27.04.2017 - Baden-Baden - Annweiler am TrifelsDer April war kalt anno 2017, sehr kalt. Die Auswahl der Route war knifflig, weil uns Radsportfreunde, nennen wir sie „Die Günthers“, auf halbem Wege treffen wollten. Also blieb eigentlich nur Deutschland über, ein kaltes Deutschland. Hatte ich das schon erwähnt?
Der Nachtzug brachte uns vom Hauptbahnhof in Berlin nach Baden-Baden. Als wir die Fahrkarten kauften, bekamen wir keinen Liegesitz mehr. Tatsächlich war der Zug aber nur mäßig gefüllt und ganze Abteile waren leer. Das brachte zwar keinen erholsamen, aber immerhin etwas Schlaf.
Als wir Baden-Baden erreichen, regnet es ein wenig. Gerade genug, um morgens, 06.00 Uhr unangenehm zu sein. Eingepackt in Regenkleidung steigen wir aus dem Zug und auf die Räder, rollen hinein in die Morgendämmerung. Der Bahnhof liegt trostlos etwas außerhalb. Eher Gewerbegebiet als Innenstadt. Sollte Baden-Baden tatsächlich den Glanz der Reichen und Schönen versprühen, dann an einer anderen Stelle.
Mit Hilfe des Navis fahren wir zum Rhein und dann südwärts. Das erste Ziel ist die Fähre bei Griffers. Wir wollen ein paar Kilometer durch Frankreich radeln. Doch ein Schild weist eindrücklich darauf hin, dass die Fähre defekt, hier also keine Überfahrt möglich ist. Nach dem Kartenstudium kehren wir schweren Herzens um, fahren auf deutscher Seite wieder Richtung Norden und nehmen die Brücke bei Baden-Baden.
Der Regen lässt nach, richtig warm wird es aber nicht. Nun auf französischem Gebiet rollen wir gen Wissembourg. Die Straßenschilder sind weiß statt gelb, die Dörfer irgendwie reizvoller. So kommt Urlaubsstimmung auf.
In Wissembourg machen wir die erste Rast, trinken warmen Cappuccino in einem Fastfoodrestaurant. Wir wärmen uns nebenbei etwas auf. Kaum in Deutschland, beginnt es wieder zu regnen. Wir biegen auf die Deutsche Weinstraße ein und durchqueren das Deutsche Weintor. Die Wege sind gut beschildert, asphaltiert oder betoniert.
Kurze Stücke in den Pfälzer Weinbergen gehen mal knackig bergauf, mal steil bergab.
Der Löwenzahn auf den Wiesen ist verblüht, dafür gibt es zarte weiße und violette Tupfer an den Fliederbüschen. Wenn schon nicht das Wetter, so sorgt doch die Flora für einen Hauch Frühling.
Fährt man durch Europa, so ist es friedlich heutzutage. Doch allerorten begegnen einem Zeugen vergangener weit weniger friedlicher Tage. Mehr zufällig kommen wir an einer Bunkeranlage des Westwalls vorbei. Der Bunkerkommandant ist gerade da und öffnet für uns die Türen. Wir bekommen außerhalb der Öffnungszeiten ein private Führung durch die kleine Anlage.
Am Nachmittag wird es sonniger. Das macht die Fahrt hinauf an den Fuß des Trifels etwas angenehmer. Am Rande von Annweiler schlagen wir am Naturfreundehaus unser Zelt auf.
Zu Fuß besteigen wir den Trifels und lassen den Tag im Naturfreundehaus bei deftigem Essen und Pfälzer Wein ausklingen.
110 km, 900 hm, 5:50 h Fahrtzeit
Route auf GPSIES Bahnhof Schmuddelwetter in Baden-Baden Route Fermé Richtung Wissembourg Deutsches Weintor Pfälzer Weinberge Bunker am Westwall Bunker am Westwall Pfälzerwald Burg Trifels Burg Trifels Blick vom Trifels Im Inneren der Burg Trifels Naturfreundehaus in Annweiler Zeltaufbau Zeltplatz Annweiler28.04.2017 - Annweiler - NeckarzimmernNach kalter Nacht glitzern weiße Eiskristalle auf der Zelthaut. Die Luft ist frisch, der Himmel klar.
Wir halten uns ostwärts, hinunter zur Flussebene. Auf guten Wirtschaftswegen steuern wir durch Wein- und vorbei an Salatfeldern. In Speyer rasten wir am Dom, essen, füllen die Vorräte auf.
Zum Neckar hin ist die Streckenführung etwas undurchsichtig. Zu viele Wege führen nach Heidelberg. Die Hektik nimmt zu. Alles scheint zu den Hauptverkehrswegen direkt am Neckar zu strömen. Die Straßen sind voll.
Wir queren auf die Nordseite und folgen dem Neckar. Je weiter wir uns von der Stadt entfernen, umso ruhiger wird es wieder.
Bei Neckargmünd verlassen wir den Fluss. Der Bogen, den er ab hier schlägt, deucht uns etwas lang. Schließlich wollen wir schon morgen die Günthers treffen, und zwar in Rotheburg. So fahren wir denn durch den südlich des Neckar gelegenen Kleinen Odenwald bis nach Neckarzimmern und schlagen unser Zelt auf einer mit Gänseblümchen bestandenen Wiese auf.
119 km, 850 hm, 5:59 h Fahrtzeit
Route auf GPSIES Weinfelder Licht und Schatten Frischer Salat Dom zu Speyer Dom zu Speyer Dom zu Speyer Heidelberg Heidelberg Kleiner Odenwald nahe Mückenloch Neckarzimmern Innenansichten29.04.2017 - Neckarzimmern - Rothenburg ob der TauberEs bleibt kühl. Wir frühstücken beim Dorfbäcker und verlassen den Neckar bei Grundelsheim. Wir folgen nun der Jagst und streifen den Harthäuser Wald. Die Wege sind asphaltiert und hervorragend beschildert. Über feine Nebentäler gelangen wir ins Taubertal. Mehrere Routen sind für Radfahrer ausgewiesen. Wir nehmen die sportive Variante. Die Beschilderung und die Wegbeschaffenheit bleiben top.
Rapsfelder strahlen gelb. Auf grünen Wiesen blühen Obstbäume. In den Wäldern sprießt frisches Grün.
In Rothenburg schlagen wir unser Zelt auf und reservieren in der Dorfmühle ganz in der Nähe ein Doppelzimmer für die Günthers. Die kommen abends aus Würzburg angeradelt.
Zu viert besichtigen wir nochmal die Stadt und lassen den Tag im Gasthaus ausklingen.
129 km, 1.800 hm, 7:00 h Fahrtzeit
Route bei GPSIES Rapsblüte an der Jagst Bilderbuchorientierung an der Kessach Obstblüte Rothenburg ob der Tauber Rothenburg ob der Tauber30.04.2017 - Rothenburg ob der Tauber - BambergAbermals schlägt sich Frost an den Zeltwänden nieder. Doch die Sonne lockt. Wir frühstücken in der Dorfmühle.
Nach einem weiteren Abstecher zur Rothenburg ob der Tauber biegen wir auf den Aischtalradweg ein.
Der Wind bläst meist aus Ost, uns entgegen. Wir kommen aber gut voran.
Der Radweg macht wenig her. Weder landschaftlich noch kulturell verdient er Auszeichnungen. Dafür ist er aber gut beschildert und der Untergrund ist meist in sehr gutem Zustand. Es geht zumeist flach daher.
Beim Herrn Günther reißt eine Speiche – mal wieder. Die verbauten Systemlaufräder von Cannondale taugen nichts, wenngleich das restliche Rad im Stile eines Crossers durchaus eine gute Figur macht.
Das Aischtal ist bekannt für seine Karpfenteiche. Die Saison ist aber schon vorbei. Daher kommen wir nicht in den Genuss.
Wir campen an der Regnitz nahe Bamberg. Die Campingwelt hat sich gewandelt. Die meisten Stellflächen sind den Wohnwagen und Wohnmobilen vorbehalten. Einzeln stehende Zelte sieht man eher selten. Wir bekommen einen schönen Platz am ganz leicht abfallenden Flussufer, in erster Reihe sozusagen. Ein etwa fünf Meter breiter Streifen direkt am schmalen Fluss gehört den „echten“ Campern.
Die Günthers bekommen nach zahlreichen Telefonaten eines der letzten Zimmer am Platze.
108 km, 800 hm, 5:29 h Fahrtzeit
Route bei GPSIES Frost Frühstück mit den Günthers gemeinsamer Start Stadttor Stadttor Speichenbruch Mittagspause Aischtalradweg vor den Toren Bambergs an der Regnitz01.05.2017 - Bamberg - KronachOhne Frost steigen wir aus den Schlafsäcken und schauen der Sonne zu, wie sie über der Regnitz an Höhe gewinnt. Ihre Strahlen erhellen zwar den Tag, wärmen aber nicht in gleicher Weise.
Im Hotel der Günthers können wir wieder ausgiebig frühstücken. Das hat auch was Gutes, auch wenn die unterschiedlichen Schlafgewohnheiten am Ende eines jeden Tages für etwas Stress sorgen. Einen Zeltplatz zu finden ist keine Hürde, wohl aber ein freies und bezahlbaren Zimmer in dessen Nähe.
Wir machen eine kleine Stadtrundfahrt durch Bamberg und gleiten Richtung Osten aus der Stadt hinaus.
An einem kleinen Fahrradshop stören wir den Inhaber bei seinen Feiertagsvorbereitungen. Wir erstehen ein paar neue Speichen und ziehen eine etwas außerhalb der Stadt ein.
Der Himmel zieht zu. Es bleibt kühl.
Wir radeln durch die Fränkische Schweiz, meist wellig, selten richtig steil aber immer recht reizvoll. Zahlreiche Leute nutzen den Feiertag für einen Ausflug.
Die Wald- und Feldwege sind perfekt ausgebaut. Meist fest geschottert, dann und wann sogar asphaltiert.
Mittags kehren wir in einem Gasthaus ein. Besser gesagt, wir besetzen freie Plätze auf der überdachten Terrasse. Die Bedienung kommt ob der vielen Gäste nicht hinterher. Wir müssen lange warten, nicht sehr angenehm bei dem kühlen Wetter.
Nachmittags fahren wir in Kronach ein. Die Radwege sind wieder ausgezeichnet beschildert. Dereinst, vor vielen Jahren, bezogen wir Quartier in der Festung zu Kronach. Damals waren wir auf dem Weg nach Süden. Heuer kommen wir aus südlicher Richtung. Die Günthers sind das erste Mal hier. Der Burgherr lässt auf sich warten. Die Zimmer sind einfach aber sauber. Gehobenes Jugendherbergsniveau könnte man sagen.
Wir erkunden noch etwas die Stadt. Das Festival des Lichts freut sich über jeden Gast.
86 km, 1.200 hm, 4:55 h Fahrtzeit
Route bei GPSIES Sonnenaufgang an der Regnitz Geschichtsunterricht Bamberger Dom Bamberg Bamberg Speichentausch am Rande der Fränkischen Schweiz Fränkische Schweiz Feste Kronach02.05.2017 - (Kronach) Leipzig - JüdenbergAufgrund des schlechten Wetters nehmen wir bis Leipzig den Zug. Aus dem warmen Abteil sehen wir draußen den verregneten Thüringer Wald vorbeiziehen.
Herr Günther fängt sich am Bahnhof in Kronach noch einen Platten ein, den er im Zug repariert. Beäugt von vielen Kinderaugen. Eine Schulklasse macht einen Ausflug und stürmt natürlich unseren Wagon. Die neumodernen Rollenkoffer mögen leicht zu transportieren sein, machen sich aber rasch selbständig. Und die Kinder denken gar nicht daran, dem Einhalt zu gebieten. Das zerrt an Herrn Günthers Nervenkostüm.
Ab Leipzig fahren wir mit dem Rad weiter. Der Himmel ist wolkenverhangen. Der Wind weht straff aus Ost.
Nur für den Fall, dass es noch nicht deutlich wurde: Es bleibt kühl.
Wir fahren an den Seen östlich von Bitterfeld vorbei und suchen in Gräfenhainichen erfolglos eine Unterkunft. Erst im kleinen Dorf Jüdenberg werden wir fündig. Eine Frau, die wir fragen, kennt eine andere Frau im Dorf, die eine Ferienwohnung hat. Die beiden Damen kümmern sich, bringen Brot und Eier für‘s Abendessen. Die Unterkunft ist angenehm dörflich. Zu zweit fahren wir nochmal nach Gräfenhainichen zurück, um auch für das Frühstück etwas Essbares zu erstehen.
Der Abend klingt bei Bier und Wein aus.
84 km, 200 hm, 4:10 Fahrtzeit
Route auf GPSIES Start in Kronach Kronach Bahnhof Kronach Bahnhof Leipzig Leipziger Tieflandsbuchtam Seelhausener See abends in Jüdenberg03.05.2017 - Jüdenberg - nach HauseWir starten noch vor 8.00 Uhr. Der Wind ist kalt.
Wir machen einen Abstecher zum Ferropolis, einem Freilichtmuseum, in dem riesige Schaufelradbagger zu sehen sind.
Anschließend fahren wir zum und durch den Wörlitzer Park. Nur wenige Menschen sind unterwegs. Da es kalt bleibt, verweilen auch wir nicht lang.
Bei Coswig queren wir die Elbe, fahren Richtung Wiesenburg und rasten kurz in Görzke. Wir sind wieder in heimatlichen Gefilden.
Unsere Wege trennen sich. Die Günthers und wir radeln die letzten Kilometer allein nach Hause.
133 km, 500 hm, 6:11 h Fahrtzeit
Route auf GPSIES Ferropolis Ferropolis Elbe Elbfähre Coswig Kunst in Cobbelsdorf im Hohen Fläming der Abschied naht