Re: Leichtes, reisetaugl. Alltags-/Vielfahrerrad

von: Anonym

Re: Leichtes, reisetaugl. Alltags-/Vielfahrerrad - 06.06.20 11:34

Um ein paar Klicks zu generieren und weil sonst nur km über km relativ ereignislos abgenudelt werden, ein paar Beobachtungen zum Vergleich Rohloff-Speedhub vs. Pinion P1.18. Beide Systeme werden ständig auch im Wechsel gefahren:

Leicht geschütztes Riemensystem vs. geölte Kette mit modifiziertem Chainglider:
Das Pinon-Rad läuft mit dem Riemen, die Speedhub-Räder mit Kette, so dass der Vergleich nicht 100%-ig ist. Der Riemen sieht nur Straße und Feldwege, aber keine Schlammschlacht. Es steht z.Zt. bei 27tkm und die weitere Prognose setze ich mal auf grob 35 - 40tkm hoch. Riemenriß kann immer dazwischen kommen, aber sieht nicht danach aus. Bei geringem Systemgewicht muss der Riemen nicht so hart gespannt werden, wie man es häufig sieht/fühlt, das bringt den Wirkungsgrad näher an die Kette und sorgt für wartungsfreien, aber natürlich nicht verschleißfreien Betrieb. Laufleistung etwa wie die Kette mit dem modifizierten Chainglider. Allerdings sind die Wechselkosten bei Riemen ca. 300€, bei Kette um die 60€. Gewicht von Riemen und 2 Riemenscheiben liegt bei 0,5kg, Kette + Kettenblatt + Ritzel + Kette + Chainglider bei 1kg. Riemen würde ich nicht für hohe Systemgewichte und hohe Trittkräfte (genauer Riemenzug) nehmen.

Ungeschütztes Riemensystem vs. ungeschütztes Kettensystem:
Kann ich nicht selbst berichten, weil das eigentlich vorsätzliche Sachbeschädigung ist, aber es entspricht dem weit überwiegenden Realbetrieb der Systeme. Bei den teuren Riemensystemen bezahlt man das einfach mit erheblichem Mehrverschleiß und bei hohen Zugkräften auch mit Unzuverlässigkeit und bei der Kette ist man halt ständig Lieferant für Altmetall, aber das ist die Community ja gewöhnt und die Teile sind - insbesondere nach dem Rohloff auf die Steckritzel umgestiegen ist - relativ billig.

Hinterradnabe:
Die Pinion benötigt im Heck eine Singlespeednabe und die gibt es nicht in großer Auswahl und sie sind nicht auf die Eigenheiten der Pinion ausgelegt. Auch im eigenen Bekanntenkreis gibt es Leute mit höherem Systemgewicht und kräftigeren Antritten, die solche Naben umbringen, sogar die Pinion-eigene der 2.ten (?) Gen. Vom Arbeitsprinzip kann die Pinion die Nabe massiver belasten als ein SSP-Fahrer. Auch hier wieder: Geringes Systemgewicht und alle Probleme sind vom Tisch. Bei der Speedhub sind die Drehmomentgrenzen kein praktisch bedeutsames Thema und die Gewichtsbelastung betrifft den Flansch, natürlich auch die SSP-Nabe. Das große Gehäuse der Speedhub wird 2-fach gekreuzt, dass kleine Gehäuse einer SSP-Nabe 3-fach.

Schaltverhalten:
Beim Schaltverhalten ist die Pinion etwas empfindlicher gegen unsauberes Schalten, dafür benötigt sie geringere Schaltpausen. Man merkt es beim Wechsel auf das Speedhub-Rad, dass man ein Ticken zu früh wieder Druck auf das Pedal bringt. Beide haben die Rastung im Getriebe, beide benötigen für vernünftiges Fahren gut und leicht laufende Schaltzüge und Griffe. Die Züge bei der Pinion enden bereits oberhalb des "Tretlagers" und sind somit deutlich kürzer als bei einer Speedhub im Heck. Weiterhin sind es Standard-Schaltzüge von Shimano u.ä. Insgesamt schalten beide Systeme praktisch gleich.

Schaltgetriebe:
Beide Systeme fahre ich gleich gerne. Bei Pinion spürt man die wesentlich größeren (langsamlaufenden) Zahnräder und Rädersätze direkt in den Füssen und was sich beim Schalten an Zahnradpaaren ändert, bei der Speedhub durch die Kette und da sie viel kleiner sind, praktisch nichts. Bei der Pinion - ähnlich vielen Motorrädern - macht sich der korrekt eingelegte Gang durch ein Klacken bemerkbar, wenn die Zahnflanken und Schaltklauen wieder auf Anschlag gehen. Übrigens alles nichts gegen Kettenschaltungen. Die Laufgeräusche von gradverzahnten Zahnrädern haben beide - die schnelllaufende Speedhub mehr - und bei beiden war und ist das völlig uninteressant und auch nicht störend.

Übersetzungsbreite:
Die P1.18 ist natürlich genial weit mit 636% gegenüber der Speedhub mit 526%. Ein Speedhub- und das Pinion-Rad sind beide im ersten Gang auf Entfaltung von ca. 1,4m ausgelegt. Somit hat das Pinion-Rad im 18. Gang etwa 8,9m und das Speedhub-Rad im 14. Gang etwa 7,4m. Man kann also beim Pinion einen längeren Berg runter noch bei 50km/h gut mittreten. Wirklich notwendig ist es selten, ab und zu aber praktisch, weil man die laute TUNE-Nabe so einfach ruhig stellen kann. Einfach in 18ten Gang schalten und gemütlich ohne Druck den Hügel runter mitdrehen. Die Speedhub tritt man halt leer im 14. Gang mit und reduziert massiv die Freilaufkadenz - oder lässt es bleiben. Die etwas feineren Gangsprünge der P1.18 sind ein kleiner Vorteil bei längeren Überlandfahrten zur Anpassung der Trittfrequenz. Ein anderes Speedhub-Rad ist länger ausgelegt zwischen 1,6m und 8,3m.

Wartung und Pflege:
Die P1.18 hat wie die Speedhub die Unart, nur ein Ablauf-/Befüllloch zu haben. Bei der Speedhub geht es mit moderaten Tricks und dem Spülölverdünnen, dass die Nabe einigermaßen geleert werden kann. Bei der P1.18 ist das deutlich mühsamer, weil auch diese Öffnung nicht am tiefsten Punkt des Getriebes liegt. Bei der C-Reihe ist das aber gelöst. Beide können undicht sein, die Speedhub mit dem rotierenden Gehäuse, der geheimnisvollen Entlüftung in der Hohlachse, dem Ritzel als Dichtfläche gegen den Wellendichtring sowie der externen Schaltbox ist eigentlich wesentlich schwieriger dicht zu kriegen. Die P1.18 hat ein stehendes Gehäuse, keine Entlüftung und Wellendichtringe für die Tretachse. Innen ist noch ein kleines, fettgeschmiertes Planetengetriebe für die Schaltung, welches auch durch eine Dichtung gegen den Ölraum abgeschirmt ist und die kann auch undicht werden. Man hat das wohl nicht in den Ölraum gelegt (wie bei der Speedhub die ext. Ansteuerung), damit man unabhängig vom Ölbad die Schaltseile wechseln kann. Das Pinion-Öl wird als synthetisches Öl mit Visko 68 angegeben und wüsste jetzt nicht, was das Rohloff-Öl hier anders machen sollte. Vom Fließverhalten und damit der Visko scheint es mit Küchentischtechnik betrachtet, gleich zu sein. Diese Wartung kommt ja nur einmal im Jahr vor und dazwischen gibt es wartungsmäßig nichts zu tun und es muss auch nichts nachjustiert werden.