Re: Live-Bericht: Nürnberg-Nordkap

von: el loco

Re: Live-Bericht: Nürnberg-Nordkap - 07.06.14 20:12

In Jena angekommen, suchte ich ein Internet Cafe - unter anderem um zu versuchen, die Bilder in Originalauflösung hochladen zu können. Jedoch musste ich feststellen, dass alle windigen Google-Ergebnisse nicht mehr existierten. Mit musste klar sein, dass etwas, das Waschsalon und Internetcafé heißt, nicht lange überleben kann. Radelmäßig bin ich daher recht spät losgekommen und es ward, wie auch der Tag zuvor, ein U-100-Tag. Was aber nicht schlimm war. Denn den späten Start und das Fiasko in der hügeligen Heimat habe ich die nächsten beiden Tage wieder aufgeholt.

Halle hat mir als Stadt wirklich gefallen. Ich dachte, hinter diesem schmucklosen Namen steckt eine ebensolche Stadt. Ich wurde eines besseren belehrt, auch wenn ich wusste, dass die Städte im Osten einen gewissen Charme haben. Jena kannte ich noch aus Studienzeiten - genauso wie Leipzig und Dresden.

Kaum Halle verlassen, eröffneten sich die endlosen Weiten Mitteldeutschlands vor mir. Bis Stralsund soll es das mit den Großstädten gewesen sein. Das Kilometerschaufeln ging los. Wenig spektakulär, aber nötig und nun auch machbar auf der absolut flachen Ebene. Mit einem Hörbuch im Ohr gestalteten sich auch die kleinen Dörfchen durchaus angenehm. So fuhr ich - wie schon erwähnt - einen Tag über 150 km und den darauffolgenden 170 km. Möglich machten dies zwei Dinge: Cola und mein Triathlon-Lenker. Nachmittags besorgte ich mir einen Liter Pepsi, der mir spürbar neue Energie in den Beinen zurückgab. Hatte ich auch jetzt erst entdeckt, ich war bislang überzeugter Wassertrinker und fragte mich ernsthaft, was das Colagesaufe von Reiseradlern sollte. Nun weiß ich es. Der Triathlon-Lenker hat zwar die primäre Aufgabe, meinen PAcksack am Lenker zu halten, damit das Gekabel nicht gestört wird. Ich hätte aber nicht gedacht, dass er so komfortabel ist. Er bietet eine gute Griffposition für lange Geraden und entlastet das Gesäß. Warum nur findet er kaum Anklang bei Reiseradlern?

Zurück zur Reise: Am letzten Tag des deutschen Teils meiner Reise hatte ich so nur noch 140 km zu bewältigen. Ich freute mich derart auf ein richtig gutes Fischbrötchen von der Küste. Gegen 15 Uhr traf ich auch endlich in Stralsund ein und genoss zwei Prachtexemplare. Ich hatte Lust auf noch einmal so viele. (Jeder, der nicht an der See wohnt, kann hoffentlich meine Begeisterung für guten Fisch nachvollziehen.) Ich hielt mich aber zurück und dachte an den Leberkäse-Klotz im Magen und die noch 50 km nach und auf Rügen.

Meine Routenplanung auf Rügen war leider schlecht, so fuhr ich zwar direkt, aber auf der viel befahrenen Bundesstraße. (Ja, hinterher ist man schlauer. Bitte kein Schlaubi-Kommentar hierzu.) An mir fuhren unzählige Motorradfahrer eines bekannten MC vorbei. Daher wimmelte es an jeder Einfahrt von Polizei. Ich ertappte mich dabei, wie ich zu mir sagte, dass ich ja wohl der echte Biker sei. Sich auf einen motorgetriebenen furzenden Zweirad kann sich jeder cool fühlen

Nur 10 km auf Rügen versuchte ich eine neue Route zu basteln, die mich abseits der Bundesstraße zur Ostküste der Insel führen sollte. Nach nur 500 m aber Baustelle und geänderte Straßen, sodass meine Vektorkarten nicht mehr stimmten. Also doch zurück zur Hauptstraße.

Schließlich kam ich in Prora an und fuhr den 4,5 km langen Gebäudekomplex entlang. Anschließend freute ich mich auf mein erstes Initialerlebnis: die Ostsee. (In Stralsund hatte ich keinen Meerblick bis zum Horizont.) Ich hatte mich auf das Gefühl gefreut, so weit nördlich von der Heimat weg zu fahren, bis es quasi nicht mehr geht und ich ans Meer stoße. Voller Freude badete ich erst einmal im Meer, dessen Wasser herrlich erfrischend lauwarm war. Daraufhin gönnte ich mir ein Pils vom Faß, das nicht nur aufgrund meiner ohnehin schon vollkommenen Zufriedenheit sehr gut war - und das sag ich als eingefleischter Bierfranke.

Letzlich kann ich mich glücklich schätzen, dass die erste Woche nicht nur problemlos verlief, sondern eigentlich auch nicht besser hätte verlaufen können. Damit ist der erste Teil meiner Reise, der auch der kürzeste und einfachste ist, zu Ende. Ich freue mich auf mehr und bin nun gespannt, motiviert und voller Vorfreude auf Schweden, wohin ich morgen Nachmittag übersetze.