Re: Geht ihr mit Begleitung auf Radreise?

von: Anonym

Re: Geht ihr mit Begleitung auf Radreise? - 17.10.01 12:22

Meine Frau und ich machen seit Jahren Radtourenurlaub in Frankreich und neuerdings auch in Italien.

Die erste grosse Radtour machte ich vor rund 13 Jahren in Frankreich mit einer Bekannten. Grösser hätten die Unterschiede nicht sein können, sie mit einigen Kilos Übergewicht, einem Damenrad Marke "Männer sind eh alles Knacker" und null Erfahrungen für langes Radeln (im Flachen immer die grössten Gänge, nichts Trinken, Shorts mit Unterhosen und ähnlichen Scherzen), ich mit bereits einigen tausend Kilometern in den Beinen, einem Rennrad umgebaut für Packtaschen und mit recht guten Erfahrungen für lange Etappen. Um es vorweg zu nehmen, irgendwann konnte ich nicht mehr zuschauen, sagen liess sie sich eh nichts und wir haben uns darauf geeinigt, dass sie jeweils nach der Pause eine Viertelstunde früher wegfährt als ich. So ging das halbwegs. Ganz anders das Freizeitprogramm: Da wir beide in etwa die gleichen Interessen hatten (gut Essen, ein Glas Wein, Gespräch mit anderen Menschen, Natur, etc) verstanden wir uns nach dem Radeln blendend.

Mit meiner Frau (die ich später kennengelernt habe..) sieht es ganz anders aus, sie ist 12 Jahre jünger, 30 Kilogramm leichter und als ehemalige Radrennfahrerin hat sie keine Probleme mit langen Etappen und Bergen. Aber auch wir haben manchmal gute und schlechte Tage und dann gibt halt jeweils der schwächere das Tempo vor (ausser bei Gegenwind). Da wir im Freizeit- bereich auch gleich gelagert sind, sind dies für uns immer die schönsten und erlebnisreichsten Ferien.

Fazit: Egal ob Rennradler, MTB oder anderes, die Teilnehmer sollten etwa die gleiche Art Räder fahren und auch von der Kondition her (vor allem auf die Distanz bezogen) etwa vergleichbar sein. Das einer schneller den Berg hinauf kommt als der andere ist normal (bei uns muss meine Frau meistens auf mich warten) und sollte nicht zu Problemen führen. Wichtig ist auch dass Asketen unter Asketen bleiben und Genussmenschen unter ihresgleichen. Was gibt es Frustigeres als wenn man noch ein halbes Glas Wein vor sich hat und die anderen drängen schon wieder zur Weiterfahrt. Also sollten auch Tagesetappen so eingeplant sein, dass Pausen nicht nur zur Erholung sondern auch zum Geniessen drin liegen.

Einmal im Jahr gehe ich zwangshalber jeweils ein paar Tage allein (habe mehr Urlaub als meine Frau) nun dann merke ich den Vorteil von zu zweit reisen schon, zu zweit geniesst sich einfacher besser: Eine schöne Landschaft, ein gutes Essen, ein romantischer Sonnenuntergang oder auch irgend ein "Scheisserlebnis"* wo man noch jahrelang darüber lachen kann.

*Kettenriss auf Sardinien, Regenfahrt in den montagnes noires, das Gruselhotel oberhalb Florac, oder die falsche Essensbestellung wo ich trotz guter Französisch-Kentnisse Muscheln statt Huhn bestellt habe "Coquilles" statt "Coq" sind Dinge, die auch verbinden. Auch die gemeinsame Überquerung des Bonette 2'804 m und den damit verbundenen Erlebnissen kitten.

Das Problem ist halt, das Radler nicht gleich Radler ist. Wir wollen uns am Tag abstrampeln und schwitzen, aber abends ziehen wir ein Hotelzimmer mit Dusche und anschliessend ein gediegenes Nachtessen mit einem Glas Rotwein einem Zelt mit Gaskocher vor (wir sind auch nicht mehr die Jüngsten, 41 und 53). Andere wiederum können sich stundenlang bei einem Glas Isotonic und einem Ernegiebarren über Durchschnitts-Geschwindigkeit und gefahrenen Übersetzungen unterhalten. Das grösste Problem sind wahrscheinlich verschiedene Erwartungshaltungen und Vorstellungen, so etwas kann man im "Vorgespräch" aber schon etwas abtasten.