Weser-Elbe-NOK

von: winoross

Weser-Elbe-NOK - 30.09.12 09:06

Ich hatte es bei der Vorstellung meines Rades in UR 4 versprochen, dass mein „Winoross“ in den Kreis der Reiseräder aufsteigen wird. Nun ist es soweit:

Im Juli hatte ich bereits das Rad und die Ausrüstung auf einer 4-Tages-Fahrt getestet. Von Hess. Oldendorf war ich zwei Tage auf dem Weser-Radweg und Fulda-Radweg über Hann. Münden nach Kassel gefahren, hatte 1 Tag bei meinen Eltern in Staufenberg pausiert und war dieselbe Strecke an den folgenden zwei Tagen zurück gefahren. Das waren insgesamt 360 km. Testwetter hatte ich auch: 2 Tage Sonnenschein, teilweise mit richtiger sommerlicher Hitze und am letzten Tag Dauerregen. Dazu ebene Strecken am Flußradweg, knackige Steigungen in den Kasseler Bergen. Soweit so gut. Nichts Neues für mich, die meisten Strecken kannte ich aus meiner Jugendzeit. Ohne Karte oder Navi, allein mit Ortskenntnis und den Radwegweisern wurde die Strecke bewältigt.

Mutig geworden, plante ich für den Oktober eine weitere Reise – Nord-Ostsee-Kanal sollte es sein. Ich hatte mir ein Garmin Dakota zugelegt, mit BaseCamp geübt und im heimischen Raum das Navi erprobt. Nun konnte es los gehen.
Die Strecke wurde geplant und Tracks angelegt. Nach Margits Muster habe ich zusätzlich noch einen Autoatlas zerschnippelt und die erforderlichen Seiten eingepackt (falls das Navi versagt...). Bei der Planung dachte ich, dass der NOK allein keine Herausforderung ist. Ich wollte mehr und so wurde der Weg von zu Hause ab Hess. Oldendorf in die Strecke aufgenommen. Damit waren die Vorbereitungen abgeschlossen.

Am 04.09.2012 lass ich noch den jährlichen Routinechek beim Kardiologen erledigen – wie immer ohne Auffälligkeiten, bestes Radlerwetter...nun aber los. Das Rad ist schon klar gemacht … also Taschen packen.

1.Tag Hess. Oldendorf – Großenheerser Mühle 82 km

Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück mit der Liebsten mache ich mich auf den Weg. Die Nachbarn winken freundlich und sind neugierig, ob ich zu Hause ausziehen will und wo ich denn mit dem voll gepackten Rad hin will. Meine Antwort löst Erstaunen aus: „...wär mit dem Auto doch viel einfacher und schneller“. Lachend wünschen sie mit eine gute Reise.
Ab auf den Weserradweg Richtung Norden...und dann immer geradeaus. Den Weg bis Bad Oeynhausen und Porta Westfalica ist mir bekannt, den habe ich schon öfter als Tagestour gefahren. Hinter Uffeln die erste nennenswerte Steigung auf der Route – aber mit einem Ausblick von oben auf die Weser wird die Anstrengung belohnt. In Bad Oeynhausen ist Eis-Pause bei meinem Stamm-Italiener. Den schönen sehenswerten Kurpark lasse ich links liegen, den kenne ich schon (da war ich 2010 zur Reha).
In Minden wird das Navi zum ersten Mal auf die Probe gestellt: Umleitung für Radfahrer – bescheiden ausgeschildert, aber mit Navi und VeloMap habe ich den Weser-Radweg als roten Faden (besser: blaues Band) immer vor Augen. Kurzer Abstecher zum Wasserstraßenkreuz...und weiter.
Zwischen Kleinenheerse und Großenheerse komme ich an der Windmühle Großenheerse vorbei – mit Pension für Radfahrer. Das Rad wird über Nacht in der Mühle geparkt. Die Zimmer nebenan sind zweckmäßig, der Preis durchschnittlich. Ich habe schon besser zu Abend gegessen: Brathering oder Sahnehering, Schnitzel in mehreren Variationen, dazu die immer gleichen Beilagen: Bratkartoffeln mit Speck und Bohnen mit Speck (zu fett). Und es wimmelt von Katzen in allen Farben und Größen. Ich zähle 14, der Wirt meint es wären mindestens 25. Ich mag Katzen, aber nicht in derartiger Zahl. Die Herberge ist gut besucht, heute übernachten hier 7 Radfahrer.

2.Tag Großenheerser Mühle – Eitzendorf 79 km

Das gute Frühstück vom Buffet lässt die Erinnerung an das Abendessen verblassen, aber mindestens 4 Katzen leisten uns schon morgens Gesellschaft im Frühstücksraum. Wir radeln dann zu viert ein kurzes Stück und tauschen Erfahrungen aus. In Schlüsselburg zweigen meine Mitradler ab Richtung Steinhuder Meer. Ich weiter über Stolzenau nach Nienburg. Hier nehme ich die Hauptroute über Mehlbergen und Schweringen nach Bücken. Der Weser-Radweg ist hier stellenweise eine echte Zumutung: Betonplatten mit Versatz und vielen Lücken. An einer einspurigen abschüssigen Engstelle – ich langsam bergan, rechts eine Grundstücksmauer, links ein Wassergraben – kommt mir ein Kollege mit Anhänger entgegen geflogen. Mit etwas Glück bekommt er sein Gespann in den Griff und wir kommen beide unverletzt davon. Auf der Strecke habe ich überwiegend rechts und links des Weges Maisfelder – rechts eine grüne Wand, links eine grüne Wand, oben der blaue Himmel. Wie sieht hier eigentlich die Landschaft aus?
Hoya - ist ein schönes Städtchen. Leider habe ich hier meine erste Panne. Der Hinterreifen verliert Luft. Ich finde auch nach Ausbau des Schlauches kein Loch. Ratlos pumpe ich kräftig auf und weiter, nach Eitzendorf ist es nicht mehr weit. Hier will ich auf dem Bioland-Hof Cordes übernachten – eine prima Empfehlung aus dem Forum. Ich werde bestens bewirtet, Frau Cordes bereitet mit ein echtes Radfahrer-Abendessen zu: Schinkennudeln in Sahnesoße mit großem Salatteller – alles Bio, besser geht fast gar nicht. Ich bin heute der einzige Übernachtungsgast und die Wirtin nimmt sich Zeit. Beim Gespräch während des Essens stellt sich heraus, dass Frau Cordes aus meinem Wohnort stammt und wir gemeinsame Bekannte haben. Wie klein ist die Welt.

3.Tag Eitzendorf – Sittensen – Hamersen 81 km

Prima geschlafen im kleinen Zimmer in der ausgebauten Scheune. Das Frühstück, ich weiß nicht was ich alles aufzählen soll, ist das umfangreichste und beste was ich je hatte. Dann beim Packen des Rades der Schreck: Der Hinterreifen ist platt – ich muss das Loch gestern übersehen haben. Wieder alles ausbauen, Frau Cordes bringt eine Schüssel mit Wasser zum Testen des Schlauches und ich finde tatsächlich ein klitzekleines Loch. Schnell geflickt, der Kompressor auf dem Hof liefert schnell Luft für den Reifen und los Richtung Verden. Kurze Rast für einen Pott Kaffee im Garten des Hofcafes in Oiste.
In Eissel kurz hinter Verden verlasse ich den Weser-Radweg. Von hier aus habe ich abseits der Wanderradwege eine Route über Gemeindeverbindungswege über Dahlbrügge und Völkersen geplant, um dann ab Ahausen den Wümme-Radweg zu nutzen - schöne verkehrsarme kleine Straßen zum genießen der Strecke. Mein Navi hat sich hier bestens bewährt. Und es fährt sich leichter, weil der ewige Gegenwind, der mich entlang der Weser plagte, jetzt zunehmend von der Seite kommt.
Kurze Rast in der „Knolli“-Kartoffelstadt Rotenburg. Kurz hinter Scheeßel verlasse ich den Wümme-Radweg um ein kurzes Stück den Lüneburger-Heide-Radweg zu fahren. Dann kurz hinter Alpershausen komme ich auf den Oste-Radweg, der über weite Strecken nur aus Waldwegen und Wegen mit gebundener Decke besteht. Beide Radwege sind übrigens stellenweise eine Zumutung. Die unbefestigten Stücke sind noch harmlos, auch wenn es stellenweise nur Pfade sind und radwegnaher Brennesselbewuchs nackten Radfahrerbeinen abträglich ist. Es kommt noch schlimmer: kilometerlange Pflasterstrecken – gepflastert mit unbehauenen Feldsteinen (Paris – Roubaix lässt grüßen), eine Marter-Test-Strecke für Radler und Rad. Und der schmale Streifen am Rand hat tiefen Sand und den soll man mit dem schweren Reiserad meiden.
In Sittensen suche ich ein Nachtquartier. Keine Chance – wegen eines Tierärztekongresses sind alle Zimmer belegt. Schön für die Wirte – schlecht für mich. Aber Hilfe ist vorhanden. Im Landgasthof Oehr telefoniert das Küchenpersonal so lange bis sie für mich ein Zimmer finden. In Hamersen bei Udo Borchers im Landgasthof ist ein Zimmer frei. Direkt an der Hauptstraße?, trotzdem eine gute Wahl: Frisch renoviert, prima Restaurant anbei, klasse Küche und vom Straßenverkehr höre ich die ganze Nacht nichts.

4.Tag Hamersen – Stade 76 km

Auch das Frühstück bei Udo Borchers ist reichhaltig und gut. Im Restaurant herrscht morgens eine richtig familiäre Stimmung, weil die Familie mit Kind am Nebentisch frühstückt.
Hinter Sittensen verläuft der Oste-Radweg gemeinsam mit dem Pilgerroute (D7). Dieser Radweg ist stellenweise im wahrsten Sinne des Worte eine echte Pilgerreise (mit Selbstkasteiung, wie bereits am 3. Tag beschrieben). Ab Heidenau wird die Strecke wieder besser und das Rad fahren macht wieder richtig Spaß. Hinter Heidenau quere ich die Autobahn. Die Brücke über die A1 ist nach langer Zeit die erste nenenswerte Steigung. Hinter Hollenstedt geht es auf dem Este-Radweg (R6) weiter Richtung Buxtehude. Buxtehude ist Hansestadt und das merkt man auch. Die Elbe ist schon nah. Schönes Städtchen, am Hafen und am Fleth spürt man richtig maritimes Flair. Man müsste mehr Zeit haben...
Ab Buxtehude geht es nun im Zick-Zack die Obst-Route entlang nach Jork. Altes Land – Obstanbaugebiet. Für einen Tag bestehen meine Mahlzeiten aus Äpfeln, Pflaumen und sonstigem Obst direkt aus den Hofläden.
In Jork geht es auf dem schön zu fahrenden Elbe-Radweg weiter Richtung Stade, wo ich übernachten möchte. An der Elbe habe ich herrlichen Schiebewind, wenn es leicht bergab geht brauche ich nicht treten. Ich fahre streckenweise vor dem Deich, auch mal ein Stück auf dem Deich oder hinter dem Deich. In Grünendeich lege ich eine längere Pause ein und schaue dem Treiben an der Fähre zu. Ein Hotdog am Schnellimbiss nach all dem Obst tut mir gut.
In Stade habe ich mal wieder Probleme Quartier zu machen. Es ist Samstag und Stade ist ein beliebtes Ziel für Wochenend-Kurztrips. In der Nähe der Altstadt finde ich keine bezahlbare Unterkunft. In der Nähe der Elbe-Kliniken finde ich nach etlichen Telefonaten im Hotel Schwedenkrone noch ein Einzelzimmer für 58,-€, das teuerste Quartier der ganzen Tour. Aber Zimmer und Restaurant sind gut, störend nur das Martinshorn der Rettungswagen aus der nahen Klinik. Für den abendlichen Trip in die Altstadt muss ich noch mal auf Rad. Aber das hat sich gelohnt. Stade ist eine sehenswerte Stadt, obwohl in der gesamten Altstadt in der Fußgängerzone das Rad fahren nicht erlaubt ist.

Fortsetzung folgt...