Re: Jakobsweg mal wieder

von: Fricka

Re: Jakobsweg mal wieder - 25.07.12 13:53

18. Tag

Gut erholt frühstücken wir bei herrlicher Aussicht mutterseelenallein auf unserer Hügelkuppe. Vorbei an einer einsamen Tankstelle verlassen wir den Ort und überholen kurz darauf zwei Pilgerinnen, die munter ihre Wanderstöcke schwingen. Sie haben es also auch irgendwie geschafft, in diesem Ort zu übernachten.

Die Straße ist völlig autofrei, gut zu befahren und führt durch eine eindrucksvolle bergige Landschaft, in der sich immer wieder schöne Ausblicke finden. Ab und zu geht es durch ein kleines Dorf. Und es gibt so viele romanische Kirchen, dass wir gar nicht alle ansehen können. Viele sind auch abgeschlossen. Wir rasten gerne an den Kirchen. Dort gibt es meistens Bänke in hübscher Umgebung. Bei Bedarf auch Schatten. Wenn, wie heute, die Sonne mal rauskommt. Neben diesen angenehmen Aspekten ist die Strecke vor allem eins: anstrengend.

Als zwischen den Hügeln die Kirchturmspitze von St. Leonard de Noblat auftaucht, können wir uns deshalb gut vorstellen, dass es schön wäre, mal etwas ebenere Verhältnisse anzutreffen. Der Ort liegt an der Vienne, wie auch Limoges. Da könnte man doch dem Fluss folgen und relativ eben dort hinkommen. Aber nein, das wäre zu einfach. Erstens führt keine Straße dran entlang. Was kein Wunder ist, da der Fluss einen großen Bogen schlägt. Die Straße, die am ehesten in die Richtung führt, ist die Hauptverkehrsstraße. Sowas wird nach unserer Erfahrung um so unangenehmer, je mehr man sich größeren Städten nähert.

In den Ort hinein bekommen wir schon mal eine Kostprobe. Es geht fleißig berauf. Wohin auch sonst. Die Straße ist eng. Und LKW auf LKW rauscht an uns vorbei. Das wird so heftig, dass wir seitlich abbiegen. Was sich als gute Idee erweist. Wir landen direkt in der Altstadt, die sehr mittelalterlich wirkt. Das ist schön anzusehen. Und das kann man von einer netten Bar aus. Natürlich besuchen wir auch die Stiftskirche in ihrer romanischen Pracht. Hier befindet sich das Grab des heiligen Leonhard. An der Wand hängen seine Ketten. Das wirkt zusammen mit dem strengen Schimmel-Geruch etwas morbide. Finster ist es auch.

Am Ortsausgang überquert die Durchgangsstraße die Vienne auf einer Bogenbrücke aus dem 13. Jahrhundert. Diese Brücken begeistern uns immer wieder. Vor der Brücke gibt es einen Abzweig an den flott dahinsprudelnden Fluss. Das Ufer mit Bänken garniert. Da müssen wir doch gleich mal eine Pause einlegen. Bald hinter der Brücke biegen wir nach links aus dem Tal aus. Es geht steil nach oben. Schön ist es hier. Ein Bach stürzt nach unten Richtung Vienne. Malerische Gehöfte liegen im Grünen. Und bald sind wir auch hoch genug, um immer wieder eine schöne Aussicht zu genießen. Die Wegweiser werden sparsam, so dass wir nicht mehr so wirklich wissen, wo wir sind. Jedenfalls geht es immer höher.

Bis wir schließlich in das nächste Tal abfahren und dort eine Straße finden, die uns nach Limoges bringen soll und die, laut Wanderführer weniger befahren ist, als die, von der wir wegen zu starken Verkehrs abgebogen sind. Das ist natürlich relativ. Je mehr wir auf Limoges zu kommen, desto mehr Autos und vor allem auch LKWs füllen die Straße. Für uns bleibt nicht viel Platz. Besonders schwierig wird das, wenn es stark bergauf geht und dabei der Seitenstreifen direkt an den Abgrund grenzt und immer schmaler wird.

Wir biegen mehrmal ab, werden aber immer wieder auf die Durchgangsstraße zurückgeführt. Das Gelände ist sehr uneben. Seitenstraßen führen in irgendein Wohngebiet oder auf einen Hof und enden dort. Uns bleibt nur die Straße. Wie immer bei solchen Stadteinfahrten geht es lange durch Vororte und vor allem auch Gewerbegebiete. Schließlich überqueren wir die Vienne und sind damit in der Innenstadt angekommen. Erstmalig habe ich hier das dumme Gefühl, dass der motorisierte Verkehr beschlossen hat, uns zu übersehen und damit zu überrollen. An einer Ampel kann ich gerade noch auf den Bürgersteig flüchten. Das ist mir zuviel. Wir schieben weiter und biegen bei nächster Gelegenheit ab in eine ruhigere Seitenstraße.

Wir besichtigen die Kathedrale und die umliegenden Parks und Gärten mit ihrer Aussicht über die Vienne unten im Tal. Schieben durch ein sehr übersichtliches Areal idyllischer Altstadt und laufen dann erst einmal bei der Touri-Info auf. An die Hilfsbereitschaft dieser netten Leute haben wir uns schon gewöhnt. Sie sind zwar unterschiedlich ausgestattet, aber in so einer Stadt natürlich maximal. Es gibt komfortable Toiletten. Wi-Fi. Eine Sesselecke, um mal gemütlich mit Internetzugang auszuruhen. Und eine gute Stadtkarte, wo man uns den Weg zum Campingplatz (relativ weit außerhalb) einzeichnet. Eine Oase im Großstadtgetümmel sozusagen.

Die Innenstadt selber spricht uns nicht besonders an. Groß. Dreckig. Viel Verkehr. Baustelle an Baustelle. Schwierige Orientierung wegen eines komplizierten Geflechts an Einbahnstraßen und Sackgassen. Wobei man nicht denken muss, dass man mit dem Rad da schon irgendwie durchkommt. Das verhindern diverse Treppen.

Nach Besichtigung machen wir uns auf den Weg zum Campingplatz. Es geht kontinuierlich bergauf. Die Straße ist eng. Der Verkehr stark. Der Platz liegt an einem See. Hinter einem gigantischen Einkaufszentrum. Er ist gepflegt und gut unterhalten, dabei schwach belegt. Wir haben viel Platz. Vom Badesee haben wir nichts. Es ist viel zu kalt für solche Unternehmungen.