Re: Korsika Radtour

von: veloträumer

Re: Korsika Radtour - 01.08.12 14:27

Hallo Karin,
da ich gerade frisch auch durch Korsika gestrampelt bin - 4 Wochen und dabei über sehr viele Berge - kann ich auch eine kurze Lageeinschätzung abgeben. Meine Zeit war jetzt etwa Ende Vorsaison, Anfang Hauptsaison (1 Wo. Juni, 3 Wo. Juli). "In den Bergen" kann man nicht ganz verallgemeinern - eher:

- Bergregionen mit wenig Tourismus: kaum Verkehr, auch wenn die Einheimischen öfters hin- und herfahren (Schweinehirten, Handwerker, Postauto, Brotauto etc.). Die wenigen Touristen, die sich dort verirren, fallen verkehrsmäßig nicht signifikant auf. Der Verkehr ist auch in den dichter besiedelten Bergregionen wie in der nördlichen Castiniccia (südwestlich Bastia) angenehm gering;

- schwach besiedelte Gebiete mit etwas Tourismus: in der Saison spürbarer Anstieg des Verkehrs gegenüber Nichtsaison, aber insgesamt trotzdem nur mäßig befahren (z.B. die Küstenstraße Galeria - Calvi), manchmal sind die Zufahrten von der Küste zu den ersten Bergdörfern noch stark befahren - das ändert sich aber schnell in Richtung Binnenregionen;

- schwach besiedelte Gebiete mit starkem Tourismus: in der Saison recht viel PKW-Verkehr, aber keine LKWs (z.B. Restonica-Tal, Asco-Tal, Bavella-Gebiet = Wander- und Badetourismus) - es hilft die frühen oder späten Uhrzeiten zum Radeln zu nutzen;

- Hauptverkehrsachsen von überregionaler Bedeutung: immer starker Verkehr - auch LKW- bzw. Lieferverkehr (Nationalstraßen, nicht nur an der Küste, auch ganz besonders die Binnenroute Bastia - Corte - Ajaccio (die liegt auch in den Bergen, führt auf über 1000 m)). Auch hier bringen frühe und späte Tagesstunden teils etwas Ruhe (speziell auf der Binnenachse via Corte). In einigen Gegenden wird es aber auf den Straßen nie ruhig - speziell um die Städte Ajaccio und Bastia mit einem Einzugsgebiet von je ca. 20 km.

Noch ein Wort zu den Straßenzuständen: Die Straßen sind in großer Zahl in schlechtem, auch teils sehr schlechtem Zustand. Das Niveau ist in jedem Fall niedriger als etwa in den ebenfalls schon manchmal als etwas rau bekannten kleineren Pyrenäenstraßen. Die Fahrzeiten verlängern sich daher oft unerwartet - z.B. weil kein Abfahrtstempo erzielt werden kann. Raue Straßenabschnitte gibt es sogar auf den Hauptrouten. Trotzdem gibt es auch immer wieder kleine, aalglatte Bergstraßen, z.B. weil gerade neu gemacht. Viele Straßen sind im Bau oder werden absehbar mit einer neuen Fahrbahndecke bedacht (Markierungen). Einige in alten Karten noch teils als Piste eingetragene Straßen sind allerdings mittlerweile voll asphaltiert (falls du eine spezielle, fragliche Route überlegst, bitte nachfragen - die meisten Strecken kenne ich). Zur Zeit wird am Col de Sorba gebaut, bis zum Winter sollte die Strecke dann in einwandfreiem Zustand sein. Länger könnte es noch auf Teilen der Westroute am Cap Corse dauern, teils extreme Schlaglochpiste und nur stückweise im Bau. Die West und Nordteile sind bereits in einwandfreiem Zustand. Keine Verbesserung ist auf der Strecke zwischen Galeria und Calvi zu erwarten - die Strecke war schon vor 13 Jahren nicht sonderlich gut und wird offenbar als Abschreckung für den Durchgangsverkehr auf "Rodeo"-Niveau belassen. Die Bavella-Nordrampe scheint mir gegenüber 1999 in den meisten Teilen verbessert (nur noch wenige ruppige Stellen). Nicht zuletzt wegen der schlechten Straßen, aber auch der stets kurvigen Strecken sind Raser abseits der Nationalstraßen etwa so selten wie Schwarzfußindianer. In einigen Reiseführern werden Touristen (Autofahrer, aber damit sind ja auch Radler gemeint) vor Nachtfahrten aufgrund der korsischen Fahrweise gewarnt. Das ist kompletter Schwachsinn!