle fiel auch nicht sehr hoch aus.
Wir konnten die Fahrt fortsetzen, wurden aber gewarnt die Hauptstrecke nicht zu verlassen.
Vom Landungspunkt dieser Fähre mussten wir etwa 12 Kilometer hügeliges Gelände in 45 Minuten bewältigen um die folgende Fähre zu erwischen.
Meist werden die Radler auf Fahrzeuge verwiesen, die aufgefordert werden uns zu transportieren, damit wir nicht die Anschlussfähre verpassen.
Bei uns fand sich kein Fahrzeug, dass genügend Platz hatte.
Ziemlich ermattet schafften wir es rechtzeitig, nurum dann zu erfahren, dass die folgende Fähre wegen des Erdbebens zwei Stunden Verspätung hat.
So lernten wir auch die letzten Mitreisenden genauer kennen und trafen viele von Ihnen in den nächsten Wochen wieder.
Es gibt mehr Rucksackreisende, die sich per Autostap oder laufend fortbewegen als Radler.
Auf den ersten 300 Kilometern trafen wir übrigens keinen anderen Biker, wohl auch weil die meisten Radfahrer den Ast der Carretera benutzen, der über die Insel Chiloe führt.
Es gibt immer wieder kurze, knackige Steigungen, die wir nur schiebend bewältigen konnten.
Sehr schön und völlig umsonst sind die Campingplätze in den chilenischen Nationalparks.
Dazu sauber und gepflegt.
Besonders wichtig bei allen Campingplätzen ist es, dass diese überdacht sind.
Irgendwann müssen die Habseligkeiten ja auch einmal trocknen.
Es regnet eigentlich immer oder zumindest immer wieder.
Man weiß nachher warum diese Wälder Regenwälder genannt werden. Ohne täglichen Regen wachsen diese Pflanzen nicht.
Dass es kaum Regenbilder in dem Bericht gibt liegt daran, dass meine Kamera nach Einsatz im Regen die Arbeit für Stunden oder auch Tage einstellte.
Der nächste Campingplatz.
Diese liegen immer an den schösten Plätzen und/ oder Seen.
Im Mai 2008 brach völlig überraschend der Chaiten aus. Dieser Berg galt als erloschener Vulkan. Fast ein ganzes Jahr lang war er aktiv. Eine bis zu 20km hohe Aschewolke bedeckte große Teile Chiles und Argentiniens mit Staub. Der Ort Chaiten musste evakuiert werden.
Im folgenden Jahr ergoss sich ein fünf Kilometer langer pyroklastischen Strom vom Gipfel des Vulkans. Die Folgen sieht man noch immer- fast 10 Jahre später. Viele Quadratkilometer
sind biologisch tot und nur mit Baumleichen bestanden.
Die meisten Einwohner von Chaiten kehrten- gegen den Willen der Regierung- zurück und bauten ihre Stadt erneut auf.
Nur wenig erinnert heute noch an die Katastrophe.
Gestern, als das Erdbeben geschah, kam bei den Bewohnern alles wieder hoch.
Panik brach aus.
Jeder meinte es ginge erneut los. Der Vulkan breche erneut aus.
Aus Angst vor einem Tsunami wurde die gesamte Bevölkerung evakuiert.
Unserer Wirtin kommen die Tränen. Sie weint noch immer erschüttert, als sie uns von diesen Stunden der Ungewissheit berichtet.
Man sieht, wo die Carretera asphaltiert ist, ist sie meist in hervorragendem Zustand. Der Verkehr gering. Die Fahrweise der motorisierten Fahrzeuge zumeist o.k.
Der nächste Campingplatz nur für uns.
Sogar mit Fahrradgarage.
(Zumindet so lange bis zwei nette israelische Rucksackreisende in der Dunkelheit ihr Zelt auf dem mehrere Hektar großen und absolut leeren Platz zwei Meter neben unser Zelt platzieren. Dafür kochen, trinken und feiern wir gemeinsam bis in den frühen Morgen)
Frühsommer, und das zwischen den Jahren...
Viele Flüsse und Seen sind reich an Forellen und Lachsen.
Auch uns geht die eine oder andere an den Haken.
Wir sehen auf das nördliche patagonische Eisfeld (Campo de Hielo Norte).
Zusammenn mit dem südlichen sind sie die größten Eisflächen weltweit außerhalb der Pole und Grönlands.
Immer mehr Abschnitte des nördlichen Teils der Carretera Austral werden befestigt. Sicher ist die erste Hälfte der Straße, bis Cohaique, in wenigen Jahren vollkommen asphaltiert und betoniert.
Eine Hitzewelle ist über uns hereingebrochen.
26°C! Schon drei Tage lang. Und meist trocken.
Da gehen wir gerne mittags schwimmen.
In der Therme (leider sündhaft teuer, aber Preise verhandelbar) und auch im antarktisnahen, eiskalten Pazifik.
Am nächsten Tag.
Hitzewelle vorbei.
6°C und Dauerregen.
Eklige Steigungen und tiefer Matsch.
Silvester in Patagonien.
Netter Campingplatz. Nette Leute.
Happy New Year!
Fortsetzung folgt...
Uwe
.