Re: Weser-Elbe-NOK

von: winoross

Re: Weser-Elbe-NOK - 30.09.12 09:07

Fortsetzung...

5.Tag Stade – Burg/NOK 94 km

Die Nacht war kurz, die Spätheimkehrer im Hotel und das Tatütata der Rettungswagen waren dem Schlaf nicht gerade förderlich. Das Frühstück ist aber auch hier erste Sahne. Zum ersten Mal gibt es frische Bäckerbrötchen (nicht aufgebacken).
Fahrrad gepackt und ab zurück auf den Elbe-Radweg. Kurz hinter Stade mache ich kurz Rast und hier treffe ich einen Sonntags-Radler aus Hamburg, 76 Jahre alt, auf Tagestour von Hamburg über Glückstadt zurück nach Hamburg. Wir fahren ab jetzt gemeinsam und unterhalten uns gut. Von der Ortskenntnis des Kollegen kann ich profitieren. Wir besichtigen gemeinsam die Artillerie-Festung „Grauerort“ bei Abbenfleth und er kennt auch die Zeiten an denen das Sperrwerk Süderelbe für die Überfahrt frei ist und mir dadurch der sonst übliche Umweg erspart bleibt. Wir queren die Elbe mit der Fähre von Wischhafen nach Glückstadt und dann trennen sich unsere Wege.
Weiter geht es vorbei am AKW Brokdorf über Sankt Margarethen nach Brunsbüttel. Am Elbestrand ist Hochzeit für die Sonnenanbeter und es sieht fast aus wie an der Ostsee. Eigentlich will ich nun noch richtig Strecke machen, mein Hamburger Mitradler hat mich doch ganz schön Zeit gekostet. Doch auf der Höhe von St. Margarethen habe ich die 2. Panne auf meiner Tour. Auf einen Schlag entweicht die Luft - wieder aus dem Hinterreifen. Nach Demontage stelle ich fest, dass die Vulkanisierungsnaht direkt am Ventil geplatzt ist. Jetzt kann ich den vorsorglich mitgenommenen Ersatzschlauch gut gebrauchen. Vorbeikommende Radfahrer bieten Hilfe an, die ich in Form von Schokoriegel und Schokolinsen gern annehme.
Die Fähre über den Nord-Ostsee-Kanal nach Brunsbüttel ist kostenlos, wie übrigens alle Kanalfähren. Das macht flexibel, man kann die Kanalseite an jeder Fährstelle wechseln und auf der anderen Seite weiter fahren.
In Brunsbüttel drehe ich einige Kreise, verfahre mich, das Navi hilft mir wieder auf die Strecke. Hier hätte ich gerne etwas mehr Zeit verbracht. Aber mein Zeitplan stimmt nicht mehr. Glücklicherweise hat der Wind auf Süd-West gedreht und ich habe wieder Rückenwind. Das sollte sich bis Kiel auch nicht mehr ändern. Heute will ich noch bis nach Burg in mein mittags vor der Panne gebuchtes Privatquartier in einer kleinen Ferienwohnung. Prima Unterkunft und ganz ruhig am Waldesrand. Burg müsste eigentlich „Berg“ heißen. Abseits des Nord-Ostsee-Kanals ist es recht hügelig. Vor die Nachtruhe haben die Götter den Schweiß gesetzt. Bis ich mein Quartier - heute recht spät - erreiche, muss ich ganz schön hoch strampeln.

6.Tag Burg – Fockbek 77 km

Frühstück ist in der Ferienwohnung nicht inclusive und so nehme ich die Empfehlung meines Vermieters an und frühstücke in Burg in der „Hacienda“. Der Tipp ist Gold wert. Für 7,50 € Frühstück satt – vom Buffet – bis die Hose platzt. (Heute brauche ich kein Mittagessen.)
Auf dem Weg Richtung Rendsburg mache ich einen Abstecher in die Wilster Marsch zur tiefsten Landstelle der Republik, bestaune die Eisenbahnhochbrücke bei Hochdonn, wechsele öfter die Kanalseite, mache hie und da einen Abstecher vom Kanal weg, um dann an ihn zurück zu kehren. Bei Grünental ist erneut eine Hochbrücke über den Kanal zu bewundern. Ich besuche den Steinzeitpark in Albersdorf und einige Hünengräber in der Nähe. Das Sperrwerk an der Eidermündung hält mich eine Zeit lang auf, weil gerade ein Skipper mit seiner Segelyacht geschleust wird und die Zugbrücke die Straße absperrt. Hinter der alten Lotsenstation bei Nübbel fahre ich weg vom Kanal nach Fockbek, wo ich im zentral gelegenen Hotel Schützenhof mein Nachtquartier beziehe. Nicht die günstigste, aber die beste Unterkunft der gesamten Tour. Das Abendessen im gleichen Haus im Restaurant ist sehr empfehlenswert.
Vor dem Einschlafen denke ich darüber nach, dass die Nord-Ostsee-Kanal-Route auch eine separate Tour wert ist. Mit allen Abstechern, die für die vielen Sehenswürdigkeiten und die Landschaft abseits des Kanals notwendig sind, würden das mindestens 400 km sein.

7.Tag Fockbek – Kiel Hbf 53 km

Das Frühstück im Hotel Schützenhof – wieder vom Buffet – wie alle Frühstücke auf der Tour wieder Sonderklasse. So macht der Start in den Tag richtig Spaß. Schon um 06:30 sitze ich am Frühstückstisch. Ich will früh los. Um 11:30 geht mein Zug ab Kiel nach Hause. Leider schon der letzte Tag der Tour. Der Wetterbericht sagt Regen und Gewitter voraus. Muss ich auf der letzten Etappe die Regenklamotten auspacken?
Von Fockbek führt mich das Navi ruckzuck nach Rendsburg. Mit der Schwebefähre über den Kanal, kurze Rast in Schacht-Audorf und jetzt los ab nach Kiel hoffentlich ohne Umwege direkt immer am Kanal entlang. Bei Sahestedt muss ich noch einmal die Kanalseite wechseln. Und dann doch noch einen Schlenker über Schinkel nach Kiel-Holtenau. Zum letzten Mal über den Kanal und dann auf dem Ostsee-Küsten-Radweg und am Kai entlang zum Hauptbahnhof.
Erster Schreck: Die Auskunft am Service-Point verwirft meine ausgesuchte Verbindung über Münster und Bünde, die ich mir schon ausgedruckt hatte. Wegen IC-Nutzung hätte ich mindestens 24 Stunden vorher buchen müssen? So sucht mir die freundliche Dame der DB eine neue Route mit Regionalzügen über Hamburg, Uelzen, Elze nach Hess. Oldendorf raus, nebenbei fragt sie mich über die Stationen meiner Reise aus. Die Warteschlange hinter mir wird länger, sie hat die Ruhe. Ich bezahle nur 49,-€ incl. Fahrrad (Quer-durchs-Land-Ticket oder so ähnlich).
Um 11:21 geht es los und um 16:37 soll ich zu Hause ankommen. In Hamburg Hbf sind alle Aufzüge defekt und ich verpasse meinen Anschlusszug. Aber Regionalzüge haben einen großen Vorteil: Eine Stunde später geht der nächste. So sitze ich eine Stunde später im Zug Richtung Uelzen. Und jetzt geht das vorausgesagte schlechte Wetter los. Der Regen klatscht an die Fensterscheiben – ist mir jetzt egal. In Uelzen sind die Aufzüge auch defekt (gibt es bei der DB auch funktionierende Aufzüge?). Aber ich habe ja schon Erfahrung gesammelt und hier reicht die Umsteigezeit, um das Rad die Treppe hoch und wieder runter zum nächsten Bahnsteig zu schleppen. In Elze ist der Bahnhof zur Zeit eine große Baustelle – wieder das Rad über die Treppen schleppen. Um 17:37 steige ich in Hess. Oldendorf aus dem Zug und komme vor einem richtig fetten Wolkenbruch gerade noch so trocken heim. Schade – das war´s. Am liebsten möchte ich gleich wieder los.
Und die Moral von der Geschichte: Regenwetter ist berechenbarer als die Aufzüge der DB und Rad fahren ist entspannender als Zug fahren.