Re: Jakobsweg mal wieder

von: Fricka

Re: Jakobsweg mal wieder - 18.08.12 06:31

38. Tag

Am Morgen klingelt der Bäckerwagen neben uns. Das ist ein Leben. Nun gibt es auch noch ein Frühstück. Der Esel hat sich über Nacht losgerissen und ist verschwunden. Sein Besitzer (na gut, das sind Leihesel, die kann man mieten) macht sich auf die Suche. Wir können uns von diesem Ort kaum trennen. Heute wollen wir bis Santiago. Also los. Das, was wir gestern nicht mehr gefahren sind, kommt heute dazu. Ein kurzes Stück geht es noch auf dem schmalen Sträßchen weiter. Dann stoßen wir an einem Cafe auf die Hauptstrecke Lugo-Santiago. „Hier endet der idyllische Teil des Camino.“ Kann man im Reiseführer lesen.

Ab jetzt geht es wieder auf dem Seitenstreifen die Straße entlang. Die Radfahrer asphaltiert. Daneben der Schotter für die Fußgänger. Auf und ab im Nieselregen durch die bewaldeten Hügel Galiziens. Das wird jetzt zur Pflichtübung. Die Orte passen sich an. Sie sind unendlich öde und hässlich. Plattenbau an Plattenbau. Und nebenan der starke Autoverkehr mit all seinem Lärm und Dreck. Palas de Rei, Arzua, Ort um Ort, Kilometer um Kilometer geht es voran.

Noch eine lange Steigung hinauf zum Flughafen, am Kreisel abbiegen und da steht er, der Grenzstein. Santiago. Alle stehen Schlange, um sich daneben zu fotografieren. Der Flughafen scheint nicht sehr belebt. Während wir an ihm entlangfahren, startet gerade mal ein Flugzeug. Wir fahren bis zum Terminal, um uns anzugucken, wie es da in Richtung Fahrradversand aussieht. Wir erfragen Preise und sehen ankommenden Radfahrern zu. Zerlegt wird hier nicht. Alle bringen ihre Räder in Kartons, so dass der Verpackungsservice Däumchen dreht.

Es regnet jetzt stärker. Unsere Führer raten davon ab, den Fußweg über Monte Gozo zu nehmen. Wir bleiben auf der Straße. Es geht noch über mehrere Hügel. Santiago ist sehr uneben. Wir müssen uns noch einmal heftig verausgaben, um zur Altstadt zu kommen. Einmal falsch abbiegen, kostet viele, viele Höhenmeter. Aber schließlich biegen wir auf den Platz vor der Kathedrale ein. Geschafft. Da steht sie. Der Parador nebendran. Wir lassen uns zwischen den vielen anderen Pilgern nieder, die hier liegen und sitzen. Wir trinken die mitgebrachte Flasche Sekt. Da sind wir nicht die einzigen. Das ist schon ein irres Gefühl. Heute und in den nächsten Tagen treffen wir noch einmal alle Leute, mit denen wir unterwegs Teilstrecken gemeinsam zurückgelegt haben. Sogar die, die mit uns zusammen aus Vezelay aufgebrochen sind. Das hat was von einem schlechten Film, wo zum Happy End alle Mitwirkenden noch einmal auftauchen.

Wir holen uns im Pilgerbüro die schwer verdiente Compostela ab, indem wir unsere Pilgerpässe vorlegen. Jeder hat inzwischen zwei, weil einer nicht gereicht hat. Danach holen wir uns in der Touri-Info einen Stadtplan und lassen uns zeigen, wo der Campingplatz ist. Einige Bekannte sind schon dorthin aufgebrochen. Ansonsten scheint Santiago ausgebucht zu sein. Viele suchen heftig nach einer Unterkunft. Nach einem Bummel durch die Altstadt fahren wir auf den Campingplatz, entdecken dort einen großen Pool, bauen unser Zelt auf und beginnen uns von Pilgern in Touris zu verwandeln.