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#984766 - 26.10.13 23:12 Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde
Laroute
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Beiträge: 88
Dauer:2 Monate
Zeitraum:8.7.2013 bis 5.9.2013
Entfernung:2500 Kilometer
Bereiste Länder:bgBulgarien
hrKroatien
atÖsterreich
rsSerbien
skSlowakei (Slowakische Republik)
huUngarn

Hallo!

Eine Fahrradreise Richtung Istanbul spukte mir ungefähr seit Anfang des Studiums im Kopf herum und seit Mitte 2012 plante ich die Tour fest ein für diesen Sommer zwischen Job und Job. Ich startete mit ungewissem Rückreisetermin, was sich jedoch im Laufe der Tour aufgrund einer Stellenzusage änderte. Von meinem ursprünglichen Ziel Istanbul wich ich ab, da mir eher der Sinn nach Natur als nach Großstadt stand und ich mich dafür entschied, mehr Zeit in Bulgarien zu verbringen.

- Orientiert habe ich mich entlang der Donau mit Bikeline-Huber-Eurovelo-6-Schilder-Kombi. Mal so, mal so.

- In Bulgarien: Reise-Knowhow-Karte, fand ich zur Orientierung ausreichend. Bei den kleineren Wegen ließ sich die Länge der Strecke schwer einschätzen, doch meist stehen Kilometerangaben auf den Straßenschildern.

- Zugfahren in Bulgarien: Tickets lassen sich am Schalter lösen (2 Lv pro Rad und Fahrt)

- Fahrrad: mein KTM Life Country 28', stabiles Rad, bergauf war ich echt langsam, vielleicht auch wegen...

- Gepäck: ca. 22 kg - Zelt, Iso und Schlafsack waren dabei, Luxusgepäck: 5 Bücher, 3 gelesen, nun ja.

- Heiß war es, aber mit dem Fahrtwind beim Radeln, was auf dem Kopf und etwa 6 Liter Trinken pro Tag durchaus gut auszuhalten.

- Als Mitte 20jährige Frau streckenweise alleine unterwegs zu sein, war in Ordnung. Zum Glück hatte ich aber auch keine wirklich blöden Erlebnisse. Wie gut man sich fühlt, ist wohl zum Einen Typsache und hängt zum Anderen davon ab, was man gerade so erlebt.

Wien - Budapest. 08.07. - 14.07.

Ich startete in Wien gemeinsam mit meiner Schwester und wir fuhren an Tag 1 durch die Donauauen mit wenig Schatten nach Bratislava. Der Weg war nicht sehr abwechslungsreich, aber immer noch schöner als der geteerte immer geradeaus gehende Dammweg entlang der aufgestauten Donau am zweiten Tag. Diese Teilstrecke würde ich mir im Nachhinein gesehen sparen. Meine Schwester hatte sehr mit dem in Wien von einer Freundin geliehenen Rad zu kämpfen und wir kamen bis Gabcikovo.

Am nächsten Tag fuhren wir bis Györ und stiegen dort in den Zug nach Esztergom, da wir aufgrund ihrer geplanten Rückreise in Zeitdruck waren nach Budapest zu kommen. In Ungarn kann das Abfahrtsgleis von der Angabe auf den Plänen abweichen und steht oft erst mit Einfahrt des Zuges fest. In Esztergom zelteten wir auf dem Campingplatz, empfehlenswert mit Schwimmbad.

Von Esztergom bis Budapest kamen wir gut voran, unterbrochen von meinem ersten Platten. Den ganzen Tag über kamen uns Mitglieder einer Radreisegruppe mit roten Westen entgegen. In Budapest traf ich eine Freundin, mit der ich dort drei Tage lang blieb. Für 30 Euro/Nacht hatten wir ein Zweizimmerappartement sehr zentral mit vier Betten, eingerichteter Küche und Waschmaschine. Gutes Angebot. Am Ter Deak war ein Erste-Hilfe-Fahrradservice zu finden.

Budapest - Belgrad. 15.07. - 30.07.

Ab Budapest war ich alleine unterwegs. Die Ausfahrt war müllig und nicht schön, aber im weiteren Verlauf des Tages führte der Weg direkt an der Donau entlang durch nette Orte. Weiße Kreidepfeile auf dem Boden, bei denen ich schnell merkte, dass sie etwas mit meiner Route zu tun haben könnten, sind fast die ganze Donau entlang zu finden und ergänzen die Radwegebeschilderung. An einem Donaubad in Tass wurde mir angeboten, neben einem Strandkiosk zu zelten, was mir an dem gut einsehbaren Ort etwas aufregend wurde, als niemand mehr dort war.

Am nächsten Morgen bekam ich Kaffee am Zelt und blieb auf einen weiteren Kaffee im Kiosk und lernte ungarische Wörter. Hinter Tass folgte ich den Eurovelo-6-Schildern, einem nicht befestigten schattenlosen Dammweg, auf dem ich mit max. 10 km/h vorankam. Ein Härtetest für mich und für mein Rad. Straßenalternativen hätte es aber auch gegeben und sollten für das schnelle Vorankommen in Betracht gezogen werdenn. Entlang der ganzen Duna...-Dörfer wurde es besser. Ich blieb in Kalocsa.

Der Weg von Kalocsa Richtung Gerjen entlang der Pappelallee war schön, auf die Fähre in Gerjen musste ich lange warten. Hinter Tolna nahm ich am Kreisel versehentlich die falsche Ausfahrt und landete kurzzeitig auf der M9... Durch Szekszard fuhr ich anschließend gestresst durch Richtung Duna-Drava Nationalpark. Dort war die Gemencer Wildbahn aufgrund des vorherigen Hochwassers noch nicht wieder in Betrieb. Allzulang hielt ich mich entlang des Parks aufgrund der vielen Mücken nicht mit Pausen auf. Für den (schlechten) Weg am Nationalpark entlang lohnt sich der Umweg nicht unbedingt. Die Einfahrt nach Baja war eine LKW-Raserstrecke. Einheimische Fahrradfahrer fuhren hier mit Warnweste. Baja gefiel mir gut, ein gemütlicher Ort mit einem Campingplatz auf einer Sport-/Erholungs-/Bade-/Donauinsel.

In Baja startete ich erst nachmittags und nahm mir eine entspannt kurze Strecke vor. Jedoch war der Dammweg ab Dunafalva gesperrt und ich wich auf einen langen Umweg aus. Den Campingplatz, der auf den Karten vor der Fähre in Mohacs eingezeichnet ist, kannte niemand. Gibt es den noch? So blieb ich in einer Pension in Mohacs.

Spannend, was für eine riesengroße Gedenkstätte es für die Schlacht bei Mohacs 1526(!) gibt. Aber wohl sehr prägend für die Geschichte Ungarns... Die Grenze nach Kroatien passierte ich in Udvar und fuhr dann in den Weinbergen der Baranja-Region meine ersten Steigungen. Die Orte hier haben zum Teil kroatische, ungarische und deutsche Namen. Die Donauradwegbeschilderung ist aktuell und gut. In Osijek kam ich am frühen Nachmittag an und ein Mann lief einige Kilometer mit mir durch die Stadt und führte mich zum Hostel Tufna. Dies ist der mit Sicherheit lauteste Nachtclub der Stadt. Mein Bett bewegte sich bis fünf Uhr morgens im Rhythmus der Bässe. Kurz später stand ich auf, um vor der großen Hitze weiterzufahren. Osijek könnte einen längeren Beusch lohnen - eine unaufgeregte Studentenstadt mit vielen Ausstellungen.

Mit Pausen in Vukovar und Optavac zum Obstkaufen und Schwimmen fuhr ich bis nach Ilok, wo am Ortseingang ein Campingplatz beschildert war, doch auch diesen Platz kannte niemand. Hat den schonmal jemand gefunden? Gibt es den? Da es noch recht früh und nur 40 km bis Novi Sad waren, fuhr ich weiter. Nicht damit gerechnet hatte ich, dass es nach der Grenze ungefähr 20 km bis zum ersten Bankautomaten sein würden. Meine leeren Trinkflaschen konnte ich aber in einer Gaststätte auffüllen. Im Fahren drückte mir jemand einen Pfirsich in die Hand und nachdem ich beim Bäcker meinen Hunger gestillt hatte, kam der Besitzer noch heraus aus der Bäckerei und drückte mir "serbische Spezialitäten" in die Hand, die ich auch noch probieren sollte. Ein netter Einstieg in Serbien. Den Weg südlich der Donau durch den Nationalpark Fruska gora kann ich weiterempfehlen, erst Recht nachdem andere Radfahrer erzählten, dass der Weg über Backa Palanka nicht so furchtbar schön ist.

Nun war es nur noch eine Tagesetappe bis Belgrad, aber ich war dort erst eineinhalb Wochen später mit einem Freund verabredet, der ab Belgrad mitradeln wollte. Also blieb ich gemütliche fünf Tage in Novi Sad. Hier traf ich auf Baptiste, einen Franzosen mit über 40 Kilo Gepäck, der durch die Berge des Balkans nach Griechenland wollte: Sein Saxofon fürs Guca-Festival war dabei und etwa 10 l guter Schnaps, der ihm von seinen bisherigen Gastgebern zugesteckt worden war. Hat ihn später noch jemand getroffen?

Auf der Strecke Novi Sad - Belgrad hatte ich von dem starken Verkehr gelesen und probierte nach Sremski Karlovci die Alternativroute aus den Huber-Karten aus. Die ist dort als moderate nicht asphaltierte Strecke gekennzeichnet, doch ich empfand sie als unbefahrbar. Zwar schön, aber ich habe die meiste Zeit geschoben. In Stari Slankomen aß ich am Donauufer meinen ersten Shopska-Salat (allerdings ging es echt steil auf Kopfsteinpflaster zum Donauufer runter und eben dann auch wieder hoch). Bei dem Feldweg vor Belgrad habe ich irgendwas falsch gemacht, mich tierisch verfahren und bin dann trotzdem kilometerlang auf stark befahrener Straße Richtung Zemun gefahren.

Auch in Belgrad blieb ich noch ungefähr eine Woche lang. Die Jazzbar ganz oben im BIGZ ist super - Livemusik jeden Abend.

Belgrad - Bukarest. 31.07. - 11.08.

Dieses Teilstück fuhr ich gemeinsam mit einem Freund. Der Dammweg hinter der Brücke war anstrengend, aber ab dann wurden die Straßen wirklich gut. Die Fähre von Stara Palanka nach Ram sollte man zeitlich evtl. versuchen einzuplanen (alle 3 Stunden), wir erreichten sie genau passend und machten dann ein ausführliches Picknick auf der Festung in Ram. Dort ist es schön, Ausblick aufs Donaubecken. Wir übernachteten auf dem Silbersee-Campingplatz. Die Platzwahl direkt am See war nicht optimal, da die Bühne mit Livemusik bis weit in die Nacht recht dicht war.

In Veliko Gradiste trafen wir auf richtig viele deutschsprechende Leute, die gerade auf Heimaturlaub oder wieder nach Serbien zurückgezogen waren. Hinter der Festung Golubac verzehrten wir auf einem Hügel eine große Melone, was mein Fahrrad mit einem weiteren Platten bezahlte. Hinter Golubac gibt es erstmal nicht mehr viel Gelegenheit, seine Vorräte aufzufüllen. Den Campingplatz "Open Air Gallery" kurz vor Donji Milanovac (eingezeichnet in den Huber-Karten) sollte man nicht verpassen. Ein richtig schöner Platz auf einem Hügel mit tollem Blick. Der Besitzer hat den Garten mit vielen geschnitzten Holzfiguren gestaltet und wir bekamen noch abends um neun ein warmes Abendessen angeboten. Morgens gab es das beste Frühstück der gesamten Tour.

Die Tunnel auf der folgenden Strecke fanden wir nicht so schlimm. Die allermeisten sind kurz genug, dass das Licht von der anderen Seite schon wieder einfällt. Immer an der Donau lang, Donaudurchbruch etc. landeten wir abends in Brza Palanka und zelteten auf dem Campingplatz. Die Besitzer konnten wir nicht finden, aber keine Sorge, man wird schon irgendwann von ihnen gefunden. Die Heringe in den Boden zu bekommen war wirklich schwierig und die Freiluftduschen stehen mitten auf dem Platz von überall einsehbar. Schon ganz cool da.

Irgendwo auf der Strecke bei Slatina wurden wir dann erstmal von der Straße weg auf Mais, Cola und Kaffee eingeladen, inkl. obligatorischem Telefonat mit Enkelkindern in Wien. In Negotin machten wir an einer Post Halt und schrieben Karten, ein Mann stieg aus dem Auto, gab uns ein Kilo Tomaten und war wieder weg. Die Grenze nach Bulgarien überquerten wir bei Bregovo: "Sie verlassen Jugoslawien." Wieder dauerte es bis zum ersten Geldautomaten bis wir in Vidin waren. Und sonst war auch deutlich zu merken, dass wir in einer noch ärmeren Gegend Europas gelandet waren. In Vidin waren wir echt müde und gönnten uns einen Tag Pause.

Wir hatten nicht mehr viel Lust auf Donau, wollten gerne etwas Abwechslung. In der Nähe von Vidin sind die Felsen von Belogradchik, die wir mitnehmen wollten und wir überlegten uns dann "frei Schnauze und nach grober Karte" eine Route dort in der Umgebung. Morgens nahmen wir erstmal von Vidin aus den Zug nach Oreshec und hatten von dort aus unseren ersten kleinen Berg noch vor dem Frühstück vor uns. Belogradchik lohnte! Eindrucksvolle Felsen, die ein wenig zum Klettern einluden. Von dort aus fuhren wir auf Nebenstrecken nach Montana, es ging auf und ab durch kleine Dörfer auf oft schlechten Straßen mit vielen Schlaglöchern. Geschafft kamen wir in Montana an und zelteten dort am Stausee.

Auf dem Weg von Montana nach Vracsa überredete ich meinen Kollegen im Klisurski Kloster vorbeizuschauen. Wir sind uns uneinig, ob sich dieser Abstecher lohnte. In Berkovica jedenfalls lohnte sich die salzige Suppe und das Radler, am Kloster probierten wir "Misch Masch" und den Joghurt mit Honig und Walnüssen. Top! Es ging viel bergauf und die Beine wurden müde.

Vraca - Pleven sollte unsere längste Strecke werden, an einem Tag, an dem wir erst um 12 Uhr mittags starteten. Wir fuhren über Gabare, Kojnare, Glava ... Endlich sahen wir mal wieder Kinder und Jugendliche, aber auch Orte, in denen die Leute Kanister voller Wasser vom Brunnen in ihre Häuser schleppten. Nachmittags verpassten wir den Abzweig Richtung Iskar (die Straße war als gesperrt gekennzeichnet) und machten einen langen Umweg. Wir wurden wieder zurückgeschickt, jaja, fahrt ruhig die gesperrte Straße lang, das ist der richtige Weg. Leider war die Straße dann bei Iskar irgendwann komplett aufgerissen (die Leute hatten aktuell auch keinen Strom in der Stadt) und wir mussten einige Kilometer lang schieben. Im Dunkeln konnten wir blöderweise nicht sehen, wann die Straße wieder in Ordnung sein würde. Hinter Iskar fuhren wir dann auf einer autobahnähnlichen Straße im Affenzahn bis Pleven und fielen dort gegen Mitternacht müde ins Bett.

Nun musste mein Begleiter an seine Rückreise denken und wir entschieden uns für Bukarest, von wo aus er einen Zug nach München nahm. Da ich nach dem anstrengenden Tag mit einem Sonnenstich zu kämpfen hatte, fuhren wir die Strecke von Pleven nach Bukarest komplett mit dem Zug. Ruse - Bukarest war kein Problem, ein Fahrradticket wurde sogar gar nicht verlangt. Auf der Rückfahrt von Bukarest nach Ruse musste ich im Zug eins lösen (ich glaube etwa 5 Euro).

Ruse - Sofia. 12.08. - 26.08.

Meine Bulgarientour ging wieder alleine weiter. Ab Ruse fuhr ich nochmal einen Tag lang Donau Richtung Osten. Die Straße war richtig gut, es ging flott voran, in Tutrakan hatte ich eine schöne Pause, aber am Ende des Tages wurde die Straße langweilig. Ich nahm mir als Ziel den Ort Vetren vor und bog in Zafirovo links ab. Der Donauradweg ist hier auch toll beschildert. Eine Frau schrie mich regelrecht an, der Weg sei nicht asphaltiert, doch schlechte Wege hatte ich schon hinter mir und gut bewältigt. Außerdem sah der Weg viel kürzer aus. Pustekuchen. Die Donauradwegbeschilderung ist super, nur den Weg gibt es noch nicht. Ich landete im Wald, die Strecke ist mit etwa einem halben Meter tiefen Furchen ausgestattet und der Weg verlor sich irgendwann komplett. Mit Kompass und ganz knapp vor der totalen Dunkelheit fand ich aus dem Wald heraus und in den Ort Vetren hinein. Hungrige Hunde schienen auf der Straße auf mich zu warten, ich schaute nach links, sah eine Pension und wurde vom Wirt in Unterhose freundlich aufgenommen.

Am nächsten Morgen gleich nach dem Start winkte mich ein Mann in eine Gaststätte hinein. Er sei der ehemalige Bürgermeister des Ortes, hatte gleich eine deutschsprechende Frau zum Übersetzen organisiert und erzählte mir allerhand von der Gegend. Auch dass fast alle Radfahrer mit Platten aus dem Wald herauskommen und dass der Wegebau dort geplant war, aber seit zwei Jahren nichts mehr passiert. Im heimischen Garten deckten er und seine Frau mich noch mit Pfirsichen und Trauben ein. Über Silistra fuhr ich unspektakulär auf der 71 bis nach Dobric, an Maisfeldern entlang. Dobric macht keinen guten ersten Eindruck, aber das historische Handwerkerviertel, die Fußgängerzone und der große Park sind schon echt nett. Von Dobric aus war es nur noch eine halbe Tagestour bis Varna. Mal wieder ein paar Pausentage!

Von Varna aus sollte es quer rüber bis nach Sofia gehen. Da ich dort mit einer Freundin verabredet war, überbrückte ich nochmal ein kurzes Stück mit dem Zug und fuhr bis Sliven. Dort begann dann eine richtig schöne Tour am nördlichen Rand der Stara Planina entlang. Hinter Sliven fuhr ich erstmal schön bergauf, endlich mit Schatten über Gradec bis Zeravna (ein Touridorf). Ich traf dort abends auf drei Mädels, von denen eine eine richtig großes Folklorefestival mit erwarteten 15.000 Gästen in der kommenden Woche organisierte. Wir hatten einen schönen Abend mit gutem Essen und noch einem bulgarischen Film.

Am Sonntagmorgen ging es dann nach Kotel. Neben dem Hotel Kotel ist ein Café, in dem ich ein kleines Frühstück bestellte. Kiki saß auch dort und zischte müde ein Bier. Sie ist die einzige Angestellte im Hotel Kotel, macht die 24-h-Rezeption, Reinigung, Essen und bespaßt die Gäste mit Musik. Am Abend vorher war sie mit 50 Gästen vollbelegt, hatte zwei Stunden geschlafen und nun die Putzaktion vor sich. Sie verdient 150 Euro monatlich und hat keinen Urlaub, da es keine weiteren Angestellte für die Vertretung gibt. Mit viel Humor erzählte sie auch von ihrer Zeit in einer deutschen Gaststätte mit türkischer Chefin in der Nähe von Ulm und führte mich noch durch "ihr" Hotel. Von Kotel aus fuhr ich weiter bis Elena.

Auch nicht weit war es von Elena bis Veliko Tarnovo. In der Stadt in wunderschöner Lage fand ich die Hitze leider sehr schlecht erträglich. Dafür genoss ich das Hostel (Nomads Hostel), das ich nur weiterempfehlen kann. Die Besitzer laden die Gäste in ihr Zuhause ein und bitten darum, die Schuhe auszuziehen. Alles ist sehr entspannt und schön eingerichtet, es gibt prima Frühstück mit ausschließlich Selbstgemachtem - vom Joghurt bis zum Brot. Ich blieb zwei Tage.

Nun wuchs mein Ehrgeiz und ich nahm mir den Shipka-Pass vor. Dorthin fuhr ich über Tryavna und machte einen Abstecher zum Etara-Freilichtmuseum. So richtig langsam fuhr ich dann bergauf und hoffte hinter vor jeder neuen Serpentine, dass es die letzte sein könnte. Günstigerweise war ganz oben ein Campingplatz (zwar mir vier dauerbellenden Hunden, aber alle an der Leine). Die Abfahrt am nächsten Morgen war so richtig schön lang und cool, aber auch ganz schön kalt. In Gabrovo brauchte ich erstmal einen Kaffee um mich aufzuwärmen. Gar nicht so schlecht war das Humor-Museum in Gabrovo. Mein Rad konnte ich problemlos im Museum unterstellen und die Leute waren sehr nett und von einer Deutschlehrerin bekam ich eine Einführung in das Museum. Die Ausstellung zur Internationalen Biennale für Humor und Satire lohnte sich sehr - eine große Plakat- und vor allem eine sehr schöne Fotoausstellung. Dann weiter über Gabene und Batosevo nach Aprilci. Vor Aprilci lud mich ein Traktorfahrer ein, auf seinen leeren Wagen zu steigen. Ein Traktortaxi :-). Gar nicht so einfach war die Suche nach einer Unterkunft in Aprilci, als Ausgangspunkt für Wanderungen und mit schönem Bergpanorama waren die günstigen Pensionen ganz schön ausgebucht.

Vor Trojan musste ein Abstecher zum Kloster mal wieder sein - na ja, viel Keramikkitsch. In Sipkovic war eine Unterkunft neben der nächsten, jedes Haus scheint Gäste aufzunehmen. Irgendwie fehlte mir die Lust, dort zu bleiben. Aber bei der Ausfahrt merkte ich: Du bist schlapp und jetzt wird es vielleicht zwei Stunden lang bergauf gehen. So kam ich kurz vor der Ortsausfahrt noch an einer Hütte vorbei und blieb dort, eine gute Wahl. Dora war mit ihrem Sohn zu Gast und wir gingen zusammen zu Fuß zum Supermarkt und probierten uns mit Bulgarisch-Englisch-Griechisch-Deutsch-Brocken zu unterhalten. Irgendwie verstanden wir uns mit kaum gemeinsamer Sprache und sie erzählte von dem schwierigen Leben in Bulgarien mit einem schwer geistig behinderten Sohn. Abends aß ich noch mit den Leuten dort und wir tranken Wein, ein älterer Nachbar kam noch vorbei und freute sich riesig, seine Deutschkenntnisse auszuprobieren, ich wurde ihn kaum wieder los.

Morgens dann erstmal ewig einen Berg hoch, dafür dann (viel schneller) auch wieder runter. Ach, eine schöne Strecke die ganzen Tage über! Super Blicke, gute Straßen, fordernde aber machbare Steigungen. Mittagspause hatte ich in Teteven und bald später fielen die ersten Tropfen der Tour. Ein Grollen zog empor und ich erfragte in Jablanica zum ersten Mal eine Unterkunft: Gab nix. Ich wurde nach Roman geschickt. Doch in Roman hatte ich schon die Vermutung, dass es nichts wird mit einer Übernachtung. Eine Frau sprach mich an, was ich hier mache, und bot mir an, bei ihr zu übernachten. Sogleich kam aber schon ihre Mutter (?) an und bettelte richtig aufdringlich nah an mir dran. Der kleine Sohn öffnete meine Fahrradtaschen und wollte darin herumwühlen. Das Übernachtungsangebot nahm ich nicht an und die Frau wurde wütend. Ein anderer Mann kam heran und ich verstand in etwa die Worte: "In meinem Haus schlafen - morgen Polizei." Ich weiß nicht wirklich, was er wollte, aber ich wollte weg von dort. Also weiter Richtung Mezdra. Zum wild campen war ich nicht in der Laune, die Gegend lud nicht dazu ein und es donnerte immer mal leicht. An dem Tag, der eigentlich kurz und entspannt verlaufen sollte, kam ich nach 130 km geschafft kurz vor Dunkel in Mezdra an. Auch gut.

Ich hatte den Berg Okolcica bei der Ausfahrt aus Mezdra im Blick, ein ganz schön schicker Berg, den wir drei Wochen vorher bei Vraca schonmal von der anderen Seite gesehen hatten. Es schien eine Straße bis zum Gipfel zu führen, also ließ ich mich einladen dorthin zu radeln und brauchte erstaunliche fast drei Stunden. Viele Autos fuhren an mir vorbei und hupten aufmunternd. Dass ich es schon soweit geschafft hatte, hielt mich vom Umdrehen ab. Leider war die Hütte, die auf der Karte eingezeichnet war, nicht mehr in Betrieb. Aber da eine Familie aus Sofia mir anbot, meine Wasserflaschen aufzufüllen, stand einer Übernachtung auf dem Gipfel nichts mehr im Weg. Eine stolze letzte Zeltnacht.

Den letzten Radeltag fuhr ich an der Iskar entlang nach Sofia rein. Eine schöne Strecke - flussaufwärts oder flussabwärts zu fahren nimmt sich hier glaube ich nicht viel. In beide Richtungen gibt es leichte Auf- und Abstiege. In Gara Lakatnik kann man an der Straße neben einem kleinen Wasserfall einfach und nett essen, übernachten zum Beispiel in Zverino (auch Campingplatz), Bov, Svoge ... Die lieben Hunde waren auf der ganzen Tour kein Problem gewesen, nur jetzt am letzten Tag. An einer Autowerkstatt saßen sie direkt an der Straße und wollten mich nicht vorbei lassen. Sie waren groß, grimmig und schnell. Beim ersten Versuch war ich umgedreht und hatte erstmal noch ne Cola getrunken. Im zweiten Versuch wollte ich vorbei, aber daraus wurde nichts. Leider ein bisschen in Panik landete ich mitten auf der Straße, hielt das Rad zwischen mir und den Hunden, sie bissen in die Packtaschen und fassten auch nach mir. Ein halbherziger Pfeffersprühstoß erwischte nur meinen Fuß (brannte dann noch den ganzen Tag lang), aber da kam ein Auto angefahren und fuhr mit lautem Motor auf die Hunde zu, was kurz einschüchterte. Der Fahrer stieg dann mit Schaufel aus und hielt die Hunde in Schach. Ich rief ein beherztes "Merci" und hatte die nächsten zwei km Energiereserven, von denen ich den ganzen Tag vorher geträumt hatte.

Abschluss. 27.08. - 05.09.

Eine Freundin traf ich in Sofia und wir gingen noch ein paar Tage lang wandern. Der Campingplatz bei Borovets fetzt schon (10 Lv für uns beide zusammen mit Zelt), wird von einer recht alten Frau geführt, die die ganze Zeit hin und her an uns vorbei ging, von ihrem Haus bis zur Straße, und jede unserer Bewegungen streng beobachtete. In dem spinnenwebenbehangenen Bad, in das kein Stückchen Tageslicht hineinfällt, suchte sie lange nach dem Lichtschalter. Gruselig.

Nett war es in der Hütte Marica. Der Wirt und sein "Gastronom" schenkten uns nach dem Abendessen eigenen Wein ein, dann gab es selbstgebrannten Mastika und nach und nach servierte Hauswürste. Wir hatten einen lustigen Abend mit Bulgarisch-Deutsch-Pons-Reisewörterbuch, das sie hervorzauberten. Schließlich boten sie uns noch ihre warme Dusche an.
In der Hütte direkt am Musala gibt es leider überhaupt kein Wasser. Na ja, ne Quelle dann etwa 3 km Fußweg entfernt. Sonst auch ganz nett da.

Leider war nach diesem Wanderausflug mein Fahrrad aus dem Hostel verschwunden. Ein kleiner Wehmutstropfen zum Schluss. Aber okay, es hat viel mit mir mitgemacht und inzwischen habe ich einen mehr als würdigen Ersatz gefunden. Ja, war ein schöner Urlaub.

Viele Grüße, Ruth
Viele Grüße, Ruth

Geändert von Laroute (26.10.13 23:21)
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Betreff von verfasst am
Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Laroute 26.10.13 23:12
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Fricka 29.10.13 14:17
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Fabio668 26.12.13 17:47
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Tigram 27.12.13 21:33
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Laroute 27.12.13 22:24
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde michiq_de 12.02.14 16:31
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde grenzenlos 13.02.14 07:45
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Christian234 14.02.14 18:41
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde ReiseBiene 14.02.14 23:23
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde rad-hotte 16.02.14 09:40
Re: Donau: Wien - Vidin + kleine Bulgarienrunde Laroute 06.04.14 09:54
Bilder Laroute 06.04.14 10:08
Bilder Laroute 06.04.14 14:33
Re: Bilder :-) 06.04.14 16:10
Re: Bilder  Off-topic Laroute 07.04.14 21:03
Re: Bilder  Off-topic Rennrädle 09.04.14 17:45
Re: Bilder  Off-topic Holger 06.04.14 15:25
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