Letzter Newsletter von Urs aus Neuseeland

von: Urs

Letzter Newsletter von Urs aus Neuseeland - 19.02.05 23:06

Hallo

Unsere Reise naehert sich langsam aber sicher dem Ende. In den letzten 2 Wochen
konnten wir alle kapriolen des Neuseelaendischen Wetters kennen lernen,
verschiedene Landschaften entdecken und einige Tiere beobachten.

Aber alles der Reihe nach:
In Wanaka gingen wir eben an diesem regnerischen Nachmittag noch ins
Puzzle-World. Die haben im Eingang ein Kaffee, wo auf den Tischen viele
Knobelspiele rumliegen. Da kann man sich gut verweilen an einem Regentag. Dazu
gibts einen Teil mit verschiedenen Optischen Taeuschungen und draussen einen
grossen Irrgarten. Den machten wir trotz Regen und nahmen uns der
Challangeaufgabe an (alle 4 Ecktuerme im Uhrzeigersinn zu finden) und machten
ein Wettrennen gegeneinander. Bei den ersten 2 Tuermen war Urs zuerst, dann
ueberholte ich ihn, und auf dem Rueckweg holte er mich wieder ein, so dass wir
zusammen den Ausgang suchten. Und wir brauchten nur die Haelfte der Angegebenen
Zeit.
Am naechsten Tag hatte der Regen aufgehoert, aber die Wolken hingen noch tief
ueber den Bergen. Eigentlich hatten wir vor, eine Wanderung mit schoener
Aussicht zu machen, aber so entschieden wir, doch weiterzuradeln. Wir fuhren
durchs Cadrona-Valley gemaechlich hoch, vorbei an einem alten, sanft
renovierten Hotel, wo wir eine heisse Schockolade tranken. Dort fuehlte man
sich wirklich 100 Jahre zurueckversetzt. Am Schluss stieg die Strasse steiler,
bis wir den Pass erreichten, von wo aus man Christchurch erblicken konnte. Es
war nicht gerade besonders warm, und so zogen wir fuer die Abfahrt Handschuhe,
Unterziehmuetze und so an. Wir liessen Christchurch links liegen und fuhren
durch eine huebsche Schlucht hinunter nach Cromwell. Unterwegs schauten wir bei
einer alten Bruecke den Bungie-Junpern zu. Es ist schon extrem, wie das hier
vermarktet wird und jeder Touri das Gefuehl hat, das muesse er schon mal
gemacht haben.
Am naechsten Tag fuhren wir nach Clyde, einem ganz schoenen kleinen Doerfchen,
das noch viele alte Hauser hat an der Hauptstrasse. Aber uns fuehrte noch was
anderes dahin: Hier beginnt naemlich der Central Otago Rail Trail. Ende
Dorf holten wir uns bei der Velovermietungsstation eine Broschuere und radelten
los auf dem Trail, froh, fuer ein paar Tage keine Autos um sich zu haben. Der
Trail ist in guten Zustand, zwar Schotter, aber es rollte groesstenteils sehr
gut. Nach ein paar Kilometern kamen wir nach Alexandra, wo wir in einer
Baeckerei Zmittag assen (frische Pies und was suesses zum Dessert) und im
Supermarkt noch die Foodtasche auffuellten, da der Trail nur durch kleine
Doerfer fuehrt. Der Weg drehte darauf nach Nordosten ab, wir hatten Gegenwird
und es ging bergauf, aber zum Glueck ja nie steil. Auf diesem Railtrail haben
sie wirklich alle alten Eisenbahnbrucken erhalten, das war sehr schoen. Zudem
hats immer wieder Schilder, die auf Dinge hinweisen oder was historisches
erzaehlen, und viele kleine Bahnhoefe sind zu Picknick-Raumchen fuer die Radler
umfunktioniert worden. Am Abend Zelteten wir auf einem Gemeinde-Zeltplatz in
Omakau, der einfach war aber eine grosse Kueche hatte. Es hatte noch viele
andere Radler, einige davon hatten wir schon vorher mal getroffen, und es hatte
erstaundlich viele Langzeitradler darunter, die ein Jahr und mehr unterwegs
waren. Das gab natuerlich interessante Erzaehlungen und Diskussionen am Abend.

Am naechsten Morgen Regnete es aus stroemen, und alle Radler sassen in der
Kueche und Warteten auf bessere Aussichten. Die Caretakerin des Zeltplatzes kam
im spaeten Morgen vorbei mit einem Korb frischgebackener Scones, inklusive
Butter und Konfituere. Die schmeckten exzellent!
Am Mittag begann der Regen dann tatsaechlich nachzulassen, so dass einer nach
dem anderen zusammenpackte und losradelte. Diesmal fuerte der Weg durch zwei
Tunnel und eine kleine Schlucht, bis wir den hoechsten Punkt erreichten und es
entlich bargab ging, was trotz Gegenwind nicht schlecht rollte. Ca 8 km vor dem
angestrebten Zeltplatz in Ranfurly begann es wieder zu regnen. Zuerst standen
wir noch in einem Shelter unter, als es dann aber innert kurzer Zeit merklich
kuehler wurde, nahmen wir doch lieber die paar km noch unter die Raeder.
Der naechste Tag war wieder schoen, aber am Morgen immer noch recht kuehl (4
Grad). Wir reservierten noch den Zug in Pukarangi (ein Touristenzug, der durch
die Taieri-Schlucht nach Dunedin faehrt) und fuhren frueh los, damit wir diesen
sicher erreichten am Nachmittag. Diesmal gings recht zuegig, weil der Wind von
hinten blies. Zu unserem Erstaunen gabs in einem kleinen Weiler, wo es laut
Broschuere gar nichts gab, ein frisch renoviertes Hotel mit wunderschoenem
Kaffee und selbstgebackenen Leckereien dazu. Da konnte man ja einfach nicht
vorbeifahren.
Auf dem Trail kreuzten wir immer wieder die gleichen Radler, und das letzte
Stueck fuhren wir zu fuenft nach Middlemarch, wo der Trail zu Ende war und
assen
noch zusammen Zmittag. Von dort waren es noch 19 km bis zum Bahnhof. und wir
dachten das sei schoen flach und kein Problem. Aber dann kam zuerst ein ebenes
Schotterstueck, dann ging es Asphaltiert steil ueber einen Huegel, der einfach
nicht hoeren wollte. Als schon der Bahnhof in Sicht war, kam nochmals ein
Schotterstueck, zuerst steil runter und dann gleich wieder rauf. In der Abfahrt
hoerte ich, dass meine Lippenpommade aus der Tasche gefallen war und wollte
abbremsen, aber auf dem hartgepressten Erdbelag der Strasse lag loses Kies und
mein Vorderrad rutschte davon, dass ich hinflog. Das Kinn blutete und die Hand
war ein wenig aufgeschuerft, aber ich war zum Glueck nicht mehr schnell. So
fuhren wir trotzdem noch das letzte Stueck zum Zug, wo Urs die Raeder
verstaute, waehrend ich mich grob zu waschen versuchte und umzog, damit mich
nicht alle Leute so entsetzt anschauten wegen dem Blut. Schliesslich sassen wir
im Zug und genossen die Landschaft, nachdem ich auf der Zugtoilette die Wunde
am
Kinn gereinigt und gepflastert hatte. Und seither fragen mich alle Leute, ob
ich
einen Unfall hatte wegen dem Pflaster.
In Dunedin angekommen fuhren wir zur naechsten Unterkunft, und das war das
YHA-Hostel, wo man auf der winzigen Wiese hinter dem Haus zelten kann, wenn das
Hostel sonst ausgebucht ist. Das Hostel war erstaundlich angenehm, super
gepflegt und in einem schoenen alten, verwinkelten Backsteinhaus mit Ofen und
allem. So machten wir gleich noch eine Maschine Waesche und genossen einfach
das hostel. (Judith)

Das Wetter war leider auch in Dunedin bedeckt und kuehl. Wir schauten uns kurz
in der Stadt um, wo wir Tape fuer Judiths Kinn und Brot brauchten.
Danach mussten wir aus Dunedin rausradeln. Leider fuehren alle Wege aus Dunedin
ueber Huegel. Wir entschieden direkt die South Road zu nehmen, obwohl unser
Radlfuehrer (Pedaller Paradise) etwas anderes vorschlaegt. Fuer Dunedin war die
Strasse angenehm flach. Normalerweise sind die Strassen hier bloedsinnig steil
und mit Gepaeck sehr hart zu radeln. So gibt es hier auch die sogenannte
steilste Strasse der Welt. Wir folgten dem Southern Scenic Drive, der ueber
Brighton entlang der Kueste fuehrt. Die Fahrt entlang der Kueste war
ausserordentlich huebsch und flach. Leider hatte Brighton ausser einem kleinen
Laden nichts zu bieten. Wir hofften eigentlich ein Cafe zu finden, indem wir
uns aufwaermen konnten. Der Gegenwind und die Temperaturen (<15Grad) kuehlen
einem doch etwas aus. Immerhin machte uns die Ladenbesitzerin eine heisse
Schokolade. Wir erwarteten eigentlich schon einen Huegel, der uns ins naechste
Tal bringt. Was aber folgte war eine extrem steile Schotterstrasse, die uns auf
den hoechsten Punkt des Huegels (ca. 350m hoch) brachte. Den Ingenieuren, die
diese Strasse planten, muesste man sofort die Lizenz entziehen oder sie mit
einem bepackten Rad ueber diese Strasse jagen! Nun gut, radeln soll ja
bekanntlich gesund sein? Wir ueberlebten auch diesen Huegel und folgten bis
Balclutha der Hauptstrasse. Leider war diese relativ verkehrsreich. Immerhin
bekamen wir unterwegs in Milton in einem Cafe eine heisse Schokolade und
leckere Scones (Teegebaeck) mit viel Schlagrahm und Konfituere. Abends
diskutierten wir laenger mit Amerikanern, die nach Neuseeland segelten.
Morgens regnete es bereits wieder. So verkrochen wir uns erstmal in die
hilfsbereite Touristeninfo. Bis wir schliesslich auch noch eingekauft hatten
war es schon spaet. Unser naechstes Ziel war der Nugget Point, wo die
sogenannten Catlins beginnen. Wir mussten zuerst durch starken Gegenwind nach
Kaka Point runterradeln, wo wir uns leckere Kumara (Suesskartoffeln)
Pommes-Frites und Fisch genehmigten (mmmh). Mittlerweile kam sogar die Sonne
raus. Der Nugget Point ist ein felsiges Kap mit einem Leuchtturm. Man kann hier
verschiedene Arten von Seehunden, Voegel und abends Pinguine beobachten. Leider
war die Schotterstrasse dorthin etwas schweisstreibend. Der Abstecher war es
jedoch wert. Als wir Nugget Point verliessen kam die naechste Regenfront. So
fuhren wir nach Owaka teils in stroemendem Regen bei Temperaturen knapp ueber
10 Grad. So waermten wir uns Owaka erst in einem Cafe etwas aus. Danach fuhren
wir zu einem ganz neuen und kleinen Zeltplatz an der Kueste unten. Wir waren
die einzigen Gaeste mit Zelt. Die Cabins hatten kunterbunte Farben. Hinter dem
Camping konnte man zur Beach laufen, wo man Seeloewen von ganz nah beobachten
konnte. Sie lagen im Sand und ruhten sich aus. Zwei Maennchen lagen sich etwas
in den Haaren wegen einer Seeloewin. War ne wunderschoene Szenerie obwohl der
Wind sturmartig war.
Das Wetter war am naechsten Morgen eher noch schlechter. Wir radelten trotzdem
los. Eigentlich ist die Hauptstrasse durch die Catlins mittlerweile
asphaltiert. Wir entschieden uns dennoch eine Schotterstrasse zu nehmen um
einen Wasserfall zu besuchen. Zudem war die Strasse hier etwas weniger steil
und sogar kuerzer. Die Raeder wurden durch den starken Regen ziemlich dreckig
zumal vorher auch noch Kuhherden ueber die Strasse getrieben wurden, die ihren
Mist hinterliessen (iih). Das einzig gute am Regen war, dass der Wasserfall
wenigsten viel Wasser hatte. Im Gegensatz zu den Wasserfaellen in der Schweiz
ist dieser etwas breiter und faellt uber drei Felsstufen. Erstaunlich ist hier
auch wie dicht der Wald hier wieder sein kann. So sieht man hier auch wieder
Farn-Baeume. Urs war heute nicht gerade motiviert zum Radeln. Er hasst radeln
in Regen und Kaelte. In einem kleinen Ort assen wir Lunch und diskutierten, ob
wir die Cathedral Caves anschauen gehen sollen. Dies ist eine Hoehle an der
Beach, die jedoch nur bei Ebbe begangen werden kann. Eigentlich haette dort ein
Tor zwei Stunden vor Ebbe aufgehen sollen. Da dieses erst 1.5 Stunden vorher
oeffnet entschieden wir uns weiterzuradelen, da es noch weit bis zu unserem
Ziel in Curio Bay war. Zudem hatten wir auch heute wieder extrem starken und
boeigen Gegenwind. Es folgten noch einige Huegel bis Curio Bay. Der Zeltplatz
sieht hier leider immer noch gleich aus. Die Einrichtungen sind nicht gerade
einladend. Immerhin ist ein Umbau geplant. Dafuer ist der Ort einmalig. Der
Zeltplatz liegt am schmalsten Punkt einer Halbinsel. Noerdlich der Halbinsel
hat es eine grosse Bucht, wo es Hector-Delfine hat. Suedlich der Halbinsel kann
man versteinerte Baeume bei Ebbe beobachten und abends kommen hier Yellow-Eyed
Pinugine aus dem Meer zurueck. Dies ist eine der seltensten Pinguin-Arten. Wir
konnten abends etwa ein halbes Dutzend dieser schoenen Tiere beobachten. Als
wir ankamen sprangen zudem schon Delfine in der anderen Bucht herum. Wir
beobachteten den ganzen Abend Pinguine und kochten im Dunkeln beim Zelt.
Morgens sahen bereits wieder einen Pinguin, der ins Meer hechtete. Wir
entschieden von hier den Bus zurueck nach Dunedin zu nehmen. Wir versuchten am
Vortag vergeblich in Invercargill ein Mietauto zu kriegen, das wir in
Christchurch abgeben koennen. Der Bus war leider etwas teuer, da er eine
gefuehrte Tour beinhaltet. Dafuer koennen wir uns eine langweilige extrem
windige Etappe nach Invercargill sparen. Also schauten wir erst noch die
versteinerten Baeume an, die erstaunlicherweise immer noch fast wie Baeume
aussehen. Danach gingen wir Delfine beobachten. Wir konnten es dann doch nicht
lassen und sprangen ins kalte Meer als die Define in der Naehe waren. Judith
war etwas weiter draussen. Die Delfine kamen so nahe, dass man sie haette
beruehren koennen. Als eine Welle kam surften zwei links und zwei rechts von
Judith in der Welle mit. Ein unvergessliches Schauspiel fuer uns.
Hector-Delfine sind ziemlich klein und selten. Es gibt noch etwa 4000-5000 von
dieser Art. Danach durften wir in einem Hostel das Telefon benuetzen, wei es
weit und breit keine Kabine gab, und fanden nach einigen Versuchen eine
Autovermietung in Dunedin, die uns ein Auto leihen kann. Nachmittags nahmen wir
den Bus zuerueck nach Danedin. Bis wir die Velos mit dem Fahrer montiert hatten
verging einige Zeit. Auf der Fahrt sahen wir halt alles nochmal. So machten wir
den Spaziergang zum Wasserfall und Nugget Point nochmal. Dafuer gab es einige
zusaetzliche Infos und Stories vom Fahrer. Am Nugget Point sahen wir zudem
einen Yellow Eyed Pinguin von sehr nah. (Urs)

So sind wir nun wieder in Dunedin. Wir haben bereits das Auto abgeholt und die
beiden Velos zerlegt und darin verstaut. So koennen wir nun ohne Stress in 4
Tagen nach Christchurch fahren und unterwegs noch einiges anschauen und koennen
es gemuetlich nehmen, damit wir auch ausgeruht wieder in der Schweiz
eintreffen.

Liebe Gruesse
Judith und Urs