von: Freundlich
Re: EOS 70D - 16.07.14 22:11
In Antwort auf: tirb68
...Bei "Landschaft" finde ich grün zu dunkel und blau zu blau...
Ich will das Thema nochmals ergänzen, weil ich aus dem Urlaub zurück bin und trotz vieler Beiträge etwas ganz wichtiges zum Thema Farbe bisher nicht genannt wurde: Stichworte Farbraum und Kalibrierung mit Canon EOS 70D.
Die nötige Theorie in Kurzfassung:
"Farbraum" beschreibt die Anzahl der vom Gerät darstellbaren Farben. Es gibt kleinere und größere Farbräume. Größere Farbräume sind besser, weil diese eine natürlichere Wahrnehmung erlauben. Maßstab ist die menschliche Wahrnehmung von Farben und Farbdifferenzierungen. (Wahrnehmung von Farbdifferenzierungen kann individuell trainiert und verfeinert werden).
Kleinere Farbräume verwendet man, wenn die Technik Grenzen setzt (z.B. verwenden farbige Fotos in Tageszeitungen sehr kleine Farbräume, weil Papier und Farben nicht mehr erlauben).
Wichtig: Vom großen auf kleinen Farbraum umwandeln geht problemlos, umgekehrt jedoch nicht. Ein kleiner Farbraum hat weniger Informationen. Umwandeln in den größeren Farbraum funktioniert formal, jedoch bleibt es beim geringen Farbumfang des Ausgangsmaterials.
"Kalibrierung" sorgt dafür, dass die gesamte Kette Bildaufnahme (Kamera) - Bildbearbeitung (Monitor) - Bildausgabe (Fotolabor, Tintenstrahldrucker, Beamer oder Offsetdruck...) zu einem sicheren Ergebnis führt (keine unkontrollierten Farb- und Kontrastverschiebungen). Insbesondere die Kalibrierung des PC-Monitors ist wichtig, in der Kamera ebenfalls der Weißabgleich (abhängig von der Beleuchtung).
Dazu dienen "Farbprofile", sozusagen als Übersetzer zwischen den Möglichkeiten unterschiedlicher Geräte. Farbraum und Farbprofile lassen sich in der Bildbearbeitung wählen. Fehlen passende, lassen sie sich beschaffen und nachinstallieren. (Beispiel: Profi-Fotolabore stellen die Farbprofile ihrer Printer dem Kunden zur Verfügung, damit die Bilder farbgetreu so geprintet werden, wie sie der Bildbearbeiter am Monitor sieht).
Fachlich unbestritten ist, dass der Farbraum RGB der menschlichen Wahrnehmung mit den heutigen technischen Möglichkeiten am nächsten kommt. Daneben gibt es noch den sehr viel kleineren Farbraum sRGB, der z.B. in den Blautönen deutlich sichtbare Verluste verursacht. Auf dieser Testseite eines RGB-Monitors kann man im Diagramm erkennen, dass die "bunte Fläche" bei sRGB viel kleiner ist, als bei AdobeRGB, insbesondere Grün und Blau fehlt. Das ist immer so, wenn sRGB als Farbraum eingestellt wird.
Aber meine Kamera fotografiert doch im RGB-Farbraum? Im Prinzip ja, aber: Alle besseren Digitalkameras beherrschen den RGB-Farbraum, aber sehr oft ist er in den Voreinstellungen deaktiviert. So auch bei Canon EOS 70D - siehe Anleitung Seite 155. Canon empfiehlt sRGB für "normale Bilder" und wertet RGB ab, da RGB nur wichtig für kommerzielle Anwender und Druck sei. Das ist fachlich falsch. Andere Firmen (z.B. Fuji) schreiben ähnlichen Unsinn. Grund ist eine Normierung im Exif-Standard, der sRGB als kleinsten gemeinsamen Nenner empfiehlt. Schlimmer noch: Die sogenannten Kreativprogramme (Motivprogramme) der EOS 70D hat Canon fest auf Farbraum sRGB eingestellt. Manuelles Umstellen ist blockiert, um den Anwender vor "Bedienfehlern" zu schützen. Ich würde die Kamera in den Grundeinstellungen unbedingt auf Farbraum AdobeRGB einstellen und die Kreativprogramme niemals verwenden. Es ist in der gestaltenden Fotografie sinnlos, eine Landschaft mit einem Landschafts-Kreativprogramm im sRGB-Farbraum zu fotografieren.
Jedes moderne Gerät kann ein RGB-Bild im kleineren sRGB wiedergeben, falls es nicht direkt RGB darstellen kann (z.B. fast alle Beamer). Will man keine Farbtöne verschenken, dann ist RGB Pflicht. Fotolabore und Tintenstrahldrucker können nur damit die volle Leistung zeigen. Für die Bildbearbeitung wird ein kalibrierter RGB-Monitor nötig. Solange der nicht vorhanden ist, fotografiere mit der EOS 70D (ohne Kreativprogramme) im Farbraum AdobeRGB und im RAW-Format in der vollen Auflösung. JPG nach Belieben parallel. Wichtig: Nur wenn alle 3 Einstellungen (Farbraum AdobeRGB, Format RAW in voller Auflösung) richtig getroffen wurden, hast Du Digitalfotos, welche die volle Leistung der Kamera zeigen. Ohne kalibrierten RGB-Monitor sollte man in der Bildbearbeitung nicht an den Farben herumspielen, weil das Ergebnis nicht mit der selben Farbwirkung aus dem Fotolabor kommen wird. (Einzige Ausnahme wäre das Entfernen von Farbstichen mit der Graupipette).
Da Du eine beschränkte Farbwiedergabe gut erkennst, lohnt sich die Beschäftigung mit dem Thema Farbraum, Farbprofil und Rohdatenformat unbedingt. Andere Spielereien der Kamera, z.B. Kreativfilter, sind Zeitverschwendung, weil diese Effekte - falls sie wirklich benötigt werden - sehr viel besser in der Bildbearbeitung am PC erledigt werden können.