Re: Auf Schotterpisten durch die Westalpen

von: lutz_

Re: Auf Schotterpisten durch die Westalpen - 15.09.12 16:58

Am nächsten Morgen packen wir auf dem Camping Gran Bosch in Salbertrand unsere wenigen Habseligkeiten zusammen und radeln zunächst wiederum nach Oulx. Dort steigen wir in den Shuttlebus ein, der uns in einer Viertelstunde nach Bardonecchia bringt. Auf dem Weg zum Einstieg in die Waldpiste zum Colle della Mulattiera passieren wir den Sessellift des örtlichen Bikeparks. Wir schauen uns kurz an und beschließen kurzerhand uns den Anfstieg mit Lifthilfe zu erleichtern. Am Kassenhäuschen müssen wir der Kassiererin klar machen, dass wir nur eine einzige Bergfahrt benötigen und auch kein Pfand für die Liftkarte bezahlen wollen, da wir ja nicht mehr an der Talstation vorbei kommen werden. Mit der Hilfe eines hilfsbereiten Italieners können wir schließlich unser Anliegen klarmachen und kaufen die Liftkarten. Auf meine Frage, ob die Bahn zur Punta Colomion fahre, heißt es "Si, si, Punta Colomion". Also gehen wir umgeben von Protektoren tragenden Downhillern samt ihren Bikes mit beeindruckenden Federwegen zur Gondel. Dort wird das Gepäck in einen Sessel geladen, die Räder an einem Haken aufgehängt (so ähnlich wie in manchen Zügen) und schon schweben wir gemütlich nach oben. Prima denken wir uns, bis wir nach wenigen Minuten bereits an der Bergstation ankommen. Nun schauen wir, wo die Anschlussgondel weiterfährt. Aber Pustekuchen! Nur 280 Höhenmeter beträgt der Höhenunterschied, offenbar genug für die Downhiller. Die Lifte, die weiter nach oben zur Punta Colomion führen sind nur im Winter in Betrieb. Na Spitze! Das ganze Gedöns für schlappe 280 Höhenmeter…

Naja, der Ärger über die teuer bezahlten Höhenmeter währt nur kurz und wir tauchen in den Wald ein und müssen uns ganz schön ins Zeug legen um die steile Waldpiste fahrend zu bewältigen. Zum Glück verläuft die Piste nahezu komplett im Schatten, trotzdem fließt der Schweiß in Strömen. Kurz vor der Hütte an der Punta Colomion verlässt die Piste den Wald und es öffnen sich schöne Blicke hinunter nach Bardonecchia und zurück über das Valle Susa zum Assietta-Kamm und zum Mont Jafferau, der direkt gegenüber liegt.








Wir haben uns zuvor entschieden die Piste von Salbertrand zum Mont Jafferau auszulassen, da uns hier an Ferragosto zu viele motorisierte Fahrzeuge auf den Pisten unterwegs sind. Hinter der Hütte an der Punta Colomion verfolgen wir die nun ruppiger werdende Piste Richtung Colle de Mulattiera. Ab hier herrscht dann auch Fahrverbot für die motorisierte Fraktion, die offenbar noch vor wenigen Jahren diesen Pass ebenfalls anfahren konnte. Kurz bevor wir in einen Hungerast hineinfahren wird auf einem aussichtsreichen Plätzchen Mittagsrast gehalten. Hier werden wir von 2 italienischen und 2 deutschen Mountainbikern überholt, die sich über unsere Gepäcktaschen wundern. Die Piste ist im mittleren Abschnitt sehr ruppig und zwingt uns einige Male aus dem Sattel, wird im oberen Teil mit vier weiten Kehren aber wieder flacher und besser fahrbar. Schon von weitem sieht man die Kasematten unterhalb der Passhöhe, die wohl der Grund für die Errichtung der Piste waren. An der Passhöhe angekommen durchstreife ich das zweistöckige Bauwerk und stelle mir vor, wie die Soldaten hier oben wohl gehaust haben.