Re: Umfrage: Was hält dich vom Radreisen ab?

von: veloträumer

Re: Umfrage: Was hält dich vom Radreisen ab? - 22.12.20 13:42

Du machst hier eigentlich wieder ähnliche fehlgeleitete Annahmen, wie schon in deinem ersten Post.

In Antwort auf: Ride Worldwide
Warum solle man keine tiefen Gespräche haben können auf Reisen? Dies kam mehrmals auf und ist für mich nicht nachzuvollziehen. Unterwegs hatte ich unglaublich tiefe Gespräche mit Leuten, die ich vorher nicht gekannt habe. Zum Teil aus anderen Kulturkreisen und mit völlig anderen Ansichten. Das konnte ich hier in Deutschland im Alltag in der Form nie erleben.

Das lag dann an deinem Alltag in Deutschland, evtl. fehlendem Interesse. Ich habe in Deutschland mehr Gespräche und Kontakte zu anderen Kulturen etc. gehabt als auf Reisen, wenn ich das mal summiere. Dazu kam eigentlich immer einer Globalinteresse an fremden Kulturen, allerdings auch sehr spezifisch und nicht einfach mal so, weil es "exotisch" ist. Der Vorteil liegt auch darin, dass man meistens dann eine gemeinsame Sprache beherrscht. Ohne gemeinsam beherrschte Sprache bleiben Gespräche irgendwo stecken. Ein weiterer Voteil ist, dass du die Beziehungen hier besser pflegen kannst, weil sich Ausländer hier ja auch für länger aufhalten und man nicht ständig wieder aufbricht. Du kannst auch Reisekontakte pflegen, das wird aber schwierig, vor allem wenn man nicht häufig an selbe Orte zurückkehrt, sondern ständig Neues kennen lernen "muss".

"Tiefe" Gespräche würde ich ja nicht bestreiten, aber ich würde mit dem Begriff auch vorsichtig umgehen. Das wird schnell eine Worthülse. Man könnte auch noch andere Begriffe wie "emotionale Nähe" erörtern, die die Tiefe eines Gesprächs angibt, das müssen ja nicht intellektuelle Inhalte sein. Insofern schwer zu bewerten, aber viele Kontakte bleiben zwangsläufig auf Nomadenreise durch die Zeitbegrenzung der Begegnung "unvertieft".

In Antwort auf: Ride Worldwide
Wer Leute wie ... persönlich kennenlernen durfte merkt schnell, dass sie eine gewisse Aura verbreiten.

Wer eine Aura verbreitet, hängt mehr vom Betrachter ab und ansonsten noch von Persönlichkeit. Je mehr du solche Menschen bewunderst, desto größter die Aura. Ich glaube, da gehst du völlig fehl, dass die eine natürliche Aura haben. Wenn ein Mensch tatsächlich eine kaum betreitbare Aura hat (weil er auf viel Menschen so wirkt), dann hat das nichts mit einer speziellen Profession oder Tätigkeit zu tun. SOlche Menschen gibt es in allen Bereichen des Lebens und effektiv selten. Ich habe jedenfalls noch keinen Veloweltreisenden kennengelernt, die auf mich eine besondere Aura ausgestrahlt haben. Es gab sehr wohl schon andere Menschen, wenn auch das unterschiedliche Wahrnehmungen waren, je nachdem, in welchem Alter ich war und wie man Personen kennenlernt, ggf. auch mit welcher Vorgeschichte oder welchem Wissen.

Dazu noch ein Erlebnis: Ich habe in einer Jugendherberge in Girona mal einen weltreisenden Franzosen kennengelernt (Liegeradler, Rentner), der ein sprudelnden Fass an Reiseerlebnissen öffnete. Ich fand das schnell langweilig, weil mich auf einer Reise in Katalonien nicht unbedingt interessiert, was jemand in Australien erlebt hat. Hinzu kommt, dass solche "Erzähler" oft vergessen, eine Kommunikation aufzubauen, weil sie von ihren eigenen Reisen und Erlebnissen doch sehr selbstherrlich und eitel überzeugt sind, sodass es die Außenwelt unbedingt erfahren muss (nicht auszuschließen, dasss ich selbst dieser Gefahr erliegen könnte). Es sind daher oft keine "Gespräche", sondern mehr Vorträge. Nicht selten ist das Thema Ausrüstung und Velotechnik. Insofern finde ich manche Reiseradlerbegnung unterwegs nur bedingt interessant, grundsätzlich schätze ich mehr die Gespräche mit einem Gastwirt, Hotelier, Museumsbetreuer oder Dorfbewohner in der bereisten Region.


In Antwort auf: Ride Worldwide
Die Erwartungen wurden um ein Zigfaches übertroffen. Ich hätte mir niemals ausgemalt das ich irgendwann auf 5200m Höhe Radele oder in der Arktis bei -30°C.

Die Verschiebung der Leidensgrenze streben viele Menschen nicht an. Das solltest du eigentlich aus den o.a. Reaktionen bereits entnommen haben. Ferner gibt es dafür auch physische Grenzen. Wenn du empfindlich gegenüber Höhenkrankheit bist, musst du dich damit abfinden, nicht in beliebige Höhen reisen zu können. Ähnliches gilt für Impforgien, sofern die dich damit riskanten Nebenwirkungen aussetzt, z.B. als Allergiker etc.


In Antwort auf: Ride Worldwide
Wo hört bei dir ein Radurlaub auf und fängt eine Reise an?

Auch sehr müßig darüber zu diskutieren. Sofern es dir überhaupt gelingen wird, für den Unterschied zwischen Urlaub und Reisen einen Konsens zu finden (ich glaube, man kann das unterscheiden, aber glaube nicht, dass das konsensfähig ist), so ist das keine Zeitfrage. Wieviel "Reiseidee" in deiner Tour liegt, hängt von der Intensität und Neigierde ab, mit der du dich mit deiner Umgebung beschäftigst, nicht von der Dauer. Kann also sein, dass eine Wochenendreise im Schwarzwald mehr Reisecharakter hat als ein Globetrottertrip auf der Seidenstraße. Natürlich ist eine Kurzreise auch immer ein Hindernis, für länger in einen Reisemodus zu kommen (wie ich das nenne), weil du ja kurz nach Antritt der Reise schon wieder an die Rückkehr denken musst. Ich bin aber auch immer wieder verwundert, wieviel "Reise" in einer schlichten 5-Tagetour liegen kann.