Bericht der lausitz-tschechischen Ostercampingforumstour 2016, Teil 1--------------------------------------------------------
Do, 24.03.2016Fünf Radler treffen sich am späten Vormittag des Gründonnerstages so nach und nach im Regionalexpress von Berlin nach Cottbus. Der Zug ist nur mittelmäßig voll, gut dass wir nicht erst am Karfreitag los sind. Zwei weitere wollten es unbedingt ganz genau wissen und sind direkt von Berlin (bzw. Randberlin) mit dem Rad losgefahren.
In Vetschau steigen wir aus dem Zug. Kurz danach treffen wir die anderen beiden, die recht flott unterwegs waren. Nach einer kurzen Einkaufs- und Kaffeepause gibt es das Startfoto.
Eigentlich ist heute nur gemütliches Einrollen angesagt. Es geht in Richtung Süden durch zunächst noch flache Landschaft.
Früher ist hier nie jemand hin gefahren, weil alles voller Braunkohletagebaue war. Mittlerweile geht es durch renaturierte Seenlandschaft, andyuntypisch heute meistens auf asphaltierten Wegen. Dieses mal haben wir sogar unseren eigenen Materialwagen dabei.
Der Abraum der Tagebaue wurde zu einem Hügel aufgekippt, der auf den stolzen Namen "Stienitzer Alpen" hört.
Hinter Spremberg geht es auf den Spreeradweg. Offenbar sind nicht nur die Radreisenden über Ostern unterwegs.
Der Spreeradweg ist südlich von Spremberg durchaus schön. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie sich idyllische und langweilie Landschaften in Brandeburg so urplötzlich abwechseln.
Abends schlagen wir bei Veits Elten in
Koblenz (wirklich!) auf und dürfen den Garten okkupieren.
Gaskocher? Pah! Spritus? Alter Hut! Wir kochen wie richtige Outdoorfreaks so wie Miraculix der Druide.
Der Inhalt des großen Kessels wird fast vollständig verputzt...
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Fr, 25.03.2016Nach einen Nacht in Hütte und Wohnwagen bleibt uns das Zusammenpacken der nassen Zelte erspart.
Gefrühstückt wird trotz recht kühlen Wetters voller Motivation im Garten. Veit bleibt bei seinen Eltern, Andreas fährt zu seinen eigenen Eltern, so dass noch fünf Radler für die weitere Tour übrigbleiben.
Wir befinden uns nun wieder, wie schon im letzten Jahr, im Dreieck Hoyerswerda - Kamenz - Bautzen, dem Kernsiedlungsgebiet der lausitzer Sorben. Hier gibt es die lokale Tradition des Osterreitens zum Ostersonntag. Es zwar erst Freitag...
...aber die Pferde werden schon mal trainiert und ausgeführt. Hier in der Niederlausitz ist es noch ziemlich flach, aber Hügel sind am Horizont schon zu erkennen. Wir folgen Feldwegen...
...und abenteuerlichen Wasserquerungen (Brücke kann ja jeder)...
...entlang des Flusses Schwarze Elster. Laut Wikipedia ist es der am meisten regulierte Fluss Deutschlands (wegen der vielen Tagebaue), aber hier im Oberlauf ist es noch ganz hübsch.
Es geht durch das Städtchen Kamenz (in dem am Karfreitag vormittags natürlich kein Café geöffnet hat)...
...(einigen ist "Ochsenblaschke aus Kamenz" vielleicht von Otfried Preußlers
Krabat ein Begriff) immer weiter den Schwarze-Elster-Radweg entlang. Auf Wunsch eines einzelnen Moderators wird der Radweg auch tatsächlich bis zum bittern Ende unter die Räder genommen.
Bei 20% Steigung auf schlammigen Steinen kann vom Fahren für 80% der Gruppe hier keine Rede mehr sein...
Offenbar war das ganze so anstrengend, dass sich Robert an der Quelle (ganze 311 m über dem Meer) umgehend ins Wasser stürzen will.
Ob zur puren Abkühlung oder aus Frust über den Weg, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Die Abfahrt über einen anderen Weg ist nicht minder abenteuerlich, aber letzen Endes kommen alle wohlbehalten unten an.
Im Kloster St. Marienstern (Klóšter Marijina Hwězda) in Panschwitz-Kuckau (Pančicy-Kukow)...
...bekommen die müden Radler sogar am Karfreitag ein Tippel Heeßen und dazu Quarkkuchen.
Und das ist das schöne an Sachsen: Das gibt es den Kaffee eben nicht in irgeneinem undefinierbaren IKEA-Topf für 5 € im Zwölferpack, sondern in richtigen Kaffeetassen mit Blümchen drauf und einer optisch passenden Kanne. Das Auge trinkt eben mit.
Hier treffen wir bald auf unseren Mitforisten Dani, der uns ein Stück entgegengekommen ist und mit uns weiter fährt. Es geht durch winzige sorbisch besiedelte katholische Dörfchen der Oberlausitz.
Hier ist ziemlich viel los, die Leute (und nicht nur die Alten!) strömen mit dem Gesangbuch unterm Arm in die Kirche. Für Einwohner des gottlosen Berlins ein bemerkenswerter Anblick.
Die Stadt Bautzen, die wir durchqueren, ist eigentlich ganz schön und auch sehr bergig (unten die Spree, oben die Stadt, erinnert mich an Luxembourg, bloß kleiner).
Hier fängt es nun langsam an zu regnen, wird wirdiger und kälter. So nehmen wir das Angebot von Danis Eltern aus Wilthen gern an, die fünf müde Radler unter dem Dach auf Matratzen unterbringen. Wir müssen dann allerdings richtig ins Oberlausitzer Bergland hinein und dürfen im kalten Regen noch ein paar hundert Höhenmeter unter die Räder nehmen.
Bei Danis Eltern werden wir hervorragend verpflegt.
Und wir dürfen wir abends noch die lokale Tradition des Ostereierfärberns bewundern...
...sowie Speiseöhre und Magen auf ortsübliche Weise reinigen.
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Sa, 26.03.2016Nach einem ausgiebigen leckeren Frühstück und vielen guten Wünschen fahren wir wieder hinunter ins Spreetal. Dort gibts es erst einmal 10 Minuten Zwangspause...
Immerhin kommt sogar schon wieder die Sonne raus.
Es geht immer noch (bzw. wieder) entlang des Spreeradweges.
Der ist allerdings hier schon ziemlich bergig, er nimmt jede Bodenwelle am Rande des engen Tal in steilen Rampen mit. Und die Spree ist hier kaum als ein kleines Bächlein.
Mittlerweile tauchen auch die ersten Umgebindehäuser auf.
Die obere Etage ist hier mechanisch von der unteren entkoppelt. Dazu dienen diese äußeren Stelzen, die wie umgebunden aussehen. Das war früher nötig, um dem Haus die nötige Stabilität zu geben trotz des Vibrierens der Webstühle im Erdgeschoss.
Endlich stehen wir am Anstieg (langgezogen, steinig und schlammig) zum Berg Kottmar...
...an dem die Spreequelle liegt (die auch wieder auf Wunsch eines einzelnen Moderators aufgesucht wurde
), bzw. eine der Spreequellen, denn es gibt wohl deren drei. Jeder echte Berliner...
...muss mindestens einmal im Leben mit Spreewasser aus der Quelle getauft werden. Aber erstens ist bei den fünf Berlinern nur ein echter Berliner dabei, und zweitens ist die Quelle ziemlich trübe. Wir setzen uns lieber gemütlich oben hin und kochen Kaffee aus mitgebrachten Wasservorräten.
Das Wetter wird immer besser.
Es geht entlang kleiner Flüsschen, die über die Neiße in die Oder fließen (und nicht mehr zur Elbe wie die Spree)...
...durch Viadukte mit vielen Bögen, deren es in Sachsen gefühlt hunderte gibt...
...bis nach Zittau am Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Polen.
Heute ist Samstag, und wir können noch einmal ordentlich unsere Vorräte ergänzen. Zwei folgende Feiertage mit Selbstverpflegung stehen an. Erstaunlicherweise ist es im Supermarkt gar nicht so voll wie gedacht.
Mittlerweile ist es ungewohnt warm. Das erste mal im Jahr, dass ich ohne Thermomütze und -handschuhe unterwegs bin.
Nun geht es erst einmal ein kurzes Stück durch Polen.
In Bogatynia schlägt die Pannenhexe erneut zu.
Zum Glück ist schönstes Wetter.
Total abgefahrener Reifen, man konnte schon durch die Karkasse hindurchgucken
(das Loch ist etwas südöstlich der Mitte).
Zum Glück ist ein Ersatzreifen an Bord. Es geht weiter auf kleinen nahezu unbefahren Straßen in Richtung Tschechien. An der Grenze ist uns plötzlich klar, warum auf der Straße kein Durchgangsverkehr zu finden ist.
Auch in Polen und Tschechien gibt es Umgebindehäuser...
...sowie einen hübschen Marktplatz in dem kleinen böhmischen Städtchen Frýdlant.
Weit ist es nicht mehr, aber wir müssen noch einige steile Rampen und ein paar Höhenmeter auf dem Weg ins Isergebirge überwinden. Gegen Abend, als die Sonne verschwindet, wird es im Minutentakt kälter dem Gefrierpunkt entgegen. Der Berg im Hintergrund...
...ist 1124 m hoch und heißt auf Tschechisch
Smrk (ein Wort ohne Vokale!) und auf Deutsch
Tafelfichte. An dessen Fuß gibt es im kleinen Dorf Ludvikov einen von Holländern betriebenen Reiterhof, wo wir unterkommen. Die Fahrräder dürfen im Pferdestall stehen und werden nachts genauso wie die Pferde von einem scharfen Hund bewacht.
Eigentlich wollten wir heute abend Essen gehen. Aber bis zur nächsten Gaststätte sind es noch 2 km, und im Reiterhof gibt es einen großen Raum mit Kamin, Küche und einem Kühlschrank voller Bier.
Gruß
Thoralf