Winterimpressionen von den Elbmarschen
Eine doppelte Geburtstagsreise mit Nagelreifen und Glücksmomenten trotz Glückstadt
Oder: Eine Bergziege goes Plattes LandWer macht im Winter eine Radreise und dazu noch im Platten Land? Die verweigerte Nordsee am Hamburger Elbtrichter – letztlich nichts als Süßwasser – ein matschiger Bluff für schwäbische Brezelbeißer, für die das Wattenmeer nicht mehr ist als Watt’n datt? Altes Land – Obstbaumblüte – ja, schön, aber im Januar? Elbsandufer für Strandbikini oder Nackedeis – ja, ein Blick wär’s wert – aber im Winter? – Elbmarschen – das klingt doch nach Matsch und Sumpfgebieten. Viele Orte machen Werbung von Ostfriesland bis zur Nordseeküste – auch im Winter schön. Soll man es glauben?
Der unbedarfte Kunstschwabe mit rheinnärrischem und wahlbadischem Migrationshintergrund aus der Murmeltiermischblutstammbaumrasse warf einen Blick auf die Karte und erinnerte sich alter Kalenderbilder vom Kohlelieferanten, der einst im Rheinland den Wärmevorrat für den Winter brachte und immer einen Kalender schenkte, der fortan das Jahr die Küche schmückte. Da gab es regelmäßig für die Wintermonate Bilder mit Eisschollen, Fischkuttern und Wintersonne von den deutschen Küstenstreifen – von der Nordsee, die Ostsee war ja weitgehend unsichtbare Feindzone, Rügen kannte der Kalender nicht. Aurich blieb mir besonders im Gedächtnis haften – ob Stade auch mal drauf war? Nun ergab sich eine Kollateralreise: Ich versprach einem Freund zu einem großen Geburtstag die weite Reise in den Norden anzutreten. Aber warum in den Zug setzen und gleich wieder zurück? Warum nicht Rad einpacken und noch eine Runde drumrum machen – vielleicht gibt es Wetter und Stimmungen aus alten Kalenderbildtagen? Und warum nicht den eigenen Geburtstag nur zwei Tage später mit einer frischen Seebrise bereichern?
Ich buchte dergleich die Züge mit Radmitnahme – kaum wäre es anders schneller gegangen. Hin mit Nachtzug und zurück mit einem IC, fast so schnell wie ein ICE und zudem komplett auch in der Dunkelheit unterwegs. Zwei Tage Zuschlag vom Urlaubskonto zum Wochenende dazu und fertig war die Planung. Inspiration bekam ich auch aus dem
Forum. Wie so häufig – noch weniger als das Vorgeschlagene konnte ich nutzen – das Wetter und die kurzen Tage fordern ihren Tribut. Kurzfristig entschied ich noch, Spikes zu kaufen und zu montieren. Es wäre am ersten Tag kaum ohne gegangen, doch zeigten sich alle Wetterfacetten und im zweiten Teil der Reise waren sie eher überflüssig bis hinderlich. Es war aber auch matschig – also auch nicht ganz verkehrt. Für mich also radtechnisch auch eine Pionierreise.
Die Geburtstagsfeier des Freundes Alex musste kurzfristig um einen Tag verschoben werden, weil es eine unglückliche Überschneidung in der Saalbuchung gab. Dank der Rundum-Planung änderte sich für mich wenig. Aus 2+1 wurde dadurch 1+2, was will heißen, ein Anreisetag (+ ein Aufenthaltstag) und eine angeschlossene 2-Tagestour mit Gasthofübernachtung als Abschluss und als eigene Geburtstagstour. Für die Landschaftsoptik waren die ersten beiden Tage die besseren, die zwei letzen Tage hingegen sehr trüb und neblig, wenngleich sehr mild bis max. 11 °C. Hingegen war der erste Radltag arschkalt. Bei einem leichten, aber biestigen Wind lag die Fühltemperatur anfangs unter -15 °C, erst am Nachmittag konnte man leicht aufatmen. Ich war unerwartet geeignet gekleidet, doch wenige Male die Handschuhe unvorsichtig zum Fotografieren ausgezogen, wurden die Finger schon zu Eisklötzen. An der Hamburger Elbchaussee verließ mich die Lust zum Fotografieren dann komplett.
Hamburg überhaupt blieb außen vor. Leider konnte ich den guten Tipp zum Schokoladenmuseum im Chili-Haus nicht aufgreifen. Mein Versuch, von Hamburg-Harburg (Bahnhof) HH-City bis zur ersten Führung 10:15 h im Schokomuseum zu erreichen, scheiterte an den äußeren Kältebedingungen kläglich. Auch auf der Rückreise blieb nur unzureichend Zeit in Hamburg. Ich konnte gerade eben mal eine kleine Rösterei mit Café finden, wo ich eine „Hanseatenmischung“ erwarb. Laut Beschreibung u. a. mit schokoladiger Note. Der Kaffee schmeckt tatsächlich so wie beschrieben. Ich lernte erstmals die besondere Note eines individuellen Kaffees kennen – trotz schlechter Kaffeemaschine. Es gibt da tatsächlich große Unterschiede – ich bin ganz begeistert, dass man das schmecken und riechen kann und es nicht nur an der Maschine liegt. Auch weitere Tipps zu Buxtehude konnte ich nicht nutzen – es passte nicht mehr ins Zeitkorsett des kurzen Anreisetages, derweil ich nicht zu spät zur besagten Geburtstagsparty erscheinen durfte. Und Museen außerhalb der Hamburger City sind ohnehin nur mit einem Siegel zu finden: „Geschlossen“. So recht überzeugend ist die Wintertourismuswerbung für die Deichregion im Norden nicht – dazu später noch mehr.
Die GeburtstagsfeierDer Gewürdigte ist eigentlich ein Kollege aus dem freien Mitarbeiterstamm der Zeitschrift, bei der ich erarbeite. Wenn man so will, war es auch eine Art inoffzielle Dienstreise. Die gemeinsame Wellenlänge entdeckte ich dabei über die Schreibe – ein Mensch, der seinen Charakter auch über den Stil seines schriftlichen Ausdrucks mitteilen kann. Das wird ja immer seltener in den Zeiten der Emoticons und des digitalen Stenographie-Analphabetismus. Nicht zuletzt ist Alex ein literarisch bewanderter Leser und Schreiber, ein unbeugsamer, sich nicht verbiegender Charakter und nebst aller Pedanterie auch ein kreativer Kopf – gewiss auch ein Wassermann. Alex ist ein Experte in Sachen Gitarre und er lebt Gitarre – quasi vom Flaschenöffner bis zur Socke. Wenn er über Gitarristen schreibt, dann ist daran nichts gestellt, das sind gelebte Überzeugungen und die Sprache ist kaum minder mitreißend wie die Klänge, die er begutachtet. Die Party in der Seminarturnhalle Stade war denn auch recht gitarrenlastig – bis hin zum Geburtstagskuchen. Neben Bekannten aus der Region und einem familiären Umfeld gaben sich einige auch weitgereiste und renommierte Gitarristen die Ehre. Nicht wenige brachten ihre Frauen mit, wobei wir beim Quotenproblem für die zupfende Weiblichkeit sind. Immerhin konnte eine Harfenistin die Saitenzahl der Papierform nach etwas ausgleichend gestalten, wenngleich sie ihr Instrument nicht mitgebracht hatte. Trotzdem spielten ausreichend Fingerartisten zur spontanen Session auf – im Bereich der Improvisierten Musik ohnehin keine Ausnahme.
Die Seminarturnhalle Stade ist ein besonders gelungener Veranstaltungsort aus ehrenamtlichem Engagement heraus aufgebaut und betrieben. Die Veranstaltungen füllen die Kasse unzureichend, so bieten Vermietungen an Privatleute oder Vereine etc. eine geeignete Quersubventionierung. Tatsächlich handelt es sich um eine Turnhalle aus dem 19. Jahrhundert, mit hübschen Spitzbogenfenstern. Nichts aber ist hier steril hallenartig oder sportlich funktional, sondern harmonisch stimmungsvoll trotz eklektischer Elemente, stilistisch geschmackvoll trotz Verzicht auf Perfektion. Alles wurde eigenständig aus den Händen des Vereins oder nahe stehender Helfer zu einem liebevollen Mosaik zusammengetragen. Die Menschenrechte stehen figurenbereit neben dem Podium, wenn sie mal vergessen werden. Selbstverständlich, dass hier ein Syrer als Barkeeper einschenkt – kein Quotenpersonal, sondern ein wacher Geist allemal. Gerne geht hier jemand auf die Bühne, manch bekannter Kulturtempel andernorts ist da spröder gestaltet. Die Getränke kamen aus den Hausschränken des Betreibers, das Essen per Catering von außen. Neben Fisch: Überall im Norden schmeckten die Bratkartoffeln außerordentlich gut, egal ob vom Catering, beim Kandelaber in Glückstadt (Bild) oder bei Elke privat. (Eine weitere wohlschmeckende nordische Spezialität in Familientradition tischte Elke am Sonntag mit Sauerfleisch in Gelee auf.)
Das weitere Geschehen mag hier im Forum von geringem Interesse sein. Ich habe auch keine Bilder davon. Die Musiker, die die Bühne betraten, seien aber kurz vorgestellt – irgendwie gehört Gitarre ja auch zum Klang des Nordens – und Musikanregungen gehören mittlerweile zu einer kleinen Institution meiner Reiseberichte.
Dietmar Osterburg, ein Braunschweiger Gitarrist, entzog sich dem Schaulaufen der Sechssaiter, indem er sich auf sein zweites Instrument konzentrierte: den Kontrabass. Damit setzte er lächelnd den rhythmischen Puls der kleinen Session, obwohl er das schwerste Gerät auf der Anreise zu buckeln hatte. Sample:
Osterburg Trio „Transition“ aus: „Preferences“ (4:40 min.)Helmut Kagerer, nicht gerade unerfahren im Zusammenspiel mit musikalischen Schwergewichten, daselbst aus Niederbayern, derzeit Regensburg, setzte kraftvolle Akzente in der Session und unterstrich stets sein fröhlich-bayerisches Gemüt im Laufe der Festtage, nicht weniger heiter sein Frau – beide auch untrennbar mittels Kettenrauchen verbunden. Die Genießer des Weißwurst-Zutzelns erlitten mit den Panade-gepanzerten Fish & Chips am Elbdeich-Imbiss ein kleines hanseatisches Gaumentrauma. Man kann auch an der Elbe nicht jedem Fisch trauen. Sample:
Helmut Kager/Phillip Stauber „Nuages“ (6:11 min.)Helmut Nieberle, nicht nur noch ein Helmut, auch noch ein Bayer, wenn auch eher Oberschwaben. Vielleicht der Vielseitigste aller hier Vorgestellten, gewiss der Vielsaitigste, weil ein Siebensaiter. Nicht zuletzt haben beide Helmuts das Gitarrenduo miteinander gepflegt. In der Stader Session der große Teamplayer, der die Bindung herstellte. Sample:
Helmut Nieberle/Paulo Morello „Pixinguinha/Segura Ele” (3:57 min.)Christian Hassenstein, ein Berliner Zupfkünstler, wohl ein wenig in der heimischen Gitarrenriege unterschätzt, entfaltete in der Kollektivsession zu Stade die volumenreichste, luftigste Klangfülle unter den E-Gitarren, ohne dabei auf gelungene improvisatorische Einfälle zu verzichten. Sample:
Hassenstein/Hierdeis/Von Rosenberg „I’ll Remember April” (9:27 min.)Manfred Junker, ein musikalischer Querdenker und Analyst, setzt die oberschwäbische Fraktion zur baden-württembergischen Seite fort, mittlerweile am Bodensee im badischen Konstanz heimisch. Hat gerade ein Album mit Musik von Paul Simon eingespielt. Er setzte zur Anreise auf die Bahn, auch im Kreis der Musiker noch die Ausnahme. Mal ein außermusikalisches Lob. Nicht zuletzt konnte ich mit ihm über eine meiner alten Heimaten fachsimpeln. Sample:
John Stowell/Manfred Junker „All Blues” (7:26 min.)Uwe Kropinski, ein bescheidener, fast mürrischer Tischgeselle aus Ost-Berlin, stand auf und spielte ein Solo. Experten wie Laien staunten. „Kropinski ist kein Gitarrist, der Mann ist eine Gitarre!“ schrieb die taz mal über ihn – punktgenau. Ein Wunder. Spezialgitarre mit 39 Bünden, mehr Resonanz, Perkussion, Andalusien, Renaissance und freie Klänge – ein Kosmos. Wie ein Lerche, die aufsteigt. Und ein Leuchten. Mehr geht nicht. Punkt. Sample:
Uwe Kropinski Trio „Spanish Way“ (12:07 min.)Die Rad-Tour ElbmarschenDer geografische Überbegriff der Region ist mit Elbmarschen recht gut typisiert, greift aber über die Unterelbe hinaus auch in das Hinterland der Mittelelbe gar bis zur Lüneburger Marsch. Die Unterelbe bezeichnet dabei den tideabhängigen Teil der Elbe, der heuer durch die Staustufe Geesthacht künstlich verkürzt wurde. Aber auch im Gezeitenstrom wurde fruchtbares Land gewonnen, das durch die Deiche dauerhaft urbar und bewohnbar gemacht wurde. Weiters bildet unterhalb des Vierlandes (Geesthacht – Hamburg) ein Deltageflecht und ehemaliges Schwemmgebiet die verwinkelte Struktur des Hamburger Hafens und einer modernen, gleichwohl nebenher traditionsbewussten Delta-City. Nach diesem letzten Nadelöhr entfaltet sich langsam der Elbtrichter etwa ab Blankenese zur offenen See bzw. zum Wattenmeer hin. Nicht ganz glücklich steht daneben noch der Begriff der Binnenelbe, der vor allem zur Abgrenzung zur Außenelbe mit dem Wattenmeer genutzt wird – sprich sich über den Unterschied im Salzwassergehalt definiert und weniger den Binnenfluss mit Mittel- und Oberelbe meint. Nimmt man die Sache genauer, war ich im Hamburger Hafenareal und nur einem Teil des Elbtrichters unterwegs – also zu beiden Seiten der seeschifffähig vertieften Elbrinne. Die salzwasseranliegenden Außenbereiche im Norden und Osten mit dem Land Hadeln in Niedersachsen und Dithmarschen in Holstein blieben hingegen unberührt. Der Begriff Elbvorland wird häufiger für die Elbmarschen am Elbtrichter in Holstein verwendet, während in Niedersachsen lieber die Teilregionen genannt werden – hier also Altes Land und Kehdinger Land.
22.1.
Stuttgart-West – S-Hbf 1:35 h || per Bahn (CNL) || 8:24 h Hamburg-Harburg – Kattwykbrücke – HH-Wilhelmsburg/via Hafenroute (Radweg) – St-Pauli-Elbtunnel – HH-Fischmarkt – HH-Övelgönne/Museumshafen || per Fähre L62 || Finkenwerder – Cranz – via Este-Route – Königreich – Jork/Borsteler Hafen – Mittelnkirchen – DollernAE (privat Seminarturnhalle Stade/Catering): Buffet kalt+warm, Rotwein
Ü: H privat (Alex)
66 km | 13,6 km/h |4:45 h | 210 Hm
23.1.
DollernAE (privat Elke, Alex): Sauerfleisch, Chili-Gulasch, Bratkart., Rotwein
Ü: H privat (Alex)
Ruhetag (Auto-Exkursionen nach Stade und nach Grünendeich-Elbufer)
24.1.
Dollern – per Radweg – Stade – Himmelpforten – Großenwörden – via Radroute – Osten – via Hinterdeichstraße Oste – Oberndorf – Oederquart – Freiburg – Wischhafen || per Fähre || Glückstadt – Borstfleth/Störmündung – Glückstadt | AE (Kandelaber): Matjes m. Mandeln, Preiselbeeren, Bratkart., Bier 18,50 €
Ü: H Apartment 55 € oFr
92 km | 15,2 km/h | 6:04 h | 195 Hm
25.1.
Glückstadt – Herrenfeld – via Hinter-Deichstraße – Kollmar-Hafen – via Elbradweg – Sperrwerk Krückau – Kronsnest – via Hinterdeichweg – Elmshorn – Uetersen – Wedel || per S-Bahn || Hamburg Hbf 17:24 h || per Bahn (IC) || 22:50 h Stuttgart Hbf – S-West67 km | 14,4 km/h | 4:35 h | 215 Hm
4 d (Reise)/3 d (Velo) | 225 km | 620 Hm
Ø 70 km/d | 207 Hm/d | 5:08 h/d | 14,4 km/h
Digitale Orientierung:
Elbmarschen im WinterFahrt nach Hamburg-City Ich entschied die Fahrt mit dem Nachtzug bereits in Hamburg-Harburg zu beenden und bei dem scheinbar komfortablen Zeitpolster die Hamburger City bzw. das St-Pauli-Landungsbrücken-Ufer per Rad zu erobern. Da taten sich außerhalb des Bahnhofs gar Berge auf – die Karte spricht von den „Schwarzen Bergen“. Davon hörte ich das letzte Mal in Montenegro (Crna gora). Das Geburtstagskind Alex warnte noch zudem vor dem Berg in Dollern. Eingeschüchtert nahm ich zunächst Flachkurs in Richtung Kattwykbrücke – nach Auskunft eines Einheimischen am Bahnhof geöffnet. Teil 1 der Hamburger Brückenbesichtigung klappte auch wunderbar – doch durch die bereits ländliche Morgenkälte in der Umgebung dehnte sich die Route unangenehm in kalte Adern hinein. Der Versuch, nun noch die Harburger Brücken von der anderen Seite her zu erkunden, scheiterte alsbald kläglich. Entweder hätte ich noch länger ausdauern müssen oder ich habe sie verfehlt – die Zeit und Kälte trieb mich aber zur Umkehr und Richtung Hamburger Hafencity.
In Harburg hatte ich das Bahnhofscafé etwas überheblich lächelnd ausgelassen – „erst mal ein Stück radeln, dann in einem Café aufwärmen….“ – Denkste?! – Zwischen Hamburg Harburg und Hamburg Hamburg-City/St-Pauli-Tunnel fand ich auf den ca. 23 km kein einziges Café! Hingegen umgaben mich nach dem ländlichen Abschnitt zur Kattwykbrücke nur Industrie- und Gewerbegebiete, Hafenareale, gesperrte Brücken und radfahrfeindliche Straßen, die man zwar auf Radwegen umfahren kann, aber in erbärmlichen Zustand sind. Einige asphaltgewölbten Bereiche sind sogar explizit gesperrt – der Radler könnte hier zu Sturze gelangen. Kaum weniger gut aber die geöffneten Bereiche und zudem weitgehend ungeräumt. Der Nagelreifen jaulte vergnügt ob seiner Fähigkeiten. Ich jaulte wegen kalter Finger.
Jaul – die Elbphilharmonie. Ich erreichte den in den Forumstipps mir empfohlenen Aussichtspunkt vor dem Elbtunnel mit Weitblick auf das peinliche, aber doch imposante Gebäude der Stadt Futur. Aber wie komme ich über die Elbe? – Ein Radler beruhigte mich, es geht unter der Elbe weiter. Das war auch komisch. Da standen Figuren wie damals an der Ostgrenze in Berlin. Unbewegliche Gesichter, nur nicht umschauen. Dann drückte einer einen Knopf und es ging nach unten. So ein bisschen wie im Gruselfilm. Unten wieder eine Figur mit Botoxgesicht. „Schieben!“ klang es recht drohend bis einsilbig aus dessen Mund, widersprechen traut man sich hier nicht. Es gibt eine etwas seltsame Einbahnregelung. Die Straße kann theoretisch auch von Autos benutzt werden, derer aber kaum welche fahren (sie nutzen den neuen Elbtunnel, aber für Räder nicht erlaubt). Es besteht stundenlang Verkehr nur in eine Richtung bevor die Richtungsfreigabe geändert wird. Als Radler soll man kaum begehbare Gehstreifen schiebend nutzen. Die Fahrbahn hingegen liegt verwaist daneben – gerade mal ein Radler kam in der gesamten Gehzeit entgegen. Zur andere Seite wieder Fahrstuhl, Fußgänger dürfen Treppen laufen.
Wie schon erwähnt, suchte ich aufgrund der Kälte nur noch die Flucht nach vorne und ein Café. Am Fischmarkt aber wieder kein gemütliches Café. Die Geschäfte und Restaurants dort wirken steril wie Lagerhallen. Von urtümlichen Fischmarkt keine Spur. Wie mir Elke später erläuterte, ist der kultige Fischmarkt samt Marktschreier-Originale lediglich am Sonntagmorgen für Frühaufsteher offen. Rechtzeitig zum Kirchgang ist alles vorbei. Gewiss, einige Buden haben Elbblick, wenn man drinnen sitzt. Hummer mit Champagner – naja, für verarmte Schwaben nicht so das Rechte. Auch eher aber für abends gedacht, frühestens öffnen die Lokale am Mittag, andere Geschäfte sind nur für Großhändler gedacht.
Endlich – das Schiffsmuseumscafé in Övegönne – auftauen, dachte ich, und Gemütlichkeit. Da kam doch gleich die Fähre zum Landungssteg mit Ziel Finkenwerder – und ich sprang spontan hinauf um Zeit zu sparen. Kartenautomaten gibt es auf dem Schiff – doch versagte die Technik bei der Kälte. So kostet die Fahrt nichts – zumindest fühlte sich niemand verantwortlich, der Lage Abhilfe zu verschaffen. Ich hätte ohnehin nicht mal den Namen des Einstiegsortes gewusst. Mal sehen, wie das mit der anonymisierten Digitalisierung banaler Vorgänge so weitergeht. Ist Fährmann ein so unzumutbarer Job? Die Wertschöpfung von Automaten konzentriert sich doch immer entfernter vom Lebensort und schafft immer weniger breite, lokale Einkommensgrundlagen. Charlie Chaplin, schon Kritiker der mechanisierten Serienproduktion, – was würde er zur digitalen Einebnung des sog. Informationszeitalters sagen? – In Finkenwerder war es dann längst Zeit für ein Fischbrötchen und Finger auftauen (Bistro gleich am Hafen).
Altes Land – die 3. Meile Das Alte Land bezeichnet das südliche Elbuferland zwischen Süderelbe und Stade – nicht zuletzt als europäisch bedeutendes Obstanbaugebiet (besonders Äpfel, aber auch Kirschen) und deswegen für die Blütezeit bekannt, doch auch wegen seiner schmucken nordischen Hallenhäuser mit weiß gestrichenem Fachwerk und mattem Ziegelrot (früher zuweilen Lehm, dann mehr Backstein, heute oft Klinker) sowie seiner idyllischen Museumshäfen und ziervollen Bürgerhäuser der Altstädte sehenswert. Das Alte Land teilt sich seinerseits nochmal in drei Meilen, gezählt wird von Nordwest her in Richtung Hamburg. So bewegt man sich durch die 3. Meile zwischen Süderelbe und Este. Gleich Finkenwerder stimmt entspannt mit dem Lotsenhaus. Die Blicke zur anderen Uferseite fallen bereits auf edle Villen an der Elbchaussee, nicht unähnlich zu Blankenese weiter westlich gegenüber von Cranz. Hinter den Fenstern im Warmen lässt sich der weiße Puder noch mehr genießen.
Ich besuche noch einen Radladen in Finkenwerder – auf Nachfrage entpuppt er sich als eine soziale Einrichtung einer Alster-Initiative, die Behinderten anspruchsvollere Arbeit bietet. Der Ladenleiter ist Angestellter dieser Sozialinitiative und kein Unternehmer, Gewinn ist verpönt. Ich bekomme sogleich noch eine Radmütze geschenkt, die von irgendeiner unleserlichen Radkoryphäe signiert ist. Die Elbe ist erst mal fern, ein großer Flugplatz muss umfahren werden – was sich bald als Werksanlage von Airbus herausstellt. Keineswegs ist es hier aber unschön, denn zur anderen Seite schließt sich ein Biotop mit See an – herrliche Winterstimmungen entfalten sich über Eis und Glitzerschnee. In Cranz darf man dann nochmal eine hübsche Klappbrücke bewundern – farblich irgendwie auch wieder zur Kattwykbrücke passend. Es gibt dort wohl nur einen Brückenmaler in der Gegend.
Altes Land – die 2. Meile Este und Lühe begrenzen den Raum für die zweite Meile, beide Flüsse zieren typische Deichsiedlungen, die teils vor, teils auf, teils mit Gärten auch hinter dem Deich liegen. Hier finden sich auch immer wieder hübsche Cafés und Kneipen, kaum aber Hotels – eher schon Ferienwohnungen. Manche Lokalität ist allerdings im Verfall begriffen. Die jüngere Erweiterung der Hamburger S-Bahn bis Stade hält die Landflucht mittlerweile aber in engen Grenzen. Die Hanseatenpreise ziehen aufs Land, schmucke Hallenhäuser werden als Alternative zu den Bürgervillen der Nobelvororte wie Blankenese beworben. Einige der historischen Landhäuser modern ausgebrannt als Ruine dahin – ein Grund, warum die leicht entzündlichen Reetdächer heute kaum noch verbaut werden, auch wenn sonst die landestypische Bauweise weitgehend in Form der Reihendörfer eingehalten wird. Den feuergefährdeten Reetdächern sind einige der schön verzierten Türen zu verdanken, die auch schon mal tempelartige Vordächer mit verschnörkelten Säulen an besseren Landvillen bekleiden. Die Nottüren für Brand- aber auch Sterbefälle ließen sich nur von innen öffnen und dienten gleichwohl nicht minder ob ihrer Verzierung als Hochzeitstüren, um die Mitgift hübsch und sicher zu verstauen. Weitere typische Dekorativelemente sind die überstehenden Giebelverzierungen und bei besonders noblen Höfen an den Einfahrten separate Prunktore mit Malereien, Inschriften und eigenem Ziegel- oder Reetdach.
Zwischen Este und Lühe liegt beim Königreich – tatsächlich! – via Jork eine Strecke mit wiederum den typischen Marschreihendörfern, auch Marschhufendörfer genannt. Das Haus liegt an der Straße und die Hufe bezeichnet die Hoffläche samt Ackerland, das sich zuweilen weit, aber schmal auf die Straßenfront begrenzt, dainter erstreckt. Apfelbrennereien finden sich viele und bei einem Hofverkauf finde ich so auch sehr variantenreiche Schnäpse und Grappas, aber auch Marmeladen, Essige (Dattelessig), Käse und allerlei Wurst, Schinken, Geliertes und Eingelegtes. Käse gibt es insgesamt weniger als Fleischiges (oder Fischiges) – soweit der Gesamteindruck im Norden. (Mettbrötchen mit Zwiebeln zum Frühstück bietet gar die Bäckerei in Glückstadt als Standard.) Unbedingt wert ist der Blick auf die Museumsidylle aus altem Hafen und Windmühle in Borstel – nur eine kleine Ecke weit weg vom Jorker Zentrum. Den schönsten Teil der Lühe sucht man zwischen Mittelnkirchen und Grünendeich – so zeigte es die Autospazierfahrt am Samstag.
Altes Land – die 1. Meile Hier übergreifend sind es zwei Tage, mit der Elbexkursion im Auto gar drei Tage, die ich in der ersten Meile verbrachte. Eher etwas belanglos ist da die Fahrt zwischen Mittelnkirchen und Dollern. Doch droht dann schon die Bergkette bei Dollern – vom Bahnhof unten bis zur Tankstelle oben muss man schon die Ritzelbereiche für den mittleren Zahnkranz ausreizen – zumindest bei Winterluft. Logistisch hatte ich dann Schwierigkeiten im „riesenhaften“ Dollern das richtige Haus zu finden. Auch hier brachten mich die Spikes durch einen verschneiten Waldweg aber doch zum Ziel (Nägel statt GPS – das hat was Handfestes!). Gleich überspringend auf den Sonntag, führt entlang der Bahnlinie eine Radroute – gegen Stade hin aber auch immer mal wieder matschig – besonders nach dem Tauwetter am Samstag. Besinnliche Teichbiotope wechseln mit knorrigen Altobstbäumen.
Mit der Schwinge, die die Hansestadt Stade durchfließt, endet dann das Alte Land – wenn man so will mit seiner städtischen Perle. Die schönsten Cafés und Restaurants gruppieren sich beim alten Hafen mit dem Ladekran, also eher jenseits der Haupteinkaufszone und dem Museumsschiff im äußeren Hafen. Das hatten wir am Samstag in der Gruppe etwas verpasst. Da ich am Sonntag aber doch sehr spät gefrühstückt hatte, verzichtete ich etwas nachtragend bedauernd auf eine frühe Einkehr, obwohl ein Café mit Stader Torte lockte, die es angeblich nur dort geben soll. Auch direkt dort beim alten Hafen das Pannekoken-Restaurant, das ich ob seiner hier als Bilderrätsel
Bilderrätsel 876 vorgestellt habe (für Externe: Pfannkuchenrestaurant mit Nostalgiestil – figürliche Abbilde von James Dean, Marilyn Monroe, Elvis Presley schauen aus den Fenstern der 1. Etage auf den Platz). Ausgangs Stade kann man dann nochmal auf einer Insel ein Freilichtmuseum besuchen mit Windmühle, Hofgebäude usw.
Kehdinger Land Der Sonntag, nunmehr nach Mittag, blieb ein trist-grauer Tag, an dem sich der Hochnebel im dichter über den Boden legte, mit Niesel und abends mehr und mehr Regen, ohne allerdings die ganz großen Schüttungen. Die Zeit lief mir davon, zäh nun auch der Nagelreifenspurt an der Bundesstraße. (Meist gibt es Radwege oder solche, die es sein sollen, allerdings oft holprige Gehwegkombinationen, sodass es zuweilen Sinn macht, doch die Straße zu benutzen.) Himmelpforten – ein übertrieben viel versprechender Name, grüßt wiederum mit einer Windmühle, die gleichwohl als Café und Restaurant dient. Idyllischer und einsamer geht es fortan nach Großenwörden – Marschkanäle zwischen Feldern und Landgütern. Der letzte Abschnitt nach Osten eröffnet eine Radroute hinter dem Deich mit bereits ersten schönen Landhäusern hinterm Deich. Mehr stehen sie einzeln als als Reihendorf im Alten Land. Die Deichstraßen sind aber selten leicht zu fahren – immer etwas rau, ruppig auch schief geworden von rutschender Deicherde.
Osten ist dann ein lohnenswertes Ziel wegen seiner Schwebefähre, einer historischen Brückenvariante, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, um eine witterungsunabhängige Querung der Oste zu ermöglichen, da für andere Brückentypen die Gezeiten eine stete Gefahr bedeuteten. Im Gegensatz zur „Colgante de Bizkaia“-Brücke in Portugalete/Getxo (Baskenland) ist die Ostener Schwebebrücke allerdings nur noch ein Museumsstück, das nur zu touristischen Zwecken gelegentlich betrieben wird. Samt Museum ist im Winter hier aber nichts lebendig zu bewegen oder zu besuchen.
Erneut auf einer Deichstraße erreicht man noch überwiegend hübsch Oberndorf. Fortan aber ist das platte Land nur noch wenig abwechslungsreich. Passend dazu legen sich die beiden Dunkelschleier aus Regen und Nacht zunehmend über Felder und Marsch. Schon im Dunkeln erreiche ich Freiburg – das gibt es auch im Norden, so wundert sich der Schwarzwälder. Der kleine Ort präsentiert nochmal einen romantischen Hafen – fast glaubt man sich schon am Ende der Welt, ein nahezu verlassener Flecken Erde, in dem das Leben der Entschleunigung huldigt. Auf der Bundesstraße zurück nach Süden stehe ich nun ungünstig im Wind, mehr und mehr treibt es die Tropfen unangenehm ins Gesicht. Der Ruf nach Glückstadt steigert sich in mir immer mehr. Wie hätte ich da ahnen können, dass Wischhafen – kein Pionierort des Smartphones übrigens – vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre. Im Sommer sollen an der Fähre Wischhafen – Glückstadt schon mal die Autos 3-4 Stunden warten müssen. Davon ist aber jetzt im Winter keine Spur, die Fähre wird kaum mehr als halbvoll für eine Fuhre. Im Unterdeck kann man aufwärmen und ein Kiosk ist vorhanden. Bockwurst läuft hier besser als Gummibärchen.
Kein Glück in Glückstadt Das Wortspiel kann ich mir nicht verkneifen, wenn auch die Dramatik übertrieben sein mag. Ein meiner Vetter erzählte früher mal von seiner Abendschule, an der das Abitur nachholte, von der Aufgabe im Philosophiekurs, die Frage „Was ist Glück?“ in einer Gruppenarbeit zu erörtern. Die Gruppe diskutierte heiß mehrere Tage oder Abende. Am Tag des Referats trat der Vetter vor die Klasse und verkündete: „Dass wir zusammensitzen und diskutieren konnten, – das war Glück!“ Damit war das Referat beendet und die Gruppe erhielt eine Eins als Bewertung. Aber geht es vielleicht nicht noch einfacher mit einer Koordinatenangabe und dem Zeigestock auf die Landkarte? Wird an die pittoreske Hafenstadt an der Elbe das Glück gar tagtäglich wie der Sand angeschwemmt?
„Dat schall glücken und dat muttglücken, und denn schall se ok Glückstadt heten!“ meinte der dänisch-norwegische König und Herzog von Schleswig-Holstein Christian IV. zur Reißbrettgründung von Glückstadt als uneinnehmbares Bollwerk an der Unterelbe und Gegenpol zu Hamburg (gemäß Wikipedia). Die Ansiedlungspolitik mag überraschen und wirft doch wieder einen interesanten Spiegel auf das Heute: Steuervorteile und Religionsfreiheit für verfolgte Glaubensträger waren die Lockmittel. Eine besonders brisante Mischung von Flüchtlingen bildete die Wohlstandsbasis der Fürstenstadt. Glück, so profan und unromantisch es scheint, lässt sich nicht ganz von Wohlstand und Geld trennen – zumindest ist beides recht scheu wie ein Reh, man sieht es kaum bis selten. So auch in Glückstadt. Und zumindest im Nebel.
Ich suchte zunächst den vorausgewählten Gasthof Störmündung in Borstfleth. Da war dann geschlossen – im Internet darüber keine Andeutung. Umgebene Einsamkeit verpflichtet mich zurück nach Glückstadt. Da gibt es eine Jugendherberge. Toplage direkt am Hafen. Licht brennt auch. Aber geschlossen. Der freundliche Hinweis: „Nächste geöffnete Jugendherberge in Hamburg“. Im Internet auch kein Hinweis, nur wenn man eine Probebuchung durchführt, meldet eine Zeile „keine Plätze vorhanden“. Das fand ich aber erst hinterher heraus. Wozu habe ich wohl den jährlichen bezahlten Ausweis, dem immer weniger Gegenleistung entgegen steht?
Hotel 1 am Marktplatz 65 €, das zweite will gleich 75 € (jeweils EZ mFr). Die Suche nach Alternativen wird schwierig. Dönerläden wissen nichts, obwohl hilfsbereit. Weitere Alternativen öffnen nicht oder haben erst gar keine Klingel. Wie sich später rausstellt, hätte mir nicht mal ein Mobiltelefon geholfen: Selbst da geht keiner ran. Die haben offenbar alle zuviel Geld – echte Glückstädter? Im Kandelaber gibt es eine supernette Bedienung. Sie telefoniert alles Erdenkbare durch. Ein Bed & Breakfast ist ausgebucht – die Hotels zuvor waren allerdings weitgehend leer. Schließlich fand sich über Umwege eine Lösung – ein Ferienapartment – viel zu groß und auch nicht minder teuer mit 55 € – ohne Frühstück. Das war aber schon die letzte Gelegenheit. Die Bude hätte man nicht mal von der Straße sehen können. Nicht mal ein Name an der Tür, nicht der Betreiber kommt, sondern eine Hilfsdame – Name weiß ich bis heute nicht, versprochene Rechnung kam auch nicht. Der Lockruf in die Nebensaison ist da etwas kokett. Bei soviel Abweisung kommt man nicht so gerne wieder.
Nun ist Glückstadt nicht nur mit Pech versiegelt. Die Matjes im Kandelaber waren köstlich. Eigentlich auch kein Wunder, gilt Glückstadt doch als eine Matjes-Hochburg, feiert den in Salzlake gereiften Hering mit einer eigenen Festwoche im Juni. Und der Winternebel hat auch seine schönen Seiten, wenn das Bühnenbild stimmt. Die Hafenstimmung ein Gedicht des erzählenden Schweigens. Selbst die Segelgestänge trauten sich nicht zu klimpern. Die Kulisse ist fast die eines ausgestorbenen englischen Seebades zur Geisterstunde. Auch Agatha Christie könnte irgendwo an einer Ecke sitzen und Notizen machen. Es ist Norden – wie im Bilderbuch. Ein Museumsnorden. Oder eben doch GLÜCKstadt?!
Ohne Durchblick in den Holsteinschen ElbmarschenIm Nebel konnte ich kaum erkennen, dass ich ein Jahr älter geworden sein soll. Ist schlechtes Wetter schmeichelhafter als gutes? – Es folgt wieder eine Route hinterm Deich. Die Häuser haben mehr vertikal gestreifte Grün-Weiß-Muster, unterschiedlich zur niedersächsischen Elbeseite mit dem Rot-Weiß-Mustern. Ab Kollmar-Hafen benutze ich den leicht geschwemmten Radweg an der Elbe. Die Sicht bleibt teils bei 50 m stecken. Die Idee, Leuchttürme zu fotografieren, ist lustig. Wo sind die denn? Geahnt hatte ich es ja, aber irgendwie doch enttäuschend: Das Sperrwerk Krückau lässt Fußgänger und Radler nur in der Saison durch. Da sitzen Leute für den Betrieb drin, kein Schiff fährt da hinauf und hinab und sie können nicht mal ab und zu die Brücke drehen. Ein bisschen wie die Jugendherberge – gut bemannt von Pächtern, aber nicht um Gäste zu beglücken. Wer soll da Urlaub machen?
Nochmal eine Fahrt entlang dem Deich nach Elmshorn mit ein paar idyllischen Ausblicken. Dann wird es doch langweilig. Elmshorn wirkt plan und steril. Entweder etwas Hamburg anschauen oder Radeln ohne Besichtigungen – mehr geht nicht mehr. Radeln sei besser, dachte ich – aber zäh, spürte ich. Winterhandschuhe sind nun schon zu warm, obwohl der Nebel bleibt, wenn auch etwas weniger dicht. Neue Radhandschuhe aus Elmshorn darf ich schon ausprobieren. Die Strecke über Uetersen nach Wedel gibt keine besonderen Eindrücke mehr her. Die wohl reizvollen Abschnitte Seestemühe und Haseldorfer Marsch mussten dem Umweg über Elmshorn zum Opfer fallen, ebenso Blankenese. Ab Wedel nach Hamburg wäre nun nur Hetze, so verkürze ich per S-Bahn – noch gerade so vor der offiziellen Radmitnahmesperre zur Stoßzeit. In Hamburg zerrinnen die letzten 50 Minuten auch recht schnell zwischen Bahnhof, Kaffeerösterei und der wortwörtlichen „ZEIT“. Noch ein Butterkuchen – die sind im Norden wirklich gut. Das wars – Elbmarschen Ahoi!
Bedienung der Bildergalerie „Elbmarschen im Winter“ (115 Bilder)
Empfohlene Betrachtungsweise: Man klicke auf das Einladungsbild (Bild unten). Danach erscheint die Bildergalerie des Albums. Man suche die Funktion Diashow (links oben) und erlaube die komplette Bildschirmausnutzung mit F11 (muss aber nicht). Es startet eine Diashow. Stets bei Mausbewegung wird bzw. bleibt ein Menü sichtbar, mit dem man die Diashow anhalten und ggf. die Bildfolge individuell per Pfeiltasten (vor und zurück) steuern kann. Ersatzweise können die Pfeiltasten der Tastatur verwendet werden, sodass das Menü ausgeblendet werden kann. Erneutes betätigen der F11-Taste hebt die Vollbilddarstellung wieder auf. Mit der ESC-Taste hebt man die gesamte Dia-Darstellung auf und kehrt zur Albumübersicht zurück.Was passt als Musik zu den Bildern? – Vielleicht ein Hamburger Jung, viele derer gingen in die Musik und in die Welt – ein Genie, der Europäische Kultur hier verbindet über Generationen und Grenzen, von der nordische Hanse über das Rheinland der Dichter und Revolutionäre bis zum kaiserlichen Habsburger-Wien, mit Händel bis zum London der Barockfeste. Ein Heroe meiner Kalenderbildtage und Inbegriff der Romantik . Bei seiner zeitweiligen Rückkehr in Hamburg 1859 komponiert bzw. arrangiert – Variationen, auch so etwas wie der Vorläufer der Improvisation: Johannes Brahms „Variationen und Fuge über ein Thema von Händel“/Claudio Arrau (29:37 min)“