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#578937 - 27.12.09 22:43 Skandinavien-Rundtour 07/2009
bikehaha
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Beiträge: 214
Dauer:
Zeitraum:
Entfernung:3000 Kilometer
Bereiste Länder:dkDänemark
fiFinnland
noNorwegen
seSchweden

Hallo, liebe Leute,
nachdem ich mich so oft über Eure Reiseberichte gefreut habe, möchte ich jetzt mal m/einen
zum Besten geben. Er betrifft meine Radtour durch Skandinavien im Juli 09.
Aufmerksame Leser dieses Forums werden vielleicht bemerkt haben, dass ich für diese Tour
Mitradler gesucht habe. Sonst waren wir immer zu zweit oder zu dritt gefahren, doch in
diesem Jahr konnte keiner von ihnen. Da sich auch sonst kein Mitradler fand (auch nicht über bikefreaks), startete ich also die Tour als Solofahrer, was sich im Endeffekt als
schöne Erfahrung herausstellte.
Zu meiner Person möchte ich anmerken, dass ich mich im besten Mannesalter zwischen 55 und
60 befinde (das ist als Aufmunterung für Jüngere und Ironisierung meinerselbst gedacht), viel Rad fahre und wenig Auto, und in den letzten Jahren regelmäßig eine ca. 4wöchige Radtour im Sommer fahre. Für mich hat sich ein Mountainbike als bestes Reiserad herausgestellt, weil ich wegen meiner eigendösigen Fahrweise (die Sonne ist der beste Weg-
weiser!) immer wieder auf hoher Heid oder im tiefstem Wald gelandet bin.
Im Laufe der Zeit habe ich den "marin"-bike-Rahmen mit verstärkten Felgen vorn und hinten, sowie hinten mit verstärkten Tandem-Speichen aufrüsten lassen. Mein 30jähriger Brooks-Sattel ist komfortabel wie ein Sofa, und auf den Lenker hab ich extra dicke Griffe aufgezogen, damit mir die Hände nicht einschlafen. Vor Abfahrt ließ ich noch Kurbel,-
Ritzelsatz und Kette, sowie einen neuen Mantel hinten plus Schlauch auflegen.
Dann ging es los!!
Von Lüchow im Wendland aus nach Salzwedel, per Bahn nach Rostock, dort auf die Fähre
nach Helsinki. Statt wie gedacht um ca. 22 Uhr kam man erst um ca. 0.30 Uhr aufs Schiff.
Die Kabine teilte ich mit 2 ausgezeichnet Swyterisch-Dytsch (o.ä.) sprechenden Finnen,
die hätten ganz nett sein können, hätten sie nicht mit ihren Laptops den ganzen Tag und
die zwei Nächte in der Kabine zugebracht. Ein bißchen viereckige Augen hatten sie schon.
Das Wetter auf dieser Überfahrt (2Nächte/1Tag) war toll: schönster Sonnenschein bei
heftigstem Nordwind. Es gab kein Luv noch Lee. Außerhalb der Räume war nur noch Sturm.
Dennoch traf ich auf einem Rundgang auf der äußersten windgeschützen Ecke ein paar Jugendliche, die sich an einem Bier-Container festhielten: sie hatten allen Grund dazu:
einem von ihnen war bei einem übermütigen Kopfstand die Brieftasche aus der Jacke gefallen und 400 Euro im Winde davongeflogen. Ich half ihnen mit ein paar Dosen Bier den Schmerz zu bekämpfen, wohlwissend, dass dies das letzte billige Bier auf meiner Tour
sein würde.
Ankunft in Helsinki-Hafen gegen 9 Uhr bei schönem Wetter und wenig Wind. Die Stadt hätte ich fast verpasst, da ich mich nach Ausfahrt aus der Faehre einem englischen Bikerpaar
angeschlossen hatte, und erst nach einigen km/hs merkte, dass sie nach Ost statt nach West fuhren. Sie wollten an die russ. Grenze, was ja nicht mein Ziel war. Helsinki lag
im Westen, also genau in der anderen Richtung. Wie gut, dass ich den Sonnenstand
wusste. Wer weiss, wo ich sonst gelandet wäre.
Nach Helsinki rein wäre ja nicht so schwer gefallen, wenn man irgendwie die Sprache ver-
standen hätte. Ich habe nun wirklich etliche Sprachen und Länder kennengelernt, aber so
einem Kauderwelsh war ich nicht gewachsen. ICH VERSTAND KEIN WORT ! Und so blieb es auch
in der nächsten Woche.
In der Stadt angekommen durchkurvte ich ein wenig die Altstadt am Hafen, traf dort 2
schweizer Jungs, die mit ihren Bikes gerade gute 3500 km eine ähnliche Route, wie ich
sie vorhatte ,zurückgelegt hatten. Sie wirkten ein wenig abgespannt, abgerissen, aber
auch abgeklärt auf mich. Sie wussten, was sie geleistet hatten, und das sollte/wollte
ich erstmal unter Beweis stellen.
In großen Städten fühle ich mich meist unwohl, und so besuchte ich nur den Markt am
Hafen, aß ein kleines Frühstück, bemerkte die Frontpage einer Zeitung mit der Todes-
anzeige M. Jacksons, die mir als altem Rock'n Roller ziemlich wurscht war, aber einige
amerikanische Leute in Unruhe versetzte, kaufte mir dann in einem Buchladen die nötigen
Karten und setzte mich gen Norden ab. Und zwar nahm ich ab einer Kreuzung der E18 mit
der E12 die 130 parallel zur 3/E12. Wie bei jeder Stadtausfahrt war es auch hier verwirrend und ich mußte immer wieder die Anwohner befragen.
Diese 130 hielt mich einige Zeit auf Abstand zur 3/E12, querte sie dann aber, man fuhr
zeitweise parallel mit 3 Strassen, schwenckte dann links, ostwaerts, bei NURMIJÄRVI
auf die 1311 bis an den See bei Herunen, wo ich eine schöne Badestelle mit netter
Zeltmöglichkeit ansteuerte. Dort bezog ich mein erstes Nachtlager auf dieser Reise.
Den ganzen Tag über war es super Wetter gewesen, kaum Wind und fast zu heiss.
Also stürzte ich mich erstmal ins Wasser, aß dann, was ich hatte (einen richtigen Essrythmus besass ich noch nicht), baute mein Zelt auf und freute mich auf eine ruhige
Nacht. Ich hatte natürlich nicht bedacht, dass diese längsten Tage und kürzesten Nächte des Jahres für die Einheimischen die schönsten sind und gefeiert werden auf Deubel komm raus. Und so hielt sich denn auch bis in die fruehen Morgenstunden eine Gruppe Jugend-
licher bei fröhlichem Gelärme in meiner Nähe auf. Erst gegen Morgen fiel ich in Schlaf.

Tkm 92,5 Std. 5.3 THM 859 (TagesHöhenMeter)

Am Freitag Morgen war ich angekommen, durch Helsinki gekurvt und rausgefahren aufs freie
Land. Mein Bericht über diesen ersten Tag sollte gar nicht so detailliert werden. Daher
schließe ich jetzt und führe ihn in einem 2. Teil fort. Bis bald..
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#579074 - 28.12.09 22:10 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
bikehaha
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Beiträge: 214
Der 2. Tag meiner Skandi.-Rundtour begann also etwas später, da ich nach dieser launigen Nacht etwas länger brauchte, mich in die richtige Form zu bringen. Ca. 11 Uhr gings
auf die Piste. Der Himmel war etwas verhangen, und um Mittag fing es an zu tröpfeln. Die grobe Richtung blieb Nord.
Hier muss ich, glaub ich, erstmal meine Tourenplanung vorstellen. Ganz grob: ich wollte durch Finnland nach Vaasa hoch, dann per Fähre nach Sundsvall in Schweden, über Östersund nach Trondheim in Norwegen, dann runter übers Dovrefjell nach Oslo, von dort irgendwie nach Göteborg und dann rüber nach Fred'haven, um durch Dänemark zurück nach Hamburg, resp. Wendland zu gelangen. Eine genauere Routenvorstellung hatte ich nur von der Etappe Östersund-Trondheim, alles andere entschied ich buchstäblich erst vor Ort. So hatte ich größtmögliche Freiheit.
Ich steuerte also nördlich in Richtung Hämeenlinna/Tampere, wobei ich nach Möglichkeit die kleineren Straßen nahm. So hatte ich Natur pur, aber auch meistens Piste pur. Und da es die ganze Zeit piselte, war alles feucht und schmierig, dazu viel auf und ab, was viel Kraft kostete. Irgendwann gegen 15.00 Uhr wurden mir die Knie immer weicher und ein Loch im Magen machte sich bemerkbar. Ich brauchte dringend eine Rast und Futter. Ich gelangte auf eine größere Straße, der nächste Ort war aber noch gut 10 km entfernt. Da tauchte wie auf Wunsch hinter einer Kurve eine Tanke mit Bistro auf. Gerettet! Ich warf mich auf einen Stuhl und brauchte ne Weile, bevor ich überhaupt bestellen konnte. So fertig war ich! Dann aß ich gleich 2 Hauptgerichte nacheinander und trank 3 pott Kaffee.
Nun konnte es weitergehen. Ich hatte gemerkt, dass es doch keine Kleinigkeit ist, luxuriöse 100 kg Lebendgewicht plus 25 kg Gepäck plus ca. 15 kg Rad durch die Gegend zu schaukeln. In Hämeenlinna kaufte ich etwas Nahrhaftes ein, verstrickte mich dann nervigerweise in den vielen Straßen, die es wie ein Spinnennetz umschließen, bis ich meine Route wiederfand. Nach ca. 30 km längs der 130 fand ich dann wieder eine schöne Badestelle zum Übernachten.
Tags darauf ging es bei praller Sonne auf weiterhin kleinen Straßen mit viel auf und ab weiter. Und ich hatte geglaubt, Finnland sei flach und ich könnte mir hier die nötige Kondition für meine Angstetappen über die Berge nach und in Norwegen holen. Die Kondition
hätte ich hier schon gebraucht.
Die Gegend ist nicht spektakulär, landwirtschaftlich geprägt, immer wieder mit Wald und Seen durchzogen. Besonders die Straßenränder hatten mir es angetan: welch Blütenpracht, so viele schöne Blumen und Wildkräuter blühten um die Wette. Es war ein einziger Augenschmaus. Auch viele seltene Blumen gab es, wie Feuerlilien, später div. Knabenkräuter u.a. Dies schöne Bild sollte mich die ganze Tour begleiten.
Die Richtung ging jetzt mehr nach NW, da ich Tampere umfahren wollte. Nach anstrengender Fahrt suchte ich bei Kärppala nach der angepeilten Badestelle. Sie zu finden, war manchmal schwierig bei einem Kartenmaßstab von 1:200.000, obwohl die finnische Karte ganz brauchbar war. Wieder mal hatte ich mich verfranst, stand oben auf einem steilen Hügel und sah nichts außer Wald und trockner, steiniger Piste. Vor und hinter mir ging es steil runter. Irgendwo musste doch dieser See sein! Ich hatte echt keine Lust mehr. Bei der letzten Hochschieberei, fahren konnte man diese Hügel nicht mehr, hatte ich schon Herz-
schmerzen bekommen. Es reichte! Da tauchte plötzlich eine Frau mit 2 kleinen Kindern ein Stück vor mir auf der Straße auf. Ich steuerte sie natürlich sofort an und fragte nach der Badestelle. Sie war hübsch und groß und schlank, ca. Mitte 30. Auf meine englische Frage antwortete sie in gutem Deutsch. Welch Überraschung. Der See sei ganz in der Nähe, erklärte sie mir, und sie wolle auch noch dorthin. Nach ihrer Anweisung fand ich ihn sofort, musste aber den Abhang hinunter noch ein gutes Stück schieben, so steil war es.
Unten angekommen sprang ich erst mal ins Wasser: wie herrlich war das nach so viel Staub und Schweiss und Mühe. Dann begann ich mein Zelt aufzubauen und Abendbrot vorzubereiten.
Mittlerweile war die schöne Fremde auch mit den Kindern eingetroffen, und nachdem sie ein Bad genommen hatte, kamen wir wieder ins Gespräch. Die Situation war zu schön: ringsherum
nur Wald, der See, die kleine Badestelle, ein Tisch, eine Bank, darauf wir, im Wasser die zwei Kinder, ca. 4-5 Jahre alt, untergehende Sonne, angeregte Unterhaltung. Wäre ich doch nur nicht so kaputt gewesen! Denn jetzt geschah, wovon man(n) immer träumt, was aber nie
eintritt: sie lud mich zum Abendessen zu sich nach Hause ein. Es sei nur etwa 1,5 km weit zu laufen. - Und was tat ich Rindvieh? Ich lehnte ab! Ich sei zu müde, um noch so weit zu
laufen. - Ich bereue es heute noch! ..... Schwamm drüber!...
Der nächste Tag fand mich wieder auf kleiner Straße Richtung West, also Pori fahrend.
Ich hatte nämlich erfahren, dass von Vaasa aus gar keine Fähre nach Sundsvall geht, nur nach Umea. So weit nördlich wollte ich eigentlich nicht. Also dachte ich eine Fähre von Pori aus zu nehmen. Dass von Pori aus überhaupt kein Fährverkehr mehr abgeht, erfuhr ich erst, nachdem ich dort angekommen war. Also musste ich doch nach Vaasa hoch und von dort nach Umea in Schweden übersetzen.
Ich will's kurz machen: immer längs der finnischen Küste fuhr ich ein schöne Tour über das sehenswerte nette Kristinstadt nach Vaasa hoch. Es war alles nicht aufregend, aber schönes Radeln bei bestem Wetter. Die zweisprachigen Straßenschilder zeigten den schwe-
dischen Einfluss: endlich verstand ich wieder mal das Eine oder Andere.
Do abend Ankunft Vaasa, Freitag 14.30 Abfahrt nach Umea. Die Fähre ist mit 75 Euro unverschämt teuer, Ankunft in Schweden ca 18.00. Die ca 20 km bis in die Stadt fuhr ich mit einem anderen einheimischen Biker zusammen, der mir eine gute Campmöglichkeit auf der länglichen Insel im Fluss vor Umea erklärte. Dort hätte ich meine Ruhe. Nachdem ich mir die Stadt ein wenig angeschaut und was Futter eingekauft hatte, begab ich mich auch dorthin. Man braucht nur die Insel bis zur äußersten, der Stadt entgegengesetzten Spitze
zu durchfahren. Dort findet sich ein kleiner, mit einer Art Bühne versehener Platz, wo man schön zelten, aber auch Feten feiern kann. Kaum hatte ich nämlich mein Zelt aufgebaut, erschien eine Gruppe Jugendlicher in der offensichtlichen Absicht selbiges zu tun. Sie zögerten, als sie mich sahen. Die meisten zogen sich zurück, nur 4 bild-
hübsche Deerns blieben und fragten mich, ob ich etwas dagegen hätte, wenn sie ein wenig feiern würden. Wie könnte ich?! Ruck-Zuck hatten sie an der Feuerstelle, nur 5m vom Zelt entfernt, ein Feuer brennen, brieten Marshmellows auf Stöcken und amüsierten sich in bester Laune. Ich war natürlich eingeladen und hatte auch meinen Spaß bei so netter Gesellschaft. Sie waren alle ca 17/18 Jahre alt. Da ich alter Knochen denn doch nicht so ganz in ihre Runde passte, zog ich mich bald zurück, nicht ohne Fotos von ihnen gemacht zu haben. So diskret wie ich, waren auch sie: gegen 12 Uhr beendeten sie ihr fröhliches Geplauder und gönnten mit damit eine ruhige entspannte Nacht. Vielen Dank!
Nach 7 Tagen und 700 km war ich also in Schweden angekommen.
Fortsetzung folgt....
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#579332 - 30.12.09 17:55 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
bikehaha
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Beiträge: 214
Des Berichtes 3. Teil:

In Ümea musste ich erstmal neues Kartenmaterial für die Tour bis Östersund besorgen, was gar nicht einfach war. Dabei traf ich zwei der Deerns vom Vorabend und freute mich herzlich, dass sie mich Fremden in fremder Stadt so freundlich grüssten.
Nun sollte es aber von den Hügeln in Finnland in die Berge Schwedens, bzw. Norwegens gehen. Die Formtiefs der ersten Tage hatte ich überwunden, hatte einen guten Radel-Rasten-Rythmus gefunden. Ich fuhr nicht mehr so verbissen, sondern entspannter: Take it easy! sagte ich mir jetzt immer wieder ganz bewußt. Das war nötig, um meinen eigenen 'appetitus mundi' zu zügeln. Dennoch hatte sich ein gesunder 100km/tag Durchschnitt eingestellt. Das Wetter, das in Finnland noch sehr schön gewesen war, änderte sich jetzt. Es wurde kühler und schauerte ab und zu.
Zunächst ging es noch ein Stück bis Örnskoldsvik die Küste entlang auf dem 'cykelsparet', dem gut fahrbaren, ausgeschilderten Küstenradweg. In Nordmaling kehrte ich gegen 19.00 Uhr in eine an der Straße gelegene Pizzeria ein. Der Wirt war Algerier und servierte eine riesengroße, sehr leckere und gar nicht teure Pizza. Er freute sich, dass ich etwas Französisch sprach, und wir kamen in ein nettes Gespräch, an dessen Ende er mir seine gerade wegen Umzugs geräumte Wohnung für die Nacht anbot. So kam ich in den Genuss einer 3-Zimmer-Komfort-Wohnung mit einem einzigen Stuhl als Mobiliar. Aber warme Dusche, Küche und Wc waren perfekt. - Super - Morgens gings dann nach einem zünftigen, original französischen Frühstück (Kaffee und Croissant) weiter nach Ö'vik, von dort auf der 335 ins Binnenland.
Hinter Sidensjö fand ich dann wieder eine Badestelle für die Nacht.
Diese Badestellen bieten ja unterschiedlichen Komfort. In der Regel befindet sich auf einer kleinen, gepflegten Wiese ein Tisch mit 1 oder 2 Bänken, auf den See geht ein Badesteg mit Leiter ins Wasser, am Rande oder etwas entfernt Plumpsklos, Mülleimer, dazu haben viele Umkleidekabinen, eine Feuer- oder Grillstelle, Spielplätze für die Kinder, häufig einen Rettungsring oder sogar ein Rettungsboot. Ich habe aber an einer Badestelle, wo es nur 2 Umkleiden und einen schrottigen Steg ins Wasser gab, mir fast den Zeh gebrochen. Die Ausstattung variiert also.
Diese bei Sidensjö war nun absolut luxuriös und hatte alles in gepflegter Ausführung, sogar eine Sauna am Ende des Badestegs im See. Hier verbrachte ich bei schöner Abendsonne einen lustigen Abend im Gespräch mit anderen Schweden, die sich eingefunden hatten. Keiner störte sich daran, dass ich hier zelten wollte. Man muss natürlich solche Plätze so sauber verlassen, wie man sie vorgefunden hat.
Morgens gings weiter auf der 335 bis Sollefta, dann auf die größere 87. Es wurde nun zusehends bergiger, ein ewiges Auf und Ab mit teils heftigen Steigungen, aber schöner Landschaft. Auf der 87 ging es dann besser, der Verkehr hielt sich auch in Grenzen. Hier hatte ich auch 2 deutsche Deerns getroffen, die nach Haaperanta (glaub ich) wollten. Reiseradler waren überhaupt wenige unterwegs. Später traf ich noch einen Russen, der, schon 8000km aufm Tacho, nach Murmansk wollte. Er müsste jetzt jeden Tag 200 km fahren, da sein Visum abliefe.
In Helgum bezog ich wieder ein Camp an einer Badestelle, allerdings war das Wetter jetzt recht ungemütlich geworden. Es besserte sich auch am nächsten Tag nicht, an dem ich bei Bispgärden den Thai-Tempel besuchte. Das war ein ziemlicher Umweg und offenbarte wieder ein altes Dilemma: entweder man will zügig vorankommen, dann kann man nicht viel Sightseeing machen, oder man macht Sightseeing, dann kommt man nur langsam voran. Will man beides, muss man sich auf das zu besichtigen beschränken, was am Wege liegt. So hielt ich es dann. Der Nachmittag dieses Tages versank dann in Dauerregen und ich folgte etwas strumpfsinnig mit ständig beschlagener Brille der 87 bis Hämmarstrand. Mir war hungrig und mittlerweile saukalt. Als ich ein 'Wandrerhem'-Schild sah, steuerte ich es sofort an, und das war super. Ein schöner alter Holzbau empfing mich, die Herbergseltern, ein holländ. Ehepaar, waren sehr freundlich, es war warm und sauber, dazu nicht teuer, toll!! Nach 10 Tagen das erste Bett. Draussen waren es um 17.00 Uhr nur 10 Grad bei Dauerregen. Es wäre mir wohl schlecht ergangen, hätte ich irgendwo gezeltet.
Auch am nächsten Morgen regnete es, also machte ich mich über das üppige Frühstücksbüffet her. Um einmal einen Eindruck von den Preisen zu geben: ein Bett im 3-Bett-Zimmer kostete 20 Euro, Bettwäsche und Frühstück je 5 Euro. Darauf mache sich jeder seinen eigenen Reim. Ich hab es jedenfalls genossen. Im Regen fuhr ich los und bis Mittag hielt er auch an. Zunächst hatte ich einen schweren Fehler gemacht. Um die größere Straße zu vermeiden, hatte ich eine kleinere, jenseits des Sees, der eigentlich ein Stausee war, gelegene Straße gewählt. Das war Dummheit pur, denn wegen des langanhaltenen Regens war die Piste aufgeweicht und voller tiefer Pfützen. Dazu kam, dass sie neu befestigt wurde, was so aussah, dass große Kipper die Straße abfuhren und hinten einfach den mit Erde vermischten Schotter abkippten. Die nächsten Fahrzeuge würden ihn schon plattfahren.
Für einen Radler ist das natürlich tödlich. Da kommt auch das beste Mountainbike nicht mehr durch. Im kleinsten Gang quälte ich mich voran, nass bis auf die Knochen und eingesaut von oben bis unten. Schließlich wiesen einige Arbeiter, die am Rande im trocknen Fahrzeug Pause machten, mir den Ausweg: nicht weit entfernt war der Staudamm, über den hinweg ich auf die andere, sichere, saubere Straße gelangen könnte. Ich war heilfroh hinüberzugelangen, und an der nicht weit davon entfernten Raststation machte ich erstmal ausgiebig Pause. Dann ging es weiter nach Östersund auf der 87. Noch nie hab ich mich so über eine saubere, glatte, breite Asphaltstraße gefreut wie auf diesen gut 80 km. Da auch dieser Tag kalt, nass und beschwerlich gewesen war, steuerte ich in Östersund den Campingplatz an und mietete mich dort ein. (35 Euro für ein schlichtes Zimmer) Man gönnt sich ja sonst nichts. Bei der anhaltenden Kälte und Nässe war das genau das Richtige. Ich schaute mir abends noch die Stadt an, trank in einer überfüllten Kneipe ein Bier, gezapft nicht geschüttelt (wie die Dünnbierdosen), und ging dann zeitig schlafen, in der frohen Gewissheit, eine weitere Etappe geschafft zu haben.
Fortsetzung folgt...
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#579995 - 03.01.10 14:18 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
bikehaha
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Ab Östersund sollte es nun richtig zur Sache gehen. Auf diese Etappe über die Berge bis Trondhein war ich sehr gespannt. Ich freute mich aber auch auf sie, da die Route sehr schön zu werden versprach.
Sie sollte natürlich nicht über die E14, sondern über Nälden, Alsen, Järpen nördlich längs dem Kallsjön-(See)verlaufen. Eine Route also, die über weite Strecken entlang von ca. 3-400 m hoch gelegenen Seen verläuft.
Der Wettergott meinte es auch gut, als ich mich am nächsten Morgen nach einigen Emails und Postkarten auf mein treues Bike schwang, dass die ganze Tour bisher ohne Mucken mitgemacht hatte. Ich hatte bisher nur mal die Luft geprüft und die Kette geölt. Gut gelaunt gings nun auf einige gute Steigungen gleich hinter der Stadt. In der Ferne tauchten bald die ersten Berge mit Schneekappen auf, die schnell näher kamen. Es war ein schönes Fahren an diesem Tag auf kleinen Strassen und in schöner Umgebung. Wieder mal hatten es mir die Blumen am Strassenrand angetan. Überall waren kleine Orchideen zu finden, mindestens 3 verschiedene Arten des Knabenkrauts. Kurz vor Alsen, bei Glösa, besuchte ich noch frühzeitliche Steinritzungen von steinzeitlichen Jägern angefertigt. Abends bei Järpen fand ich wieder, ein Anwohner hatte mir den Tipp gegeben, eine schöne Campstelle auf einer vor dem Ort gelegenen Halbinsel.
Leider fing es gegen Nacht hin an zu regnen, was bis mittags des nächsten Tages anhielt. Immer weiter ging es den Kallsjön entlang, mal dicht dran, mal oberhalb am Berg längs mit schönen Ausblicken. Der Regen konnte die gute Laune nicht trüben, denn jetzt war ich zweifellos in den Bergen angekommen. Rechts und links stiegen sie schon auf 900-1200 m hoch. Einer sah aus wie eine Haifischflosse. Die Vegetation wurde auch ärmlicher, Hochmoore mit Wollgras, niedrige Kiefern und Büsche.
Ab Kallsedet ging die 336 dann in Piste über, aber weiterhin gut befahrbar. Verkehr hatte ich schon die ganze Zeit fast gar keinen mehr. In Anjan, einer letzten Bergherberge vor der Grenze mietete ich mich nochmal ein. Es war eine urige Berghütte mit Blick auf einen nahen 1200 m Berg, und auch nicht sehr teuer, ca 25 Euro bei angenehmem Komfort. Nach einem leckeren Lachs-Kartoffel-Auflauf verbrachte ich eine geruhsame Nacht. Hier oben war es übrigens das einzige Mal auf der gesamten Tour, dass mich die fliegenden Quälgeister über die Maßen belästigten. Kleine schwarze Fliegen überfielen mich in Schwärmen, wenn ich vom Haupthaus zu meiner Hütte ging. Sonst hatte ich mit diesen Viechern, auch mit Mücken, nie ein Problem.
Die letzten ca. 25 km bis zur norwegischen Grenze mußte ich auch im leichten Regen auf guter Piste zurücklegen. Dann wars geschafft! Ich freute mich sehr! Ungefähr die Hälfte der Tour war jetzt bewältigt. Der Tacho zeigte 1440 km, wovon 700 km auf Finnland und 720 km auf Schweden fielen. Ich hatte also wieder in 7 Tagen 720 km zurückgelegt. Der Höhenmeter zeigte ca. 10.000 HM an, auch nicht schlecht, fand ich. In den letzten Tagen waren es immer ca. 8-900 HM gewesen. Die Grenze lag ca. 550 HM hoch.
Für den Rest des Tages war das Radeln Spaß pur: fast 50 km ging es nur noch bergab durch eine wildzerklüftete Gegend mit Wasserfällen und Wildbächen längs der Straße, die nun wieder asphaltiert war. Auch das Wetter hatte sich gebessert: es regnete nicht mehr und war deutlich wärmer geworden. Als der erste Fjord, d.h. die Nordsee zu sehen war, schien sogar die Sonne. Jetzt ging es hinunter ans Meer. Noch 2 große Rentier-Bullen mit riesigem Geweih konnte ich fotografieren. Dann ging es längs einer grandiosen Fjordküste, bis ich abends auf einer kleinen Halbinsel ca 50 km vor Trondheim in Riskvikan am Fuße einer Burg mit spektakulärem Panorama am Wasser mein Zelt aufschlug. Lockere 130 km hatte ich heute auf dem Tacho.
Beim Aufstehen, es war heute Sonntag, der 12. Juli, schien die Sonne, und guten Mutes machte ich mich auf nach Trondheim. Und guten Mut brauchte ich, denn der Weg zog sich ziemlich hin. Starke Steigungen waren zu bewältigen, sowie die Ausschilderung für Radfahrer, die immer wieder für große Irritationen sorgte. Norwegen ist nicht auf Radler eingestellt, wie ich noch oft feststellen sollte. Auf dieser Strecke hatte ich den einzigen Fast-Unfall auf dieser Tour. Ausschauhaltend nach den ziemlich kleinen Fahrrad-Schildern an einer Abzweigung war ich geradeaus gefahren, als ich plötzlich ein sehr großes auf die Abzweigung hinweisen sah. Überrascht machte ich einen Schlenker zurück auf die abzweigende Straße, wobei ich den mit ziemlichem Tempo von hinten kommenden Wagen nicht bemerkt hatte. Er musste ziemlich scharf bremsen, sonst hätte er mich voll auf die Haube genommen. Sehr erschrocken machte ich auf einem Randstreifen erstmal halt, um Luft zu holen. Dort stellte er mich mit quietschenden Reifen. Seltsam: "You almost killt me!", schrie er mich an, dabei lag die Sache genau andersrum! Nach einigem fruchtlosen Hin-und Her düste er von dannen, und ich war eine Erfahrung reicher.
Gegen 13.00 Uhr war ich schließlich in Trondheim, wie ich fand keine besonders sehenswerte Stadt. Da sie vornehmlich in Granit gebaut war, wirkte sie grau und unansehlich auf mich. OK, der Dom ist riesig und im Hafen liegen Schiffe, wie es sein soll. Die großen Grünanlagen hinter der Klosteranlage sind belebt, und auch ich fand ein Plätzchen für 'ne Brotzeit.
Lange hielt ich mich aber nicht auf, sondern sah zu, dass ich auf die der E6 gegenüberliegenden kleinen Straße in Richtung Süden/Oppdal kam. Die Strecke war recht schön und gut zu fahren. Aber einmal hatte ich mich böse verfranst: gut 3,5 km war ich eine üble Steigung hochgefahren, bzw. -geschoben, bis ich merkte, dass ich falsch war. Es nutzte nichts, ich musste zurück. Hier ließ ich das Rad dann laufen und hatte mit 68 kmh die höchste Geschwindigkeit meiner Reise. In Stoeren dann ging ich auf den Zeltplatz. An diesem Tag hatte ich 120 km und 1329 HM auf'm Tacho, die meisten der Tour.

Fortsetzung folgt ...
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#579999 - 03.01.10 14:38 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
rayno
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 3.893
Hallo horst-henning,

Deine Tourbeschreibung in Jämtland kann ich gut nachvollziehen, bin selbst dort viel herumgefahren. Meine Frau hat sich als Hobbyarchäologin über einige Jahre mit den Hällristningen in Glösa und anderen Orten wie Gärde (nordwestlich Glösa) beschäftigt, und ich durfte sie dort mit dem WoMo herumfahren, hatte aber auch Zeit zu Rennradfahren auf den zahlreichen ruhigen Nebensträßchen in der Gegend. Auch die Kallsjögegend ist mir bestens vertraut. Vor einigen Jahren waren wir drauf und dran, und dort (in Huså, nördlich Åreskutan) eine Stuga zu kaufen. In der urigen Anjan-Fjällstation sind wir auch schon mal eingekehrt.

Auf die Fortsetzung Deiner Reisebeschreibung in Norwegen bis ich schon gespannt.
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#580614 - 05.01.10 21:13 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: rayno]
bikehaha
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 214
Des Reiseberichtes 5. Teil:

Erstmal vielen Dank für deinen Kommentar, Rayno. Die Gegend dort oben ist wirklich sehr schön. Kann mir gut vorstellen, dort 'ne feste Bleibe zu haben.

Hinter Stoeren ging es nun bergauf, auf den nächsten 20 km genau 328 HM, die ich in 1 1/4 Std. abzappelte. Ihr seht, es ist eine recht gemütliche Hochfahrt. So ging es weiter bis Oppdal, leider auf der E6 mit ziemlich viel Verkehr. Es gab aber keine Alternative, da es durch eine enges Tal mit hohen Bergen an den Seiten ging. Bei schönem Wetter und herrlicher Landschaft war das Fahren ein Genuss. Das bisschen Steigung fiel nicht mehr groß ins Gewicht, oder sollte meine Kondition schon so gut geworden sein?! Nach Oppdal hinein gabs dann einen echt spektakulären Downhill: ca. 5-6 km mit 50-55 kmh ins Tal hinab. Dort unten Touristen-Rummel. Nach einem Imbiss gings auf sehr schönen Nebenstraßen weiter. Leider gab es jetzt wieder den einen wie den anderen Schauer, deren einen ich bei Anwohnern, die mich eingeladen hatten, bei einer Tasse Kaffee aussitzen konnte. Überhaupt waren alle Leute, die ich getroffen hatte, sehr freundlich.
Abends fand ich einen ganz netten Campplatz auf einer Wiese dicht am Wildfluss, der durchs Tal strömt.
Am nächsten Tag dann weiter auf der E6 über den 1025 m hohen Pass, was radlerisch keine große Herausforderumg war. Ich hatte mir das alles viel ärger vorgestellt. Hier war die ganze Gegend schon ziemlich tundramäßig. Dort traf ich einen Motorradfahrer aus Lüneburg, der auch das Wendland gut kannte. Nach kurzem Klönschnack gings weiter auf den langen Downhill nach Dombas im Gudbrandsdalen. Hier endlich konnte ich die E6 wieder verlassen. Das Gudbrandsdalen ist ein wirklich schönes, weites Tal, worin ein breiter Fluss fließt. An den Hängen Höfe mit Äckern und Wiesen. Man könnte dort herrlich Radeln, wäre die Radwegeführung nicht so hirnrissig. Während auf ebener Talsohle die E6 dick und fett verläuft, wird der Radverkehr im Zickzack durch das Tal und im Auf und Ab an den Hängen teils auf Pisten rauf und runter geführt. Dort sind die Ausblicke zwar sehr schön, aber dieses Hin und Her, Auf und Ab nervt und ist sehr kräftezehrend. Am Abend jedoch war, nach wiederum einigen Schauern (die störten schon kaum noch), die Sonne herausgekommen, und mit ihr im Rücken konnte ich noch bis 21.15 Uhr das Radeln genießen auf ebener Nebenstraße. Erst in Sjoa ging ich nach 125 Tageskm und (wie am Vortag) runden 1000 HM auf den Zeltplatz.
Weiter gings durchs schöne Gudbrandsdalen, das meistens weit, aber auch manchmal ganz eng und der Fluss darin entsprechend reissend ist. Das bisherige Auf und Ab und Hin und Her blieb wie gehabt. Oft sah man am Fluss Angler, die mit Fliegen auf Forellen aus waren. Dass mal irgend einer eine gefangen hätte, hab ich aber nie erlebt. So dödelte ich immer weiter, bis abends gegen 21.00 Uhr kurz vor Lillehammer, ich hielt schon Ausschau nach einem Campplatz, etwas abseits der Straße Sportanlagen auftauchten, worauf auch einige Zelte und Camper standen. Es waren dies die Anlagen der Winterolympiade von ?. Nach einer kleinen Orientierungsrunde pflanzte ich mein Zelt neben das zweier junger Burschen, die jeder ein supermäßiges MTB, Fullys, dabei hatten. Damit ließen sie sich tagsüber mit dem Skilift den Berg hochziehen, um ihn dann wieder mit Affenzahn runterzubrettern. Das macht bestimmt Laune. Wir verbrachten einen lustigen Abend.
Dann weiter nach Lillehammer. Mein Tacho hatte leider den Geist aufgegeben, weshalb ab jetzt Höhenangaben wegfallen. Um aber die gefahrenen km messen zu können, kaufte ich einen billigen, kleineren Tacho. Nun rückte Oslo schon in greifbare Nähe, am nächsten Tag würde ich es erreichen. D.h., ich konnte jetzt den Rest der Tour ungefähr abschätzen und kalkulieren. Am Freitag Abend würde ich in Oslo sein, d.h. es blieben mir höchstens noch 8 Tage, bis ich zuhause sein wollte. Das würde gut reichen für die Strecke durch Dänemark, ab Fred'haven, und durch Schleswig-Holstein, was ich unbedingt noch fahren wollte. Für die Strecke Oslo-Göteborg würde die Zeit aber nicht mehr reichen, das war klar. Also beschloss ich, von Oslo aus irgendwie nach Dänemark zu gelangen. Soweit die Planung.
Jetzt also auf nach Oslo. Die Gegend wurde flacher, blieb aber noch bergig genung, um immer wieder ins Schwitzen zu kommen. Weiterhin nervte die beknackte Radwegeführung. So führte der Radweg einmal ganz abseits der Hauptroute über sandige Strecken und steile Hügel durch dichten Wald. Schon eine ganze Zeit folgte ich hier einigen Radspuren im Sand, bis ich später auf einem kleinen Rastplatz die Urheber traf. Es waren 3 junge Mädchen, die mit ihren Bikes vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Norwegens unterwegs waren. Schon lange hatte ich keine Reiseradler mehr getroffen, ich glaube, in Norwegen noch gar keine. Auch sie ärgerten sich über die Radwegeführung. Und wenn man gemeinsam auf etwas schimpfen kann, versteht man sich am besten. So hatten wir eine lustige Unterhaltung, an deren Ende ich sie auch fotografierte. Ich hab ja immer etwas Hemmungen, Leute zu knipsen. Aber ich hatte ihnen gesagt, dass ich auf meiner Tour alles mögliche, Häuser, Kirchen, Bäume, Blumen, Landschaften etc. fotografierte, aber nie die wirklichen Schönheiten des Landes, worauf sie, so geschmeichelt, nichts gegen ein Foto hatten.

Die Nacht verbrachte ich wieder auf einer Badestelle nahe Eina. Ich war bei Moelv über den Mjösa-See gefahren und ab dort der B4 nach Süden gefolgt. Ihr folgte ich im Wesentlichen bis Oslo. Sie war meistens mit einem ordentlichen Radweg versehen, und so radelte man recht angenehm, auch weil die Sonne ab und an durchkam, und die Landschaft weiterhin sehr schön war. Am Freitag, den 16.7. gegen 16.30 Uhr traf ich schließlich in Oslo-City ein.
Ich hatte mir überlegt, mit einer Fähre oder Schiff nach Dänemark überzusetzen. Schnell erfuhr ich am Hafen aber, dass die einzige Fähre an jenem Abend längst ausgebucht wäre und ich u.U. noch nicht einmal am nächsten Tag eine Passage bekommen könnte. Also fuhr ich zum Bahnhof, um evtl. einen Zug zu nehmen. Und siehe da, schon um 18.00 Uhr saß ich im Zug nach Göteborg, um noch kurz vor 24.00 Uhr das Schiff nach Fred'haven zu besteigen.

So hatte ich nun 3 von 4 skandinavischen Ländern durchfahren, hatte für jedes genau 7 Tage gebraucht (bei 1 Zwangsruhetag in Vaasa). Der Tacho zeigte 2180 km und ich wars sehr zufrieden, hatte ja mein Rad nach wie vor keinerlei Schwächen gezeigt.

Fortsetzung folgt ...
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#580626 - 05.01.10 21:40 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
Balou
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Hallo Horst-Henning,

toller Bericht, macht richtig Lust auf Skandinavien.
Ich war leider seit einigen Jahren nicht mehr dort.
Einige Ecken die du beschreibst kenne ich auch.

Hast du auch Bilder?

Grüße

Klaus
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#580957 - 06.01.10 23:39 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: Balou]
bikehaha
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Danke Lothar, für dein Interesse. Bilder der Reise hab ich auch. Nur muss erstmal jemand mir als PC-Analphabeten verklaren, wie ich die auf die lange Reise übers www in diesen Bericht hinein bekomme. Das, so hoffe ich, wird morgen geschehen: Ora et labora!

Nun also auf durch Dänemark! Ca. 3.30 Uhr erreichte die Fähre Fred'haven. Schneller, als vorgehabt, lag Oslo hinter mir. Ein bisschen fand ich es schade, so gar nichts, außer einem groben Eindruck, von der Stadt mitbekommen zu haben. Ich wollte doch gerne die 'FRAM' von Fr. Nansen mir anschauen, da ich doch seinen Bericht über die Polarexpedition von 1893-96 zu Hause in Erstausgabe vorliegen und auch begeistert gelesen habe. In Stockholm hatte ich mir im Jahr zuvor die 'VAASA' angeschaut, was auch sehr beeindruckend war. - Nun ja, ein Grund, mal wieder zu kommen. -

Der erste Eindruck von Dänemark war duster, es herrschte nämlich schwarze Nacht, was ich so seit Ankunft in Helsinki nicht mehr erlebt hatte. Die Stadt schlief, und mir war auch danach. Bei einer Info-Runde durch den Ort stieß ich auf die Lobby der Reederei der Schweden-Fähren. Dort tat ich so, als warte ich auf die 1. Fähre am Morgen und konnte so gute 3 Std. auf bequemem Sofa im warmen Raum pennen. Das tat ganz gut.
Dann graute der Morgen, und mir graute auch: es wurde nämlich nicht wirklich hell, sondern dunkle Regenwolken und kalter Wind ließen nichts Gutes erwarten. So begann der eigentlich übelste Tag der ganzen Tour. Es regnete nämlich ununterbrochen bei unangenehmem Seitenwind. Dem konnte man nur durch Flucht nach vorn, d.h. nach Süden, entgehen. Irgendwie kam ich auf die Straße Richtung Aalborg, die genaue Route weiss ich nicht mehr, da ich keine Karten hatte. Ziemlich ausgelutscht kam ich dort gegen 17.00 Uhr nach gut 85 km an. Zuerst wollte ich mich dort im 'Wandrerhem' einmieten, doch die verlangten unverschämte 70 Euro pro Nacht, worauf ich mir im nahegelegenen Zeltplatz eine 4-Mann-Hütte für 35 Euro mietete. Ich war darin alleine, konnte mich also ausbreiten und meine Klamotten trocknen. Eigentlich war dieser Preis für mein Budget zu hoch, aber ich war wirklich ziemlich fertig (nach schlafloser Nacht), und am Abend fing es wieder heftig an zu schütten. Der Zeltplatz war ein einziger See. So war ich froh, einen trockenen Platz zu haben.

Der nächste Tag, Sonntag 19.7., zeigte sich von seiner freundlichen Seite. Eigentlich war die ganze Tour durch Dänemark ab jetzt sehr schön. Von Aalborg aus war ich irgendwie auf die 'nationale Fahrradroute Nr. 3' gestoßen, und auf dieser blieb ich bis runter nach Flensburg. Dies ist der alte 'Heerweg', der sich in Schleswig-Holstein (SH) als 'Ochsenweg' fortsetzt.
Hier muß ich einmal ausdrücklich betonen, dass ich mich in bisher keinem anderen Land, das ich beradelt habe, als Radfahrer so ernst genommen gefühlt habe, wie in Dänemark! Schon als ich die Fähre verließ, nahm mich ein separater Radweg auf, dem eine lückenlose und eindeutige Radwegeführung folgte. Und so blieb es bis an die deutsche Grenze! Diesem Radweg Nr. 3, oder 'Heerweg' schloss sich, ich glaube ab Viborg, ein transeuropäischer Pilgerweg (bis Compostella o.ä. ?) an, was zur Folge hat, dass am Weg auf viele POI's der kirchlichen wie weltlichen Geschichte hingewiesen und -geführt wird. Es finden sich auch immer wieder gepflegte Rastplätze mit Unterstand, Tisch, Bank, Feuerstelle und Campmöglichkeit an diesem Weg. Dass er stets abseits der großen Straßen verläuft und eigentlich immer gut befahrbar ist (schlechte Witterung kann dies gelegentlich einschränken), braucht nicht erwähnt zu werden.

Damit ist eigentlich über meine Tour durch Dänemark alles gesagt: auf radfreundlicher
Route ging es durch ein freundliches Land. Keine so schroffen Landschaften mehr wie in Norwegen, sondern immer auf dem Geestrücken entlang, hügelig, mit Buchenwäldern, Heiden, durch Wiesen und Äcker. Immer wieder gab es interessante Dinge zu bestaunen, mal eine Kirche, mal uralte Steinbrücken oder Runensteine, mal ein Hünengrab oder Schriftstelen aus Wikingerzeit.
Erwähnen möchte ich noch den Besuch in Viborg, wo ich nach Aalborg die nächste Nacht am See zeltete. Viborg ist ein überraschend schöner Ort, auf einem Hügel an einem See gelegen, gekrönt von einem Dom, der von einer uralten Klosteranlage umgeben ist. Der alte Stadtkern besteht aus engen Straßen und Gässchen, langen Fußgängerzonen und Parkanlagen. Mein Interesse an Viborg war von besonderer Natur: ich war hier nämlich schon mal als junger Bursche von 20 Jahren gewesen, nachdem ich das 1. Mal Schweden und Finnland bereist hatte, damals allerdings per Autostop. Das war 1972 gewesen. Lang,lang ists her! Damals hatte ich in Viborg ein amouröses Abenteuer mit einer Klosterschülerin gehabt, das in einer jener Klosteranlagen stattgefunden hatte. Diesen Ort wollte ich noch mal aufsuchen, jener Lust gedenkend. Und tatsächlich, obwohl ich nur noch einen ganz vagen Eindruck der Örtlichkeiten von damals hatte, fand ich ihn recht schnell.
Einigermaßen gerührt, hier hätte ich mir am ehesten nette weibliche Gesellschaft gewünscht, ließ ich mich in einem der Restaurants der Fußgängerzone nieder, bestellte einen Wein und aß mich am Salatbüfett satt, bevor ich mich auf den vorher ausgeguckten Campplatz begab.

Das war nun ein ganz schöner Sonntag gewesen, der Montag und Dienstag verging mit oben beschriebenem Durchfahren Dänemarks. Dienstag abend zeltete ich ca. 20 km vor der deutschen Grenze, hatte mir doch tatsächlich noch die Stirn und Nase sonnenverbrannt.
Eigentlich wollte ich auf deutscher Seite dem schönen, unkomplizierten Heerweg, also jetzt 'Ochsenweg' weiter folgen, doch irgendwie fand ich ihn nicht mehr. Am Beginn bei Padborg, bei den pompösen Hörnern, wo er anfangen soll, war ich. Aber dann ward er nie mehr gesehen! Ich hab nie rausgefunden, wie er markiert ist (in Dänemark wars 'ne schlichte, grüne 3), obwohl ich auf meinem Weg nach Itzehoe ihn mehrfach kreuzte und auch streckenweise auf ihm entlang fuhr. Dieser Ochsenweg und sein geheimnisvolles Verschwinden bleiben also ein noch zu lösendes Rätsel. War mir irgendwann auch egal, in SH brauche ich keinen Ochsen, der mir den Weg weist, denn hier kenn ich mich aus.
Ich hielt mich an die B76/77, und landete um 20.45 Uhr bei guten Freunden in der Nähe von Itzehoe. Der Tacho zeigte an diesem Tag stolze 165 km.
Damit war meine Reise fast zuende. Ich blieb noch den nächsten Tag, besuchte meine alten Eltern und Freunde, und dödelte dann am Freitag und Samstag durch die Kremper Marsch an die Elbe, und dann dem Elberadweg entlang nach Hitzacker, wo ich Richtung Lüchow und also Heimat abbog.

Summa summarum bin ich in genau 27 Tagen knapp 3.000 km und ca 25.000 Höhenmeter gefahren, hab ca 12 kg abgenommen, keinen einzigen Plattfuss oder andere Malesche mit dem Rad gehabt, hatte überwiegend gute Laune, erlitt ausser einem fast gebrochenen Zeh und Sonnenbrand auf der Nase keine sonstigen körperlichen Gebrechen, und kann letztendlich nur sagen, dass diese Skandinavien-Rundtour 'ne feine Sache war. ...zur Nachahmung empfohlen!
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#583193 - 14.01.10 14:44 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
bikehaha
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Beiträge: 214
Ich hoffe, es klappt: mit Klick auf folgenden Link könnt ihr die Fotos anschauen:http://picasaweb.google.de/hahaTews/020
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#583197 - 14.01.10 15:06 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
NINJAENTE
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Beiträge: 291
Unterwegs in Australien

tolle Bilder
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#583215 - 14.01.10 16:00 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
bastler
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Hallo

Schöne Tour hast du da gemacht und super Bilder, einiges kenn ich von meinen Touren im Norden. Man will sofort wieder los schmunzel

mfg michl
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#583271 - 14.01.10 18:29 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
Pedalpetter
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Beiträge: 1.376
In Antwort auf: bikehaha
Hier muß ich einmal ausdrücklich betonen, dass ich mich in bisher keinem anderen Land, das ich beradelt habe, als Radfahrer so ernst genommen gefühlt habe, wie in Dänemark!


Hallo Horst-Henning,

das unterschreibe ich sofort.

Ansonsten hast Du ja eine super Tour abgeradelt.
Eigentlich bin ich nicht neidisch, aber bezüglich Deiner Tour schon. bravo
Gruss
Volker
Gruß
Volker
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#583298 - 14.01.10 19:11 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
Balou
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Beiträge: 44
Tolle Bilder bravo
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#583322 - 14.01.10 20:35 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
Bikeralle
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Beiträge: 40
Ich muß echt sagen, tolle Bilder, toller Bericht.

Macht einfach Laune aufs losfahren.
Das mit den Dänen macht mir mal Mut, denn dieses Jahr gehts da auch mal hin, nachdem ich es 09 schon verschieben musste.

Weiter so, ich kann ganze Abende damit verbringen die Beiträge in "Reiseberichte" zu verschlingen.

mfg Ralf
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#583331 - 14.01.10 21:41 Re: Skandinavien-Rundtour 07/2009 [Re: bikehaha]
k_auf_reisen
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Beiträge: 292
Danke für den interessanten Bericht und die schönen Bilder! Auch ich war bis jetzt jedesmal begeistert von Skandinavien. Es gibt wirklich wunderschöne Ecken da oben. Übrigens habe ich auch die Autofahrer in Schweden und Norwegen als sehr rücksichtsvoll gegenüber Radfahrern erlebt.

K.
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