Re: Andalusien Ostern 2011

von: Tom72

Re: Andalusien Ostern 2011 - 21.01.13 00:04

5. Tag (12.04.2011), Jaén-Cabra, ca. 90 km

Ich sehe mich morgens noch etwas in der Altstadt von Jaén um.



Die Stadt vermag nach wie vor nicht wirklich zu begeistern, aber ich habe sie ja vor allem deshalb auf den Reiseplan gesetzt, weil hier die Vía verde de la Subbética beginnt, der Bahntrassenradweg Richtung Westen. Wie in Granada, kann ich mich auch hier zunächst an einer kurz vor der Inbetriebnahme stehenden Straßenbahnlinie orientieren (auch Jaén zahlt zu den spanischen Städten, die die Tranvía wieder einführen), die mich zum Bahnhof führt. Von dort fahre ich entlang der Bahnlinie an den Stadtrand bis zu der Stelle, wo die stillgelegte, nun zu einem Wander- und Radweg (Vía verde) umgewandelte, Bahntrasse von der noch betriebenen Bahnstrecke abzweigt.



Es handelt sich um die ehemalige Bahnstrecke, die Jaén mit Puente-Genil an der Strecke Córdoba-Málaga verband. Die Bezeichnung „Vía verde de la Subbética“ bezieht sich auf das Gebirgssystem der Cordillera Subbética, das große Teile Andalusiens von West nach Ost durchzieht. Eine andere Bezeichnung ist „Vía verde del Aceite I“ (der Abschnitt in der Provinz Jaén) und „Vía verde del Aceite II“ (in der Provinz Córdoba), in Anlehnung an den Transport von Olivenöl, für den die Bahnlinie eine bedeutende Rolle spielte. Die Gesamtlänge beträgt gut 100 km; ich habe vor, heute den größten Teil dieser Strecke zu fahren, je nach dem, wie weit ich heute komme. Anderen Reiseradlern begegne ich übrigens auf der gesamten Vía verde nicht, allerdings zahlreichen sonstigen Freizeitradlern. Der Weg ist großteils asphaltiert und insgesamt gut befahrbar.

Die Landschaft ist nicht mehr so gebirgig wie die beiden Tage zuvor, eher stark hügelig, und die Strecke ist als ehemalige Bahnlinie natürlich ohne allzu starke Steigungen trassiert. Und nach wie vor besteht die Landschaft fast ausschließlich aus endlosen, bis zum Horizont reichenden Olivenplantagen. Es geht durch zahlreiche der ehemaligen Bahntunnel und über die alten, teilweise recht langen und hohen stählernen Bahnviadukte.



Nach dem Start in Jaén sieht man noch vereinzelt Radfahrer, dann, über die Nachmittagszeit, bin ich praktisch völlig alleine auf der Strecke und genieße die grandiose Landschaft. Es geht vorbei an den Orten Torre del Campo, Torredonjimeno und Martos. Hier versuche ich, ein Restaurant für einen Mittagsimbiß zu finden, aber es ist Siesta-Zeit, die hier in der Provinz noch ernst genommen wird. Nach einigem Suchen finde ich einen offenen Laden, wo ich ein Baguette und eine Salami kaufen kann, und mache später an einem der Rastplätze, die es an der Vía verde gibt, Picknick. Ich treffe während der nächsten ein bis zwei Sunden keine Menschenseele. Am Stausee Embalse de Valdemojón, über den ein weiterer Bahnviadukt führt, überquere ich die Grenze zwischen der Provinz Jaén und der Provinz Córdoba.









Kurz darauf gibt es ein Restaurant in einem der alten Bahnhofsgebäude, als dessen Terrasse der ehemalige Bahnsteig dient. Hier gönne ich mir ein Bierchen. Daß sich die Kundschaft hier nicht in erster Linie aus den wenigen Radfahrern rekrutiert, merke ich, als ein Reisebus eine Ladung holländischer Touristen abliefert, die für kurze Zeit die Restauranttische auf dem Bahnsteig und den Laden für regionale Produkte bevölkert. Mit einigen von ihnen komme ich ins Gespräch, dann geht es weiter. Jetzt, gegen Spätnachmittag, sind wieder Rennradler und Mountainbiker unterwegs, offensichtlich Einheimische, die nach Feierabend noch eine Runde auf der Vía verde machen.





Als ich durch eine Ziegenherde rolle, die über den Weg getrieben wird, denke ich mir, das paßt ja gut, denn der nächste Ort, den ich mir inzwischen als Etappenziel ausgewählt habe, heißt Cabra (spanisch: Ziege). Hier finde ich nach einigem Fragen eine günstige und wirklich schöne Pension (wenn ich mich richtig erinnere, weniger als 30 €) und lasse den Tag auf der zentralen Plaza bei Tapas und Wein ausklingen.

6. Tag (13.04.2011), Cabra-Córdoba, ca. 90 km

Meinen Frühstückskaffee nehme ich in einem Café im ehemaligen Bahnhof von Cabra ein. Hier komme ich auch mit einer Gruppe Mountainbiker ins Gespräch, die Auf der Vía verde unterwegs ist. Am ehemaligen Bahnsteig ist eine der alten Dampfloks ausgestellt, die in beklagenswertem Zustand vor sich hin gammelt.



Dann geht es weiter auf dem Bahntrassenradweg. Wie am Vortag führt der Weg durch die beeindruckende Olivenlandschaft, über ehemalige Bahnviadukte und durch Tunnel. Ich folge ihm aber nur noch ein paar Kilometer bis Lucena (und nicht bis zu seinem Ende bei Puente-Genil), dann verlasse ich die Vía verde Richtung Norden, denn mein heutiges Ziel ist Córdoba. Bis dahin sind es noch ca. 70 km über die N 331, A 307 und N 432. Ich komme durch das hübsche Städtchen Aguilar de la Frontera, wo ich mich ein wenig umsehe. Zentrum der Stadt ist die als regelmäßiges Achteck angelegte Plaza de San José mit ihrer umgebenden geschlossenen, einheitlichen, strahlend weiß verputzten historischen Bebauung, durch die die Gassen durch Torbögen auf den Platz führen.



Die weitere Strecke bis Córdoba verläuft über größere, aber mäßig verkehrsreiche Landstraßen, die überwiegend einen zum Radfahren gut geeigneten breiten Seitenstreifen aufweisen. Diese Strecke hatte ich nicht um ihrer selbst Willen ausgewählt, sondern um auf dem schnellsten Wege von der Vía verde nach Córdoba zu kommen. Die Landschaft ist hügelig, und nach wie vor dominieren Olivenpflanzungen. Weiter geht es über Montilla und Espejo. Hier sehe ich auch erstmals nach Tagen , daß außer Oliven vereinzelt auch Anderes angebaut wird. Schließlich habe ich von der Höhe erstmals einen Blick ins Tal des Río Guadalquivir und auf Córdoba.

Es geht abwärts in die Stadt, schnell finde ich ins Zentrum und an den Guadalquivir. Der Fluß wirkt breit und weitgehend naturbelassen und wird durch mit Buschwerk und Bäumen bewachsene Inseln und Sandbänke in zahlreiche Arme geteilt.



Die Altstadt liegt am gegenüberliegenden Ufer, so daß ich schon einmal das Panorama bewundern kann, geprägt von der berühmten Mezquita und der alten Brücke (Puente Romano). Ich überquere den Fluß aber über eine andere Brücke, folge ein Stück der Stadtmauer und fahre durch eines der alten Stadttore in das Gassengewirr der Altstadt. Schließlich erreiche ich die Mezquita, die nach der Reconquista in eine Kathedrale umgewandelte ehemalige Moschee, ein gewaltiger rechteckiger Komplex, der von außen nur aus einer umlaufenden, hohen Mauer besteht, die durch reichverzierte Portale im maurischen Stil gegliedert ist und von dem aus dem ehemaligen Minarett entstandenen Glockenturm überragt wird, sehr ähnlich der Giralda in Sevilla.



Ich werde mir die Mezquita morgen ausgiebig ansehen; deshalb werde ich morgen erst gegen Nachmittag weiterfahren und habe für den Tag nur etwa 40 km geplant auf dem nächsten Bahntrassenradweg, der Vía verde de la Campiña, der in der Nähe von Córdoba beginnt. Jetzt gilt es, eine preiswerte Unterkunft zu finden. Schnell merke ich, daß viele Hotels ausgebucht sind, vielleicht, weil in wenigen Tagen die Semana Santa beginnt. In den ersten zwei oder drei Hotels gibt es kein Zimmer mehr, schließlich habe ich aber doch Glück und finde ein nettes und recht preiswertes Zimmer in einer Pension in einer der Gassen in der Nähe der Mezquita.

Nun suche ich ein Restaurant zum Abendessen, in dem ich gute Tapas essen kann. Ich konsultiere meinen Reiseführer und stoße auf die „Taberna Rafaé“ im Altstadviertel Judería, wo ich einige ausgezeichnete Tapas bekomme. Nun möchte ich mir noch ein wenig das Nachtleben ansehen, schließlich sagt man ja, daß die Spanier abends lange unterwegs sind, und hier in der Judería wird es langsam leer. Wieder entnehme ich meinem Reiseführer einen hervorragenden Tipp und finde nach einem kurzen Marsch durch verwinkelte und um die späte Stunde recht einsame Altstadtgassen die Plaza Corredera, einen großen, rechteckigen Platz, eingefaßt von historischen Gebäuden mit Kolonnadengängen. Hier kann man vor den zahlreichen Bars draußen sitzen, und hier ist tatsächlich noch einiges los, der Platz und die Tische vor den Kneipen sind überwiegend von jungen Leuten bevölkert. Ich gönne mir ein oder zwei Bierchen und beobachte das rege Treiben. Eine Truppe von Feuerschluckern führt ihre Kunststücke vor, und obwohl es bereits ein Uhr nachts ist, besteht ihr Publikum aus einer großen Gruppe etwa zehn oder zwölfjähriger Jugendlicher, offenbar eine Schulklasse mit ihren Lehrern. Es stimmt also doch, daß in Spanien ein anderer, mir sehr sympathischer, Tagesrhythmus herrscht.

7. Tag (14.04.2011), Córdoba-La Carlota, ca. 40 km

Heute steht nur eine kurze Etappe von etwa 40 km auf der Tagesordnung; den Vormittag und Mittag will ich nutzen, um mir die Mezquita anzusehen. Zunächst aber überquere ich die Puente Romano und sehe mir die Stadt noch einmal von der gegenüberliegenden Seite an. Es fällt auf, daß im Gebiet um die Mezquita und die Puente Romano viel renoviert und neugestaltet wird; irgendwo habe ich gelesen, es hänge damit zusammen, daß Córdoba sich um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2016 bewirbt. Die Puente Romano ist augenscheinlich frisch saniert; sie wirkt für meinen Geschmack etwas zu neu und perfekt. Das gegenüberliegende Ufer bietet neben einem beeindruckenden Blick auf die Altstadt die historische Getreidemühle Molino de San Antonio, die noch aus der arabischen Zeit stammt, und den Torre de la Calahorra, der als Wehrturm den südlichen Brückenkopf dominiert.

Zurück in der Altstadt, sehe ich mir die Mezquita an. Das riesige Bauwerk mißt etwa 170 mal 130 Meter und besteht von außen aus einer einheitlichen, rechteckigen Umfassungsmauer mit zahlreichen prächtigen Portalen im maurischen Stil.





Im Innern gelangt man zunächst in eine große Gartenanlage, den Patio de los Naranjos (Orangenhof). Das eigentliche Bauwerk besteht aus einer gewaltigen Halle, dem ursprünglichen Betsaal der Moschee, die getragen wird von einem Wald aus Säulen und rot-weißen maurischen Hufeisenbögen. Der Eindruck ist überwältigend, schon wegen der der gewaltigen Größe des Raumes und der schier endlos erscheinenden Säulenreihen (insgesamt sind es etwa 900 Säulen). Trotzdem wirkt die Architektur nicht eintönig, denn die Halle ist in mehreren Bauphasen entstanden, und wenn man etwas genauer hinsieht, zeigen sich in den verschiedenen Bereichen Unterschiede in der Gestaltung der Säulen und Bögen; auch besteht die Decke teils aus kunstvoll geschnitzten und bemalten Holzbalken und teils aus Steingewölben. Einen merkwürdigen Kontrast zu der maurischen Architektur bietet die im 16. Jahrhundert, etwa 300 Jahre nach der Rückeroberung Córdobas, in der Mitte der Säulenhalle errichtete Kathedrale, für die in diesem Bereich zahlreiche Säulen entfernt wurden. Diese Machtdemonstration der katholischen Kirche wird gemeinhin als architektonische Barbarei gesehen, und selbst Kaiser Karl V., der den Bau der Kathedrale genehmigt hatte, soll die teilweise Zerstörung des maurischen Bauwerks später bedauert haben. Ich finde jedoch die Integration der Kathedrale mit ihrer völlig anderen Architektur in die Mezquita baulich recht gut gelungen; durch den Gegensatz zwischen der arabischen Baukunst und der christlichen (ich würde letztere als eine Mischung aus Spätgotik und Renaissance einstufen) ergibt sich ein besonderer Reiz; ein steingewordenes Sinnbild des Mit-, Gegen- und Nacheinanders der islamischen und christlichen Geschichte Andalusiens.

Es ist nicht möglich, die beeindruckende Wirkung der Säulenhalle anhand von ein paar Fotos wiederzugeben; man muß einfach dagewesen sein. Daher beschränke ich mich hier schweren Herzens auf eines der vielen Dutzend Bilder, die ich dort gemacht habe.



Gegen drei Uhr fahre ich los. Am gegenüberliegenden Ufer des Guadalquivir lasse ich noch dieses Foto von mir mit der Mezquita und der Puente Romano im Hintergrund machen,



dann gilt es, den Beginn der Vía verde de la Campiña zu finden, die mich Richtung Westen nach Marchena führen soll, von wo aus ich dann nach Süden in die Sierra de Grazalema will. Heute soll es aber nur bis La Carlota, etwa 40 Kilometer südwestlich von Córdoba, gehen, wo es einen Campingplatz gibt, so daß ich heute das erste mal zelten kann. Der Bahntrassenradweg beginnt etwas außerhalb der Stadt in Valchillón, wo die ehemalige, nun zur Vía verde ungewandelte, Bahntrasse von der Bahnlinie Córdoba-Málaga abzweigt. Die Wegbeschaffenheit ist schlechter als auf der Vía verde de la Subbética, aber es läßt sich trotzdem recht gut fahren. Die Trasse gewinnt durch einige Kurven und Tunnels an Höhe, verläßt das Tal des Guadalquivir und erreicht die eher flache, leicht hügelige Landschaft Campina de Córdoba.



La Carlota liegt etwas abseits der Vía verde, nach einigem Fragen finde ich schließlich den Ort und den Campingplatz. Er ist fast völlig leer, nur wenige Parzellen sind mit Wohnwagen belegt und einige der Bungalows sind „bewohnt“. Auf dem weitläufigen Areal für Zelte bin ich der Einzige. An der das Gelände umgebenden Hecke sind zwei Wachhunde, deren Leinen beweglich an einer langen Kette befestigt sind, entlang derer sie parallel zur Hecke auf und ab patrouillieren können. So eine Sicherheitsmaßnahme habe ich sonst noch auf keinem Campingplatz gesehen. Ich habe Bedenken, ob das eine artgerechte Haltung darstellt, bin aber ein wenig beruhigt, als ich feststelle, daß sie in ihrem beschränkten Aktionsradius eine Hundehütte haben, um sich vor der intensiven südspanische Sonne zu schützen. Auf der Terrasse vor dem Campingplatz-Restaurant, wo ich der einzige Gast bin, gönne ich mir zum Abendessen ein leckeres Steak. Über mir, in der Überdachung der Terrasse, krabbeln kopfüber einige Eidechsen, offenbar auf der Suche nach Insekten. Als ich vor dem Schlafengehen noch eine Weile bei einem Glas Wein vor dem Zelt sitze, höre ich noch lange einen der beiden Hunde aufgeregt bellen, während sein Kollege offenbar schon schläft. Vielleicht bin ich in der Saison einer der ersten Zeltenden, und die Hunde sind noch nicht so recht an Camper gewöhnt.

8. Tag (15.04.2011), La Carlota-Marchena, ca. 80 km

Es geht zurück auf die Vía verde de la Campina. Sie ist weiterhin nicht so gut ausgebaut wie die Vía verde de la Subbética, aber es läßt sich einigermaßen fahren. Nach ein paar Kilometern weist ein Schild auf eine Sperrung des Weges wegen Bauarbeiten hin.



Da es laut meiner Karte keine einigermaßen parallele Straße gibt und die Alternative zur Vía verde über Landstraßen einen riesigen Umweg bedeutet hätte, ignoriere ich die Sperrung und fahre weiter. Kurz darauf sieht man tatsächlich einen Bautrupp, der dabei ist, den Weg auszubessern, der mich aber zum Glück nicht an der Weiterfahrt hindert. Die Strecke ist noch einigermaßen, teils sogar recht gut, befahrbar. Bald unterquert sie die relativ neue Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke Córdoba-Málaga, und schließlich erreiche ich Ècija. Das Stadtbild ist reizvoll, es ist geprägt von zahlreichen reichverzierten, farbenprächtigen (die Farbe weiß dominiert aber) Kirchtürmen und barocken Stadtpalästen. Écija gilt als der heißeste Ort Andalusiens und wird auch als „Bratpfanne Andalusiens“ bezeichnet. Auf der zentralen Plaza, unter der kurz zuvor eine Tiefgarage angelegt wurde, lasse ich mich kurz auf ein Bier nieder. Dort sind bereits die Tribünen für die bevorstehenden Prozessionen der Semana Santa aufgebaut.





Die Dame im Tourismusbüro, wo ich mich nach der Befahrbarkeit der Vía verde im weiteren Verlauf erkundige, spricht fließend Deutsch (sie stammt, wenn ich mich richtig erinnere, auch aus Deutschland) und rät mir aufgrund der schlechten Wegbeschaffenheit zwischen Écija und Marchena von deren Benutzung ab. Das bestätigt meine Informationen, die ich aus dem Radreiseforum und der Vías-verdes-Homepage bereits hatte (die spanischen Bahntrassenradwege haben eine eigene Internetpräsenz), und so beschließe ich, die ungefähr parallel verlaufende A 364 zu nehmen, die ich nach anfänglichen Irrungen, die mir auch ein vermeidbares Stück Autovía bescheren, schließlich finde. Offenbar hat diese Straße eine gewisse Bedeutung für den Verkehr Richtung Marokko, denn ein Schild kündigt Algeciras (von wo die Fähren über die Straße von Gibraltar fahren) an, das aber noch ca. 150 km Luftlinie entfernt ist, und zwar nicht nur auf Spanisch, sondern auch in arabischer Schrift.



Die Landschaft ist für spanische Verhältnisse recht flach und bietet wenig Sehenswertes. In der Ferne fällt mir rechterhand eine turmartige Konstruktion mit leuchtender Spitze auf, von der ich annehme, daß es sich um ein Solarkraftwerk handelt. Es ist, wie ich später im Internet feststelle, das Solarturmkraftwerk Gemasolar bei Fuentes de Andalucía: Ca. 2600 Spiegel reflektieren das Sonnenlicht gebündelt auf die Spitze eines 140 Meter hohen Turms in der Mitte der Anlage.

Kurz vor Marchena überquert die Straße auf einer Brücke die Bahnlinie, auf der ich einige Tage zuvor von Sevilla zu meinem Startpunkt Granada gefahren bin. Meine Tour beschreibt, wenn man die Zugfahrt Sevilla-Granada am Anfang und die Zugfahrt Cádiz-Sevilla am Ende mit betrachtet, eine gestreckte 8, die hier, in Marchena, ihren „Knoten“ hat. Hier kündet auch ein Schild von der im Bau befindlichen Hochgeschwindigkeitsstrecke (Línea de Alta Velocidad) Sevilla-Granada-Almería.

Ich hatte eigentlich vor, heute noch bis Morón de la Frontera zu kommen, um morgen möglichst schnell in der Sierra de Grazalema zu sein, beschließe aber, in Marchena zu übernachten; das heißt aber, daß ich morgen, um mit meinem Zeitplan nicht in Verzug zu kommen, eine relativ lange Etappe vor mir haben werde, denn morgen will ich es auf alle Fälle über den Paß Puerto de las Palomas bis Grazalema schaffen.

Marchena ist ein sympathisches Städchen, das aber nicht zu den Hauptattraktionen des typischen Andalusien-Touristen zählt. In der Altstadt gibt es eine historische Stadt- oder Burgmauer, die noch aus der maurischen Zeit stammen dürfte.



Wieder habe ich bei der Unterkunftsuche Glück und finde schnell ein preiswertes Hotel im Zentrum, mit dem ich sehr zufrieden bin.



Ich beschließe den Tag mit einem Abendessen y unas copas de vino auf einem kleinen Platz in der Altstadt, auf dem trotz der späten Stunde noch reges Treiben herrscht. Ich genieße es, der wahrscheinlich einzige Tourist unter lauter Einheimischen zu sein und das „echte“ Spanien zu erleben (Marchena zählt, wie gesagt, nicht zu den üblichen Programmpunkten klassischer Andalusien-Reisen). Typisch für Spanien sind, obwohl es fast Mitternacht ist, die Restaurants und Cafes auf dem Platz noch bevölkert nicht nur von jungen Leuten, sondern auch von Familien mit Kindern. Abermals bestätigt sich, daß die Spanier gerne abends lange aufbleiben, was optimal auch zu meiner eigenen „inneren Uhr“ paßt (morgen sollte ich allerdings trotzdem zeitig loskommen, da ich ja heute meinen Tagesplan nicht ganz erfüllt habe…).

Fortsetzung folgt…