Re: Gotthardtrip

von: MikeBike

Re: Gotthardtrip - 21.01.12 19:05

Hallo zusammen, ich greife als Neuling den Faden nochmal auf und hoffe ihn in der "Anfangseuphorie" nicht zu überspannen. Der Gotthard war "Höhepunkt" meiner bisher einzigen Radtour und ist damit das beste Thema für den allerersten Beitrag.

iassu, erst mal Gückwunsch und Dank für die phantastischen Bilder!

So sieht es da oben also aus?

Den Bergsee auf der Passhöhe kenne ich nur noch aus der Jahrzehnte alten Erinnerung an frühere Passüberquerungen mit dem Auto. Als wir diesmal dort oben ankamen, konnte man das Vorderrad kaum noch sehen, dichtester Nebel. Nur mit großer Mühe fanden wir zum Hospiz - Kaffee und Engadiner Nusstorte schmeckten umso besser. Das war letzten Juli. Ich fuhr zusammen mit einem Freund von Mannheim über Straßburg, Luzern, Gotthard und Locarno nach Braccio, ein kleiner Ort oberhalb von Mergozzo nahe dem Lago Maggiore. Auf dem Rückweg kam es dann noch schlimmer. Ein Erdrutsch an der Uferstraße bei Porto Ronco zwang uns die Umleitung nach Locarno über den steilen Berg zu nehmen. Zusammen mit dem immer stärker werdenden Gegenwind kostete das Kraft und Zeit, so dass wir erst gegen 17.45 in Airolo ankamen. Da wir bald eine Pizza im Bauch hatten und wenig Lust darauf, den Abend in dem trübseligen Alpenort zu fristen, begaben wir uns um 18.30 auf die Tremola. Nach ein paar Kilometern konnten wir die steilen Spitzkehren nur noch in Windrichtung fahren, gegen den Wind mussten wir schieben. Bei Dunkelheit, Nebel und Kälte sahen wir irgendwann Licht und kamen ziemlich erschöpft im Hospiz an. Ein gut beheiztes und zu diesem Zeitpunkt völlig verlassenes Herrenklo erinnere ich als einen der gemütlichsten Orte, die ich jemals in meinem Leben besucht habe. Schon nach einer Viertelstunde Aufenthalt mit ausgiebiger Warmwasserbehandlung der eingefrorenen Hände war der Lebensmut wieder zurückgekehrt. Wir konnten uns nach intensiver Beratung mit den Ortskundigen den richtigen Weg entlang der Leitplanke ertasten und bald die lustige Abfahrt zum hässlichen Campingplatz in Andermatt genießen. Ja, der Ort passt genau zu diesem Platz.

"Flachlandtiroler" sind wir allemal ahrscheinlich kann man uns zur Kategorie "unbedarfter Alpenradler" rechnen. Sehr vernünftig war diese Tour sicher nicht. Immerhin waren wir aber nicht nur mit "Flipflops" und kurzen Hosen unterwegs, sondern hätten mit Zelt und Schlafsäcken zur Not auch am Pass übernachten können. Trotzdem möchte ich das so nicht noch mal machen. Auch wenn es im Nachhinein immer eine schöne Geschichte ist. Wir hatten uns einfach vorgenommen die Gesamtstrecke in 4 Tagen zu fahren und das gelang auch beide Male ganz gut.

Was den Verkehr angeht hatten wir auf der Hinfahrt das Glück, die Galerien erst spät am Abend zu fahren. Es war wenig los. Ich möchte dort aber ungern von einer wütenden Autoschlange gejagt werden.
Die Axenstraße ist zwar schön, aber als Hauptverkehrsstrecke natürlich unangenehm zu fahren. Immerhin gibt es einen Fahrradweg, der aber sehr schmal ist. Eine junges Paar, das wir zu unserem Erstaunen mit zwei kleinen Kindern am Gotthardpass trafen erzählte uns, dass sie genau diese beiden Strecken nicht mit den Anhängern fahren. Das ist vernünftig und für solche Fälle unbedingt empfehlenswert!

An Stefan, den Kettenraucher ein zweifaches "YOUW" - und zwar in seiner gegensätzlichsten Bedeutung!

"Youw" zum herrlichen Reisebericht. Bin absoluter Fan.

"Youw" zu deinen Antrag auf ein Fahrradfahrverbot. Das geht ja wohl gar nicht. Wenn das die zuständigen Behörden lesen und dir anhand von Verbotsschildern ein Denkmal setzen? Willst du das wirklich? Ich bin froh dass ich meine eigene Erfahrung machen konnte, ohne von der Schweizer Polizei verfolgt zu werden.
Es liegt doch irgendwie schon in der Sache der Natur dass sich die Eidgenossen schwer damit tun, Fahrrad Wege in den Alpenfels zu sprengen. Zum Thema Fahrradverkehr würden mir da wesentlich krassere Sachen aus meiner Kurpfälzischen Heimat einfallen. Sei es nur die katastrophale Beschilderung. Selbst in Straßburg war Verlass darauf, aber in Basel ging mir als Radfahrer das Herz auf. Deutlich sichtbare Pfosten an denen etliche rote Schilder angebracht sind, die auf Fahrradwege zu weit entfernten Orten zeigen. Wahnsinn! Das ist so, als wenn wir an jeder größeren Kreuzung Fahrradwegweiser Richtung Berlin, München oder Frankfurt hätten. Wo gibt es so etwas in Deutschland? Jedenfalls wären wir auf unserer Fahrt durch die Schweiz auch ohne Karte, nur mit Hilfe der Beschilderung ans Ziel gekommen. Super!

Jedenfalls freue ich mich im Forum angekommen zu sein. Vielleicht sehen wir uns (bei halbwegs annehmbarem Wetter) in Sutz, für den Sommer ist eine Deutschland Tour geplant.

Viele Grüße Mike