China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali

von: wal

China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 15.04.16 05:18

Dies ist eine sehr kurze Tour gewesen (nur 8 Tage geradelt...), dennoch habe ich entschlossen, hier einen Bericht einzustellen, weil die Region möglicherweise ja auch für andere Interessant sein könnte. Die Reise fand in Kombination mit einem beruflichen Aufenthalt in China statt, daher auch nur so kurz...

Yunnan's Süden: Von Xishuangbanna nach Dali

Xishuangbanna, das ist da wo der Tee in den Bergen wächst, und wo die Früchte herkommen. Dort, wo auch die alte Handelsroute nach Tibet ihren Ursprung nimmt. Und das ist der Grund, warum ich ausgerechnet von hier aus nach Norden radeln möchte.

Ich verbringe zunächst zwei Tage im Xishuangbanna tropisch-botanischen Garten, wo chinesische Künstler sich im zeichnen von Pflanzen üben, und erkunde die nahe Umgebung mit dem Rad, aber noch ohne Gepäck.






Auf diesen Tagestouren entdecke ich durchaus noch schöne, ursprünglich wirkende Regenwälder, so wie man sie sich vorstellt: Mit dicken Bäumen, Würgefeigen, Lianen, Epiphyten...






Leider weichen diese Regenwälder immer mehr den großflächigen Kautschukplantagen. Diese Plantagen machen einen recht trostlosen Eindruck, weil jetzt, in der Trockenzeit, die Kautschukbäume ihr Laub abgeworfen haben. Außerdem wächst in den Plantagen, dank Herbizid-Einsatz, nicht viel anderes.


Großflächige, lanschaftsprägende Kautschukplantagen. Ganze Berghänge sind gleichmässig terrassiert und mit Kautschuk bepflanzt...


Schließlich geht es los: meine kurze Radreise soll mich von Jinghong direkt nach Norden führen, mehr oder weniger auf der Strecke, die einst die alte Teestraßen-Handelsroute war. Jinghong selber ist eine recht nette Stadt, der Baustil erinnert an Gebäude in Thailand oder Laos. Ich genieße den Abend vor der Abreise noch am Mekong-Ufer und probiere die verschiedenen, auf dem Nachtmarkt angebotenen Grillspieße.









Am nächsten Morgen beginnt meine Radtour nach Überquerung des Mekong mit einem etwa 500 Höhenmeter langen Anstieg direkt aus Jinghong raus. Was für ein Einstieg! Der Verkehr ist zwar ok, die Straße ist breit genug und zusätzlich mit breitem Randstreifen ausgesattet, aber es ist durch die nahe Autobahnbaustelle extrem staubig. Immer wieder bieten sich jedoch Ausblicke auf den Regenwald. Einige Bäume blühen, die Blüten in satten Farben: rot, orange, weiss. Viele dieser Bäume werden nicht von Insekten, sondern von Fledermäusen oder Vögeln bestäubt. Blüten (ebenso wie die Vögel und Fledermäuse) werden hier in Yunnan aber auch gerne gegessen...





Nach etwa 20 Kilometern sind einige größere Straßen abgezweigt und es gibt mit einmal kaum noch Autoverkehr. Ab jetzt kann ich die Fahrt auch genießen. Ich bin erfreut, dass die alte Fernstraße 213 meistens durch den Wald führt. So habe ich einerseits Schatten bei der tropischen Wärme, und kann andererseits die mir größtenteils unbekannten Pflanzen bewundern.




Fortsetzung...

Vom Regenwald über die Teeberge nach Pu'er

Schon bald erreiche ich das „Wild Elephant Gulley“ ein Tal, in dem es wohl noch Wildelefanten gibt. Man hat dort auch einen Park angelegt, der wie in China üblich auch Eintritt kostet. Dort kann man als Besucher Elefantenshows ansehen, in Baumhäusern übernachten, und in gepflegter Parklandschaft spazieren. Da das Gebiet nicht eingezäunt ist, kann man auch – so man denn Glück hat – einen wilden Elefanten sehen, wenn diese am Fluss nach Nahrung suchen. Ich spare mir das Geld und unternehme dafür ab und zu kurze Abstecher zu Fuß in den Wald.
Wenig später höre ich das Geräusch von brechendem Geäst im Hang über mir. Es riecht auch nach Tieren, und da sehe ich auch schon die Elefantelosung auf der Straße. Ich halte an und schaue durch die Büsche nach oben. Da sehe ich einen Elefant, wie er mit seinem Rüssel nach Nahrung bricht. Eindrucksvoll. Allerdings höre ich auch das Klirren von schweren Eisenketten und beim genaueren Hinsehen bemerke ich, dass dem Elefant die Stoßzähne abgesägt sind. Es ist also wohl ein domestiziertes Tier, das ich beobachte. Das macht es aber nicht minder interessant.






Für den Rest des Tages geht es nun stetig und kurvenreich bergauf. Meinen ersten Zeltplatz finde ich dann auch im Wald. Insekten und andere Krabbeltiere gibt es jetzt in der Trockenzeit recht wenig, das soll mir gerade recht sein. Nur an einem Baum entdecke ich eine Straße an roten Ameisen.


Im Abendlicht beobachte ich dafür zahlreiche Vögel, die in den blühenden Bäumen nach Nektar saugen. Es gibt außerdem kleine, schwarze Affen, allerdings sind diese zu flink für meine Kamera, oder ich bin einfach zu langsam. In der Dämmerung huschen auch noch einige Fledermäuse vorbei. Im Zelt liegend lausche ich den Geräuschen des Waldes: Vögel, Zikaden, Affen…



Der nächste Morgen bringt eine wunderschöne Fahrt, meist kurvig bergauf bergab durch Wald mit sich immer wieder bietenden Aussichten auf die Teeplantagen. Während ich im schattigen Wald radle, blicke ich auf eine Landschaft, die eindrucksvoll vom Menschen gestaltet ist. Terrassenartig sind die Berge bis zum Horizont mit Teebüschen überzogen. Das frische Grün der neu ausgetriebenen Teeblätter leuchtet in der Sonne, hier und da wird auch schon fleißig geerntet. Vereinzelt sehe ich sogar auch Plantagen, in denen Teebäume wachsen, eben jene ursprünglich aus diesen „Teebergen“ Südyunnans stammenden Bäume (Qingmao, Camellia sinensis), aus dessen Blättern seit etwa 1700 Jahren der sogenannte Pu’er Tee gemacht wird.









Gegen Mittag verlässt die Straße den schattigen Wald und führt nun für mehrere Kilometer in einem breiten Tal. Hier wird alles Mögliche angebaut: Kautschuk, Bananen, Kaffee, Drachenfrucht. Allerdings nicht immer schön, und nachhaltig wohl auch nicht. Vor allem die Bananenplantagen sind extrem intensiv, auch was den Gifteinsatz anbelangt. Aber wie es leider nun mal so ist: Angebaut wird, was Geld bringt. Und momentan bringen Bananen wohl Geld, so dass viele Reisfelder in Bananenplantagen umgewandelt wurden. Kautschuk war vor einigen Jahren stark angesagt, jetzt ist der Kautschukpreis aber so stark gesunken, dass sich teilweise der Betrieb der Kautschukplantagen nicht mehr lohnt.


Bananen (vorne), Tee und Kaffee (mitte), Kautschuk (hinten).

Die Strecke durch die Plantagenlandschaft zieht sich. Hier wird es wohl schwierig mit Zelten… Am Nachmittag geht es dann aber wieder bergauf und es kommen wieder Teeplantagen, die ich deutlich ästhetischer und abwechslungsreicher finde, als die Bananen- oder Kautschukplantagen im Tiefland.



Noch weiter bergauf, und es beginnt wieder Wald. Ich bemerke allerdings, dass es jetzt eher ein trockener, hartlaubiger Wald ist, mit Kiefern, Eichen und einigen anderen mir unbekannten Arten. Ich finde schließlich einen schönen Zeltplatz etwas erhöht über der Straße im Wald.


Am nächsten Morgen erreiche ich die große Stadt Pu’er. Eine typisch chinesische Stadt. Ich bin irgendwie enttäuscht, weil ich dachte, dass hier auch ein Zentrum der Teeproduktion wäre, vor allem des berühmten gepressten Ziegeltees. Es ist aber eher so, dass die Bezeichnung „Pu’er Tee“ sich auf den Distrikt bezieht und nicht auf die Stadt, denn produziert wird der Tee größtenteils vor Ort in den kleinen Dörfern.
Interessant ist, und das werde ich auch in anderen größeren Städten immer wieder beobachten, dass die Gemüsefelder im Prinzip direkt bis an die Hochhäuser reichen. Jeder noch so kleine Flecken Land wird genutzt: Reis, Salate, Bohnen, Erbsen, Paprika, Möhren, Rettich, Zwiebeln, Tomaten, Raps, Kartoffeln. Es wird auf den kleinen Feldern einfach alles angebaut, was für die Küche so gebraucht wird. Jeder schwäbische Kleingärtner würde vor Neid erblassen, angesichts der akkurat und sorgfältig angelegten Gärten hier.






(später mehr...)
von: TravellerXY

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 15.04.16 11:14

Oh, schöne Fotos!! Ich war auch schon in China unterwegs (damals aber nicht mit dem Rad) und dein Bericht macht Lust, mal wieder dorthin zu reisen - dieses Mal mit Rad!
von: wal

Re: China (Yunnan): am Chuan He - 15.04.16 14:39

Den Chuan He entlang nach Norden

Von Pu’er geht es über einen bewaldeten Berg mit langem, steilen Anstieg nach Ning’er, und dann wieder über einen langen, steilen Berg, bis ich den Chuan He erreiche, dem ich dann nach Norden folge. Es wird ein Tag reich an Höhenmetern, so viel ist sicher.



Das Landschaftsbild wandelt sich allmählich. Immer wieder gibt es hier noch steile, unzugänglich wirkende Berge, die total bewaldet sind. Wilde, steile Landschaften, die jäh zum reißenden Fluss hin abfallen. Es gibt nun auch kaum mehr Teeplantagen, dafür aber Terrassenfelder mit Getreide. Und was für Terrassenfelder! Die steilen Berge sind auf denen für die Landwirtschaft günstigen Seite bis auf den letzten brauchbaren Meter terrassiert und das Getreide steht in sattem Grün. Eindrucksvoll. Ich bewundere die Menschen, die diese Felder bewirtschaften. Es muss eine Knochenarbeit sein.









Die Straße schlängelt sich durch die abwechslungsreiche Landschaft, mal durch bewaldete Bereiche mehr oder weniger eng am Fluss entlang, mal über weitere, landwirtschaftlich genutzte Hochuferterrassen. An den Hängen gibt es kleinere Dörfer, die noch in der traditionellen Bauweise errichtet sind. Die Zufahrtsstraßen sind inzwischen meist befestigt, also betoniert.





Entlang der Straße gibt es kaum einen ebenen Platz, wo nicht ein einzelnes Haus steht, oft sind dies Werkstatt, Laden, „Truckstop“, oder auch mal ein einzelnes Wohnhaus.





Als ich am späteren Nachmittag dann einen kleinen Bach entdecke an dem eine flache Wiese und dahinter der Wald anschließt, und wo ausnahmsweise kein Haus steht, beschließe ich, dass dies der perfekte Zeltplatz für mich ist. Ich parke das Rad an einem Felsen und unternehme zunächst zwei kleinere Spaziergänge im Wald, bevor ich dann das Zelt aufbaue. Nachts bewundere ich den klaren Sternenhimmel und den Sichelmond.







Frühmorgens ist das Zelt etwas feucht vom Tau. Ich packe es trotzdem gleich ein und bin mit dem ersten Sonnenlicht wieder auf der Straße, auf dem Weg zum Frühstück. Ich habe mir angewöhnt, jeweils im nächsten Dorf zu essen, oder wo auch immer es "zhao dian", Frühstücksnudelsuppe, gibt. Heute muss ich etwa fünf Kilometer fahren, dann gibt es Nudelsuppe an einem kleinen Laden. Heute auch nur für 4 Yuan, sonst kostet die Portion 5 Yuan. Wie üblich bin ich nicht der einzige Frühstücksgast, aber der "laowei" mit dem Radel erregt doch einige Aufmerksamkeit hier in dem kleinen Dorf. Wo kommst du her? Hast du Kinder? Bist du verheiratet? zensiert, diese Fragen gibt es auch hier… Immerhin werde ich hier nicht so offensichtlich für einen Totalversager gehalten, wie in anderen Kulturen, als ich die letzten beiden Fragen verneine. Dass ich aus Deutschland bin, ist dafür ein großer Pluspunkt, denn Deutschland ist hier sehr geachtet.





(später mehr...)
von: lufi47

Re: China (Yunnan): am Chuan He - 15.04.16 15:05

Bezüglich der beiden Fragen die Dir gestellt wurden, das hast Du total mißverstanden. Es geht nicht um Versagen. Eine Unverheiratete ohne Kinder bringt auf dem Markt beim Verkauf deutlich mehr Geld ein, als eine Verheiratete mit Kindern..... grins

Gruß
Lutz
von: Eon

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 15.04.16 17:24

Hallo wal,

schöne Bilder aber verkehrte Richtung. Ich bin im Dezember 1987 von Lijiang, das liegt etwas nördlich von Dali, nach Jinghong mit einem chinesischem Fahrrad gefahren. Meiner Erinnerung nach ging es fast nur bergab. Noch was zu meinen Erfahrungen damals: Motorisierte Fahrzeuge gab es außerhalb von Kunming kaum. Zweiachsige Holzlaster und ein paar Busse am Tag waren die einzige Fahrzeuge, die ich so in Erinnerung habe. Und übernachtet habe ich immer in Hotels, die waren einfach zu finden, weil immer Busse davor gestanden haben. Die Provinz Xishuangbanna ist vielleicht der schönste Teil von ganz China.

Eon
von: wal

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 16.04.16 04:55

Hi Eon,
ja ich hatte schon das Gefühl, die ganze Zeit nur bergauf zu radeln... Ich hatte mich aber bewusst für diese Richtung entschieden.
Wie auch immer, Hotels habe ich auch gesehen, fand diese aber nie so wirklich einladend und habe daher gezeltet, was trotz Landwirtschaft nie ein Problem war.
Ich war etwas enttäuscht von Xishuangbanna, was aber auch mit dem trostlosen Eindruck der riesigen Kautschukplantagen zu tun hat. Ich vermute, dass es diese 1987 noch nicht gab...
So long
Waltraud
von: wal

Re: China (Yunnan): am Chuan He - 16.04.16 04:59

Wie auch immer, ich habe das deswegen so geschrieben, weil mir noch in sehr deutlicher (unangenehmer) Erinnerung ist, wie penetrant die Leute zB in Georgien zu diesen Themen waren...
von: wal

Re: China (Yunnan): am Chuan He - 16.04.16 06:46

weiter am Chuan He entlang...

... Immer wieder führt die Straße dann auch durch kleinere Städte. Diese Kleinstädte sind dreckig, anders kann man es nicht sagen. Das liegt teilweise auch daran, dass ein großer Teil des Lebens in der Öffentlichkeit, sozusagen auf dem Gehsteig stattfindet. Auf dem Gehsteig wird gebastelt und repariert, wenn der Platz im Werkstattladen nicht reicht, hier wäscht sich jemand über einer Schüssel die Haare, der Ladenbesitzer von gegenüber rasiert sich im Spiegel seiner Warenauslage, ein Mann hält ein Kleinkind zum pinkeln über einen Blumenkübel. Vor den Restaurants wird erst das Gemüse, später das Geschirr in Schüsseln gewaschen, das (dreckige) Wasser landet dann auf der Straße, wo der Wind den Staub und Dreck dann wieder aufwirbelt… Am Straßenrand werden von den Bauern auch ihre Waren angeboten. Das zum Verkauf gebotene Gemüse oder Obst liegt oft auch nur auf einem Stück Pappe oder auf einer Plastikfolie auf dem Boden oder wird direkt vom LKW aus verkauft.









Der chaotische Verkehr an parkenden und fahrenden Autos, Klein-LKWs und zahlreichen Motorrädern bringt ebenfalls viel Staub und Dreck. In größeren Städten gibt es immerhin eine Müllabfuhr und auch Kehrmaschinen, die regelmäßig die Straßen waschen. Dies gibt es in den kleineren Städten irgendwie nicht. Oft sind es Werkstätten, Müllsammler (Plastikflaschen und Pappe werden anscheinend gesammelt und recycelt) und Schrotthändler, die den Ortseingang säumen.





Zum Glück ist man auch schnell wieder draußen aus diesen Städten, und nur wenige Kilometer später sitze ich bei einer Pause auf einem Straßenbegrenzungsstein hoch über dem Fluss und beobachte wieder die Vögel und Schmetterlinge. Für die nächsten paar Kilometer windet sich die Straße, den Biegungen des Flusses folgend, wieder durch den Wald.




Mittagspause. An einem der üblichen, in (fast) jedem Dorf vorhandenen Kramläden kaufe ich ein Getränk und ruhe kurz im Schatten aus. Es ist zwar "nur" 35°C, aber die Sonne sticht, bedingt auch durch die hohe Luftfeuchtigkeit.
Der Ladenbesitzer fragt, ob ich auch etwas essen möchte. Ja, warum auch nicht. Nebenan, im Restaurant bekomme ich ein Schälchen Reis mit Fleisch und Chinakohl. Als ich bezahlen möchte, winkt man ab, ich bin eingeladen. Das ist mir auch in den letzten Tagen immer mal wieder passiert, dass ich die Portion Reis zum Mittag geschenkt bekomme. Radfahrerbonus? Ausländerbonus? Mitleid mit dem "armen" Radreisenden? Ich weiß es nicht, nehme aber dankend an und kaufe dafür im Laden noch eine Packung Kekse.





An diesem Abend nehme ich mir einen Zeltplatz direkt am Fluss. Neben einer Kiesgrube gibt es eine Wiese, nicht einzusehen von der Straße und weit genug weg von den Häusern. Geradezu ideal. Ich genieße noch die Abendsonne, aber nachts bringen der Fluss und die Wiese sehr viel Feuchtigkeit. Am nächsten Morgen ist alles klitschnass vom Tau und über dem Fluss liegt Nebel. Nun ja, ich hab’s ja so gewollt. Es dauert heute dann auch recht lange, bis die Sonne die Luftfeuchtigkeit getrocknet hat, und die Sicht auf die Berge wieder klar ist. Die Nebelstimmung hat aber auch etwas mystisches, es erinnert mich irgendwie an so alte, chinesische Gemälde.






Heute nervt der Lastverkehr. Nein, die großen LKWs die Bananen, Kaffee oder andere Waren bei den Bauern einladen und in entfernte Regionen transportieren, sind nicht so schlimm. Es nervt der ständige Verkehr an Mini-LKWs mit Zweitaktmotor. Sie sind laut, sie stinken, und sie sind oft so dermaßen überladen, dass sie kaum schneller fahren als ich mit dem Rad. Das wiederum heißt, man bekommt sie nicht wirklich los. Mal überhole ich, dann überholt der Mini-LKW wieder, und so weiter… Einziger Trost ist, dass diese Mini-LKWs kaum lange Distanzen zurücklegen.


Es ist sowieso faszinierend, was hier an Erde, Steinen, oder Kies auf kurze Distanzen hin und her transportiert wird. Dann ist da eine Baustelle an der Straße, es werden Steine abgekippt und ein bis zwei Leute klopfen diese Steine mit dem bloßen Vorschlaghammer so zurecht, dass eine Straßenbegrenzungsmauer gebaut werden kann… Natürlich wurde die Straße für den Bau dieser Mauer schon auf Dutzenden von Kilometern aufgerissen, aber nur an einer Stelle wird von einer kleinen Mannschaft tatsächlich auch gearbeitet...



Kurz vor der größeren Stadt Jingdong weitet sich das Tal plötzlich. Jetzt wird mir auch klar, wie hier eine große Stadt hinpasst, denn bis vor wenigen Kilometern führte die Straße, begrenzt durch Felsen noch ziemlich eng am Fluss entlang. Die Ebene ist landwirtschaftlich voll ausgenutzt, hier wird gerade vor allem Gemüse, Kartoffeln und Raps angebaut. Durch Jingdong komme ich recht problemlos durch, der Ausschilderung, wenn auch nur in chinesischen Zeichen, kann ich klar folgen.




Nur wenige Kilometer hinter Jingdong befinde ich mich wie plötzlich wieder auf recht verkehrsarmer Straße, direkt am Fluss.





Nun geht es auch wieder stetig bergauf, schließlich ist noch ein Berg zu überwinden, bevor ich die nächste große Stadt, Nanjian erreiche. Die Berghänge sind jetzt mit Kiefernwald bewachsen, es ist hier anscheinen recht trocken. Dazwischen blühen Kirsch- und Pflaumenbäume.






(... später mehr...)
von: Keine Ahnung

Re: China (Yunnan): am Chuan He - 16.04.16 16:42

Wieder ein toller und beeindruckender Reisebericht. Ich lese hier mit großem Interesse und Fernweh zwinker
von: wal

Re: China (Yunnan): Weishan - 17.04.16 10:35

Weishan



Von hoch oben blicke ich ins Tal auf die Stadt Nanjian. Da muss ich durch. Bisher waren die größeren Städte kein Problem, da meist klar ausgeschildert war, wo es an den jeweiligen Kreuzungen hin geht. Dennoch präge ich mir ein, in welches Tal ich später abbiegen muss, um es leichter zu haben. Es kommt dann auch so, dass plötzlich an den Kreuzungen keine Hinweisschilder mehr stehen, sondern nur Straßennamen ausgeschildert sind, die mir ja nicht wirklich nützen.
Nun nehme ich eben die nächstbeste Straße nah Osten und biege dann, als ich auf der Höhe des Tals bin, in das ich einbiegen muss, auf die nächste große Straße nach Norden ab. Hier ist dann auch der Fluss, dem ich von nun an folgen werde, und ich münde kurz darauf auf die große Ausfallstraße nach Norden. Nur wenige Kilometer hinter der Stadt hat der Verkehr plötzlich deutlich abgenommen und ich habe die Straße wieder (fast) für mich alleine.



Wieder hat sich das Landschaftsbild etwas verändert. Es ist hier viel trockener als noch im Tal des Chuan He und ich bin inzwischen auch auf größerer Höhe, jetzt schon über 1500 Metern. Die Terrassenfelder an den Hängen sind größtenteils noch nicht bewirtschaftet und so erweckt die Landschaft eher einen trockenen, braunen Eindruck. Einzige Farbtupfer sind die blühenden Kirsch- und Pflaumenbäume, sowie das Grün der bereits bestellten Felder im Talgrund.



Ab und zu kann ich beobachten, wie die Bauern die Terrassenfelder vorbereiten: Es wird gepflügt, geeggt, gehackt oder auch die ein oder andere Stelle an den Hänge oder Wasserkanälen ausgebessert. Alles ohne Maschineneinsatz in Handarbeit.





Ich suche einen Zeltplatz. Unbedingt mit Wasser. Kilometer um Kilometer vergehen und ich finde nichts. Entweder komme ich nicht runter zum Fluss, weil das Ufer zu steil ist und es keinen Pfad gibt, oder weil ein Haus da ist, oder weil die Seitentälchen trocken sind... Endlich, nur wenige Kilometer vor der nächsten Kleinstadt, gibt es einen Weg zu Fluss, ohne Haus. Das ist meiner.



Der Fluss ist sichtbar dreckig. Am Ufer liegt überall angeschwemmter Müll, und das Wasser, obwohl klar, ist sehr algig. Trinken würde ich es bestimmt nicht. Aber die Klamotten waschen, das müsste ok sein. Und so wasche ich die dreckigen Klamotten im dreckigen Fluss und fühle mich danach wunderbar sauber. Es gibt eben Dreck, der unmittelbar erkennbar ist, und solchen, der es nicht ist…
Das Zelt baue ich dann aber auf einem nicht genutzten Terrassenfeld etwas oberhalb auf, direkt am Fluss mit all dem Müll war es mir dann doch nicht so angenehm.





Am nächsten Vormittag erreiche ich Weishan. Kurz vor der Stadt entdecke ich auf einem Hügel oberhalb der Straße die erste Pagode, in dem Baustil der Bai erbaut, wie es sie auch in Dali gibt. Und am Ortseingang von Weishan gibt es dann noch eine. Außerdem gibt es in Weishan eine historische Altstadt, die ich mir ansehe. Nach nur wenigen Metern habe ich jedoch schon wieder genug. Ja, die alten Häuser sind nett, und ja, der Baustil ist auch deutlich anders als in Lijiang oder Zhongdian, aber die ewigen Gassen an Geschäften mit dem ewig gleichen Sortiment an Krimskrams und Mode finde ich irgendwie abstoßend. Meine Vorfreude auf die Altstadt von Dali hat einen deutlichen Dämpfer erhalten. Ich esse eine Nudelsuppe, gehe noch ein bisschen durch die Straßen und bewundere die mit geschnitzten Tierköpfen verzierten Dachbalken der Häuser.











Schließlich fahre ich dann zu der alten Pagode am Ortseingang. Sie ist nicht gepflegt, es wachsen Bäume aus den oberen Ebenen, und am Sockel ist alles voll mit Glasscherben. Ich frage mich, warum diese Pagode so wenig beachtet und so wenig gepflegt ist, denn eindrucksvoll anzusehen ist sie trotzdem. Vor allem kann man direkt mit dem Rad direkt hinfahren...



Ab Weishan ist die Straße jetzt vierspurig ausgebaut. Langsamer Verkehr, also Radfahrer, Eselskarren und ähnliches, sind aber trotzdem erlaubt und nutzen den sehr breiten Seitenstreifen. Es ist eigentlich ganz angenehm, der Verkehr ist nur wenig dichter als auf der engeren Straße vorher und nun muss ich immerhin nicht mehr auf den Gegenverkehr und eventuell knappe Überholer achten.



Dörfer, Felder, Städte bilden hier ein ganz enges Mosaik. Die blühenden Rapsfelder leuchten in der Sonne, gleich dahinter ein Friedhof, ein Dorf oder gar die nächste Stadt. Nach 20 Kilometern, nachdem die nächste, nördliche Kleinstadt auch hinter mir liegt, nimmt der Verkehr wieder deutlich ab, und es geht wieder bergauf. Für 17 Kilometer windet sich die Straße nun aufwärts, bis auf eine Höhe von etwa 2600 Metern.







An dem großen Stausee im Weishan zelte ich ein letztes Mal, bevor ich den Pass nach Dali überwinde. Ich finde einen kleinen Weg, der zum See hinab führt.





Ich bin dort völlig ungestört und entdecke sogar einen kleinen Bach, den ich zum Waschen nutzen kann. Lediglich eine in Tracht gekleidete Frau kommt mit ihren Kühen vorbei.



Wir betrachten uns gegenseitig, sie ist erstaunt über die Ausländerin mit dem Rad und Zelt, ich darüber, dass einige Menschen auch im Alltag noch traditionell gekleidet sind, und nicht nur auf "singing und dancing"-Veranstaltungen in irgendwelchen Altstädten oder speziellen Touristendörfern.





(... später mehr...)
von: Laiseka

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 17.04.16 19:41

In Antwort auf: Eon
Hallo wal,

schöne Bilder aber verkehrte Richtung. Ich bin im Dezember 1987 von Lijiang, das liegt etwas nördlich von Dali, nach Jinghong mit einem chinesischem Fahrrad gefahren. Meiner Erinnerung nach ging es fast nur bergab. Noch was zu meinen Erfahrungen damals: Motorisierte Fahrzeuge gab es außerhalb von Kunming kaum. Zweiachsige Holzlaster und ein paar Busse am Tag waren die einzige Fahrzeuge, die ich so in Erinnerung habe. Und übernachtet habe ich immer in Hotels, die waren einfach zu finden, weil immer Busse davor gestanden haben. Die Provinz Xishuangbanna ist vielleicht der schönste Teil von ganz China.

Eon


Hast du von dieser Reise auch Bilder oder einen Bericht? Würde mich sehr freuen, wenn du den hier reinstellen könntest!

@wal: toller Bericht & Fotos.
von: wal

Re: China (Yunnan): Weishan - 18.04.16 08:11

bis Dali

... Am nächsten Morgen sind es noch einmal 600 Höhenmeter, bevor ich nach Xiaguan, die große Stadt am Südrand des Erhai-See, abfahren kann. Eigentlich freue ich mich darauf, vom Pass aus einen Blick auf das bis zu 4122 Meter hohe Cangshan-Gebirge zu erhaschen, aber diese Freude löst sich wortwörtlich auf, denn es beginnt zu regnen. Auf über 2000 Metern ist der Regen jetzt im März auch recht kalt, so dass ich den Regenschauer erst einmal unter dem Dach einer am Straßenrand gelegenen Hütte abwarte. Nach einer halben Stunde scheint der Regen vorbei und ich setze meine Auffahrt fort. Die Straße ist natürlich jetzt nass und dreckig, und meine Beine und das Rad sind es kurz darauf dann auch… Der 4000er ist natürlich in Wolken verhüllt und auch der Blick auf den Erhai ist vom Dunst getrübt.



Xiaguan, das ist die größte Stadt auf meiner kurzen Tour. Eigentlich ist recht klar, in welche Richtung ich muss – gerade nach Norden – aber irgendwie verliere ich mich dann doch etwas zwischen den Hochhäusern. Die großen Straßen sind inzwischen meist Autobahnen und für den Radverkehr gesperrt, und die kleineren Wege aus der Stadt sind nicht unbedingt ausgeschildert.



Positiv zu bemerken ist, dass auf den Straßennamensschildern auch immer die Himmelsrichtung vermerkt ist, in die die Straße jeweils führt. So kann ich, auch wenn ich nicht genau weiß, ob es die „richtige“ Straße ist, immerhin die Richtung halten und komme so recht einfach nach Norden und auch an das Ufer des Erhai. Dort finde ich nach einiger Irrfahrt in Sackgassen und Baustellen dann auch den Einstieg in die „West Erhai Ringroad“, die verkehrsarme Straße über die Dörfer direkt am Westrand des Sees.









Nach etwa 10 Kilometern entspannter Fahrt am See entlang verlasse ich den Erhai in Richtung Dali Altstadt. Wie erwartet, beginnt die „Shoppingmeile“ in den historischen Häusern direkt hinter dem restaurierten Stadttor.



Unter anderem gibt es hier nun auch den Tee zu kaufen, der in der Region Pu'er angebaut wurde. Also dort, wo ich vor ein paar Tagen noch geradelt bin. Es gibt viele verschiedene Teesorten, die sich im Herstellungsprozess, der Reifungsdauer, im Alter der Teeblätter, oder hinsichtlich des Herstellungsortes unterscheiden. Natürlich schlagen sich diese Unterschiede und Feinheiten dann auch in unterschiedlichen Preisen nieder.



Die Altstadt von Dali ist aber trotz Shopping-Overkill recht hübsch, jetzt wo die Kirschbäume blühen und die alten Häuser in kitschig rosa einrahmen. Ich falle auf zwischen den zahlreichen, ausschließlich chinesischen Touristen. „Guck mal, ein Ausländer...“, „… mit dem Fahrrad“, solche Kommentare höre ich überall. Man schwankt zwischen Verständnislosigkeit (dass man so reisen kann) und Bewunderung (dass man es trotzdem tut).







Nach kurzer Zeit passiert, worauf ich gehofft hatte: Ein Bai spricht mich an, ob ich ein Zimmer brauche. Wieviel kostet es? 80 RMB. Das ist ok. Nur zwei Minuten entfernt. Das Fahrrad? Kein Problem.
In der Tat stellt sich die Familienpension als sehr nett heraus, und von selber hätte ich das entsprechende Schild nie erkannt. Ich habe ein großes Zimmer mit eigenen Bad/Dusche und das Fahrrad parkt im Innenhof direkt vor meinem Zimmer. Ich bekomme sogar sofort Waschpulver und warmes Wasser, um auch das Rad und die Packtaschen vom Dreck zu befreien. Für die nächsten zwei Tage wird dies meine Basis sein.



Nachdem ich nun eine Unterkunft gefunden habe, erkunde ich die Altstadt nach Essbarem. Und da gibt es eine große Auswahl: Früchte aller Art, Kekse mit Blüten als Zutaten, Restaurants und Imbisstände mit Speisen der unterschidlichen in Yunnan lebenden Volksgruppen. Da habe ich in den nächsten zwei Tagen genug Möglichkeiten, zum ausprobieren.







Ich möchte unbedingt noch die berühmten Pagoden ansehen, deswegen ich ja auch nach Dali geradelt bin. Leider kann ich nicht mit dem Rad direkt hinfahren, da der entsprechende Park drumherum wie üblich nur für Fußgänger zugänglich ist. So nehme ich eben den Bus.



Die Pagoden sind sehr eindrucksvoll. Die größte Mittelpagode (Qianxun-Pagode) wurde zwischen den Jahren 823 und 859 erbaut, während der Regentschaft des Königs Quan Fengyou des damals existierenden lokalen Königreiches Nanzhao. Sie ist 69.13 m hoch und hat 16 Stockwerke. Die beiden kleineren, später erbauten Pagoden im Norden und Süden sind jeweils 42.19 m hoch und haben 10 Stockwerke. Es gibt einige kleine Seen in dem Park, in denen sich die Pagoden bei gutem Licht eindrucksvoll spiegeln. Die Pagoden sind vom Baustil her ursprünglich alte, buddhistische Pagoden, die aus religösen, abergläubischen Gründen gebaut wurden. Gemäss einer Legende war die Gegend um Dali, bevor sie von den Menschen besiedelt wurde, von brütenden Drachen bewohnt. Die Drachen führten immer wieder Naturkatastrophen herbei, um die Menschen von der Besiedlung der Region abzuhalten. Die Pagoden wurden gebaut, um die Drachen zu bändigen.



In Dali endet dann auch meine kurze Radreise, den nördlichen Teil Yunnans, also Lijiang, Zhongdian (Shangrila) und die Region Deqen kenne ich bereits von anderen Touren und möchte es auch so in Erinnerung behalten... Nur der Süden Yunnans, der hatte halt noch gefehlt.


Tempel und Drachenmotive habe ich nun erstmal genug gesehen, aber Nudelsuppe, die geht immer :-)




Die Reise wird demnächst fortgesetzt...
von: Eon

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 18.04.16 16:41

In Antwort auf: Laiseka


Hast du von dieser Reise auch Bilder oder einen Bericht? Würde mich sehr freuen, wenn du den hier reinstellen könntest!

@wal: toller Bericht & Fotos.


Ich war damals viereinhalb Monate als Tourist in China, die meiste Zeit davon im wilden Westen.
Kameras hatte ich zwei dabei, eine Minox 35GT Kleinbildkamera und eine Spiegelreflex. Aber ich konnte es nicht übers Herz bringen Bilder zu machen, weil die Eindrücke und die ganze Atmosphäre nicht in so einen kleinem Bild festzuhalten sind. Reisen ohne fotografieren ist auch möglich und sogar intensiver. Aber das ich die Minox dann verkauft habe, ärgert mich noch heute.

Eon
von: estate

Re: China (Yunnan): von Xishuangbanna nach Dali - 28.04.16 07:03

In Antwort auf: Eon

Kameras hatte ich zwei dabei, eine Minox 35GT Kleinbildkamera und eine Spiegelreflex. Aber ich konnte es nicht übers Herz bringen Bilder zu machen, weil die Eindrücke und die ganze Atmosphäre nicht in so einen kleinem Bild festzuhalten sind.


Stimmt natürlich. Eine hochauflösende 360 Grad Lichtfeldkamera sollte es tun. grins
Aber das kommt erst in ein paar Jahren für den Amateurbereich.