Re: "Luxusartikel" auf Radreise

von: veloträumer

Re: "Luxusartikel" auf Radreise - 08.12.20 17:24

In Antwort auf: Gepäcktour
Hallo,
ich mache mich nicht über Leute, die ein anderes Konzept haben, lustig. ("ich staune", schrieb ich)
Im Gegenteil respektiere ich da jede Entscheidung. Hauptsache unterwegs.

Du schreibst aber auch so:
In Antwort auf: Gepäcktour
Ich habe unterwegs schon viele Gepäckradler getroffen. Sehr selten ist jemand dabei, der weniger mit hat als ich, z. B. der junge Tyl aus Holland mit Rennrad und 2 Ortliebtaschen, fertig. Typischerweise haben die Leute je 2 Taschen vorne und hinten, Lenkertasche und hinten quer eine riesige Rolle. Da staune ich dann immer.
...
Ich glaube, es wird irgendwie suggeriert, dass man es so macht, weil es die vielen Taschen nun mal zu kaufen gibt und alle es so machen. Mit der Erfahrung von ein paar Touren (und Anstiege)überlegt man sich dann vielleicht, ob man auch mit weniger Zeug glücklich sein kann und beginnt nach und nach sein persönliches Optimum zu finden.

Ich vermute mal, dass die ausufernden Diskussionen um Bikepacking usw. hier wie in anderen Portalen noch nicht ausreichend erlebt hast. Sie sind i.d.R. von gegenseitigem Unverständnis geprägt. Und die Argumente sind ausreichend bekannt. Wenn du meist der Exot bist, die meisten Radler hingegen deiner Ansicht zuviel Gepäck haben, würde ich mich nicht wundern, außer über mich selbst. Der Standard ist eher die Mehrheit und vermutlich ist sie näher am "Optimum". Natürlich muss man das nicht nachmachen.

Deine Vermutung, man macht es, weil es die Taschen gibt (Konsumverführung) und jeder machts nur, weil es alle so machen (Nachäffeffekt), geht an der Wirklichkeit vorbei. Die meisten Reiseradler haben ihre Equipmentkonzepte genauso durchdacht, oft erprobt in mehreren Jahrzehnten. Ich kann auch nicht erkennen, dass die Konzepte so einheitlich sind, im Gegenteil, die Varianten werden immer vielfältiger, so meine letzten Reisebeobachtungen. Wenn etwas derzeit einen Nachmachtrend vermuten lässt, dann ist es die Bikepackingszene. Das geht nicht zuletzt einher mit dem Gravelbiketrend. Der Viertaschenklassiker ist hingegen etwas bedroht, außer evtl. bei E-Bikern. Sonst sah ich mehr 2-Taschen-Plus-Konzepte, aber eben auch trendige Bikepacking-Konzepte. Die Facebook-Gruppen geben keinen richtigen Aufschluss, aber auch dort ist Bikepacking zumindest sehr stark vertreten. Viels davon ist Low-Budget-gesteuert und sehr auf Kurztrips orientiert.

Warum fahre ich die klassiche Linie mit Taschen vorn/hinten (nein, nicht Zusatzrolle quer, dass ist auch nicht der Klassiker für einen Soloreisenden)? Weil es sich in 21 Jahren Radreisen bewährt hat! Ich habe auch immer wieder mal was gewichtsoptiomiert, was aber wenig Einfluss auf das Packvolumen hatte. Auf der ersten Radreise hatte ich noch einen Rucksack dabei, der meist auf dem Gepäckträger war. Damit war aber schon bei der zweiten Radreise Schluss. In den letzten Jahren ist das Zelt auch wieder etwas schwerer als das jemals leichteste in meiner Historie. Auch dafür gibt es gute Gründe der Optimierung von Equipment. Optimierung ist nicht nur Gewicht!

Bei meinem Reisestil und meinem Erlebnisoptimum ist das 4-Taschensystem (plus Lenkertasche) nicht ersetzbar, soweit ich als Zelter unterwegs bin. Neben dem benötigten Packvolumen spielt eine Sache eine nicht zu unterschätzende Rolle: Die Fahreigenschaft des Velos! Ein hecklastige Lösung kann ich mir nicht leisten, weil zu gefährlich und eine Baumellösung am Lenker würde mein Fahrgefühl zu stark erschüttern. Ich beziehe meine Erfahrung sehr wohl aus Anstiegen und sogar vor allem aus Anstiegen. Ein Blick in meine Radreisehistorie wird dich entsprechend informieren. Das Argument ist also auch nur Schall und Rauch. Es ist alles ein Frage der Einstellung.