Auf besonderen Wunsch von unser aller Hundsfisch habe ich jetzt auch (endlich
) Fotos von meinen anderthalb Rädern gemacht... aber dazu habe ich noch eine Geschichte zu erzählen, die euch hoffentlich auch interessiert, nämlich wie ich zu den Rädern gekommen bin.
Alles fing damit an, daß ich eigentlich schon immer gern etwas geradelt bin, nie besonders schnell, nie besonders viel - und ich habe nie viel Geld in Fahrräder investiert, am teuersten waren immer die Schlösser. Mein Studentenrad, das ich in Bamberg bei einer Fundfahrradversteigerung gekauft hatte (für 20 DM damals noch und 15 DM zum fahrtauglich machen), hat mir immer treue Dienste geleistet, auch wenn ich es schmählich wenig gepflegt habe. Dann wurde es von Vandalen kaputtgemacht
und landete im Schrott.
In der Zwischenzeit war ich nach Erlangen umgezogen und habe das Alt-MTB von meinem Freund übernommen (der schon immer passionierter Alltagsradler war und auch Radurlaube gemacht hat): das Rad ist ein Kettler Alu-Rad, noch eines der ersten Aluräder überhaupt, und eigentlich hätte das eine oder andere Teil mal gewechselt werden müssen, was aber nicht mehr gelohnt hat - der Austausch einer einzelnen Komponente hätte eine Kettenreaktion nach sich gezogen. Der Rahmen paßt auch nicht so wirklich zu mir... aber ich habe es einige Jahre lang als Alltagsradl benutzt und Ritzel, Kette und Kettenblätter gar heruntergeritten.
Hier ist das Rad zu sehen, mittlerweile sind ein paar Teile wie der Dynamo geplündert worden.
Und weil manchmal von abgefahrenen Ritzeln die Rede ist: Das ist abgefahren. Man beachte das drittgrößte Ritzel (die Kette ist beim festeren Treten schon durchgerutscht, aber
wie sch... sich das Rad fuhr, wurde mir erst nach 3 Wochen Flitzer klar - da war letzterer nämlich nochmal bei Sergio...)
Die Kettenblätter sind ähnlich abgenudelt - kein Wunder: das ist noch ein Biopace gewesen.
Tja, mit Radreisen und diesem Radl... das würde wohl nix. Vor allem, nachdem das Touren- und Alltagsrad meines Freundes zwar nicht allerneuste Oberklasse ist, aber dennoch um Größenordnungen besser - und ich eh der langsamere Fahrer von uns beiden bin.
Aber Lust auf gemeinsames Radreisen hätten wir beide, und in Teenagerzeiten war ich ja schon im Radurlaub gewesen und hatte viel Spaß daran gehabt. Weil meine Mutter mir jahrelang davon vorgeschwärmt hatte, wie schön Tandemfahren sei und ich das auch schon lange mal ausprobieren wollte, haben wir uns also überlegt, ein Reisetandem zu fahren - dann gibt es auch kein Problem mit schneller oder langsamer, jeder tritt, was er oder sie kann, und dann paßt es schon irgendwie. Tja, nur welches Tandem? Ich wollte nicht lenken, Frieder meinte, es wäre schon gescheit doof, wenn ich nur seinen Rücken sehen könne (ich bin kleiner als er), und bei den meisten Tandems kam noch dazu, daß Reisen mit Campinggerödel eigentlich immer einen Anhänger brauchen.
Was tut man also als moderner Mensch? Man versucht sich im "größten Kochbuch der Welt", sprich im Internet, einen Überblick zu verschaffen. Wir haben uns also beide massenhaft Fahrrad- und Tandemseiten reingezogen, ich habe erstmals eine Menge Wissenswertes über Fahrräder entdeckt (und übrigens auch dieses Forum...) und endlos dazugelernt. Und bei unserer Suche sind wir auch auf das Pino gestoßen.
Als wir dann noch herausgefunden haben, daß ein Liege- und Spezialradhändler quasi gleich um die Ecke ist, sind wir hin und haben das Pino probegefahren. Kontakt mit Liegerädern hatten wir vorher beide noch nicht, aber das Pino hat uns gleich gut gefallen. Blieb noch der übliche Preiszettel-Schock, es hat einige Tage gedauert, bis wir uns durchringen konnten, die doch nicht ganz kleine Summe zu investieren. Dann haben wir das Rad, das bei Sergio im Laden stand, mitgenommen.
Die Gründe für den Kauf waren die Möglichkeit für beide, gut zu sehen und sich miteinander zu unterhalten und die Gepäckkapazität: 2 kleine und 4 große Taschen plus der noch mögliche Turmbau zu Radl auf dem Gepäckträger sind schon beachtlich für ein Tandem. Wir haben den Kauf auch keine Sekunde bereut - aber er sollte noch einige Folgen haben...
Auf dem Liegerad, das habe ich dann nämlich festgestellt, kann ich erstaunlicherweise viel besser treten als auf einem Normalradl. Nach Überlegen und Probieren haben wir dann herausgefunden, daß ich für meine Größe ziemlich lange Beine habe. Ein Rad, auf dem ich gut treten kann, ist damit leider meist zu lang für meinen kurzen Oberkörper. Dazu kommt noch erschwerend, daß ich wegen einer Unbeweglichkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule für eine "sportliche" Haltung in der Hüfte abknicken muß - und das nimmt mir viel vom Leistungsvermögen der Beine weg.
Wir haben das grüne Alurad, das mir immer noch als Einzel-Alltagsrad diente, dann möglichst weit angepaßt - den Lenker so weit es ging herausgezogen und schließlich sogar den Vorbau umgedreht, wie oben auch zu sehen, damit der Abstand Lenker-Sattel kleiner wird. Der wahre Jakob war es aber immer noch nicht. Schlimm war das aber nicht, denn der einzige Weg, den ich mit dem Rad gefahren bin, war morgens zur Uni und zurück, 7 Kilometer und ein paar hundert Meter gesamt. Alles andere sind wir eigentlich immer zusammen gefahren (auf Alleinfahrten hatte ich auch keine große Lust) und dann selbstverständlich mit dem Tandem.
Nach einem Urlaub in Spanien mit 1000 km Strecke in 10 Tagen hat es die Fluggesellschaft auf dem Rückflug fertiggebracht, den Rahmen des Rades ins Jenseits zu befördern. Als wir dann einige Wochen ohne Tandem waren, war der Leidensdruck bei mir so hoch, daß wir Sergio nach einem gebrauchten Liegerad gefragt haben. (Man stelle sich vor: 1000 km ohne Schmerzen, ohne Muskelkater, mit viel Spaß auf einem leichtlaufenden Rad mit perfekt funktionierender Automatikschaltung
und bester Aussichtsposition - und dann die alte Möhre als Kontrastprogramm. Bei der ersten Fahrt hat mir nach 2 Nanosekunden alles wehgetan.) Sergio hat dann ein altes Zox20 aus dem Keller hervorgezaubert, das ich ausgiebig testen durfte - er hat es mir übers Wochenende mitgegeben. Allein an dem Wochenende bin ich dann zum Testen fast 100 Kilometer gefahren, Überland und Stadtverkehr - und dann war mir klar: das Rad gebe ich nicht mehr her.
Aus dem zox-typisch puristisch ausgestatteten Rad haben wir dann mit Sergio zusammen ein Alltagsrad konzipiert, mit Gepäckträger, Dynamobeleuchtung und ausreichend langen Schutzblechen: meinen "kleinen Flitzer".
Das ist er - Sonderfarbe Melonengelb, Bremse Tektro vorn, Point hinten, Gepäckträger Pletscher Athlete, Rücklicht mit Standlicht, Wellgo-Kombipedale.
Die Bereifung ist neu, vorne habe ich mich doch für einen neuen Marathon entschieden, hinten tut ein Big Apple seinen Dienst - den Rahmen hatte Sergio damals extra für breitere Reifen ausgelegt, schöner Zufall.
Die Schutzbleche sind verlängert, damit ich mich nicht so einschweine auf nassen Feldwegen.
Der Tacho hat am Lenker keinen Platz - theoretisch schon, praktisch schränkt er meine Sicht ein, daher ist er am Rahmen angebracht (ich werde noch gelbe Gummis dafür besorgen
)
Man beachte die melonengelben Ventilkappen!
Das Schloß ist - passend zum aufgeräumt-kantigen Zox - ein Faltbügelschloß Bordo von Abus. Dazu habe ich noch ein Schlaufenkabel, wenns noch sicherer sein soll.
Seitdem kam ich auch schon auf die Idee, daß ich zur Uni nach Bamberg ja eigentlich mit dem Rad fahren kann... und daß ich am Radfahren auch alleine wirklich Spaß gewonnen habe, sieht man auch daran, daß ich seit Mitte April gut 980 Kilometer auf den Tacho gebracht habe.
Daß ich damit endgültig zum begeisterten Liegeradler geworden bin, brauche ich hier wohl nicht zu erklären... und mit unseren "verrückten Rädern", dem Tandem und dem Einzellieger, habe ich sogar meine Eltern anstecken können, sie sind mittlerweile stolze Besitzer von zwei Anthrotechs.
Ach ja, noch zum Thema "Leistungssteigerung auf dem Liegerad": mit dem grünen Rad am Anfang bin ich in der Ebene knapp 20 km/h gefahren, aber mit voller Leistung, nach 5-6 km war es schon anstrengend. Nach dem Umstellen auf eine aufrechtere Sitzposition bin ich um die 20 km/h gefahren, vielleicht einen Tick schneller, das aber mit deutlich weniger Anstrengung (das war der erste Aha-Effekt: es ist tatsächlich möglich, Fahrrad zu fahren, ohne nach spätestens 15 km total platt zu sein). Heute haben wir bei den seltenen Gelegenheiten, wo wir auf den Einzelrädern miteinander irgendwohin fahren, die gleiche Geschwindigkeit bei etwa gleicher Anstrengung. Mit meinem Flitzerchen fahre ich in der Ebene so 26-28 km/h, ohne mich groß anzustrengen (mit den alten Reifen...
), und auf der topfebenen Strecke am Kanal entlang nach Bamberg liegt mein Schnitt üblicherweise bei 24-25 km/h über die 100 km Tagesstrecke. Dabei ist das Flitzerchen mit seinen ca. 16 kg (muß ihn nochmal nachwiegen) weder ultraleicht noch ist die Sitzposition besonders flach - und eine Unitasche mit insgesamt etwa 10 kg (Bordwerkzeug, Schlepptop, Händie, Bücher, Wasser, Verpflegung, Regensachen, Wechsel-T-Shirt) habe ich auch noch dabei. Was aber aus der ganzen Geschichte schon hervorgeht: bei mir ist die Anatomie so, daß ich mit einem Lieger einfach deutlich besser zurechtkomme, die persönliche Leistungssteigerung ist also nicht beliebig übertragbar...
Fast hätte ich's vergessen, das Bild mit mir auf dem Flitzerchen... ohne die Tasse aus der Signatur, gell, Mario?
So, jetzt bin ich fertig - ich hoffe, es war nicht langweilig für euch...
Liebe Grüße,
Kati
edit: Bildnamen richtiggestellt