Re: Aktueller Test Nabendynamos

von: ohne Gasgriff

Re: Aktueller Test Nabendynamos - 01.12.14 01:22

Mit dem Bordwerkzeug? unsicher
Ein Lagerwechsel ist grundsätzlich keine große Sache: Altes Lager rauskloppen, neues reinkloppen, ferdich. Soweit die Theorie - und die ist bekanntlich grau. lach
Um überhaupt zum Lager zu gelangen, mußt du erst mal soweit zerlegen, also Klartext das Rad komplett ausspeichen. Wie das Gehäuse dann auseinander geht, weiß ich nicht (aber z.B. Herr Oehler). Was an der Anschlußseite noch auseinandergefiddelt werden muß, ist ebenfalls noch im Nebel. Zum Ausbau des Lagers haben feine Leute einen Auszieher, aber unterwegs kannst du auch bedenkenlos auf den Innenring klopfen oder dir evtl. mit einer Schraube und einer Brücke was basteln. Vorsicht ist jedoch beim Lagersitz geboten. Das ist ja wohl eine relativ stramme Passung in empfindlichem Aluminium und die leidet unter der Reibung. Es empfiehlt sich deshalb grundsätzlich, die ganze Chose etwas zu erwärmen, dabei die unterschiedlichen Wärmedehnungen von Alu und Stahl zu nutzen, um den Preßsitz vorab etwas zu entspannen. (Alu dehnt sich bei Erwärmung etwa doppelt so stark wie Stahl.)
Unterwegs am Straßenrand gelingt das am besten in einem Topf Öl (gerne auch Speiseöl), das du auf dem Kocher erwärmst. (Am Straßenrand kannst du allerdings kein neues Lager kaufen. Dort, wo du ein Lager kriegst, läßt sich auch etwas weiterer Krempel auftreiben, wie z.B. Gewindestange, Muttern, Scheiben, ein Stück Holz für die Brücke und eine Flasche Erdnußöl. Das ist hocherhitzbar, leichter zu entsorgen als Mineralöl und dein Kochtopf ist hinterher auch irgendwie appetitlicher.)
Beim Einziehen des neuen Lagers ist es auch wieder von Vorteil, wenn das Gehäuse etwas angewärmt ist. Jetzt ist es jedoch wichtig, daß du nur über den Außenring des Lagers Druck ausübst, um das neue Lager nicht gleich beim Einbau schon zu quälen und zu schädigen. Es empfiehlt sich jetzt wirklich, den Hammer mal beiseite zu lassen und stattdessen 'ne Schraube/Gewindestange; zwei Muttern und ein paar Karosseriescheiben zu verwenden. So kannst du am ehesten sicherstellen, daß du das Lager nicht verkantest, was wiederum den Sitz beschädigen würde. Du brauchst jetzt noch eine Zwischenlage, die auf den Außenring drückt und den Innenring unberührt läßt. Zuhause findet man dazu fast immer 'ne passende Nuß in der Werkzeugkiste. Unterwegs kannst du den Außenring des alten Lagers verwenden. (Kafig zerstören, sodaß die Kugeln alle auf eine Seite rollen können, dann geht der Innenring raus.)
Was wir jetzt noch garnicht beachtet haben sind eventuelle Wellendichtringe außen vor dem Lager. Irgend sowas wird vorhanden sein, denn die Dichtscheiben der Lager alleine genügen nicht für eine zuverlässige Abdichtung gegen Umwelteinflüsse und Straßendreck. Ein gewöhnlicher Wellendichtring (Simmerring) wird mit dem Schraubenzieher rausgehebelt und dabei zerstört. Den bräuchtest du also auch neu: Normteil, gibt's überall da, wo's auch Lager gibt. Weil ein Simmerring auf der Welle reibt, Fahrradfahrer mit jedem halben Watt Verlustleistung hadern und Nabendynamos da ohnehin unter besonderer Beobachtung stehen, findet man aber meist nur irgendwelche Kunststoffabdeckungen, die zwar nur unvollkommen abdichten, dafür aber wenig/keine Reibung verursachen. Die bekommst du evtl. zerstörungsfrei runter. Ich packe da anschließend immer ordentlich Fett drunter und will das an der Achse rausquillen sehen, wenn ich die Kappe aufdrücke.
Übrigens: Wenn die Straßenbrühe die Dichtungen erst mal überwunden hat, gerät dem Rillenlager seine Rille zum Nachteil. Eingedrungener Dreck kann da nämlich nur schwer wieder raus, während ein Konuslager ihn problemlos wieder los wird. Ich habe unterwegs auch schon mal ein knirschendes Konus-Tretlager (Thompson-Type) wieder reingewaschen, indem ich einfach durch ein paar saubere Pfützen auf Asphalt gefahren bin. Das Wasser spritzte vom Hinterreifen unter den Sattel und lief von dort durch die hohle Sattelstütze in den Rahmen. Sofort war wieder Ruhe. Da drin sah es aus wie in der städtischen Kanalisation, als ich das Lager 200km später geöffnet habe. Sand und Schlamm, die Lagerflächen waren hingegen einwandfrei.
Aber das nur am Rande.
Beim anschließenden Wiedereinspeichen und Zentrieren findest du übrigens noch ein unschlagbares Argument für Felgenbremsen am Reiseratt. zwinker

Gruß,

Clemens