Frankfurt am Main – Paris, die Idee kam ziemlich spontan. Hm, Ideen kommen eigentlich immer spontan, also, ich wollte sagen, zwischen Idee und Exekution lag wenig Zeit.
Allerdings etwas Planung: Mit Hilfe des
Forums (gut, es wurden letztlich 4,5 Tage), des
Radreise-Wiki, von
radweit.de und der Fahrradroutenplanung von
viamichelin.de stellte ich mir eine Route zusammen, die mich möglichst bergfrei und asphaltiert nach Paris führen sollte. Die Reise war also meine erste Reise mit exakt vorgeplanter Route, die ich dank GPS recht einfach nachfahren konnte. Und das tat ich auch, mit nur zwei größeren Abweichungen (Abschneiden von Bingen und andere Route kurz vor Reims) und einige kleineren. Gebucht hatte ich außerdem das Hotel in Paris für die Nacht vom 12. auf den 13., die Rückfahrt mit dem TGV/IC über Karlsruhe und gutes Wetter, Letzteres hat aber leider nicht so richtig funktioniert. Außerdem musste das Rad noch ausgerüstet werden, denn ich wollte mit meinem Rennradfahren. Nach einigen Überlegungen (Rucksack? Lenkertasche? Sattelstützenträger mit Tasche? Gepäckträger?) entschied ich mich für den Tubus Fly, bestellte und montierte ihn. Dann mal los:
1. Etappe, Samstag, 8.5.
Frankfurt am Main – Bad Kreuznach, 90,7 km Am Samstagmittag startete ich bei bestem Wetter zu Hause in Frankfurt. Das erste Mal seit bestimmt 15 Jahren, dass ich eine Radreise vor der Haustür startete. Leider gab es zwischen Sindlingen und Okriftel kein Ortsausgangsschild mit durchgestrichenem Frankfurt am Main. Auf dem
Mainuferweg (kurzer Hinweis zur Tagesordnung: Diese Links im Bericht führen immer zu Bildern, und zwar den Bildern, die unten in der Matrix zu finden sind) fuhr ich bis
Mainz, wo eine kurze Pause fällig war, denn bei aller Vorbereitung hatte ich eins vergessen: Die Hinterradbremsen waren am Ende. Der Fehler konnte aber behoben werden. Weiter ging es am Rhein entlang, bis ich mir bei Ingelheim überlegte, das Eck um Bingen abzuschneiden und direkt von Gau-Algesheim nach Bad Kreuznach zu fahren. Immerhin wollte ich um 18 Uhr geduscht im Hotelzimmer sein, um die Sportschau sehen zu können. Hat geklappt, auch wenn es die Sportschau nicht wert war. Ein kurzer Stadtrundgang in
Bad Kreuznach, dann legte ich mich in meinem netten
Hotelzimmer zur Ruhe. Heute war es den ganzen Tag sonnig, ich hatte leichten Rückenwind. Morgen sollte das Wetter anders werden, behauptete die Wettervorhersage
2. Etappe, Sonntag, 9.5.
Bad Kreuznach – Merzig, 144,4 km Und sie hatte Recht. Es
regnete. Half ja alles nix, Regenjacke anziehen und losfahren. Zunächst an der Nahe entlang, eine Schleife kürzte ich unfreiwillig ab und kam in den zweifelhaften Genuss des
Hindenburgblicks. Glücklicherweise hörte der Regen langsam auf, genauergesagt, er hörte zeitweise auf und verwandelte sich in Schauer. Im nicht wirklich schönen Idar-Oberstein setzte ich mich in ein Café und machte eine kurze Pause, dann ging es weiter. Über den höchsten Punkt der Tour, höher als irgendwas knapp unter 500 m ging es nicht mehr. Eine
Reifenpanne im rheinlandpfälzisch-saarländischen Niemandsland musste ich beheben, hatte nun aber keinen Ersatzschlauch mehr. Wollen wir mal hoffen, dass das gut geht. Es ging gut, ohne weitere Pannen und inzwischen im Sonnenschein erreichte ich das Etappenziel,
Merzig.
3. Etappe, Montag, 10.5.
Merzig – Dun-sur-Meuse, 156,4 km Eine Saarüberquerung und eine ordentliche Steigung später erreichte ich, fast ohne es zu merken, Frankreich. Eine richtige
Grenze war nicht zu erkennen. Für Sehenswürdigkeiten hatte ich keine Zeit, da musste der Blick aus der Ferne auf das
Château de Malbrouck reichen. Es begann meine Lothringendurchquerung. Die führte mich erstmal am drittgrößten französichen Kernkraftwerk,
Cattenom, vorbei. Und es ist doch sehr ländlich, vor den Rathäusern parkten
Traktoren. Ich machte mir so langsam Gedanken, ob ich überhaupt ein Hotel finden würde am Abend. In den Dörfern, durch die ich kam, gab es nichts. Keine Kneipen, keine Läden, natürlich keine Hotels. Höhepunkt neben Kirche und Rathaus war manchmal ein Briefkasten. Und Soldatenfriedhöfe. Böse formuliert: Da lagen mehr Menschen
unter der Erde, als obendrauf lebten. Am Morgen habe ich die deutschfranzösische Grenze fast nicht bemerkt, und nun werde ich im Abstand weniger Kilometer immer wieder daran erinnert, dass es andere Zeiten gab. Glücklicherweise sind die lange vorbei. Ich fand dann doch noch ein Hotel in Dun-sur-Meuse, war dort der einzige Gast, so wurde das Abendessen nur für mich zubereitet. Und es war lecker. Außerdem gab es endlich mal wieder
französisches Fernsehen. Das Wetter heute war übrigens sehr schön, sonnig, etwas kühl und Rückenwind. Schon wieder. Morgen sollte es deutlich feuchter werden, wenn die französischen Meteorologen Recht behalten sollten.
4. Etappe, Dienstag, 11.5.
Dun-sur-Meuse – Fère-en-Tardenois, 156,7 km Sie behielten Recht, aber erst am Nachmittag. Zunächst war es bewölkt und ziemlich kühl, doch weiterhin unterstützte mich leichter Rückenwind. Es blieb weiterhin sehr
ländlich. Und weiterhin wechselten sich französische und deutsche Soldatenfriedhöfe ab. Und amerikanische, ich wusste gar nicht, dass die Amerikaner schon im ersten Weltkrieg massiv mitgekämpft haben. In Roumagne-sous-Montfaucon findet man den größten amerikanischen Soldatenfriedhof, flächenmäßig deutlich größer als das Dorf. Über 14.000 amerikanische Soldaten sind hier begraben. Nein, eine fröhliche Gegend ist das nicht. Am frühen Nachmittag erreichte ich
Reims, bei gefühlten einstelligen Temperaturen. Und nun begann der Regen. Die Champagne ist hier hügeliger als der Teil Lothringens, den ich durchquerte. Sicher würde mir die Landschaft auch besser gefallen, wenn ich denn etwas von ihr gesehen hätte. Leider achtete ich hauptsächlich auf die Straße, auch für die
typischen regionalen Produkte blieb mir nicht viel mehr als ein Seitenblick. Natürlich musste ich bei diesem Mistwetter zweimal eine Reifenpanne beheben, beide Male am Hinterrad, was jeweils einen Halbabbau des Gepäckträgers nötig machte. Fère-en-Tardenois hatte ich im GPS als nächstgrößere Stadt ausgemacht und hoffte inständig, dass es dort ein Hotel geben möge. Gab es. Genaugenommen waren es Chambres d'hôtes, egal, hauptsache überdacht und trocken. Duschgel, das bei fast negativen Temperaturen in Ortlieb-Außentaschen transportiert wird, ist übrigens empfindlich kalt! Beim leckeren Abendessen konnte ich dann meine Französischkenntnisse auffrischen und ein in Gin eingelegtes Tomaten-Olivenöl-Eis genießen. Die Wettervorhersage für den nächsten Tag und die noch ausstehenden 100 km bis Paris war jedoch ziemlich nass und regnerisch.
5. Etappe, Mittwoch, 12.5.
Fère-en-Tardenois – Paris, 126,5 km Der erste
Fensterblick: Es regnete nicht! Die Straßen waren sogar trocken, und obwohl der Himmel so aussah, als könne sich das jederzeit ändern: Es sollte den ganzen Tag trocken bleiben. Ziemlich kühl zwar weiterhin, ebenfalls weiterhin mit Rückenwind. Also, unter den allgemeinen mitteleuropäischen meteorologischen Umständen sogar noch ganz akzeptables Wetter. Also auf nach Paris. Sehr erfreut war ich über die Route, die mir viamichelin als Fahrradroute ausspuckte: Kleine bis
kleinste Straßen, schöne
Dörfer durch den Südwestzipfel der Picardie hinein in die
Île-de-France. Die Hauptstadt kam näher,
Kirchtürme wuchsen aus Straßen, Flugzeuge waren immer deutlicher zu hören, dann sogar zu sehen, wieder hatte ich eine
Reifenpanne (die letzte, immerhin) und dann erreichte ich den
Canal de l'Ourcq. Dem musste ich nun einfach nur folgen. Und ich merkte, wie groß die Agglomeration Paris ist, es schien mir fast endlos, bis ich endlich
am Ziel war. Kurze Sightseeingtour mit Rennrad durch Paris, dann zum Hotel, das lag ganz in der Nähe vom
Eiffelturm.
Paris und Zugrückfahrt, Donnerstag, 13.5.So, noch einen guten halben Tag Paris. Erschreckt stellte ich fest, dass das ja eigentlich viel zu wenig ist und dass ich mir vielleicht ein paar Gedanken hätte machen sollen, was ich in den paar Stunden anfangen sollte. Jetzt stand ich da wie ein Kind im Spielzeugladen … Ich entschied mich dann für den ÖPNV, kaufte mir eine Tageskarte, fuhr mit der Metro zur
Oper, stellte fest, dass man auch mit
Fahrrädern Stadtführungen machen kann (hier auf der Place Vendôme) und fuhr dann mit diversen Bussen kreuz und quer durch die Stadt. Ein Ziel hatte ich dann doch, die Kirche
Notre Dame du Travail, eine um die Jahrhundertwende gebaute Kirche im 14. Arrondissement, nahe des Montparnasse-Bahnhofs. Sie ist sehenswert, denn sie ist nur außen mit Steinen verkleidet, ansonsten aus Metall gebaut. Dummerweise war Christi Himmelfahrt auch in Frankreich Feiertag, rein konnte ich also nicht. Da wären wir wieder bei der mangelhaften Planung. Einer meiner Lieblingsorte in Paris ist der
Jardin du Luxembourg, durch den lief ich dann, schrieb ein paar Postkarten und fotografierte Menschen, die dort ihrem
Hobby. Nachgingen. Dann wurde es Zeit, zum Bahnhof zu fahren. Wieder mit dem Rad durch die Stadt, das geht problemlos, erst recht an einem Feiertag. Angekommen am
Bahnhof, Rad in den
TGV verfrachtet und ein paar Stunden später war ich wieder
daheim. So ungerecht ist die Welt: Für die Hinfahrt brauchte ich viereinhalb Tage, zurück reichten viereinhalb Stunden.
Schön war es trotzdem. Einige Fazite:
- Wenn man die Route vorher genau planen kann, vereinfacht GPS eine solche Reise ungemein, insbesondere in Städten. Allerdings war es diesmal eine Ausnahme, da ich wenig Zeit und ein festes Ziel hatte. Normalerweise, und so wird es auch in Zukunft bei den meisten Radreisen sein, nehme ich mir mehr Zeit unterwegs und lasse mir die Freiheit, die Route spontan festzulegen
- Es ist sicher nicht die letzte Reise mit dem Rennrad und Gepäckträger gewesen, eigentlich habe ich nichts vermisst. Doch, auf längeren Reisen habe ich gerne etwas zu lesen dabei. Und Landkarten, siehe oben
- Das ländliche Lothringen ist langweilig
- Man kann auch bei Regen radfahren. Es macht aber keinen Spaß
- Manchmal kommt der Wind aus Osten. Schön
- Ein halber Tag ist zu wenig für Paris
Ein ausführlicher Bericht wird in Kürze auf meiner Website zu lesen sein. Die gesamte Strecke (Planung und tatsächlich gefahren) gibt es bei
GPSies.
Zeig doch mal die Bilder: