Radreisen ist weit weniger gefährlich als Bergsteigen
Der entscheidende Unterschied zwischen Bergsteigen und Radfahren (sowohl Radreisen mit allem Drumherum als auch das "Alltags-Radeln") ist, daß man es nicht mit allerlei Mitmenschen zu tun hat, sondern "nur" mit sich selbst, seinen Mitreisenden und mit den Naturgewalten.
Bei all diesen Hobbies ist Angst unnötig. Ein gesunder Respekt ist fürs Überleben praktisch, aber das ist keine Angst, sondern eine Sache, die mit Menschenverstand einhergeht.
Hm, das ist mir doch zu einfach. Abgesehen davon, was wir generell dem Menschenverstand alles an Irrtümern und Grausamkeiten zu verdanken haben.
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Allein mit den Mitreisenden und den Naturgewalten - da gibt es auch das geflügelte Wort vom "kalkulierten Risiko". Das Problem ist, dass dabei die Grenzen nicht sofort sichtbar sind, die Risiken man nur durch eigenes Erleben gefährlicher Situationen oder die Erfahrung anderer einschätzen kann - immer auch mit der Gefahr der Selbstüberschätzung, weil man an die Selbstkontrolle glaubt. Und ohne ein gewisses "erhöhtes" Risiko gibt es hier kein "Erleben".
Im Verkehrsalltag hingegen werden dir ständig Grenzen gesetzt, es gibt ein Risikoraster, das man schnell lernen kann, an das man andauernd erinnert wird. Nimmt man dieses Risikoraster sich zu Herzen, ist auch das Radfahren im Alltag/auf Reisen eher weniger gefährlich als die große Unbekannte gegenüber einer großen Naturgewalt - z.B. das Besteigen eines schwierigen Berges. Auch die Todes- und Schwerverletztenrate am Mount Everest dürfte höher sein als die von Radlern im Straßenverkehr - denn insgesamt gibt es doch sehr viele Unfälle bezogen auf eine vergleichsweise kleine Klettergemeinde. Schließlich bedarf es für das Erleben beim Radreisen keines "erhöhten" Risikos. Die schönsten Radreiselandschaften liegen vielleicht sogar direkt vor unserer Haustür - also im Wohlstandsbauch der Welt.
Während man auf Radtouren doch in den meisten Fällen sich seine Erfahrungen auch ohne großes Kommunikationsnetz aus Gleichgesinnten erradeln kann, halte ich für Bergsteigen oder Höhlenexkursionen den Erfahrungsaustausch mit anderen für überlebenswichtig. Radeln ist weniger grenzwertig, manche Dinge in der Ferne sind vielleicht unschön, aber nicht so gefährlich. Ein Rad kann dir unterwegs geklaut werden, ein Bergseil unterwegs wohl weniger. Aber das Seil kann reißen oder ein Haken rausfliegen etc. - ein üblicher Defekt am Rad hingegen ist meist ungefährlich. Fährt man mit dem Rad durch erwiesene Krisengebiete, ist dass ja bewusst fahrlässig und daher nicht mit dem von dir geforderten Menschenverstand vereinbar - denn den sollte man überall einsetzen - auch beim Einkaufen und Kochen.
Noch eines: Man kann auch mit dem Rad durch den Irak oder durch Afghanistan fahren. Der Vergleich wäre z.B. mit Skiern über eine lawinenträchtige, gesperrte Piste zu fahren oder eine steinschlagenden Berg zu besteigen. Auch das geht, und manche werden da durchkommen und am Ende sagen wo ist das Problem? - Wahrscheinlich brauchen wir sogar Einzelgänger, die solche Risiken eingehen - wo wäre sonst die Menschheit heute ohne ihre Abenteurer?
Die Gegenfrage ist die Verantwortlichkeit - braucht es diesen Nervenkitzel - was ist damit gewonnen? - Was aus der Abenteurersicht mutig erscheint, kann in der sozialen Sicht das Gegenteil sein, denn ein Kind braucht keinen Vater, der sein Leben an den seidenen Faden hängt. (Es kann natürlich auch eine Mutter sein, bisher ist die h.M. aber noch, das Frauen weniger lebensriskant agieren.)
(Off topic gesetzt, trotzdem wohl auch für den Threadsteller relevant.)