Hallo,
der Reisebericht mit vielen Fotos ist echt lang und würde den Rahmen hier sprengen (hatte ich in meinem Beitrag angelinkt:
http://www.arche-foto.com/scooter-trip_in_planning/a01.html), deshalb hier nur ein kleiner Auszug - 1 Tag in Rumänien:
"2010_07_18 - Sonntag, Reisetag 098
Der Rest Ziegenmilch ist natürlich heute sauer! Und schmeckt umso besser, weiss gar nicht wann ich das letzte Mal Sauermilch getrunken habe - die Industrie-Milch heutzutage ist doch absolut tot, die verfault höchstens!
9.oo beginnt die Messe - der erste orthodoxe Gottesdienst den ich erlebe. Der Bischof aus Ungarn vollzieht die heiligen Handlungen, die Kirche ist sehr gut besucht und dementsprechend voll, sehr warm ist es, das Wasser läuft mir unterm Hemd am Körper herab, leider verstehe ich von Lithurgie, Gesang und Gebet fast nichts. Die Messe dauert sehr lange - und meine Aufmerksamkeit lässt irgendwann nach, eilen die Gedanken schon wieder weit voraus.
Bald danach packe ich meine paar Sachen zusammen, der Fotograf und Fahrer des Bischof macht das Foto welches mich zwischen Mutter Oberin Justina und dem Bischof der rumänischen Gemeinde in Ungarn - Siluan Manuila - zeigt. Der Roller wird beladen und ich nehme Abschied von Mutter Oberin Justina (sie schenkt mir ein kleines Kreuz zum Anstecken) und Mutter Onufria (gibt mir ein Stück Honig vom Kloster mit), wir bedauern dass wir uns nicht genug verständigen konnten - ich hätte gern mehr über das Land, die Verhältnisse hier und vom religiösen Leben erfahren. Innerlich stark bewegt fahre ich ab, Mutter Onufrias Hände die sie mir sanft zum Abschied gab bleiben mir lange in Erinnerung...
Mittags ist es schon wieder total heiss, schaue sowieso fast nie mehr auf das im Fahrrad-Tacho eingebaute Thermometer. Das Wasser der Bucht ist natürlich ebenfalls total vermüllt - trotzdem baden viele Menschen hier! Dass es in diesen südöstlichen Ländern auch gar kein Umwelt-Bewusstsein gibt, die Menschen diese einfachen Zusammenhänge immer noch nicht erkannt haben: dass wir unsere Nahrung aus Erde und Wasser entnehmen - und alles was wir in Erde und Wasser tun so auch wieder zur Nahrung wird! Im Prinzip fressen wir doch unsere eigene Scheisse...
Ab Orsova geht es auf der Strasse 6 / Eurostrasse 70 weiter am linken Donauufer entlang, am Bahnhof mache ich einige Aufnahmen, an der Stadtgrenze nehme ich noch ein rumänisches Ursus-Bier, bin nach der Nacht so müde dass mir mehrfach die Augen zufallen. Auch in Orsova stehen viele grosse Schilder herum die auf EU-Entwicklungs- und Wirtschaftsförderung verweisen - genau wie bei uns zu Hause. Wird denn das ganze europäische Wirtschaftsleben zentralistisch aus Brüssel gesteuert? Das ist doch längst schlimmer als in der sozialistischen Planwirtschaft! Ein riesiger Verwaltungsapparat, überbordende Bürokratie was alles selbst keine Werte schafft sondern unsere Steuer-Gelder verschlingt und verprasst, die leben doch mit fetten Gehältern allesamt wie die Maden im Speck, für die ist doch das sauer verdiente Geld des Volkes nur Spielgeld dass sie wie beim Monopoly hin- und herschieben! Kann mir überhaupt nicht vorstellen dass so ein vertrockneter Beamtenfurz in Brüssel auch nur die geringste Ahnung von den Verhältnissen vor Ort - weder in der deutschen Provinz und schon gar nicht in der rumänischen - hat, da kann doch nur alles schief gehen, wird doch nur der Korruption - egal ob hier oder in Brüssel - Vorschub geleistet...
Die Strasse ist eine einzige Baustelle, lange Schlangen von Autos und schweren LKWs stehen mit laufenden Motoren, Polizei regelt per Sprechfunk den einspurigen Verkehr: auf der einen Seite stehen 200 Fahrzeuge - und auf der anderen 20. Locker rolle ich an allen Wagen vorbei, komme ganz gut voran - bis ich irgendwann mein Telefon vermisse! Das kann ich doch nur in der Wirtschaft am Stadtrand liegen lassen haben - also geht es jetzt die vielen Kilometer wieder zurück, an den ganzen Wagen ein zweites Mal vorbei - die Leute gucken schon ziemlich verdutzt. Bald läuft mir aus einem der wartenden Wagen eine Frau entgegen und redet wild gestikulierend auf mich ein, ich verstehe nur "Telefon" und "Bar" - die ist wohl beauftragt worden mich zu informieren wenn sie mich trifft - nun steckt sie selbst fest. Als ich dann endlich wieder am Ausgangsort eintreffe wird mir mein handy ausgehändigt - hatte das in seiner schwarzen Hülle beim Bezahlen auf dem schwarzen Tresen im Dämmerlicht übersehen - das kommt davon wenn man seine fünf Sinne nicht beieinander hat! Da ich nun wieder total überhitzt bin flösse ich mir noch einmal zwei Bier ein bevor ich weiterfahre, nun zum dritten Mal die gleiche Strecke!
Viele Flüsse und Brücken, Viadukte, das Kloster Vodita wird links der Strasse angezeigt, zwei Tunnel: tunelu Bahra und tunelu Baba - es ist Abend als ich am Staudamm vor Turnu Severin ankomme, der wird militärisch bewacht und fotografieren verboten. Dieser Teil der Donau wird "Einsernes Tor" genannt.
Die Dämmerung hat längst begonnen, habe wieder etwas kühles rumänisches Bier (das ist recht gut - warum sind die Leute bloss so verrückt nach deutschem Bier wie ausgerechnet Heineken und Becks?) am Stadtrand getrunken - nun heisst es einmal wieder einen Platz zum Schlafen zu finden, im Vorort recht schwierig, also fahre ich zurück etwas aus der Stadt heraus, neben dem Badesee ist eine riesige Kiesgrube - das heisst keine Grube sondern die Berge sind abgetragen, hier baue ich nun mein Zelt auf nachdem ich den schwer bepackten Roller über die Absperrung gewuchtet habe. Obwohl ich viel gefahren bin kam ich mal wieder nicht allzu weit!"