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#765059 - 20.10.11 13:21 Von Montreal nach Atlanta
bikehaha
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Fahrradreise von Montreal über Washington/DC nach Atlanta/Ga

Vom 21. Juni – 27. Juli 2010

Nachdem ich in den vergangenen Jahren viel in Europa geradelt war, ging es in diesem Jahr (2010) über den großen Teich nach Kanada und in die USA. Ich wollte dort in Montreal eine Bekannte und in Wash./DC einen guten Freund, den ich 10 Jahre nicht gesehen hatte, besuchen. Den Weg von der Einen zu dem Anderen wollte ich per Fahrrad zurücklegen, und da diese Strecke nur ca. 1000 Meilen beträgt, dachte ich noch einmal so viel draufzupacken und Atlanta in Georgia als Abflugsairport anzuvisieren. Schließlich hatte ich 5 Wochen Zeit, in denen 3.000 km zurück zu legen ich mir zutraute.

Und so buchte ich schon zeitig im Frühjahr die Flüge Hamburg-Montreal und Atlanta-Hamburg für gar nicht so teuer und machte mich am 22. Juni auf zum Flughafen HH-Fuhlsbüttel. Das Verpacken und Einchecken mit dem Rad verlief relativ problemlos (außer dass ich fast vergessen hätte, das Vorderrad einzupacken, und auch den Luftdruck nicht verringert hatte, was mir erst auf 10.000 Fuß siedentheiß einfiel). Aber nach gutem Flug konnte ich in Montreal das Bike unbeschadet in Empfang nehmen, es wieder zusammensetzen und die Reise, zunächst in die City zu meiner Bekannten, beginnen.
In Montreal blieb ich 2 Tage, denn zunächst waren einige Besorgungen zu machen, und dann war am 24.6. der Nationalfeiertag mit vielen Festivitäten usw., die ich mir ansehen wollte. Auch die Stadt selbst ist ja ganz sehenswert. Was mich am meisten überraschte war, dass man fast den Eindruck be-kommt, in Frankreich zu sein: alles läuft auf Französisch ab. Das Wetter war schwül-warm, und nachmittags kühlte ein heftiges Gewitter die Feststimmung in der Stadt ein wenig ab.

Dann am Freitag, 25.6., ging es auf die Reise. Zunächst fuhr ich über den St. Lawrence-Strom auf die östliche Seite Montreals, verfuhr mich dort mehrfach, bis ich den Radweg nach Chambly fand (eine alte Bahntrasse), von wo ein Treidelweg längs einem Kanal in Richtung Lake Champlain führt. Ich hatte vor, an diesem See entlang südwärts zu fahren, dann längs dem Lake George und dem Great Sacandaga Lake weiter nach Süden zu gelangen. Eine Straße führt immer an ihnen entlang, so dass ich hoffte, nicht allzu viele Steigungen vor mir zu haben, befand ich mich ja in den Adirondack-Mts.

Von dort wollte ich weiter durch die Catskill-Mts. und dann zum Delaware-Water-Gap-NP fahren, dann ein Stück entlang dem Delaware und weiter durch Amish-Land um Lancaster herum nach Washington/DC. Soweit grob die Route für die erste Etappe.
Eine Alternative zu dieser Route wäre gewesen, von Montreal aus südwestlich am St.-Lawrence-Strom entlang zum Lake-Ontario zu fahren, an seinem Ufer weiter südlich, durch die Fingerlakes und über Ithaca dann irgendwie nach Wash./DC zu gelangen. In Ithaca hatte ich eine Einladung von Harald, einem Forums-Mitglied. Hier noch einmal vielen Dank dafür. Ich hatte mich jedoch für die Route entlang der Seen, durch die Catskills und längs dem Delaware entschieden. Ob dies nun die einfachere Route war, kann im Nachhinein bezweifelt werden.

Ich verfügte nur über eine 1:500.000 Karte von Michelin, und auf dieser sah es so aus, als würde die Straße immer dicht an den Seen gelegen sein. Aber dem war nicht so. Nur die Berge gingen direkt in den See, die Straße aber führte mal mehr oder weniger dicht am See über die Berghänge hinweg. Schon ab Samstag Mittag, ab Plattsburg, wurde es plötzlich ziemlich bergig, und bereits am Abend des 2. Tages schlug ich mein Zelt in veritablen Bergen auf einem kleinen Campground auf, mit 122 Tageskilometern (tkm) und 1922 Höhenfüßen (hft). Es hatte den ganzen Tag leicht geregnet, war auch nicht so warm gewesen; trotzdem war ich von innen und außen pitschenass und genoss die Dusche am Abend. Ein Streifenhörnchen, gar nicht bange, bot noch etwas Gesellschaft, dann fiel ich in guten Schlaf.

Der Sonntag begann nach ruhiger Nacht mit Muesli + Joghurt ziemlich nahrhaft und führte mich dann über Willsboro, Westport, Port Henry nach Ticonderoga. Es ging über teils ruhige und schöne Strecken längs dem See und durch Wald, auch über belebtere Straßen, aber immer mit viel heftigen Auf und Abs auf über 60 kmh. – Es ist feuchtwarm und ziemlich schweißtreibend , und die vielen Höhenmeter gehen mir als Flachlandradler ziemlich in die Knochen, es ist ja auch erst der 3. Tag der Reise und die mangelnde Kondition macht sich bemerkbar. Aber schon früh hinter Ticonderoga finde ich einen Zeltplatz am Lake George im Rodgers Rock NP, wo mir ein freundlicher Ranger einen Platz direkt am See zuweist für umsonst. Das Bad im See war herrlich. Diese Leute, die einen Begriff davon haben, was es heißt, 3000 km von Nord nach Süd durch die Berge zu radeln, sind immer sehr freundlich und hilfsbereit. Dieser nun, schon Pensionär, kramte natürlich sofort seine Erinnerungen an seine Militärzeit in Old Germany heraus. Anderntags zeigte er mir seine Mütze mit einem Sticker der US-Flagge kombiniert mit dem Hamburger Stadtwappen. Das fand ich nun wieder gut, fühle ich mich doch fast als Hamburger. Andere Leute sind mir auch mit Unverständnis entgegengekommen.

So z.B. die Beamtin an der Grenzstation Kanada-USA. Ich war auf dem Seitenstreifen an den wartenden Autos vorbei- und fast an die gerade freie Sperre vorgefahren. Das kam nicht gut an. „Warum ich nicht hinten warten würde?“, herrschte mich die in ihrer knappen Uniform dralle Person, die sich wohl für sehr wichtig hielt, an. Diese Frage überraschte mich, und kleinlaut wollte ich wieder zurück schieben, als sie mich anwies, an die Sperre zu ihr vorzurücken zwecks Abfertigung. Auf ihre Frage, wohin ich reisen will, sagte ich: „ Nach Wash/DC und Atlanta.“ Auf ihre Frage, wie ich dort hin gelangen will, sagte ich:“By bike.“ Dies brachte wohl ihr Weltbild zum Einsturz. Das konnte sie sich nicht vorstellen.‘ Warum ich mit dem Rad führe?‘ – ‚Weil es zu Fuß zu weit sei.‘ – ‚ Warum ich kein Auto oder Flugzeug nähme? ‚– ‚Weil ich kein Auto habe und das Flugzeug mir zu schnell ist‘, antwortete ich. Das brachte sie völlig aus dem Konzept. Sie meinte dann, „Atlanta is far downsouth.“ „I know, about 2000 miles, that direction.“, sagte ich und wies mit dem ausgestrecktem Arm nach Süden. Da merkte sie wohl, dass ich ihre beschränkte Sicht nicht ganz ernst nahm. Nach längerem, fruchtlosem Hin und Her zog sie mit meinem Pass in das Abfertigungsgebäude ab. Dort erledigte dann ein netter, älterer Officer meine Einreise ohne Probleme mit guten Wünschen für meine Fahrt.

Entlang dem Lake George ging es meist auf recht ruhigen, wenn auch wie gehabt, Straßen mit vielen Steigungen. Das wäre ja erträglich gewesen, wenn man sich ab und zu im herrlich anzusehenden See hätte erfrischen können. Aber leider war überall der Zugang zum See verboten. Die ganzen Ufer waren in privatem Besitz, protzige Villen und Landhäuser, Zäune und Mauern versperrten den Weg. Es gab keine Chance, ein Bad zu nehmen. Bei Sabbath Day P. knickte die Route ab vom See zu einem tierischen Uphill über einen Bergrücken hinweg, der in den See verlief. Das war wohl mit das härteste, was ich je an Bergaufstrecken erlebt habe. Zu dem, was später aber noch kommen sollte, war er harmlos. 1 – 2 std. hatte ich zu tun, mein Rad den Berg hoch zu schieben. Bei der warmen, feuchten Luft ging mir die Pumpe heftig. Das ging bis Boltons Landing so, wo ich Pause machte. In einer Pizzeria stärkte ich mich und fand danach auch den öffentlichen Strand, um mich im See zu erfrischen. Er war kaum 100 m lang, lag zwischen Felsen , rechts und links von Baustellen eingezäunt, ziemlich armselig. Immerhin konnte ich hier ein Stündchen im Schatten pennen und mich ausruhen. Ich hatte es nach dem anstrengenden Vormittag bitter nötig.
Dieses Nickerchen am Nachmittag leitete übrigens den Reiserhythmus für die ganze Tour ein: Vormittags ab ca. 9/10:00 Uhr bis gegen ca. 14:00 Uhr wurde geradelt, dann irgendwie und –wo 1-1,5 Std gerastet/gepennt, und dann bis 19-20:00 weitergefahren. Kurze Pausen zwischendurch waren natürlich auch immer drin.

Von Boltons Landing gings dann über die Orte Lake Georges und Lake Luzern an den Great- Sacandaga-Lake. Diese ca. 40 km belohnten mich für die Mühe des Vormittags: ziemlich ruhige und ebene Straßen führten durch ein schönes Tal. An den Straßenrändern blühten überall Feuerlilien, die bei uns als Rarität gelten. Der Campground 5km hinter Lake Luzern war einfach, hatte aber Duschen und Tische mit Bänken. Das empfand ich schon als sehr angenehm, die 28 $ Gebühr allerdings als sehr teuer. Nun, der Ranger meinte, das klären wir am nächsten Morgen. Und irgendwie kam von ihm, augenblinzelnd, durch, dass er erst ab 9:30 wieder da wäre. Als ich dann kurz nach neun durchs Gate fuhr, war dort kein Mensch, und so sparte ich die 28 $.

Das gefiel, und gutgelaunt ging‘s auf die Piste. Das Wetter war ganz anders: frisch, windig, manchmal fast kühl. Käme der Wind nicht, wie immer beim Radeln , von vorn, wäre es ideal. Trotzdem ist die Fahrt längs dem Great-Sacandaga-Lake ein Highlight. Es geht über ruhige Straßen immer dicht am Wasser entlang. Die Ufer sind nicht so zugebaut, eher ländlich, es ist kaum ein Mensch zu sehen . Allerdings sind auch hier, wie bisher überall im State NY, von 5 Häusern mindestens 2 ‚for sale‘. Den Bankrott der Banken müssen die kleinen Leute ausbaden. Auf Broadalbin zu kleine, idyllische Provinznester mit dick aufgetragenem Patriotismus, die US-Flagge allüberall. Hier Rast am See. Dann verlasse ich die Adirondack-Mts. merklich. Es wird flacher, es geht auf Amsterdam zu.

Photos 1: https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA1

Auf diese Stadt hatte ich mich irgendwie als Etappenziel gefreut, wollte dort Brot, Muesli usw. einkaufen, ins Internet gehen, Briefe empfangen und schreiben, rasten. Sie war jedoch eine einzige Enttäuschung, eine Un-Stadt, menschenleer, nur Autos, bestand nur aus Kreuzungen, Schnellstraßen , einer riesigen Brücke über einen staubigen Fluß, einem winzigen Rest von historischem Stadtzentrum. Ich war froh, als ich den jenseitigen langen Uphill erklommen hatte und auf Schoharie zufuhr, immer auf der US 30 S(outh). Weiter über lange , aber nicht steile Up- und Downhills, durch erfrischend ländliche Gegend (d.h. weniger Wald, mehr Ackerbau und Viehzucht). Schoharie und auch Middleburgh waren ganz typische Städtchen, die Häuser mit Veranden, die Vorgärten hübsch und gepflegt . Einzig die aufdringlichen, allgegenwärtigen US-Flaggen hielten mich ab, Fotos zu machen.

Nun steuerte ich den Max v. Shaul-SP. an, der an der US 30 Richtung Catskill-Mts. liegt.
Zum Abend hin hatte ich wieder, wie am Tage zuvor, eine ruhige Strecke in weitem Tal. Der State Park war gesperrt, kein Auto, kein Mensch zu sehen. Die Sperre war für Fußgänger, aber auch für Radler offen. Ich also hindurch und mir auf dem menschenleeren Gelände den schönsten Platz gesucht. Die Tagesdaten: 125 Tkm/7.33 Std./Max Speed 67,9 kmh, hft 3803. Die Nacht war etwas unheimlich, da ich zum erstenmal das Bellen der Squirrels gehört und das Nachtleuchten der vielen Glühwürmchen gesehen hatte. Kein Mensch weit und breit. Hier gibt es noch die wirklich alten, hohen Bäume, die in den Appalachen ja fast restlos gefällt sind. Am Morgen in Ruhe gefrühstückt und gepackt, dann im Sausetritt hinter den Rangern am Tor hervor, und vorbei und raus pedaliert auf die Straße, und auf und davon!
Nun ging es in die Catskill-Mts., über mäßig befahrene Straßen durch ein schönes Tal zum Mine-Skill-SP, wo grandios die Wasser fallen.

Von dort über Grand Gorge in Richtung Lexington und in die Catskill-Mts. Ich wollte über Shandaken und Big Indian nach Süden. Auf ruhigen, kleinen Straßen geht’s voran. Die Berge werden höher, alles ist Laubwald. Einige Hillbillies warnten mich vor starken Steigungen, konnten sich wohl nicht vorstellen, dass man diese auch auf nur zwei, anstatt vier Rädern bewältigen kann. Sie waren dann nicht so arg, wie befürchtet, belohnten mit einem langen, ruhigem Downhill entlang eines schönen Creeks. In Big Indian war das einzige Shop auf zigkm Umkreis schon dicht. Das hieß: Abendessen aus eigenen Reserven, ohne Feierabend-Bier. Im winzigen Ort war kaum jemand zu sehen. Einen Anwohner fragte ich nach einer Zeltmöglichkeit, und ob er mir 2 Dosen Bier verkaufen würde. Großzügig schenkte er mir ein ganzes Sixpack und erklärte mir den Weg zu einem nahen Campground. Zwei junge Leute, die ich nochmals nach dem Weg fragte, luden mich nach Rücksprache mit den Eltern ein, direkt bei ihnen zu campen.

Beide, Bruder und Schwester, Brigitt und Bruce, waren sehr aufgeschlossen und interessiert, auch schon in der Welt herumgekommen. Sie bereiteten ein kleines Barbecue, wir erzählten abends viel. Ich fragte , ob es schon Bären gäbe in dieser Gegend. Da erzählten sie mir, dass erst vor wenigen Jahren ein Schwarzbär ihnen den Thanksgiving-Truthahn aus dem angrenzenden Schuppen gestohlen hätte. Die Mutter hatte immer nach dem ‚shotgun‘ gerufen, während der Vater mit der Bratpfanne auf den Bären loßgegangen war. Er hatte dem Bären aber den Truthahn nicht mehr abnehmen können.
Nun wußte ich Bescheid. Die Großeltern hatten sich schon zurückgezogen und die Eltern kamen erst spät. Ich höre aber jetzt noch die Mutter den Sohn ermahnen, dass er ja nicht mich, den Gast, morgens ohne Frühstück aus dem Hause gehen lassen solle. Er brachte dann auch ein leckeres Frühstück a la americain auf den Tisch. Die Nacht im Zelt war saukalt (!) gewesen, daher bekam mir dieser Kalorienschub gut und machte morgens die nächsten Uphills erträglich.

Donnerstag, 01.07.10, durch die Catskill-Mts.
Zunächst führte der Weg einige Kilometer kräftig bergan mit viel Geschiebe, doch dann fast nur noch bergab durch hohe Wälder, immer mit einem Creek als Begleiter. Bald kam ich schon wieder raus aus den Bergen. In Grahamsville gibt es ein supertolles-Öko-Einkaufsshop, wo ich meine Vorräte (d.h. gutes Muesli, Trockenfrüchte, Brot), ergänzte, auch sofort 2 Bananen und 2 Äpfel verdrückte. Obst gegann jetzt ein richtiges Bedürfnis zu werden. Nun steuerte ich Napanouch an, um an den Delaware-Hudson-Canal zu gelangen, auf dessen Treidelweg ich bequem zum Delaware-River zu gelangen hoffte. Er soll eigentlich ein Statepark sein. Es ist schon Abend, als ich hinter der verlassenen Gate nur ein zugewachsenes Stück Kanal mit einem ebenso verwachsenen Treidelweg finde. Weit und breit kein Mensch. Ich fahre also hindurch und folge dem Canal ein Stück und schlage dann mein Zelt hinter einem Busch am Weg auf. Das Wetter war heute, wie auch gestern, frisch, fast kühl und mäßig bewölkt mit leichtem Gegenwind gewesen. Jetzt abends gibt es kaum Wind und die Luft ist klar. Auch die Nacht ist eher kühl. Ich muss mich ordentlich einpacken.

Ich erwähne das so deutlich, weil das Wetter sich bald sehr ändern wird.
Der Freitag beginnt klar und frisch. Auf dem Treidelweg kann man in schönster Natur dem Kanal folgen. Der Trail ist zwar oft grasüberwachsen und eigentlich kein Radweg. Aber so liebe ich es. Kein Mensch, vor allem keine Autos, sind mehr zu sehen, nur der schmale, verwachsene Kanal und urwüchsige Natur. - So geht’s den ganzen Vormittag. Dann verfranse ich mich bei Wurtsboro auf eine größere Straße und stelle erst nach einigen Meilen und kräftigen Auf- und Abs fest, dass ich fast in Montgomery bei den ‚Orange County Choppers‘ bin. Um die Nebenstrecke nach Port Jervis zu finden, frage ich einige Leute, doch die schicken mich ‚werweisswohin‘; erst meine gute Nase findet die ruhige Countryroad dorthin. So wird der Nachmittag noch ganz schön. In P.J. kann ich in der Library wieder Emails schicken und lesen. Im Laden eines polnischen Einwanderers mit guten Lebensmitteln finde ich endlich gutes Brot, gute Wurst (Krakauer), Käse und russ. Senf. Solchermaßen für die nächsten 3 Tage verproviantiert starte ich in den Delaware-Water-Gap-NP zum Campground an den ‚Dingmann Falls‘, den ich abends erreiche.

Dort treffe ich seit ‚Lake George‘ erstmals wieder auf Tourismus, d.h. auf Blechkisten, die die Wege verstopfen. Auf’m Radl bin ich an ihnen oft schnell vorbei, doch folgen mir böse Worte. Der Campground an den Dingman Falls ist teuer (32$), groß, laut und an den wenigen Duschen, Klos stehen die Leute Schlange. Das sagt alles. Noch nachts werde ich von Neuankömmlingen, die bei laufendem Motor lärmend ihre Zelte aufstellen, aus dem Schlaf geweckt. Die Wasserfälle selbst und ihre Umgebung sind jedoch sehr beeindruckend, obwohl der Wasserstand jetzt im Sommer niedrig ist.

Photos 2:https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA2

Die Tagestemperatur hat zugelegt: bewegte sie sich bisher im Bereich 20 – 25 C, so liegt sie heute, am Samstag, den 3.7.10., deutlich bei 25 – 30 C., wenn nicht höher. Jedoch radle ich fast den ganzen Tag im kühlen Schatten der Bäume des Delaware-Water-Gap-NP’s entlang des Flusses, oft auf ‚gravel-roads‘, mit ups’n downs, oft ‚Aug in Aug‘ mit Wildtieren, höherem Hirsch, - Rehwild, aber auch mit niederem Wild wie Waschbären, Stinktieren, Stachelschweinen, Klapper- und anderen - schlangen. Das war aber in den Adirondacks und Catskills auch schon so. Am ‚Pearl Beach‘ pausiere ich, mag aber nicht baden. Der Fluss ist schlammig ; er führt zu wenig Wasser.

Nun führt kein anderer Weg durch den Water-Gap hindurch als über den Freeway. Tatsächlich bin ich gezwungen, über den Interstate 1 den Water-Gap zu durchqueren. Auf dem Seitenstreifen wäre das eigentlich kein Problem, jedoch gleicht er einer Müllkippe. Zwischen Glas-, Plastik- und Papiermüll liegen Autoteile, Reifenreste und Tierkadaver. Es hätte mich nicht gewundert, zwischen diesem ganzen Unrat die einsamen Reste eines verschollenen Radlers wiederzuentdecken, denn viele Autofahrer hupten mich wild an. Ich war ja gezwungen, im Zickzack um diesen ganzen Schrott herumzukurven. An der nächsten Abfahrt verließ ich den Interstate und fuhr dann längs des Flusses auf ruhigen, kleinen Straßen bis hinter ‚Bellvidere‘, wo ich einen schönen Zeltplatz direkt am Delaware fand. Das war nun herrlich. Der Abend am kühlenden Fluss nach diesem heißen Tag entspannte und erholte mich. Später war noch Geknalle zu hören wie bei uns zu Silvester: die Feier für den morgigen 4. Juli, den Nat.-Feiertag. Mich störte das wenig, ebensowenig wie mich die sonst so zahlreichen blutsaugenden Insekten belästigten: Es gab kaum welche, hier direkt am Wasser.

Nachts waren noch 2 weitere Leute mit ihrem Pickup zu dem kleinen campground gekommen, waren aber sehr rücksichtsvoll und leise gewesen, anders als auf dem offiziellen am Tage zuvor. Am Morgen kochte ich für sie Kaffee, und sie brieten mir eine schöne Scheibe Frühstücksschinken. So gestärkt ging es weiter auf ruhigen Nebenstraßen entlang des Delaware-Rivers, auch auf dem Treidelweg längs dem Del.-Canal. Ich war froh, im Schatten der Bäume mich bewegen zu dürfen, denn die Temperaturen hatten deutlich zugelegt. Mittlerweile lagen sie bei 30 heißen Grad C und drüber. Überall herrscht feiertäglich entspannte Stimmung, viele Spaziergänger, Radler , viel Volks ist unterwegs und bevölkert die Wege und Gaststätten längs des Flusses am heutigen Nat.-Feiertag.

Hier in Pennsylvania ist alles noch großzügiger angelegt als in NewYorkState. Die Häuser sind größer, die Grundstücke fast wie Parks drum herum. Im Nockamixton NP nahm ich nebst Pause ein ausgedehntes Bad im schönen See und fuhr dann weiter zum Green Lake Park, wo ich hoffte, ein ruhiges Nachtdomizil zu finden. Noch während ich das Zelt an einer etwas abgelegenen Stelle aufbaute, kam eine Rangerin mit der Aufforderung, wieder abzubauen und auf einen etwas entfernten, 25 $ teuren Zeltplatz umzusiedeln. Ich kam nicht umhin, ihrem ersten Wunsch zu entsprechen und abzubauen, stellte dann aber mein Zelt nur 100 m weiter hinter einem Gebüsch erneut auf und verbrachte dort eine ruhige Nacht.

Ich hatte bisher täglich um die 100 km (+-10/einmal 125km) und um die 2500 – 3500 Höhenfuß zurückgelegt. Das ist eigentlich eine nur moderate Leistung, aber die vielen Steigungen und dann die zunehmende Hitze hatten das Radeln doch ziemlich anstrengend gestaltet. Es geht mir aber nicht darum, besonders schnell zu sein. Wichtiger ist, dass ich bei den steigenden T emperaturen nicht schlapp mache, denn die liegen mittlerweile bei trockenen 30-35 Grad C.

Am nächsten Morgen, den 5. Juli, gerate ich schon beim Einpacken in Schweiß. Die vorhergesagte Hitzewelle ist angekommen. Über kleine, ruhige Nebenstraßen, die aber alle dem natürlichen Geländeverlauf folgen, also rauf und runter gehen, fahre ich südwestlich weiter ins Amish-Land. Die Hitze ist heftig, ich kurve im Zickzack, d.h. immer dem Schatten der Bäume folgend mal auf der rechten, mal auf der linken Straßenseite. Menschen sind kaum zu sehen, selten überholt ein Auto. Am Straßenrand immer wieder viel Getier. Eine Klapperschlange , armdick, ringelt sich davon; eine lange schwarze Schlange läßt sich durch mich nicht beeindrucken. Ein Stachelschwein läuft rasselnd aus dem Gebüsch, in das ich gerade reinpinkeln will. Dann wieder liegt ein überfahrenes Stinktier oder ein Waschbär am Straßenrand. Knallrote Vögel huschen durch die Zweige und große gelbschwarze Falter taumeln durch die heiße Luft. Die Temperatur liegt bei 40 Grad C!

In einem YMCA Camp am Weg bei St. Peters, auf das ich zufällig stoße, stürme ich in die Küche und halte den Kopf und die Unterarme minutenlang unter das kühlfließende Wasser und trinke wohl gleich einen ganzen Liter. Nie hat mir kühles Wasser besser geschmeckt.
Da es erst um Mittag herum ist, will ich weiter fahren ins Amish-Land. Irgendwie erwarte ich dort etwas Besonderes. - Aber es ist betäubend heiss. Ich fahre weiter auf der US 23. Bei einem Resthouse verschlafe ich gut 1 1/2 Stunden im Schatten auf dem Tisch liegend.. Ich will dann bei New Holland den Abzweiger nach Intercourse nehmen. Aber ich verfahre mich . Am Wege fragte ich einen jungen Amish-Bauern, der gerade auf der Einfahrt zum Hof einen schmucken Traber wusch und striegelte, nach einer Zeltmöglichkeit. Auf einem so großen Hof gibt es die ja immer. Aber er konnte oder wollte mich nicht verstehen. Er glaubte mir nicht, dass ich SCHON, oder dass ich ERST, zwei Wochen seit Kanada unterwegs sei. Das habe ich nicht rausbekommen. Ich glaube, er hatte keine Ahnung, wo Kanada liegt. Er schien etwas weltfremd, trotz des schönen Pferdes und des stattlichen Hofes, die ihm sicherlich zugehörten. Es blieb ein Misstrauen.

Er schickte mich weiter nach Intercourse, einem Zentrum der Gegend. Erst abends gelangte ich dorthin. Der Ort wirkt sehr touristisch geprägt, alles irgenwie Amish-like, z.B. werden in den Shops an der Straße statt Autos edle Kutschen angeboten. Aber jetzt, ca. 20.30 Uhr ist alles schon menschenleer. Kein Shop ist offen. Kaum ein Auto auf der Duchfahrtstraße, eher das Geklapper von Pferdehufen auf dem Pflaster, einige Frauen rollern durch die Straßen. Fahrräder sind ja bei den Amish verpönt. Man frage sie selbst, weshalb? Tretroller aber sind beliebt. Ich wußte nun wirklich nicht, wohin in diesem Ort. Daher fragte ich eine Gruppe von 3 rollernden Frauen, ob sie wüßten, wo ich mein müdes Haupt niederlegen, mein Zelt aufschlagen könne für die Nacht. – Nun, sie waren nicht abweisend, aber erst auf mein beharrliches Nachfragen zugänglich; und erst, als sie begriffen, dass ich wirklich nur einen Platz für mein Zelt suchte, meinte die eine, das sei wohl möglich, aber sie müsse erst ihren ‚husband‘ fragen. Auf dem gut 10minütigen Weg zum Hofe ihres ‚husband‘ gelang es mir nicht, weitere Fragen an sie zu stellen. Dort angekommen blieb ich an der Straße stehen, von wo sie die gut 100 m zum Hof hinaufstieg. Ich wollte sie nicht kompromittieren, und ihre Antwort, bzw. die ihres ‚husband‘, hier unten abwarten.

Nach einiger Zeit kam die junge Frau den Hofweg wieder herab und wies mir eine erst vortags gemähte Wiese hinterm Hof zum Zelten an. Um frisches Wasser musste ich aber erneut bitten. Und dass nach urchristlicher Tradition dem Wanderer und Gast die ‚Füße gewaschen‘ werden (d.h. ihm Waschmöglichkeit geboten wird), und ihm Speise gereicht wird, davon war in diesem gewiss wohlhabenden Hause nicht die Rede. Gerne hätte ich einen Abend im Gespräch mit diesen Leuten verbracht. Ich habe aber leider kein Wort mit einem der Hofleute mehr wechseln können. Das hat mich enttäuscht, da ich eigentlich viele Sympathien mit der konsequenten Lebensweise der Amish-Leute habe. Ich hätte mir mehr Offenheit und Herzlichkeit gewünscht, wie ich sie bei ganz ‚normalen‘ Leuten oft ganz unverstellt erlebt habe.

Photos 3:https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA3

Eine heisse Sonne weckte mich schon früh morgens (Die.,6.7.) und ließ mich bereits beim Einpacken ein Schweißbad nehmen. Im nahen Ort kann ich gutes Müsli und Brot etc. einkaufen, frühstücken und halte mich dann auf kleinen Landstraßen, da sie am ehesten Schatten versprechen. Das Auf und Ab hält an. Die Hitze ist brutal. Als ich mich bei 40 Grad C im Schatten übel verfahre, quasi die Orientierung verliere, bekomme ich echte Probleme. So viel Wasser, wie ich saufe, kann ich gar nicht ranschaffen. An einem erneuten Anstieg, der nur schiebend zu bewältigen war, bekam ich plötzlich Herzstiche. Nun musste etwas geschehen. So ging‘s nicht weiter. Bis Wash. DC sind es noch ca. 120 Meilen. Ich beschließe in Quarryville, meinen guten Freund Bill anzurufen, damit er mich abholt. So könnte ich dieser Gluthitze entrinnen und am Mittwoch noch das WM-Halbfinalspiel Germany-Spain sehen. Noch gute 20 Meilen fahre ich weiter, jetzt über schattige Straßen und längs einem kühlen Bachlauf, bis wir uns im verabredeten ‚Fawn Grove‘ treffen. Die Freude ist groß. Wir hatten uns zuletzt vor 10 Jahren in der Bretagne getroffen. Darüber geht meine Erleichterung, dieser Hitzetortur entronnen zu sein, fast unter. Und ich genieße die Fahrt im klimatisierten Wagen bis zu Bill‘s Haus in Wash. DC, bzw. Maryland. Ich bin glücklich, die 1. Etappe, die 1. Hälfte meiner Tour geschafft zu haben. Nun stehen einige Ruhetage bevor.

Am Dienstag Abend war ich in Wash. DC angekommen, und hatte nun Zeit bis Montag früh,
Die Zeit bis dahin verbrachte ich mit der Familie meines Freundes, mit Relaxen und neue Kräfte Sammeln. Leider verlor das deutsche Fußballteam das Spiel gegen Spanien am Mittwoch. Damit war die ganze WM für mich gegessen. Frisch gestärkt, auch die Hitzewelle war vorüber, fuhr ich am Montag zeitig auf dem sehr schönen Treidelweg entlang des Potomac Rivers bis historic „Whites Ferry“, wo ich den Fluss überquerte, nach Leesville. Der Ort ist eigentlich ganz hübsch, allerdings total verunziert durch touristische Geldmacherei. Ab da fand ich einen Radweg auf dem stillgelegten Railwaytrail nach Percilville. Richtig genießen konnte ich ihn wegen der akuten Bauarbeiten und des leichten Regens allerdings nicht. Aber dann brauchte nur noch ein Bergrücken überwunden zu werden, und ich war im Tal des vielbesungenen Shenandoah-Rivers.

Hier führte mich eine kleine Straße unter weiten, schattigen Bäumen längs des Flusses hin. Träge fließt er jetzt im Sommer daher auf der South Fork. Allerdings sind die Ufer überall privat okkupiert. Als ich einige Leute beim BBQ sehe, frage ich, wo ich zelten könne? Keine Frage: ein großzügiges ‚Hier, wo du willst!‘, ist die Antwort. Sofort werde ich von den 6-8 Leuten, dabei eine Frau mit 2 kleinen Kindern, willkommen geheißen, nach dem Woher und Wohin befragt und mit Gegrilltem und kühlem Bier versorgt. Der ‚Chef‘ dieser Leute fährt sogar mit seiner fetten Harley noch los, um mir für mein Frühstücksmüsli Milch zu besorgen. Ich kann mich dieser Gastfreundschaft kaum erwehren. Bob, ein Original hier, der schon 30 Jahre im Tal lebt, erzählte Interessantes, vom Adlerpaar, das mit Jungem jeden Morgen im Tal patroulliert, von einem ‚IrakKriegHelden‘, der um die Ecke wohnt, usw.

Morgens bei gutem Wetter weiter im Valley bis Front Royal, wo der ‚Skyline Drive‘ beginnt. Dieser Parkway führt entlang der Höhen der Blue Ridge Mts. als der ‚Blue Ridge Parkway‘ bis in die fast 1000 km entfernten Great Smokey Mts. Dieser Parkway war mein Ziel. Auf ihm wollte ich soweit nach Süden gen Atlanta fahren wie möglich. Aber da ich vor genau 25 Jahren im Januar schon einmal den Skyline Drive befahren hatte, damals mit Pickup und Freundin (unsere Tochter ist heute im Oktober genau 25 Jahre alt), wollte ich nicht gleich hoch auf den Parkway, sondern weiter am Shenandoah entlang das Tal befahren. Diese Route führte über viel Gravelroads und ups and downs bei drückender Schwüle immer weiter nach Süden.

Photos 4:https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA4

Erst bei Elkton bog ich ab, um die Höhe des ‚Skyline Drive‘ zu erklimmen. Das brauchte einen halben Vormittag. Der Uphill war nicht wirklich steil, nicht wirklich schwer zu befahren, man brauchte nur eine gute Portion Durchhaltevermögen und trainierte Waden. Oben war das Klima viel angenehmer, weniger feucht, noch schön warm, luftiger. Klare Sicht auf die jeweils offene Ferne von den Bergen hinab ins Tal, ob nach Westen oder nach Osten. Der Parkway führt ja genau auf der Höhe der Ridges entlang, mal sich nach Ost, mal nach West öffnend. Die Stimmung dort oben ist, wenn man sie nach einigen Tagen eingefangen hat, sehr schön. Es sind ja nur Urlauber dort oben unterwegs. Jeglicher kommerzieller Verkehr ist untersagt. Auch entlang der Strecke ist kein Kommerz erlaubt, keine Werbeplakate, keine Tankstellen und keine Supermärkte. Nur gelegentlich gibt’s Rest- und Campareas, sowie Restaurants der Parkverwaltung. Für den Radler hat das seine Vor- wie Nachteile. Auf der Strecke, die nicht sehr breit ist, kann man sich sehr entspannt bewegen, keine Raser sind unterwegs, viele Harleys, alle sind sehr rücksichtsvoll und freundlich. Besonders ich als Radler, der ich ja schon die Strecke von Kanada bis hier in den Süden bewältigt hatte, rief Erstaunen und Aufmerken hervor.
Die Versorgung mit Lebensmitteln allerdings war nicht ganz einfach. Mehrmals mußte ich den Parkway verlasssen um einzukaufen. Das hieß dann immer, in eine tief im Tal gelegene Ortschaft hinunter zu fahren, um dann mit den Einkäufen wieder hoch auf den Parkway hinauf zu gelangen. Das hab ich dann, ich muss es gestehen, 2 x mittels Taxi bewerkstelligt. Einzig in ‚Meadows of Dan‘ kann man in Sichtweite des Parkways Vernünftiges einkaufen.

Auch das Übernachten war für mich als Radler nicht ganz unproblematisch. Es gibt dort oben nur wenige offizielle Campgrounds. Wenn man einen von ihnen erreicht, dann ist gut. Sie liegen aber so weit auseinander, dass man sie eigentlich nur zufällig erreichen kann, denn die Bedingungen auf dem Parkway sind oft so willkürlich, dass man morgens nicht wirklich damit rechen kann, abends einen angepeilten Punkt auch zu erreichen. Das Wetter, die großen Entfernungen und die z.T. heftigen Steigungen können einem leicht einen Strich durch die Rechnung machen. Zudem gibt es auf den Campgrounds der Parkverwaltung i.d. Regel keine Duschen, so dass sie nicht wirklich die Erfrischung bieten, die sie versprechen. Kosten tun sie aber trotzdem 16 $ pro Campsite, egal ob ein einzelner Radler oder ein großer RCV ihn in Anspruch nimmt. Das ist überall in USA Usus, und hat mich oft geärgert.

Deshalb bin ich bald zur alten Gewohnheit zurückgekehrt, dort zu zelten, wo es mir passte! Das war zwar im NP verboten, aber Ranger waren wenige unterwegs, und man darf sich dann auch nicht so offen präsentieren. Da der Parkway über Nacht so gut wie nicht befahren wird, braucht man nur die Dämmerung abzuwarten, um an einer unscheinbaren Stelle eine ruhige Nacht verbringen zu können.

Öfter aber habe ich auf den ‚Restareas‘ gezeltet. Sie liegen immer sehr schön an exponierten Stellen, sind gepflegt, verfügen über frisches Wasser und auch Toiletten. Auf dem Gelände stehen Tische und Bänke, der Rasen ist gemäht. Ideal für ein Übernachtungscamp. Auch hier ist es gut, wenn man sich diskret verhält, und nicht mitten auf dem Platz noch abends ein großes Feuer entfacht. Ich hab es immer so gehalten, dass ich nach Möglichkeit morgens meinen Zeltplatz so verliess, dass man es kaum bemerken konnte, dass ich da gewesen war. Ein vorbeifliessender Creek oder ein Wasserfall waren dann meine Badestellen.

Und was die Bären betrifft: die waren auf den offiziellen Campgrounds noch eher zu erwarten, als auf den inoffiziellen, denn auf jenen konnten die Bären ja auf mehr Futter hoffen, als auf diesen. Ich hab meinen Proviant jedenfalls immer hoch in die Bäume gehängt. Hier oben auf dem Skyline-Drive hatte ich meine 1. und einzige Bärenbegegnung. Ich hörte plötzlich ein kräftiges Knacken unweit der Straße im Wald. Als ich dorthin blickte, gewahrte ich einen großen Schwarzbären, der mich ebenso überrascht musterte, wie ich ihn. Er stand aufgerichtet an einem Baum und versuchte diesen umzulegen. 2-3 Sekunden blickten wir uns an, dann war ich vorbei. So ganz wohl war mir nicht, und ich schaute mich noch einmal um, ob er hinter mir her war. Aber er hatte wohl keinen Appetit auf ‚meals on wheeles‘.

Das Radeln auf dem Parkway hatte es allerdings es in sich. Es gibt auf der ganzen Strecke bis runter nach Asheville wohl kein waagerechtes oder über lange gerades Stück, immer nur Auf oder Ab, rechte Kurven, linke Kurven. Dazu gefiel sich das Wetter, regelmäßig am Nachmittag einen heftigen Gewitterschauer herabzuschicken. Manchmal hatte ich nach links ins Tal hin schöne Sicht, fuhr nach rechts um eine Bergspitze und sah mich mit einem Gewitter konfrontiert, das schon bald seine Blitze und seinen Regen losließ. Oder hatte zur einen Seite klare Sicht, und zur anderen nur eine undurchsichtige Waschküche vor mir, die bald alles in eine durchdringende, kalte Feuchtigkeit tauchte. Dementsprechend konnten die Temperaturen von schwül-warm auf nass-kalt wechseln. Immerhin war ich ja schon auf Höhen von meist über 1000 m.

Photos 5:https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA5

Kurz vor Asheville konnte ich dann den angepeilten campground nicht mehr erreichen, dunkle Wolken drohten mit Regen, so dass ich ein junges Päarchen ansprach, ob sie mich in die Stadt mitnehmen könnten. Sie konnten, und schon eine halbe Stunde später befand ich mich inmitten einer hektischen Menschenmasse im Zentrum von Asheville. Hier wurden, es war Donnerstagabend, für das ‚bele shere‘-Festival, das von Freitag bis Sonntag stattfinden sollte, die Zelte und Buden aufgebaut. Etwas verloren und irritiert stand ich in der Menge, als ich plötzlich auf den Totenkopf-Aufkleber des FC St.-Pauli angesprochen wurde, der auf dem Spritzschutz meines Marinbikes klebt. Ein Berliner, der schon lange hier lebte, hatte ihn erkannt. Wir kamen ins Gespräch, in dessen Verlauf er mir anbot, bei ihm und seiner Frau im Backyard des erst kürzlich gekauften Hauses zu übernachten. Noch ein anderes Pärchen war dort zu Besuch. Sie hatten sich beim couch-surfen kennengelernt und planten eine gemeinsame Urlaubstour. Es wurde noch ein lustiger Abend.

Am nächsten Tag zog ich in das ‚Bon Paul & Sharkys‘-Hostel um, wo ich für 15 $ im Garten zelten konnte und fuhr dann in die Stadt. Hier war der Teufel los. Es war propevoll mit Menschen. Überall gab es Buden und Stände mit allen nur denkbaren Fressalien, mit Kunsthandwerk (oder was man dafür hielt), fliegende Händler boten alles mögliche an, Prediger warnten vor dem Weltuntergang und warben für ihre jeweiligen heilbringenden Sekten. Straßenmusiker aller Couleur gaben ihr Können zum Besten, und auf diversen Bühnen spielten namhafte Bands. Es war ein Riesentrubel, und mir wurde fast schwindlig davon. Erst spät kam ich ins Hostel zurück.

Am nächsten Tag checkte ich die Möglichkeiten, nach Atlanta zu kommen, denn ich hatte beschlossen, nicht mehr auf den Parkway zurückzukehren, sondern die letzten ca. 200 miles mit dem Bus zu fahren. Bis zu meinem Abflugtermin am Dienstag waren es ja nur noch 3 Tage. Einen davon nahm die Busfahrt in Anspruch (9 Std.), so dass ich noch ein wenig Zeit übrig hatte für ein entspanntes Wochenende in Ashville. Dienstag früh ging es dann mit Greyhound nach Atlanta. Abends direkt zum Airport, und am nächsten Tag war ich wieder zu Hause.

Tolle 5 Wochen, in denen ich ca. 2500 km und knapp 24.000 hm zurückgelegt hatte, waren vorüber.

Und nochmal Photos 6:https://picasaweb.google.com/hahaTews/USA6
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#765087 - 20.10.11 14:22 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: bikehaha]
vgXhc
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Schöner Bericht über eine schöne Tour in mir teilweise gut bekannten Gegenden. Nur die Photos funktionieren leider nicht. Hast du die Alben bei Picasa freigegeben?

Schönen Gruß aus Montreal,
Harald.
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Off-topic #765176 - 20.10.11 18:50 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: vgXhc]
sigma7
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Harald, ich kann die Bilder sehen ...


andre
Eat. Sleep. Ride.
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Off-topic #765177 - 20.10.11 19:01 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: sigma7]
vgXhc
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Ah, jetzt funktioniert es hier auch.

Harald.
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#765210 - 20.10.11 20:36 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: vgXhc]
bikehaha
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Hallo Harald,
danke für dein Interesse. Es scheint tatsächlich mit den Foto-Links etwas schief gelaufen zu sein. Aber der erste Link funktioniert ja anscheinend. Wenn man dann in den Picasa-Webalben ist, braucht man nur auf die 'Galerie' zu klicken, und bekommt darüber Zugang zu den anderen Fotostrecken (USA 1,2,3,4,5,6).
Das ist nun etwas umständlicher, aber es scheint zu funktionieren. Ansonsten bitte ich um Rückmeldung.
Grüße Horst-h.
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#765369 - 21.10.11 13:42 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: bikehaha]
vgXhc
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Nicht die Links waren das Problem, sondern dass nach dem Anklicken (bzw. Kopieren und Einfügen) nur eine "Album not found"-Meldung kam. Aber wie gesagt, jetzt funktioniert es einwandfrei. Schöne Bilder!

Harald.
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#765572 - 22.10.11 10:10 Re: Von Montreal nach Atlanta [Re: bikehaha]
SuseAnne
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Beiträge: 2.792
Toller Bericht, danke. Vor 20 Jahren, als ich noch gar nicht wusste, dass man mit dem Rad auch reisen kann, bin ich mal eine ähnliche Tour mit dem Auto gefahren und habe schöne Erinnerungen daran.

Suse
Bitte die bestellten Buffs rasch bezahlen. Treffpunkte für die über mich laufenden Raum Stuttgart-Sammelbesteller werden demnächst bekanntgegeben!
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