...ich möchte jetzt sofort losfahren! :träum:
Danke für die Blumen, Nicole.
doch Du wirst lesen, dass Träume manchmal zerplatzen wie Schläuche im Marathon Andiamo! ............................Von Neuss nach Rom in kleinen Schritten ............................Teil V: Santhia . Pietrasanta
Vor mir liegen die Poebene und der Apennin. Rom schwirrt mir zwar immer und jeden Tag im Kopf herum, doch bis dahin sind es noch ca. 900km, die der Rother Wanderführer in 38 Etappen aufteilt. Wenn, sagen wir mal, mir jeden Tag zwei Wanderetappen mit dem Rad gelingen, müsste Rom in 19 Tagen zu erreichen sein.
900km:19 Tage= 47,37km/Tag. Passt!
Ankunft 21. Juni.
Am 23. Mai trat Gianna Nanini in der Nähe von Bologna auf. Am Gardasee war sie einen Tag später. Da war ich noch in Freiburg. Urlaubsbedingt. War auch schön!
Nach Genua mit dem Zug? Das wäre eine Wiederholung wert.
6. Juni Santhia . PaviaDie Poebene ist wirklich platt. Da ist aber auch nichts. Nur Reis. Kilometerweit nur Reis. Grün. Balis Grün? Nicht ganz, da gibt es kein Risotto.
22er Schnitt. Ich fahr stur geradeaus, denke an nichts Böses, da erscheinen plötzlich Ufos im Rückspiegel, werden immer größer und größer, fliegen nur so an mir vorbei. Lachend und winkend. Mannomann! Was sind die Aliens auf der Geraden schnell unterwegs. Doch auch Aliens brauchen Wasser. Wir treffen uns an einem kühlenden Brunnen. Später begegnen wir uns noch einmal beim Decathlon in Vercelli. Wahrscheinlich haben sie heimlich Batterien gekauft.
In Vercelli wird heute gefeiert. Der König hat vor 69 Jahren abgedankt.
Da die
Frecce Tricolori anderweitig beschäftigt sind, klettern Feuerwehrleute aufs Dach und zünden Bengalos. Grün-Weiß-Rot.
Viva Italia! Viva super Mario Mir gefällt der Patriotismus der Italiener, ihre Begeisterung beim Autokorso und und und...
Am frühen Nachmittag führt mich der Weg nach Mortara-Saint'Albino ins Kloster. Es herrscht eine lockere Stimmung zwischen 4 italienischen Radfahrern, einem Schweizer und mir. Der Pfarrer erzählt übers Kloster. Ich verstehe nichts. Die Nacht ist grausam.
Der Schweizer liest bis 23:00 Uhr bei Festbeleuchtung. Die Italiener kommen um Mitternacht aus der Kneipe zurück. Der Neusser rächt sich und schnarcht die anderen gegen vier Uhr ratternd aus ihren Liegen. Pilgerkrieg nennt man sowas. Ich verstehe Hape Kerkeling immer besser.
Hier am Kloster treffen alle Tracks von meinem Navi zusammen. Der schwarze von Pellegrino, der rote der Eurovelo 5, der blaue vom Rother Verlag und einer aus den OSM Kartenwerk. Kurz vor Pavia am Ticino treffen sie alle wieder aufeinander. Ich folge dem schwarzen Track von Pellegrino. Es ist ganz lustig, wenn man sich an Kreuzungen fragt, warum er denn jetzt da lang geradelt ist. Meistens sind wir einer Meinung. Er hatte auch keine Lust, Staubwege zu fahren. Es wird heute heiß werden.
………. schattiger Friedhof vor Gropello Cairoli
Auf dem Hochwasserdamm vor Pavia fällt mir mal wieder ein Pilger auf. Wir beten den Rosenkranz.
Woher? Wohin? Wie heißt Du?Roberto. Radio Francigena! Jürgen. Schöne Grüße von Aylin. Irgendwie verpeilt Roberto meinen Hinweis auf eine Osteria am Ticino und findet eine andere. So muss mir das supersensationelle Risotto in der
Osteria Mal Tra Insema alleine schmecken. 38° im Schatten.
Die Lust auf eine Herberge ist mir vergangen. Ein kleines Zimmer reicht für zwei Nächte. Es ist preiswert und das Zentrum liegt direkt vor der Tür.
Wenn mich jetzt jemand fragt, warum mein Zelt immer noch am Rad hängt, muss ich passen. Die Frage stellt sich mir auch schon länger.
Beim Bummel durch die Stadt fallen mir jede Menge Radfahrer und Schuhgeschäfte auf. Mehr als sonst!
In einer kleinen Pizzeria sitzt Roberto. Er kommt aus einem kleinen Dorf bei Lausanne und ist recht flott unterwegs. Es sind noch 750km bis Rom.
Wir können uns ganz gut leiden. Er geht morgen weiter. Mir ist nach einen Tag Pause.
Buen Camino! Ein paar Bilder aus Pavia:
………. der örtliche Fußballclub feiert seinen Klassenerhalt. Was mag hier los sein, sollte Italien mal wieder einen internationalen Titel gewinnen?
Pavia . Piacenza . Fiorenzuola d’Arda. Es war nicht zum Aushalten. Die Hitzeglocke stand gestern den ganzen Tag über Pavia. Heute soll es nochmals wärmer werden.
Um 10:00 Uhr stehen 40km auf der Uhr. Die SS234 versinkt geradeaus im flimmernden Horizont. Rechter Hand liegt Orio Litto. Dort soll es eine prima Herberge geben. Ein Stück weiter führt eine Fähre über den Po. Den Fährmann muss man anrufen.
Die Herberge ist am frühen Vormittag menschenleer, das Weinregal zum Bersten voll und zum Telefonieren ist es mir zu heiß.
………. Pilgertrank?
Die Lust auf Piacenza zieht mich weiter, obwohl im Rother steht, dass es auf den nächsten 20km auf dem Hochwasserdamm keine Möglichkeit mehr gibt, an Wasser zu kommen. Nur beim Fahren ist es einigermaßen erträglich. Stehend in der Sonne, nichts als schwüle Luft um mich herum, gebe ich den Löffel ab, denke im 5km Rhythmus und teile mir das Wasser entsprechend auf. Irgendwann kommt doch noch eine Überraschung. Das
Centro Nautico Somaglia liegt direkt am Po, bietet eiskaltes Brunnenwasser, Schatten, Cola und Eistee. Es dauert eine Stunde, um mich zu erholen. Es macht auch keinen Sinn, hier länger zu bleiben oder gar bis zum Abend auf Abkühlung zu warten. Die Luft steht still, während ich langsam nach Piazenca trete.
Der Mühe Lohn findet sich im 6. Stock eines Geschäftshauses. Die Basilika Di San Francesco ist zum Greifen nah, der Ventilator läuft die ganze Nacht.
Heute hat es für drei Wanderetappen gereicht.
Die Piazza Cavalli mit ihren Reiterstandbildern ist schon sehr schön. Doch viel schöner sind die Hinterhöfe des Rathauses. Warum haben so viele Kollegen eigentlich nichts, aber auch gar nichts, von den Stadtplanern früherer Zeiten gelernt. Nun gut, damals gab es keine Autos!
………. meine Terrasse im 6. Stock
Seit Aosta bleibt es für mich ein Rätsel, was die Italiener am späten Nachmittag in den Bars immer zu sich nehmen. Oliven, Käse, Salami, Erdnüsse und Chips stehen gegen 17:00 Uhr überall auf den Tischen. Manchmal trinken sie Wein, manchmal ein mit ungekanntes Kaltgetränk dazu. Da die italienische Sprache für mich nur aus Fremdwörtern besteht, bestelle ich beim Kellner
„sowas, was die da drüben haben.“ Tutti Aperitivo klingt wie Musik in meinen Ohren. Nein, es gibt kein Reimser Fiasko. Es gibt Spritz. Eine Mischung aus Aperol mit Prosecco. Schmeckt mir gut!
Für mich gibt es ab heute eine neue Tageszeit.
Davon später mehr.
Zum Tagesstart habe ich mir angewöhnt, ein Photo zu machen, das mein Rad direkt vor der Herberge zeigt. An diesem Morgen steht es vor dem Café, in dem ich mein Frühstück bekomme. Es war im Übernachtungspreis inclusive. Auch hier zeigen sich die Italiener überaus großzügig. Statt einem Kaffee gibt es zwei doppelte. Manchmal drei.
Ging es gestern zunächst 35km stur geradeaus nach Osten, gibt’s heute 25km Strecke stur geradeaus nach Südosten. Die Poebene ist wirklich abwechslungsreich und bietet immer neue Perspektiven auf die brennende Sonne in der Emilia-Romagna.
Kurz hinter Piazenca orientiert sich ein Pilger nach dem richtigen Weg. Mein Ruf zerreißt die Stille des Morgens:
"Roberto!" Er ruft genauso laut zurück:
"Jürgen!" Mann, ist das schön.
Wir tauschen unsere Telefonnummern aus und verabreden uns zum Aperitivo in Fiorenzuola d’Arda und zum Champions League Finale
ohne Bayern München in Berlin.
Photos von der Strecke? Braucht es nicht! Es sieht so aus wie gestern, vorgestern und morgen.
Am Nachmittag sind wir Zeuge einer Hochzeit, teilen unsere Heldengeschichten und gehen in das Hotel, in dem sich Freunde von Roberto aufhalten. Franzosen, Frankokanadier sowie Franko-Schweizer trinken Spritz. Der Neusser verlässt die Runde und lässt die anderen in ihrem Kauderwelsch alleine. „Ciao Roberto!“
………. die Hochzeitskirche von innen
………. die Hochzeitskirche von außen
………. die Hochzeitskutsche von außen
………. die Hochzeitskutsche von innen
………. ein Außenaschenbecher von innen
Mit dem Aschenbecher komme ich zum Abschluss des Tages. Nach 20:00 Uhr stehen gedeckte Tische mitten auf der Straße. Es gibt für 24,- Euro Omelette mit grünem Spargel,
Risoto de Aspargos, Käse, Wasser, Kaffee und
.
Die Idee, morgen über Fidenza nach Parma zu radeln, scheint nicht klug zu sein. Meine Nase ist von der Poebene bei 40° gestrichen voll. Ich werde in Fidenza direkt zum Passo della Cisa abbiegen, um der Francigena zu folgen.
Vielleicht wird’s ja abkühlen? Buona Notte!
Fiorenzuola d’Arda . Fidenza . Fornovo Di Taro . Berceto Frohen Mutes beginnt der Tag, die Augen wandern nach links und rechts, doch Roberto ist nirgends zu sehen. Schade.
Es sind noch 630km bis Rom =>30 Wanderetappen => 15 Tage => Petersdom: 22. Juni! Andiamo!
Es ist wie es ist. Gegen Mittag wird mir vieles zu viel. Ich muss mich damit arrangieren, bin ja keine 30 mehr, habe in meinem Leben wenig Sport getrieben und kann mir die Qualmerei einfach nicht abgewöhnen. Dass mich dennoch diese Torturen nicht völlig fertig machen und mir sogar Freude und Erfüllung bereiten, macht mich einerseits zufrieden, andererseits würde ich schon gerne mehr auf die Beine stellen. Manchmal schaue ich mir Reiseberichte hier im Forum etwas neidvoll an und fühle dabei einen gehörigen Respekt vor denen, die mit 70 noch Strecken schaffen, an die ich nicht mal während meiner manischen Zeiten denke.
Die glänzende Seite der Medaille zeigt mir aber auch deutlich, dass ich mich nicht verstecken muss. Noch regt sich in mir ein lebendiges und lernfähiges Inneres. Andere sind doch mit 60 schon so alt und taub, dass sie ihre größte Erfüllung im Buchen von Kreuzfahrten auf den Weltmeeren finden. Da scheint ja schon das Ankleiden zum Dinner eine sportliche Höchstleistung zu sein. Während mir das so durch den Kopf geht, rauscht in den leicht ansteigenden Hügeln vor dem Apennin schon wieder ein Ufo an mir vorbei. Ein Doppelsitzer-Ufo mit Sonnendach und zwei winkenden Jungspunden lässt mich alt aussehen. Wahrscheinlich waren es die hier auf dem
Hase Pino Allround? Um 12:00 Uhr, es hat 39°, kann ich nicht mehr. 5 Stunden dauerten die 44km mit Pausen. Was heißt Siesta auf Italienisch?
Nach einem kleinen Imbiss beschert mir die Kühle des Zimmers 4 Stunden Schlaf am Stück. Das ist Erholung genug, um mich anschließend auf die Suche nach den Schönheiten in Fornovo Di Taro zu machen.
Ein paar Bilder:
………. Fahrradweg in Fidenza
………. Fahrradweg über den Taro
………. Hinweise darauf, woher ich komme und wohin ich möchte
………. in der Kirche bekomme ich meinen Stempel
………. vor der Kirche bekomme ich ein kühles Blondes
Kann man als Radfahrer den Apennin auf einer Hauptroute, beispielsweise zwischen La Spezia und Parma, überqueren, ohne in Lärm, Abgas und Gestank zu ersticken oder von Horden wilder Automobilisten oder Motorradfahrern in den Graben gefahren zu werden?
Es geht! Es geht sogar sehr gut. Die Temperaturen steigen von 22° um 07:00 Uhr auf moderate 35° am Nachmittag. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7,08km/h überwinde ich 900hm am Stück, quatsche Pilgerlatein mit Schwaben aus Tübingen, tanke in Cassio Kalorien und entscheide mich dazu, in Berceto den Tag zu beenden.
………. mit so einem kleinen roten Renner macht das hier bestimmt auch viel Spaß.
………. doch pausiert man dann an jeder zweiten Kehre?
………. um die Wiesen zu fühlen,
………. oder den Ginster zu riechen?
………. Aus eigener Kraft hier oben zu stehen, kann so schön sein!
………. Nein, ich würde die Francigena nicht mit einem Ferrari machen wollen. Es gibt bessere Alternativen.
Die beiden kommen aus Grenoble und sind irgendwo am Mont Cenis über die Alpen nach Turin gelangt. Sie schlafen immer im Wald bei ihren Herrschaften. Ihre Geschichte erzählen sie mir und zwei Schweizern an der Fonte Romea beim Aperitivo. Wann auch sonst?
Berceto ist ein wunderbares Örtchen, das etwas unterhalb der SS62 liegt. Weiterhin gibt es eine Trattoria, in der
Mama Vittorina kocht, serviert und einem das Gefühl gibt:
"Fühl dich bitte wie zuhause." Das macht sie alles und noch viel mehr, während Papa Francesco im Fernsehsessel italienische Soaps schaut. Hier ist der Gastraum wirklich das Wohnzimmer der Familie.
Achso: Tagliatelle con Funghi, Cottolette, Wein, Wasser, Kaffee und Kuchen: 20,-
………. das Wohnzimmer von außen. Ein
"must have Klick" für den nächsten Wegpunkt
Berceto . Passo della Cisa . Sarzana . Pietrasanta Bis zum Passo della Cisa sind auf den nächsten 9km noch 200hm zu bewältigen. Das geht mir relativ locker in 90 Minuten vom Sattel. Oben begegnen mir die beiden Pilger mit ihren Pferden wieder.
Wann habe ich das letzte Mal im Zelt geschlafen? Mein Wunsch, am Meer zu zelten, überholt mich auf der rasenden Fahrt ins Tal.
Autos? Fehlanzeige! Die Straße gehört mir alleine!
………. Berceto am Morgen
………. Berceto von oben
………. Ostello Cisa an der SS62
………. Gipfelphoto
………. noch ein Gipfelphoto
………. erstes toskanisches Hinterdemgipfelphoto
………. zweites toskanisches Hinterdemgipfelphoto
………. erstes toskanisches Wiederimtalphoto mit dem Radweg in Pontremoli
Durch die historische Altstadt von Pontremoli schiebe ich mein Rad und atme erstmalig Mittelmeerluft. Wir haben 10:30 Uhr. Das ist selbst für mich zu früh, um den Tag zu beenden.
Die SS62 wird voller. In der Nähe gibt es eine Autobahnausfahrt und dazu gesellen sich zwei weitere Landstraßen. Kurz hinter der Stadt führt mich die schmale SP31, auf der auch die Eurovelo 5 ausgeschildert ist, ruhig weiter.
Ganz in der Nähe gibt es ein wunderbares Dorf, das komplett zu einem Hotel umgebaut wurde. Dort wurde mir als Motorradfahrer das Vergnügen zuteil, privilegiert zu nächtigen. Wer also Lust verspürt, sich dort luxuriös mit Speis und Trank vom Feinsten verwöhnen zu lassen und im Pool zu kraulen, ist hier sicher immer noch herzlichst willkommen. Leider gibt es keine Pilger- und keine Einzelzimmerpreise im Costa d'Orsola.
Hätte ich natürlich weniger Kohle ausgegeben, nur Tütensuppen gekocht und mehr im Zelt geschlafen, ja dann............ Bis Villafranca In Lunigiana bleibe ich auf der SP31. Das, was jetzt folgt, ist reines Überlebenstraining.
Schrieb ich Überlebenstraining? Im Nachhinein erscheint mir das Radeln auf der SS62 eher als vertrauensbildende Maßnahme. Ja, die Italiener wissen sehr genau, wie breit ihre Autos sind. Sie wissen es auf den Millimeter genau. Immer!
In Aulla bietet die Herberge nur Schlafsäle. Ich lerne weiterhin zu vertrauen und beende den Tag in Sarzana.
Nur zur Info: Selbst die Eurovelo5 geht von Aulla bis hier über die SS62. Sarzana ist klasse. Die erste Unterkunft macht einen völlig verrotteten Eindruck. Die zweite Unterkunft ist belegt und die dritte ist mir zu teuer.
Irgendwann einmal vor langer Zeit bezahlte ich ein sehr teures Verhandlungsseminar. Heute wird geerntet, was ich einst gesät. Das Rad trage ich in den zweiten Stock in eine 3-Raum-Wohnung. 30,- Euro!
Wie war das mit der neuen Tageszeit?
Sie wird von mir auf den Namen "pre Aperitivo" getauft
Es ist die Zeit nach der Ankunft im Quartier, die ich gerne für einen Stadtbummel und zur Orientierung nutze.
So sitze ich im "Dolce Vita" auf der Via Giuseppe Mazzini, schau auf die Porta Romana und freu mich, heute 3 Etappen geschafft zu haben. Dumm ist nur, dass der Wanderweg ein vielfaches mehr an Natur zu bieten hat.
Vor dem Dolce Vita notiere ich erstmalig, was mein italienisches Frühstück so beinhaltet:
Un Croissant, un Croissant con Cioccolato, due bicchieri grande Latte freddo, un Cappucino, due Cafe Doppio. Immer wichtiger wird mir die kalte Milch. Das ändert sich bis Rom kaum.
Der Satz:
"Può portarci un portacenere, per favore." gehört natürlich zur Bestellung dazu.
Das Meer ruft. In Massa habe ich auf der SS62 genug Vertrauen gesammelt und bin begeistert, was es hier auf den Märkten alles zu kaufen gibt. Der Weg führt im Zick-Zack durch dutzende Campingplätze.
„Mama, wann sind wir endlich da? Wie weit ist es noch bis zum Strand?“
………. gefahrene Kilometer seit Lausanne
Kennst Du das Gefühl, wenn Du dir nichts sehnlicher wünschst, als ne Rohloff unterm Weihnachtsbaum auszupacken und sich hinter den Schleifen ne japanische Schaltung versteckt?
Dieser Alptraum ist wohl mit nichts zu überbieten.
Doch 100 Meter weiter wirst Du an der Strandautobahn eines besseren belehrt.
Doch Glück findet sich auch im Unglück, denn die Saison hat noch nicht begonnen.
Trotzdem: Vorbei der Traum, am Strand einen Campingplatz zu finden; vorbei der Traum, am Strand zu liegen; vorbei der Traum, hier überhaupt ein nettes Plätzchen zu finden; vorbei der Traum, am Strand bis nach Viareggio zu radeln............Das wäre wirklich das letzte, was mir jetzt noch fehlt. Im Rother steht ergänzend, dass die Herberge in Marina die Masse 160 Betten hat. Na wunderbar. Weg hier, aber schnell.
Erst 8 Kilometer weiter kann ich mich etwas beruhigen. Auf der Seebrücke von
Forte dei Marmi, Edmund Stoiber ist hier Ehrenbürger, fallen mir die fliegenden Händler auf, die scheinbar den gesamten Strand unter sich aufgeteilt haben. Einige Tage später bestätigt mir das ein Nigerianer, der seit 10 Jahren hier lebt.
Vom Strand führt eine wunderschöne Allee nach Pietrasanta. Besseres hätte mir nicht begegnen können.
Pietrasanta ist ab heute meine Lieblingsstadt.
Im Hotelzimmer schmeißt mich das Bett rücklings auf den Boden. Dieses Felbett ist sowas von bescheiden, dass ich die Matratze auf den Boden lege, um überhaupt gerade liegen zu können. Eine weitere Entscheidung fällt mir nach dem Duschen leicht.
Zelt, Schlafsack, Kocher, Espressokanne, Isomatte, lange Hose, Pullover, 2 Radtaschen und ne Sturmhaube fliegen oder rollen im Karton nach Hause. Mit Karton sind das 9980 Gramm. Kosten mit Karton 40,- Euro.
………. In Schwaben reden sie alle vom heiligen Blech. In Pietrasanta ist der Stein heilig, auch wenn der erste Eindruck täuscht.
Was kann ich mich doch an so viel greifbarer Kunst erfreuen und hellauf begeistern. Dazu kommt, dass hier in Pietrasanta viele Kunst- und Architekturstudenten und Studentinnen an ihrer Staffelei stehend und sitzend Aquarelle malen. Sie zu beobachten, wie sie den Pinsel vors Auge halten, um die Perspektive der Architektur zu prüfen, um diese anschließend akribisch aufs Papier zu übertragen, ist einfach ergreifend. Man spürt förmlich ihre Begeisterung, wenn sie ein Auge zukneifen, den Mund verziehen und den Kopf neigen, um das Ergebnis lächelnd zu prüfen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, werden die Skulpturen jeden Monat getauscht, um anderen Platz zu machen. Wenn es nach mir ginge, könnte ich hier jeden Monat einrollen.
Der Überhammer kommt aber noch.
Um eine Kerze anzuzünden, gehe ich in die Kirche, schalte mein Handy aus, öffne die Tür und sehe dann sowas:
Was für eine eindrückliche Erfahrung! Sie lässt mich sprachlos stehen.
Fernando Botero lebt in Pietrasanta. Hier ist ein Museum. Ich möchte noch einen Link mit einem Interview Boteros einfügen:
Klick drauf Jetzt möchte ich mich von diesem Teil des Berichtes mit einem Photo verabschieden, das mich mahnt, heute nicht zu viel zu essen.
Bei
Nonna Lory gibt’s heute Gnocchi mit Nachschlag und Scaloppina Limone. Pilgermenu 20,- Euro. Nachtisch? Ist mir beim Wein entfallen.
Nicht dass jemand den Text falsch versteht. Bei Nonna Lory gab es nur etwas zu essen, denn sie hatte kein Zimmer frei. Das beschissene Bett stand woanders.
Damit bin ich in der Toskana angekommen. Bis zur Grenze ins Latium ist es nicht mehr weit, doch es wird sehr, sehr hügelig……………………………
Fortsetzung folgt…………………………………………..