Ach so, nur Schweiz

von: kettenraucher

Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 18:21

Zunächst ein Management Summary:

Dieser Beitrag ist ein Experiment. Hiermit traut sich der Autor, den ersten Teil einer bescheidenen Radreise rund um den Kirchturm vorzulegen. Weitere werden folgen – jedenfalls dann, falls sich jemand dafür interessieren sollte. Der Text ist leider ohne Bilder, also eine Bleiwüste. Dies ist bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern.

Jetzt beginnt der Text:

Wenn es sich nicht um meine ersten Versuche im Hochgebirge handeln würde, wäre es nicht weiter erwähnenswert, aber so habe ich eine Nachricht und kann sagen: Ich war im Sommer in der Schweiz. Und jetzt möchte ich hier auch erzählen, wie es dazu gekommen ist und was ich dort so gemacht habe.

Offen gestanden, mein ruhmloser Trip berührte nur ein paar belanglose Gegenden in den nördlichen und östlichen Kantonen und war nur selten lebensgefährlich, aber trotzdem schön.

Nun ja, neulich habe ich im Forum im Faden zum Gotthardtrip gleich mal an der Auffahrt nach Andermatt rumgemosert und einige intelligente Proteste ausgelöst. Seitdem halte ich eine tiefer gehende Reflexion meiner Reiseerlebnisse für wünschenswert.

Was ich für diesen Beitrag suche und bislang noch nicht gefunden habe ist eine überzeugende Überschrift. Das Unterfangen ist nicht ganz so einfach, weil die Schlagzeile mindestens folgende Information enthalten sollte: In Luzern hat man mich gewarnt, aber ich war dämlich überheblich. Gut, dass ich später königlichen Trost fand. Dann schenkt mit irgendwo im nirgendwo eine schöne Frau ein selbstgepflücktes VIER-blättriges Kleeblatt und wünscht mir gute Reise und ein langes Leben. Auch unabhängig von der schönen Frau war ich sehr von der Schweiz beeindruckt. Zum Beispiel von dem vielen Regen und den ungewöhnlich athletischen und außerordentlich vitalen Nutztieren – das kennt man so in Deutschland definitiv nicht.

Ich bin also begeistert und werde die Schweiz alsbald wieder besuchen. Vielleicht wähle ich dann Chur als Basislager. Wir werden sehen.

Was mir in der Schweiz auch imponiert hat, ist, dass viele Tourenfahrer mit praktischen Gummistiefeln und demzufolge notgedrungen ohne Klickpedale unterwegs sind. Viele tragen dau ergänzend einen sehr, sehr langen Regenmantel mit tief ins Gesicht reichender Kapuze. In Verbindung mit einer gebückt regen- und windschlüpfigen Haltung hilft diese Basisausstattung dem fröhlichen Radlergemüt, der meterhohen Gischt zu trotzen, die vor allem dann entsteht, wenn der Regen waagrecht von vorne nässt und zeitgleich die zahlreichen Motorwagen nach Kräften von unten und der Seite spritzen. Ich fühle mich heute jedenfalls ausreichend vorbereitet, eine Autowaschanlage mit dem Fahrrad zu bereisen.

Ursprünglich wollte ich gar nicht in die Schweiz, sondern nach Berlin. Aber dann hab ich mich überreden lassen. Und das kam so.

Kettenraucher: „Ich fahre nach Berlin.“
Klugscheißer: „Das ist doch langweilig. Du musst in die Alpen. Passstraßen sind das Nonplusultra. Alle sagen das.“
Kettenraucher: „Die Alpen sind zu weit weg – bis ich einigermaßen attraktive Gebiete auf der Südseite erreiche, ist meine freie Zeit bereits Vergangenheit.“
Klugscheißer: „Nimm einfach den Zug bis Innsbruck oder so“
Kettenraucher: „Ich bin Radfahrer, kein Bahnfahrer.“
Klugscheißer: „Fahr doch in die Schweiz. Das ist nicht so weit.“
Kettenraucher: „Dort ist es kalt und nass. Ich kenne die Klimadiagramme. Vielen Dank.“
Klugscheißer: „Aber als Radfahrer musst Du mal in den Alpen gewesen sein. Sonst kannst Du nicht mitreden.“
Kettenraucher: „ Ich muss nicht quatschen, ich bin mehr für´s machen“
Klugscheißer: „Eben. Wenn Du es dieses Jahr nicht machst, tust Du es vielleicht nie.“
Kettenraucher: „OK, fahr ich mal in die Scheiß Alpen. Aber nur zum schnuppern, mal sehen, ob ich das schaffe. Und dann fahr ich nach Berlin.“

Aber bevor ich in die Schweiz fahren konnte, musste ich einen Prolog einschieben – quasi aus Trainings- und Vorbereitungsgründen. Deshalb gibt es jetzt einen Zwischenabschnitt.


Ob ich umziehe?
„Nein“.
„Auswandern?“
„Junge, Du bist echt witzig.“
Zugegeben, mein Fahrrad trägt das eine oder andere Gepäckstück zu viel, aber mit Absicht, weil ich jetzt im April meine körperliche Verfassung für meine im Sommer geplante Alpenpremiere überprüfen will. Nein, nein, erzähle ich der interessierten Nachbarschaft, ich gehe heut Vormittag noch ins Büro und dann fahr ich ein paar Tage spazieren.

"Wohin?"
"Das lass ich auf mich zukommen. Heute Mittag erst mal nach Karlsruhe. Hauptsache raus und weg aus Stuttgart."
„Na dann viel Erfolg und mach´s mal gut.“
„Danke, danke. Es ist nur Training“.

Zur Mittagszeit verlasse ich meinen Arbeitsplatz und jage Richtung Norden zum Enztal. Um einen passablen Rhythmus zu finden wechsle ich bald vom Radweg auf die Straße und treffe in einem Dorf nahe Pforzheim auf eine fahrradbegeisterte Metzgerin, die mich mit Getränken, belegten Brötchen und vielen gut gemeinten Ratschlägen versorgt. Auf den letzten Kilometern in die Karlsruher Innenstadt nervt mich der Feierabendverkehr und ich bin jetzt doch froh mein erstes Etappenziel erreicht zu haben. Ich übernachte – Fragen kostet nichts und ich habe aus purer Neugier halt mal gefragt, wo ich sonst nicht gefragt hätte - in einem sehr noblen Luxushotel. Der Portier hat mir aus spontaner Sympathie einen Sonderpreis gemacht. Ehrlich, ein grandioses Zimmer in feinstem Ambiente - so preiswert, dass ich hier unmöglich den Namen des Palazzos nennen kann ohne den Job des freundlichen Komplizen zu gefährden.

Ich dusche also in meiner großzügigen Wellness-Oase, schlendere etwas durch die Stadt und sehe ein vierrädriges Fahrrad mit vier Sitzplätzen, das von den acht Beinen vier gut gelaunter junger Menschen angetrieben wird. Ich traue meinen Augen nicht: Eigentlich ein Auto, ein Pedal-Auto, das Blechkabine und Kofferraum einfach weglässt. Da fährt es dahin und bis ich meine vor Begeisterung überforderten fünf Sinne wieder beisammen hab, ist dieses saucoole Gefährt bereits hinter der nächsten Ecke verschwunden. Es ist ein Jammer, dass ich jetzt zu Fuß unterwegs bin und nicht die Verfolgung aufnehmen kann. Aber ab sofort rangiert Karlsruhe in der Hitliste meiner persönlichen Lieblingsstädte ziemlich weit oben.

In einer gegen Abend zufällig gewählten Eckkneipe, in der sich so ziemlich alles um Fußball dreht, entscheidet sich mein Etappenziel für morgen. Nach vergleichsweise schlüssiger Diskussion wird die kürzeste Distanz zwischen diesem Tresen und einem Fußballstadion der ersten Liga auf rund 100 km geschätzt. Das Stadion liegt in Kaiserslautern und das liegt im Pfälzer Wald und dort fahr ich morgen hin.

Jetzt muss ich zur Erklärung einschieben, dass ich schon ernsthaft von der Schweiz erzählen möchte. Andererseits macht es mir durchaus Spaß, meine Vorbereitungstour zu schildern.

Jedenfalls bin ich am nächsten Morgen los nach Kaiserslautern. Die Stadt ist klein und hügelig und hat außer Fußball nichts zu bieten. Unterwegs traf ich einen irritierten Schweizer, der den Radweg entlang des Rheins nach Rotterdam nicht finden konnte. Ich habe ihn ausführlich beruhigt und kompetent beraten. Und dann schaue ich mir in einem Kaiserslauterner Brauhaus solidarisch die Niederlage der ortsansässigen Erstligakicker im Fernsehen an, aber niemand lädt mich auf ein Bier oder eine Couch bei sich zu Hause ein.

Es gibt auch kein freies Zimmer in der Stadt – weil heute Heimspiel ist, ist alles ausgebucht – und so muss ich notgedrungen im Knast übernachten. Eine letzte freie Zelle gibt es tatsächlich in einem ehemaligen Gefängnis, dem heutigen Hotel Alcatraz. Den serbischen Bauarbeiter, der seit Jahren am Umbau und der Sanierung der ehemaligen Justizvollzugsanstalt beteiligt ist und alles – wirklich alles - darüber weiß, lerne ich in der so genannten Altstadt der überschaubaren Dorfgemeinschaft kennen. Er telefoniert angestrengt und sagt mir die Bestätigung der Bestätigung der ungewöhnlichen Übernachtungsmöglichkeit definitiv zu. Ich bleibe eigentlich skeptisch und lade ihn trotzdem zur Feier des Tages spontan zum ortsansässigen Nobel-Italiener ein. Wir essen gut, wanken nach Hause und verschließen mein schönes Fahrrad hinter einer unglaublich schweren stählernen Schiebetür. Ich denke, das muss der ehemalige Hochsicherheitstrakt gewesen sein.

Im Hotel Alcatraz läuft abends eine – es ist Samstag - ich weiß nicht – Single oder Swinger oder so was ähnliches Party. Jedenfalls bin ich als Radfahrer auf der Durchreise eine gewisse und für manche Zeitgenossen unverständliche Attraktion und muss – wie schon so oft - meine Standardrechtfertigung zum Besten geben, nämlich:

Das mit dem Fahrrad kam ungefähr und ungelogen in etwa so.

Die Schönste und Liebste: „Lass uns doch mal ein Fahrrad kaufen“
Ich: „Warum?“
Die Schönste und Liebste: „Wir könnten dann sonntags bei schönem Wetter mal einen Radausflug machen“
Ich: „Warum und wohin?“
Die Schönste und Liebste: „Das ist doch schön und macht Spaß, Rad zu fahren in der Natur und an der frischen Luft“
Ich: „Warum soll ich mit einem Fahrrad wohin fahren?“
Die Schönste und Liebste: „Zum Beispiel dahin … und dorthin … „ – PS: Sie nennt albern nahe Ziele im unmittelbaren Wohnumfeld, schätzungsweise im 3000 m Radius, also Ziele, die ich seit Jahren bequem zu Fuß erreichen kann.
Ich: „Dazu brauch ich doch kein Rad. Noch kann ich laufen“
Die Schönste und Liebste: „Aber es wäre doch schön, mal was anderes zu machen, Ich würde gerne mal am Wochenende mit Dir eine Radtour machen“
Ich: „Aber ich hab kein Rad Du hast auch kein Rad“
Die Schönste und Liebste: „Räder kann man kaufen“
Ich: „Wo kann man denn hier Fahrräder zu kaufen? Nirgends! Hast Du hier schon mal einen Fahrradladen gesehen? Ich nicht. Wer fährt denn überhaupt noch Fahrrad? Kein Mensch außer Rentnern fährt freiwillig mit einem Fahrrad. Und für diese Seniorengymnastik bin ich noch zu jung. In dreißig Jahren können wir noch mal drüber reden.“
Die Schönste und Liebste: „Lass uns doch mal …. “.

Nun gut, die Schönste und Liebste schenkt mir ein MTB für die bis dahin unvorstellbare Summe von 599 Euro und ich starte meine erste Probefahrt durch den Stadtpark.

Anmerkung der Chefredaktion: Bereits während des ersten Tages, den Kettenraucher mit seinem neuen Rad verbringt, geschieht in ihm eine psychologische und philosophische Transformation, die sich an dieser Stelle aufgrund der schier mirakulösen Komplexität leider nicht angemessen untersuchen und darstellen lässt. Deshalb verweisen wir auf eine ausführliche Berichterstattung in einer der zukünftigen Ausgaben unseres Magazins „ Der durchgedrehte Kettenraucher“ und bitten freundlichst um ihre Nachsicht und etwas Geduld. Vielen Dank und allzeit gute Fahrt und schöne Reise.

Die Fortsetzung des Prologs zur helvetischen Alpenpremiere folgt as soon as possible. Dann wird zum Beispiel erzählt, weshalb kettenraucher während der wilden Nacht in Kaiserslautern beschlossen hat, seine Reise in Richtung Köln fortzusetzen, aber kurzfristig auf halbem Weg zwischen Hunsrück und Eifel umkehren musste, um das Allgäu anzusteuern. Und damit kämen wir den Schweizer Bergen schon ziemlich nahe.

Vielen Dank und gute Nacht, ich bin jetzt müde.

Ende Teil 1.
von: SuseAnne

Re: Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 18:30

bravo

Bitte schnell fortsetzen. Ich liebe zwar Bilder, aber in dem Fall sind die ziemlich entbehrlich.

Suse
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 18:45

Ich mag Reisegeschichten, besonders wenn's ein bisschen chaotisch zu und her geht. Weiter so! schmunzel
von: Dietmar

Re: Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 18:51

Suse hat recht! In diesem Fall kann ich ohne Bilder leben. schmunzel Mach weiter so! Noch mehr Wüste!

Gruß Dietmar
von: netbelbo

Re: Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 19:28

Sehr gut erzählt. Bin auch schon auf den nächsten Teil gespannt. Weiter so!

Gruß netbelbo
von: reisendleben

Re: Ach so, nur Schweiz - 05.12.11 21:49

Unbedingt morgen die Gutenachtgeschichte weiter erzählen.

Marta
von: Pfannastieler

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 01:32

STARK !!!! bravo bravo ..du hast dir viel Mühe gemacht !!!

...und das ganze auf schwäbisch - das wär der Brüller !!

...aber dann wäre es für Viele nicht verständlich,
deshalb einfach so weiterschreiben - ich freu mich auf die
Fortsetzungen !!

Gruss Rainer
von: iassu

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 01:46

In Antwort auf: Pfannastieler
...und das ganze auf schwäbisch - das wär der Brüller !!...aber dann wäre es für Viele nicht verständlich....

Hanó, säll wär haldaomohl egaal. Dr wichdigschde Toil vodr Zifilisazion däds ja na scho vrschdanda. Ihannja scho´n Ahdrahg gschdellt beim Guugl Dransläidr uf Aufnaahme vo onsrer Muddrschbroch. Abr befoori jedds gleiwiadrn Aaschiss griag vodr preißisch-oschdfriesischa Ihbrmachd dohanna, heeri liabr uff.
von: Pfannastieler

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 02:07

koasch ja mal d´ Startbeidrag in nem nuia Faada ins Schwäbische
übersetza, des dääd´ beschdimmt guad komma...

...odr vielleicht könner mr ja mal den Oadrag stella, im Forum
a nuia Ondrrubrik - Radfahra für Schwoaba, bzw, mir kenned alles,
ausser Hochdeidsch - eizuführa,

...an dene Zahla, dias glesa hand,
däd mr´ja seha, wiaviel Schwoba im Forum onderwegs send´....

...auf alle Fäll gang ii jedzt ins Neschd, ii guck morga, ob no was gwisst hasch,

Gruss Rainer
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 06:35

dat wor jut (höchstes rheinisches Lob bravo )
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 06:54

oder zum Thema vom Fade passend, wäri ä Übersetzig is Schwyzerdütsche au e Möglechkeit; do gäb's, näb da Schwyzer, au es paar Allemanne im Forum, wo no chönnte mitredä.
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 07:18

vielleicht sollte der Dauerqualmer hier gar nichts mehr schreiben, sondern am 17. Mai in Sutz alles vorlesen. Der Dialekt wäre mir dabei wurscht. grins
von: braegel

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 07:38

Endlich mal ein Stuttgarter der erkennt das Karlsruhe doch ganz schön ist!!
grins

Schöner Bericht - weiter so
von: joeyyy

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 08:54

Locker, ironisch gegenüber Dir selbst und Deinen Mitmenschen geschrieben. Weiter so! Bin schon gespannt auf Inspirationen zur Schweiz.

Es gibt immer wieder Kleinode in der nichtkommerziellen Welt. Dein Text ist eins davon.

Gruß

Jörg.
von: LudgerP

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 11:58

Hallo Stefan, weiter so!!!

In Antwort auf: Pfannastieler
...und das ganze auf schwäbisch - das wär der Brüller !!

Das ist keine schwäbischer Humor, ich glaube Stefan kommt aus Norddeutschland...

Duck und wech...
von: MatthiasM

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 12:08

In Antwort auf: Pfannastieler
STARK !!!! bravo bravo ..du hast dir viel Mühe gemacht !!!

...und das ganze auf schwäbisch - das wär der Brüller !!

...aber dann wäre es für Viele nicht verständlich,
deshalb einfach so weiterschreiben - ich freu mich auf die
Fortsetzungen !!

Gruss Rainer


http://www.burble.de/
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 12:30

In Antwort auf: braegel
Endlich mal ein Stuttgarter der erkennt das Karlsruhe doch ganz schön ist!!
grins

Ich finde ja Stuttgart auch nicht so brickelnd, aber kettenrauchers Gefühle in Karlsruhe müssen doch von einer gewissen Portion verklärtem Optimismus getragen sein, den er wohl aus den anderen Erlebnissen heraus geschöpft hat (Wellnessoase etc.).

Hallo kettenraucher, ich bin mal gespannt, ob du überhaupt die Schweizer Berge hinauf gekommen bist. Mit zwei Scherzen pro Kilometer in der Tasche wird das reichlich schwer. grins Aber schaden tut es mir als Leser nicht, um nicht zu sagen, dass du eigentlich auch mit einem E-Bike diesen Bericht mit ausreichender Kompetenz für die gehaltvollen Momente des Reisens hättest umsetzen können. Wir werden sehen, ob du die Kette noch zum Rauchen bringst. lach

Da du ja nicht ganz freiwillig zum Velo gekommen bist, würde mich mal interessieren, warum dich deine Allerliebste auf der Premierentour nicht beschützt hat - immerhin warst du gefährdet, auch was das Strohwitwerdasein anging. zwinker grins
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 06.12.11 19:43

In Antwort auf: veloträumer


Hallo kettenraucher, ich bin mal gespannt, ob du überhaupt die Schweizer Berge hinauf gekommen bist. Mit zwei Scherzen pro Kilometer in der Tasche wird das reichlich schwer... Wir werden sehen, ob du die Kette noch zum Rauchen bringst...


Ich find' ja gerade die Umwege das Schöne an der Sache. Auch wenn er's nie in die Schweiz geschafft haben sollte, er hat zumindest schon mal davon geträumt und sich auf den Weg gemacht!
Allerdings wissen wir schon durch die Erklärung ganz am Anfang, dass er "im Sommer in der Schweiz" war. Das weckt eine Erwartungshaltung, die er dann duch die quälend detaillierte Schilderung der Vorbereitung und der Umwege köcheln lässt. Genial...

@Kettenraucher: Jetzt aber bitte uns nicht zusätzlich schmoren lassen, indem du die Fortsetzung zurückhältst! entsetzt
von: Pfannastieler

Re: Ach so, nur Schweiz - 07.12.11 01:11

.....muß ich morgen gleich mal ausprobieren,
DANKE für den Tip !!

Gruss Rainer
von: Bremerin

Re: Ach so, nur Schweiz - 07.12.11 16:58

..geht "Die Schönste und Liebste" auch ab und an mit auf Tour?

Herrlich zu lesen und zum Glück alles auf Hochdeutsch lach , ansonsten wär für mich wahrscheinlich (und sehr bedauerlich) Schluss gewesen.
Ich bin schon ganz neugierig auf die Fortsetzung!!! schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 07.12.11 21:33

Zitat:
..geht "Die Schönste und Liebste" auch ab und an mit auf Tour?


Hi nach Bremen,

Ja, durchaus, aber irgendwie charakterisiert sich die Schönste und Liebste selbst ausdrücklich als Genussradlerin. Das heißt …. denk, denk, also ich nenne diese Art von … im Grunde …. was soll ich sagen … eigentlich handelt sich in diesem Fall bestenfalls um eine spezifische Form von Krankengymnastik.

Der Unterschied ist halt, dass ich relativ viel Rad fahre – also relativ geübt bin - und sie viel weniger fährt – also weniger geübt ist. Wenn wir gemeinsam fahren, mache ich halt langsam, montiere auch ihr Gepäck an mein Rad, frühstücke statt Müsli eine Flasche Doppelkorn, schleppe zur weiteren Schwächung meiner Leistungskraft eine Kiste Bier im Anhänger hinter mir her und nehme ein paar Hügel zwischendurch während sie in der Eisdiele auf mich wartet. Spätestens dann habe ich größte Mühe ihr Hinterrad zu halten.
von: jovo

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 01:16

Bergige Strecken suchen und die Schönste und Liebste schieben. Das gibt herrliche Muskelkater!
von: Deul

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 13:39

Oder auch gegen den Wind schieben, wie es meine schönste und liebst genießt.

Detlef
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 16:09

Der Lauf der Dinge Teil 2 oder die Fortsetzung des Fadens vom Vorabend.

Die gestöckelte Dame auf der frivolen Party war jung, blond und sehr hübsch, jedenfalls im Vergleich zu mir. Sie gluckert und zirpt so vor sich hin und sagt, sie wolle ihre von Holz- und Buschwerk umzingelte Heimat alsbald für immer verlassen. Aha. Sie denke hierbei vor allem an Köln. Jene Stadt sei ja so toll, man könne es gar nicht beschreiben. Aha. Sie erzählt auch was von Berlin, auch dort sei es reizend, aber etwas dünkelhaft und aufgeblasen. So, so. Ich bezeuge meine persönliche Sympathie für ihre Pläne, möchte ihr aber nicht verschweigen, dass mir Leute bekannt sind, die träumen schon seit dreißig Jahren von einer Flucht nach Mainz, sie wohnhaften aber nach wie vor in Worms.

Nun gut, die vorzeitige Andeutung einer wilden Nacht war übertrieben. Als Hochleistungssportler bin ich auf erholsamen Schlaf angewiesen.

Am Morgen räume ich schleunigst die Zelle und suche das Weite. Mein vom Kerker befreites Velo stimmt der nächtlichen Inspiration, nach Köln zu fahren bedenkenlos zu, denn diese unerwartete Routenkonzeption verspricht uns eine beschwingt hügelige Reise durch das pfälzische Bergland, den Hunsrück und die Eifel. Ich finde flugs das Tal des Glan, begleite ihn einen Steinwurf weit nach Norden, erklimme nun frei Schnauze einige mehr oder minder passable Anstiege über zum Beispiel Haschbach, Remigiusberg, Kusel, Breitsesterhof, Thallichtenberg, Baumholder, Reichenbach, Nohen, Kronweiler, Schwollen, Leisel und erreiche alsbald die rauen Gipfel des Hunsrücker Waldes.

Und jetzt als Radfahrer mal was für unter uns:

Die Gegend zwischen der motortouristisch erschlossenen Pfalz und der nicht minder beliebten Mosel ist relativ abgelegen, verkehrsarm und sehr beschaulich, vor allem je weiter man sich vom Pfälzer Wald kommend in Richtung Hunsrück vorwagt. Als Mittelgebirgsliebhaber ist es eine Freude entlang der vielen kleinen, kurvenreichen und ruhigen Straßen von Hügel zu Hügel zu hüpfen. Lediglich einige Verbindungsstraßen entlang der Talzüge werden von unseren motorisierten Freunden für den Besuch der nahe gelegenen Verwandtschaft und das eilige Erledigen der Alltagsgeschäfte zweckentfremdet.

Andererseits ist die Versorgung mit Gasthöfen oder gar Lebensmittelgeschäften in diesem Gelände recht bitter. Wenn man sich nicht mit dem zufrieden geben mag, was die Gräser und Kräuter am Wegesrand an essbarem Zeugs so hergeben, sollte man als sensibles Gemüt sicherheitshalber für ein paar Tage Proviant mit sich führen. Sorry für diese mal wieder unvermeidbare Übertreibung, doch im Kern ist schon was dran. Ich möchte jedenfalls mal eine Lanze für diese spröde Landschaft brechen. Egal, ob als überschaubares Ausflugsgebiet für ein längeres Wochenende oder im Transit auf der Durchreise.

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja: Ich finde die Landschaft herrlich und das Fahren sehr angenehm. Wolkig, rau und kühl, aber trocken. Die Beine sind stark und die Kette qualmt. Ich bin einsam, aber schnell unterwegs, die Dörfer kommen und gehen, so manch Weiler kommt und geht, die Hügel nehm ich selbstverständlich mal so nebenbei. Es lebe das Leben und die Welt ist schön. Mein Velo ist glücklich und ich bin es auch.

Dann summt mein transportabler Fernsprechapparat. Die Schönste und Liebste berichtet begeistert von ihrer spontanen Idee, dass wir uns zum Wochenende am Bodensee treffen sollten. Ihr neues Rad stehe früher als erwartet zur Abholung bereit und sie sei ganz aufgeregt und könne es kaum erwarten, ihr neues, kleines, schwarzes Fahrrad mit den neuen kleinen bunten Täschchen gemeinsam mit mir einzuweihen und gebührend zu feiern.

Ähem, Bodensee? Ja, das habe ich richtig verstanden. Aber ich bin doch gerade auf dem Weg nach Köln. Ich stehe kurz vor der Mosel! Wo ist das denn? Ich erkläre die geographischen Koordinaten, die sie sofort erfasst, verarbeitet und dann die einzig logische Schlussfolgerung verkündet: Dann musst Du jetzt einfach nur umdrehen und zurück fahren.

Ja, so ist sie, meine Frau, erstens schlau, zweitens zielstrebig und drittens mit der Fähigkeit gesegnet, in allen Lebenslagen eine intelligente und für alle Seiten zufrieden stellende Lösung zu finden. Einfach umdrehen. Hinschmeißen. Aufgeben. Abblasen. Ich suche vergeblich nach einem unwiderlegbaren Argument für einen alternativen Treffpunkt und sage: Schatz, das mit dem Bodensee ist eine wirklich prima Idee, dagegen lässt sich überhaupt nichts einwenden. Ach, ich liebe Dich. Ich Dich auch. Ach, ich freue mich ja so. Ja, ich mich auch.

So sind sie halt, die Frauen, und so muss man sie nehmen: Tapfer, unverzagt und heiter. In der Praxis bedeutet diese Lebensweisheit die Befolgung der historisch unglückseligen militärischen Anordnung des „Befehl ist Befehl“ in einer listig die freie Meinungsäußerung duldenden Variation.

Anstelle der berauschenden Abfahrt zur Mosel wählen mein freier Wille und ich einvernehmlich eine Straße grob retour zurück zur Nahe. Ein hungernder Mann und ein trauerndes Velo bewegen sich jetzt also im Kreis. Don Quichotte und seine Rosinante schleppen sich mühsam voran. Sie brechen zusammen im Zentrum der Stadt. Idar-Oberstein nennt sich der trostlose Ort.


Korrektur der Chefreaktion:

Zitat aus Teil 1: „… aber kurzfristig auf halbem Weg zwischen Hunsrück und Eifel umkehren musste, um das Allgäu anzusteuern …“

Im Übereifer hat der Chronist im ersten Teil etwas durcheinander gebracht: Kettenraucher steuert zunächst zurück zum Bodensee. Das Allgäu bildet erst später den Schlusspunkt der Rückfahrt aus der Schweiz. Wir bitten mal wieder um Ihr Verständnis.

Liebe Leute,

falls noch jemand zuhört, hätte ich noch was zu sagen. Es ist nicht ganz so einfach: Je mehr ich mich erinnere an den Verlauf dieser Tour - und das tue ich zwangsläufig beim Schreiben - desto mehr fällt mir ein, desto umfangreicher wird das Material und desto zahlreicher sind die Möglichkeiten der Ausarbeitung. Was ich hier versuche, mach ich zum ersten Mal und ich bin total baff, wie aufwändig es ist, einen gezogenen Faden nicht zu verlieren. Weil ich nicht so lange rummachen will, ist dieser Abschnitt jetzt wie er ist und ich kenne zwar den weiteren Verlauf der Route, kann aber noch nicht sagen, wie es weitergehen wird. Das ergibt sich erst beim Schreiben und das ist halt auch ein richtiges Abenteuer.

Viele Grüße.
von: mille1

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 16:38

Schreib einfach weiter, ich bin gespannt.
Mille
von: silbermöwe

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 17:07

Hauptsache WEITER!
Mach Hinne omm bravo
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 20:13

Lass' dich nur nicht zu schnell von deiner Schönsten und Liebsten aus deiner Umlaufbahn bringen! Gut Ding will Weile haben.

Dein Unternehmen Schweizreise erinnert mich ein wenig an meinen Versuch vor 20 Jahren, mit dem Rad nach England zu fahren. Bis in die Normandie war ich noch auf Kurs, schlussendlich bin ich in Les Saintes Maries de la Mer gelandet. Nach England hab' ich's bis heute noch nicht geschafft mit dem Rad.

Weiter so!
von: DieterFfm

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.12.11 21:21

Das liest sich einfach klasse.
Unbedingt weiter, ich lächze. bravo

Gruß Dieter
von: lytze

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 14:15

... und bleibe auf jeden Fall bei Deinem Schreibstil!!!

lytze
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 18:03

„Don Quichotte und seine Rosinante schleppen sich mühsam voran. Sie brechen zusammen im Zentrum der Stadt. Idar-Oberstein nennt sich der trostlose Ort.“

Das Zitat aus Teil 2 dient lediglich den Vergesslichen unter uns zur Rekapitulation der historiogeographischen Situation. Als ich im Zentrum der Stadt wieder zu mir komme, ergreife ich sofort die Initiative und kontaktiere unverzüglich die erstbesten Um-dem-Stadtbrunnen-herum-sitzenden Menschen.

Nur um was zu sagen, sage ich: „Hi.“
„Youw.“

„Könnte heut noch nass werden“
„Youw“

OK, das klingt indianisch.

Ich sage: „Hugh, echt cool hier“
Schweigen.

„Die Geschäfte haben ja noch auf?“
Die Indianer senken ihren Blick und schweigen.

Dann sagt doch noch einer: „Youw“, aber mit rhetorisch bravouröser Verzögerung.

Versuche, mich interessant zu machen: „Hugh, ich komme aus Stuttgart und fahr in die Schweiz. Bin nur auf der Durchreise“
Einer kichert, der zweite schaut mich fraglos fragend an, der Dritte sagt „Youw“

Aha, der dritte ist der Chef. Ich rauche und denke. Mein Velo kommt im Gegensatz zu mir eher aus gut bürgerlichen Kreisen, raucht also nicht, aber schüttelt den Kopf.

Zu den drei Indianern sage ich jetzt: „Hugh. How do you Youw?“

Zwei von dreien antworten „Youw“. Der dritte senkt den Kopf und sagt nichts. Ich tätschele Rosinante über den Sattel und sag: „Bis gleich“. Sie sagt „Youw“. Das war jetzt Quatsch, aber wenn Rosinante gesprächiger wäre, hätte sie jetzt „Youw“ gesagt. Gut, ich mach mich jetzt zu Fuß auf den Weg und tätschle ihr noch mal dankbar über den Sattel. „Machs gut, mein liebes, stolzes Fahrrad, bis gleich“. „Youw“

Wer hat das gesagt?

Das Zentrum von Idar-Oberstein sitzt auf Holzbänken rund um das Lagerfeuer herum und betrachtet kontemplativ den kreisenden Grill, der über dem offenen Holzfeuer den Spießbraten brutzelt. Hier in diesem Ort wird niemand jemals Hunger leiden, hat doch jeder die freie Wahl zwischen Spießbraten, oder für die Vegetarier Spießbraten oder wenn´s mal was anderes sein soll Spießbraten. Es gibt theoretisch als Beilage auch noch Kleees mit Fimmsell, aber diesen Zusammenhang habe ich nicht kapiert.

Ich esse also Spießbraten und bestelle mir dazu ein Bier. Man fragt mich „biddbuuijah orra kirrrnaa ? Aha, das Idiom, doch nicht indianisch, eher keltisch. Aber egal, bei solch wichtigen Entschlüssen entscheide ich mich aus prinzipiellen Erwägungen heraus immer gegen die Marke aus dem Fernsehen und für eine Kostprobe der lokalen Braukunst. Ich sage also „Youw“ und erhalte ein formvollendetes Kirner Pils. Durchaus breit gefächert, man mag nicht spontan sagen süffig, aber vollmundig schon, kein Kalk, eher Feldspat, Quarz und Glimmer, nicht lieblich, schon dicht, etwas Kieselsäure, aber nicht vulgär, durchaus nuanciert, ein bissle Preiselbeere, kein Kirsch, Pfirsisch – weiß ich nicht, kein Harz, nicht trüffelig, eher n bissle Vanille mit etwas Schokolade im souveränen Abgang, eindeutig südöstliche Lage, die ausgewogene Säure mit etwas Brombeere im Hintergrund mundet, kein Barrique zwar, aber insgesamt eine durchaus ansprechende Komposition.

„Hat´s geschmeckt?“ Ich sage „Youw“ und man bringt mir noch eins.

Dann lausche ich aus erster Hand feldstudienmäßig einer Erläuterung des Gebrauchs der volkstümlichen Vokabel „Youw“, die mir einige einheimische Indianer (oder sind es Kelten oder gar Gringos ?) zuteil werden lassen. Meine linguistisch-ethnologische Interpretation kommt zu folgenden systematischen Ergebnissen: Je nach Betonung, der spezifischen Kommunikationssituation, dem Subtext, der Wettervorhersage und dem Familienstand bedeutet das Wörtchen „Youw“ folgendes:

Hallo
Hallo, wie geht´s?
Hallo, geht´s Dir gut?
Ja
Nein
Weiß nicht
Keine Ahnung
OK
Dann sehen wir mal weiter
Das sehen wir morgen
Das sehen wir übermorgen
Das sehen wir nächstes Jahr
Das weiß der liebe Gott
Mal sehen
Nein, danke
Mach´s gut
Auf Wiedersehen
Tschüß
Hau ab
Verpiss Dich endlich.
Ok, ich verpiss mich jetzt
Gibt´ s noch was?
Du kannst mich mal
Man sieht sich
Besuch mich bald wieder
Ach!!!! Du hier?
Gerne
Sehr gerne
Meine Herren, gehe jetzt nach Hause
Meine Herren, komme gleich wieder
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bleibe jetzt definitiv hier sitzen bis zu meinem allerletzten Atemzug auf dieser gottverdammten Erde und zwar völlig egal, was noch passieren mag
OK, ich nehm noch eins
OK, ich auch
Ok, wir nehmen alle noch eins
Echt?
Ohne Scheiß?
Ohne Scheiß!
So sieht das nämlich aus.
Genau so sieht das nämlich aus.
Stimmt.
Stimmt nicht.
Wenn das so weitergeht, weiß ich nicht, wie das alles so weitergehen soll.
Reschbeggt vor dedd pannoraaama – nein, nein, der letzte Eintrag war jetzt Blödsinn und ist mir aus dem eher Brandenburgischen eingefallen. Sorry.

Also ich persönlich komm mit dem „Youw“ nach ein bisserl Recherche und Praxis in Idar-Oberstein ganz gut klar.


von: SuseAnne

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 18:08

Youw

Suse
von: martinbp

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 18:49

Ich vermute, dass das Wörtchen youw, das in anderen Regionen als jo ausgesprochen wird, eins der wenigen Lehnwörter aus dem Ungarischen ist, im dem es einfach "gut" (auch im Sinne von "na gut" möglich) bedeutet, also alles Mögliche...
von: DieterFfm

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 18:58

Mensch Stefan, Du dast einen Stil bravo
Du bist doch bestimmt Schriftsteller, und wenn nicht, hast Du Deine Bestimmung verfehlt. bravo

Gruß Dieter
von: Pedalpetter

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 19:35

Amüsant, sehr amüsant.
Bitte weiter so. bravo
Danke
Gruß
Volker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 19:44

Hi,

es freut mich sehr, wenn es Dir gefällt. Das nehme ich als Ermutigung. Aber heftige Kritik ist ebenso willkommen. Ich bin nicht so scharz-weiß gestrickt ....

Beste Grüße nach Frankfurt.
von: natash

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 20:06

ja, also Geschichten erzählst du jedenfalls schon einmal ganz gern. Das ist ja nun auch nicht falsch - was reell vorgefallen und was erdacht wurde weiß man ja bei keinem hier so genau. Deshalb spielt das in diesem Fall auch nur eine untergeordnete Rolle. Bislang fühle ich mich jedenfalls gut unterhalten, zumindest solange der gesunde Schuss Selbstironie erhalten bleibt und nicht ins Selbstdarstellerische abbiegt, etwas was ja nicht jedem gleichermaßen gut gelingt.
Für die Gattung "Reisebericht" fehlt mir veilleicht ein wenig an struktur, aber die findet sich vielleicht noch im weiteren Verlauf deiner Erzählung.
Gruß Nat
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 20:52

Zitat:
zumindest solange der gesunde Schuss Selbstironie erhalten bleibt und nicht ins Selbstdarstellerische abbiegt


Das ist ein schmaler Grad, den jeder verschieden wahrnimmt. Ich vertraue ab sofort auf Deine warnenden Hinweise, falls ich übermäßig über´s Ziel hinaus schießen sollte.

Aber ich bin nicht der Mensch, der es berichtenswert findet, morgens aufzustehen, zu duschen, zu fühstücken, nachmittags mindestens 500 km Fahrrad zu fahren und zwischendurch mindestens fünfzehn Drei-Tausender zu überwinden. Ich veruche schon - so oberflächlich ich auch erschenien mag - das für mich Spezifische eines Tages herauszuarbeiten. Das mag blöd sein, aber das kannste mir schon glauben. Ich freue mich über diese bescheuerte Tour und bei jedem Satz, den ich versuche zu schreiben, fallen mir noch tausend andere Dinge ein, die ich einfach aus Gründen der Kapazität weglassen muss. Der Text hat keine Gesamtkonzeption, sondern ensteht spoontan aus Erinnerungen Stück für Stück.

Mir macht das großen Spaß, weilich darüßber auch viel über mich selbst lerne.
von: buche

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 22:45

In Antwort auf: kettenraucher
Aber heftige Kritik ist ebenso willkommen.

Deiner Erzählung nach hast du eine Bedeutung von „Youw“ vergessen: "Noch ein Bier bitte!" grins

LG Erik (der sonst sehr selten Reiseberichte liest, aber deinen bisher genossen hat^^)
von: iassu

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.12.11 22:55

Klasse Stil. Aber nicht verzetteln. Der Stil sollte kein Selbstzweck werden. bravo
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 06:37

Zitat:
Das ist ein schmaler Grad, ...


Ich bin nicht übermäßig pingelig gegenüber Vertippern oder Rechtschreibfehlern, aber das kann ich nicht sehen:

Grad?

Igitt: Grad

Besser, schöner: Grat

Jetzt geht´s mir schon besser.
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 07:28

heidenei, Du machst mich fertig.
Morgens wache ich auf und anstatt das nächste Türchen im Adventskalender zu öffnen, guck ich erstmal ob es eine Fortsetzung gibt. Gestern Abend brauchte ich länger fürs einschlafen, weil ich noch an den letzten Idar-Obersteiner Spießbraten dachte, der auf dem Rost immer kleiner wurde. traurig

Schreib weiter so, diese Geschichte ist, wie das Leben, so spannend und unvorhersehbar wie ein Radweg.
Lieben Gruß
Jürgen
von: Bremerin

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 08:48

Moin Moin,

das war die absolut beste Lektüre zu meinem Käffchen, ich habe selten allein dermassen grinsend vor dem Rechner gegessen.
Herzlichen Dank, kann die Fortsetzung kaum abwarten schmunzel

Grüße Nicole
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 17:14

Lieber Jürgen, liebe Leute,

herzlichen Dank und viele Grüße an alle, die mich ermutigen, weiter zu werkeln. Zur Entlastung verspreche ich, beim nächsten Reisebericht nur noch Fotos zu zeigen. Der übernächste Report erreicht dann hoffentlich den allgemeinen Standard mit herausragenden Fotos und zugleich kompetenten Kommentaren.

Aber zwischendurch hätt ich mal zwei Fragen, die wohl untergegangen sind:

- Das Pedal-Auto aus Karlsruhe: Wer kennt die Schmiede oder Hintergründe?

- Die verlassene Gegend zwischen Nordpfälzer Bergland und Mosel. Ist da jemals jemand gewesen?
von: bikehaha

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 19:44


köstlich, köstlich, köstlich

hab mich lange nicht so amüsiert!!!!

mfg H.-H.
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.12.11 20:39

In Antwort auf: kettenraucher
Wenn das so weitergeht, weiß ich nicht, wie das alles so weitergehen soll.

Ich glaube, das ist eher dein Reisemotto als ein pfälzisches "Youw". Wenn ich jetzt nicht wüsste, dass du offenbar den Schweizer Grenzposten bereits erfolgreich überwunden hast, würde ich dich vor den Eidgenossen warnen wollen. Die dortigen Sprachlaute lassen sich nicht mehr mit indianischen Vokabelheften übersetzen, dazu brauchst du schon einen Papageienlaut-Transmitter mit Synapsen-Navigationshilfsfunktion. Das Schyzerdütsch ist nämlich die einzige Sprache, die den menschlichen Lautbildungsorganen wissenschaftlich nachgewiesen nicht entwachsen kann. Über die tatsächliche Sprachlauterzeugung herrscht in Anlehnung an das Bankenwesen höchste Geheimhaltung. Ich bin umso mehr auf deinen Erkenntnisgewinn aus dem Toblerone-Land gespannt - umso mehr, da ich erkenne, dass du über die ausreichende präzise Sezierfähigkeit der wirklich wichtigen Dinke am Wegesrand verfügst. zwinker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 11.12.11 14:46

Zitat:
Wenn ich jetzt nicht wüsste, dass du offenbar den Schweizer Grenzposten bereits erfolgreich überwunden hast, würde ich dich vor den Eidgenossen warnen wollen.


Hi Veloträumer, ich bin Dir sehr verbunden, dass Du mich vor den Schweizern gewarnt hättest und nicht die Schweizer vor mir.
von: h.g.hofmann

Re: Ach so, nur Schweiz - 11.12.11 15:23

In Antwort auf: kettenraucher
ich bin Dir sehr verbunden, dass Du mich vor den Schweizern gewarnt hättest und nicht die Schweizer vor mir.

Keine Angst vor den Schweizern und schon garnicht vor den helvetischen Grenzern. Die wollen nur spielen!
Lass Dich nicht aufhalten, schreib endlich weiter zwinker schmunzel grins
von: meterfresser

Re: Ach so, nur Schweiz - 11.12.11 16:09

Wann gehts denn endlich weiter?
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.12.11 16:40

Zitat: Lass Dich nicht aufhalten, schreib endlich weiter

Hi junger Mann um die Ecke, wir können uns ja fast am Fenster zuwinken,

bin sehr betrübt, dass ich auch noch einem hauptberuflichen Nebenerwerb nachgehen muss. Das frisst Zeit. Von den familiären Angelegenheiten an und um Weihnachten ganz zu schweigen. Aber glaubt mir, nichts täte ich lieber, als sofort den nächsten Abschnitt zu schreiben und abzuschließen, auch wenn es Mist werden sollte.

Ich bräuchte einen 48 Stunden Tag und hoffe, im nächsten Teil nachweisen zu können, dass sich die astronomische Zeit beim Radreisen physikalisch gesehen glatt verdoppelt und sich dieses Problem der limitierten Zeit also lösen ließe. Weiß aber noch nicht, ob mir die überzeugende Ableitung dieser revolutionären Erkenntnis a la Einstein nachvollziehbar gelingen wird.

Aber: I´ll do my very best as soon as possible.

Vielen Dank für Eure Ermutigung und dass Ihr den Spaß an der Sache mit mir teilt.
von: Gepäcktour

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.12.11 22:23

Hallo,

- Die verlassene Gegend zwischen Nordpfälzer Bergland und Mosel. Ist da jemals jemand gewesen?
[/zitat]
aber ja!
Ich wohne im Norpfälzer Bergland und kenne die Gegend um Fischbach, Steingerüttelkopf und Morbach ganz gut. Und am Brunnen in Idar-Oberstein, besser gesagt, im Ortsteil Oberstein, hab ich auch schon gesessen.
Hast du auch "Dat Loo" kennen gelernt?

Grüße!
Thomas
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.12.11 04:38

Zitat:
Hast du auch "Dat Loo" kennen gelernt?


E loo hie ?
von: joeyyy

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.12.11 10:58

In Antwort auf: kettenraucher


...bin sehr betrübt, dass ich auch noch einem hauptberuflichen Nebenerwerb nachgehen muss. Das frisst Zeit. Von den familiären Angelegenheiten an und um Weihnachten ganz zu schweigen. Aber glaubt mir, nichts täte ich lieber, als sofort den nächsten Abschnitt zu schreiben und abzuschließen, auch wenn es Mist werden sollte.

Ich bräuchte einen 48 Stunden Tag und hoffe, im nächsten Teil nachweisen zu können, dass sich die astronomische Zeit beim Radreisen physikalisch gesehen glatt verdoppelt und sich dieses Problem der limitierten Zeit also lösen ließe. Weiß aber noch nicht, ob mir die überzeugende Ableitung dieser revolutionären Erkenntnis a la Einstein nachvollziehbar gelingen wird...


Ach wie wohl ist mir ums Herz bei Deinen Worten. Du bist nicht allein. Mag sein, dass diese Erkenntnis keine physikalischen Stunden an Deinen Tag heftet. Aber ich finde, dass das Schreiben (zum Fotografieren kommst Du ja noch - kann ich auch wärmstens empfehlen) mehr Tag an meine Stunden heftet.

Na ja, so im übertragenen Sinne.

Eigentlich würde ich jetzt auch gerne noch mehr denkschreiben, muss aber auch meinem nebenberuflichen Haupterwerb nachgehen. Hauptberufen fühle ich mich zu den Dingen, die zum Haupterwerb nix taugen. Nur finanziell, meine ich.

Gruß

Jörg.
von: iassu

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.12.11 11:07

In Antwort auf: kettenraucher
Ich bräuchte einen 48 Stunden Tag
Vielleicht hülfe dir die 20-Tage-Woche der Maya? Allerdings: auch nur ein gutes Jahr noch, denn am 21. oder 23.12.12 gehen bekanntlich nach deren Kalender die Lichter aus..... entsetzt verärgert schockiert

















...und eine neue Zeit beginnt party dafür bier , weil dann die Erde wieder in genau der astronomischen Situation angekommen ist, wie bei ihrer Erschaffung.
von: BeBor

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.12.11 16:44

In Antwort auf: iassu
nur ein gutes Jahr noch, denn am 21. oder 23.12.12 gehen bekanntlich nach deren Kalender die Lichter aus.....

Der 23.12.2012 wäre ein Sonntag. Als angesteller Arbeitnehmer ist man mal wieder in den *rsch gekniffen.

Bernd
von: atk

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 01:23

In Antwort auf: BeBor
In Antwort auf: iassu
nur ein gutes Jahr noch, denn am 21. oder 23.12.12 gehen bekanntlich nach deren Kalender die Lichter aus.....

Der 23.12.2012 wäre ein Sonntag. Als angesteller Arbeitnehmer ist man mal wieder in den *rsch gekniffen.

Dialog in einem ORF-Tatort, sinngemäß aus meiner Erinnerung:

-Und was machen Sie beim Weltuntergang?
-Weiß nicht. Wahrscheinlich bleib ich daheim und schau's mir im Fernsehn an.


Da ist es doch gut, wenn der Weltuntergang auf einen Sonntag fällt.
von: FordPrefect

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 07:47

Und sehr sozial ausgewogen - bei einem richtigen Weltuntergang sitzen alle in der ersten Reihe. Nur müssen wir Sekt, Chips und Böller dann vielleicht eine Woche früher kaufen.....


Viele Grüße / Micha

(vielleicht geht die Welt aber auch ganz langsam unter - und wir realisieren es gar nicht ?)


von: joeyyy

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 08:02

In Antwort auf: FordPrefect


(vielleicht geht die Welt aber auch ganz langsam unter - und wir realisieren es gar nicht ?)




...geht sie doch, jeden Tag. Zumindest aus Sicht eines Betrachters, der auf der Sonne lebt. Und der Sonne ist es egal, was auf der Welt passiert oder mit ihr. Irgendwann gibt's 'ne große Wiedervereinigung. cool
von: FordPrefect

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 12:15

Hey Jörg - nicht alles verraten !!!


Viele Grüße / Micha
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 14:05

das Publikum im Saal wird langsam ungeduldig grins
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 18:47

Zitat:
das Publikum im Saal wird langsam ungeduldig


OK Jürgen, weil ich Deiner Ungeduld unmöglich dauerhaft widerstehen kann, jetzt mal mit ohne zu viel witzisch die Saarlandfahrt am Vormittag im kurzfristigen Entwurf. Den aufschlussreichen Nachmittag lasse ich dann asap folgen.

PS: Wenn ich in diesem Tempo weitermache, sind wir frühestens an Ostern in der Schweiz.

Also, jetzt fahr ich ins Saarland. Abschnitt Vormittag.

Auf den Spuren des Nahetal Radwegs verlasse ich am frühen Morgen das muntere Städtchen mit dem albernen Namen. Der Route erhebt sich rasch entlang einiger steiler, durchaus imposanter Felsen und nach einer Stunde grüßt bereits das Fleckchen Birkenfeld. Der Ort liegt etwas verschlafen, schon fast versunken in einer Landschaft mit weiten Mulden und flachen Rücken, die sich gemütlich aneinander schmiegen.

Was soll ich jetzt zu Birkenfeld sagen? Dass es sich um eine Kreisstadt handeln soll unterschlage ich jetzt mal aus Respekt vor der Bedeutsamkeit der Position eines deutschen Landrats.

Auch das Schloss, so ist es, dessen Foto ich in einem touristischen Schaukasten betrachte, zeugt von bescheidenem Ruhm. Aus Gründen der Aufrichtigkeit beschreibe ich das winzige Anwesen mal als schlichtes Landhaus, gleichwohl in der Kenntnis, dass so mancher Regent den mageren Bau zuweilen als marode Gartenlaube denunzieren möge, allein schon um sein Prestige gegenüber der eitlen Verwandtschaft zu behaupten.

Ich entdecke den Kirchturm, nehme Platz zu seinen Füßen und schmiede einen Plan. Dieser sieht vor, zunächst das nah gelegene Saarland zu besuchen, dann den Pfälzer Wald in einer Route plusminus Pirmasens zu kreuzen, im nächsten Schritt entlang dem elsässischen Oberrhein zu flanieren, um bei günstiger Gelegenheit den Schwarzwald von West nach Ost zu überqueren und schließlich den oberen Neckar zu erreichen. Von dort möchte ich weiter zum Bodensee reisen – und dann endlich in die Schweiz.

Also Leinen los. Segle mit überhöhter Geschwindigkeit im Windschatten der Übermotorisierten in das nahe gelegene Saarland. Schon bald nach der imaginären Landesgrenze steigt die Zahl der Industriegebiete sprunghaft an, Autobahnen und Zubringerstraßen kreuzen den Weg und jede Menge eiliger Schwerlasttransporter und eifriger Handwerker-Kombinationsautomobile belästigen meine bis dahin beschauliche Fahrt.

Im Unterschied zur Pfalz ist man im Saarland als Pedaleur jedoch selten alleine und trifft ab und an auf einen tapferen Kombattanten. Die Radfahrer hier sind typischerweise männlich oder weiblich und im Greisenalter. In diesem Fall ist er männlich und sehr stolz auf sein ritzerotes Rennrad der Marke Supersport.

Der Veteran trägt an seinen dürren kahlen Beinchen diese hübschen zeitlos weißen Söckchen und dazu passend eine kurze schwarze Hose in fünf Nummern zu groß. Das fröhlich bunte Hemdchen aus dem Rennsportsortiment in fünf Nummern zu eng mag ihm selbst zwar kernig, kernig erscheinen, jedoch strapaziert eine überproportional wanstförmige Schwellung die Dehnbarkeit des modernen Textils bis an die Grenze der im Labor getesteten Belastbarkeit.

Zusammenfassend: Er strahlt mich ungebeten an, winkt mir taktlos zu, lupft zum Gruß die Kapp und nimmt mich sofort als neuen Kameraden in die örtliche Radsportgemeinde auf.

Warum nur? Ich sitze eigentlich nur unschlüssig an einer Autobahn vor St. Wendel und sonne mich entspannt im Straßengraben hinter einer schützenden Leitplanke, vor mir die brüllende Schnellstraße der Übermotorisierten, hinter mir ein biologisches Naherholungsgebiet mit Tümpel, stinkendem Sumpf und stechenden Mücken,

Der Kamerad vermutet eine aussichtslose Lage, ich bin jedoch nach wie vor vertieft in das fachmännische Studium meines umfangreichen Kartenmaterials, das ich auf Reisen stets mit mir führe.

Meine Basiskollektion für Expeditionen in unentdeckte Gebiete besteht grundsätzlich aus allen erdenklichen und jemals publizierten regionalen und überregionalen Wanderkarten, Katasterkarten, Freizeitkarten, Radwegekarten, Übersichtskarten, Stadtplänen, Umgebungsplänen, Straßenkarten, Bodenkarten, Themenkarten, Flugblättern, Umgebungskarten und einiger historischer Atlanten. Dies ist der eigentliche Grund, weshalb mein Rad so überladen erscheint. Obwohl ich dieses Mal darauf verzichtet habe, wichtige Aufzeichnungen über die europäischen Luftverkehrskorridore und einige bedeutende Seewege mitzunehmen.

Ich liebe es also, in der Sonne zu sitzen und mich auf meine Karten zu konzentrieren.
Die geographischen Fakten sind etwas unübersichtlich: Schnellstraßen, Unterführungen, Überführungen, Wirtschaftswege und diverse Trampelpfade leiten unabsehbar in jede nur erdenkliche Richtung. Aber dieser zentrale Verkehrsknotenpunkt ist in keiner meiner etwa 200 Karten verzeichnet.

Hie lings nuff.
Do?
Nedd do. Hie lings.
Wo hie lings?
Ey dooh hinne.
Dooh hinne?
Nä ned dooh, Blohs ned. Do lings.
Wo dooh lings?
Ai hie.
Wo hie?
Ai lings, eefach lings, hie dooh hinne lings nuff.
Dooh hie?
Jooh,
Aha, dooh hie hinne lings de buggl nuff.
Ai jooh.
Unn dann?
Ai doo de Buggel nuff, wiera runner, drunna unner de eiseboah, dann doo wiera lings unnn wunnerscheeen bis nooh zweeebrigge, wunnerscheee faahre bis nooh zweeebrigge, Dess saaaarlannnn is wunnnerscheee, ma muss nur wissse wo ma gugge muss.
Guud, jooh, dangeschee aach.

Erscheint machbar: Hie doo hinne lings n buggel nuff …

Er hält noch einen Kurzvortrag über die touristischen Vorzüge der Region und ein Referat zur philosophischen Tradition der saarländischen Lebenskunst. Ich bin sehr beeindruckt und mach mich auf den Weg hie lings doo hinne de buggel nuff.

Ein paar Stunden und 10.000 Höhenmeter später stehe ich dann wieder an einer Autobahn vor Sankt Wendel.

Bin jetzt doch enttäuscht. Hadere irgendwie schon mit meinem inneren Gleichgewicht. Ein gewisses Maß an Harmonie mit mir und dem Saarland ist nun doch abhanden gekommen. Die diplomatischen Beziehungen sind ziemlich belastet. Verfluche durchaus scheiß Sankt Wendelin.

Habe jetzt auch isotonischen Bedarf. Schlage mich irgendwie durch in die Innenstadt des heiligen Scheiß.

Die Stadt der heiligen Wendeline sitzt in der Sonne vor dem Rathaus und lacht und scherzt und schwätzt und trinkt Kaffee, Bier und Wein zu Croissants und französisch klingenden Speisen. Mann, bin ich froh, dass ich jetzt hier bin und übergebe eine diplomatische Depesche an die Frau, die mich freundlich bedient.

Darin gebe ich zum Ausdruck, dass ich gedenke, vor dem Hintergrund der Überwindung kriegerischer Auseinandersetzungen in Verbindung mit den historischen Errungenschaften der europäischen Einigung sowie der erhofften zukünftigen gedeihlichen Entwicklung unseres Kontinents einer Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der saarländischen Landesregierung und mir anzustreben und von einer ursprünglich in Erwägung gezogenen Beschwerde beim Internationalen Gerichtshof abzusehen. Sie nimmt meine Depesche mit Achselzucken zur Kenntnis.
von: iassu

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 19:06

meine Güte, wie langweilig wieder.... grins party
von: BeBor

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 19:35

In Antwort auf: kettenraucher
[zitat]
Der Veteran trägt an seinen dürren kahlen Beinchen diese hübschen zeitlos weißen Söckchen und dazu passend eine kurze schwarze Hose in fünf Nummern zu groß. Das fröhlich bunte Hemdchen aus dem Rennsportsortiment in fünf Nummern zu eng mag ihm selbst zwar kernig, kernig erscheinen, jedoch strapaziert eine überproportional wanstförmige Schwellung die Dehnbarkeit des modernen Textils bis an die Grenze der im Labor getesteten Belastbarkeit.

Immerhin hatte die Hauptstadt des Bundeslandes in einer bekannten Sonntagabend-TV-Totschießserie einen Hauptprotagonisten, der stets mit dem Rennrad unterwegs war. Das prägt.

Bernd
von: SuseAnne

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 20:06

In Antwort auf: kettenraucher


PS: Wenn ich in diesem Tempo weitermache, sind wir frühestens an Ostern in der Schweiz.



Wie, Ostern willst Du schon fertig sein? Hetz Dich doch nicht so ab! grins

Suse

PS: Nach Anzahl der Antworten bist Du schon auf Platz drei, nach dem unglücklichen Bademeister und dem legendären Norwegenbericht von Jim Knopf. Schätze mal, Ostern stehst Du für mehrere Jahre unerreichbar auf Platz 1
von: lytze

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 20:24

In Antwort auf: kettenraucher
[zitat] ...
Ai lings, eefach lings, hie dooh hinne lings nuff....
...Ai doo de Buggel nuff, wiera runner, drunna unner de eiseboah, dann doo wiera lings unnn wunnerscheeen bis nooh zweeebrigge, wunnerscheee faahre bis nooh zweeebrigge, Dess saaaarlannnn is wunnnerscheee, ma muss nur wissse wo ma gugge muss...


Wie machen das eigentlich die Nicht-Saarlännnner unter uns Radfreunden mit diesem Text???
Gibts es einen Online-Übersetzer für die???

Muss ich jetzt stolz sein oder mich schämen, weil ich alles "verstann hunn"?

lytze von der Saarschleife
(nein, ist kein Adelstitel, sondern nur der Herkunftsort!)
von: Gepäcktour

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 22:14

Hi,
auch wir Pfälzer verstehen es. Ich sowieso, weil ich in Birkenfeld meine Ausbildung gemacht habe und dort erstmals mit Saarländern in Kontakt kam...
Macht mir sehr viel Spaß, das alles zu lesen. Scharf beobachtet und genau hingehört! Netter Stil.
Danke!
Thomas
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.12.11 22:43

In Antwort auf: kettenraucher
Er hält noch ... ein Referat zur philosophischen Tradition der saarländischen Lebenskunst.

Wiederum hätte ich dich warnen können, wenn du mir rechtzeitig dein endgültiges Reiseziel verraten hättest. Denn auch in der Schweiz sind landesphilosophische Aufklärungsabstracts - nicht unter zwei Glockenschlägen auf je ein Viertel der vollen Stunde - eine gängige Methode, aus Langsamradlern wahre Schneckenradler zu machen. Mich hätte in Basel mal ein Max-Frisch-Double mit der Erklärung des Weges zur Jugendherberge fast um die Frühstücksbrötchen der Herberge gebracht - auf den Schlaf hätte ich ja zugunsten der Horizonterweiterung noch verzichten können. grins

P.S.: Wie lange dauert bei dir eigentlich ein Ortshinweis, wenn ein verirrter Bayern-Fan vom Neckarstadtion zum Cannstatter Wasen möchte? verwirrt lach
von: Pedalpetter

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.12.11 17:05

Hallo,

also ich habs auch als Schleswig-Holsteiner verstanden.
Aber liegt vielleicht auch daran, dass ich damals die Serie "Heimat" im Fernsehen angeschaut habe. Ich meine da wurde so ähnlich gesprochen. grins
Gruß
Volker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.12.11 17:34


Zitat:
also ich habs auch als Schleswig-Holsteiner verstanden


Hätt ich auch nicht anders erwartet. schmunzel

Denn aus schwäbischer Sicht wird in den Dialogen eindeutig Hochdeutsch gesprochen.
von: trike-biker

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.12.11 18:36

In Antwort auf: kettenraucher

Zitat:
also ich habs auch als Schleswig-Holsteiner verstanden


Hätt ich auch nicht anders erwartet. schmunzel

Denn aus schwäbischer Sicht wird in den Dialogen eindeutig Hochdeutsch gesprochen.




grins bravo

klaus
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.12.11 18:49

In Antwort auf: kettenraucher

Denn aus schwäbischer Sicht wird in den Dialogen eindeutig Hochdeutsch gesprochen.

ähem,
meine ehemalige Liebste und Schönste kam aus dieser Ecke der Welt und wir fanden immer wieder eine Ebene, wo wir uns doch verstanden haben.......... schmunzel

Hau rein
Jürgen
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 16.12.11 14:30

Zitat:
Bislang fühle ich mich jedenfalls gut unterhalten, zumindest solange der gesunde Schuss Selbstironie erhalten bleibt und nicht ins Selbstdarstellerische abbiegt, etwas was ja nicht jedem gleichermaßen gut gelingt.
Für die Gattung "Reisebericht" fehlt mir veilleicht ein wenig an struktur, aber die findet sich vielleicht noch im weiteren Verlauf deiner Erzählung.


Hi natash,

so langsam – während ich Deine Reiseberichte hier im Forum entdecke und einen nach dem anderen mit zunehmender Begeisterung lese - kapiere ich, was Du meinst. Auch iassu hat zu recht Ähnliches angemerkt:

Zitat:
Klasse Stil. Aber nicht verzetteln. Der Stil sollte kein Selbstzweck werden


Kann und will nicht widersprechen und lediglich erklären, dass ich halt (noch) ein bissel unter der Anfängereuphorie leide. schmunzel Du hast zum Thema Radfahren und Reiseberichte einfach einen wesentlich weiteren Horizont als ich und deshalb auch höhere und andere Erwartungen.

Ich arbeite daran, es funktioniert aber nur step by step.

Vielen Dank und beste Grüße
von: meterfresser

Re: Ach so, nur Schweiz - 17.12.11 20:37

...aber lass Dich auch büddebüdde nicht kirre machen, strukturierte mit Bilders kann man hier auch finden, wenn man etwas sucht.
Ich hätte es bitte gern so weiter so. Und falls Du mal den Regnitzradweg fahren solltest, darfst Du gerne bei mir Station machen.
Schöne Grüsse aus Mittelfranken,
Christian
von: Dietmar

Re: Ach so, nur Schweiz - 17.12.11 20:55

In Antwort auf: kettenraucher
...

Hi natash,

so langsam – während ich Deine Reiseberichte hier im Forum entdecke und einen nach dem anderen mit zunehmender Begeisterung lese - kapiere ich, was Du meinst. ...

Kann und will nicht widersprechen und lediglich erklären, dass ich halt (noch) ein bissel unter der Anfängereuphorie leide. schmunzel Du hast zum Thema Radfahren und Reiseberichte einfach einen wesentlich weiteren Horizont als ich und deshalb auch höhere und andere Erwartungen.

Ich arbeite daran, es funktioniert aber nur step by step. ..


Hallo Stefan,

lass' Dich nicht beirren. Schreib' einfach so weiter, wie Du denkst. Hier gibt's keine "Struktur-Vorgaben" außer dem, was oben drüber steht. Mir gefallen Natalies Berichte, ebenso wie Deiner, obwohl sie völlig unterschiedlich sind. Gut ist was gefällt. Mir gefällt auch die "Anfängereuphorie". Kannst ja die Texte später im Altersheim für Deine Memoiren nochmal überarbeiten. zwinker

Mir gefällt auch die "Italienische Reise" von olle Jöte, ist aber kein Maßstab für die nachfolgenden Dichter und Tastenquäler. schmunzel

Gruß Dietmar
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 29.12.11 13:33

Hey, wann kommt endlich der Nachmittag dran? lach
von: Spreehertie

Re: Ach so, nur Schweiz - 30.12.11 21:07

Servus Stefan,

ich bin jetzt erst über Deinen sehr unterhaltsamen Faden gestolpert. Danke für die gute Unterhaltung. bravo

Zitat:
- Das Pedal-Auto aus Karlsruhe: Wer kennt die Schmiede oder Hintergründe?
könnte das ein ZEM gewesen sein? Hier noch ein paar Infos; den Hersteller gibt es leider schon nicht mehr.

Gruß
Felix
von: LudgerP

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.01.12 12:16

Hallo Stefan,

wann geht dein Bericht weiter?

Grüßle, Ludger
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.01.12 18:06

Zitat:
Wie lange dauert bei dir eigentlich ein Ortshinweis, wenn ein verirrter Bayern-Fan vom Neckarstadtion zum Cannstatter Wasen möchte?


Das ist ein echt hintersinnigster Schmunzler. Ich hab ´ne ganze Weile gebraucht.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.01.12 18:10

Zitat:
könnte das ein ZEM gewesen sein? Hier noch ein paar Infos; den Hersteller gibt es leider schon nicht mehr.


So ähnlich war die Karre auf jeden Fall, aber nicht identisch. Ich erinnere mich jedoch an den zentralen Rundbügel.

Der Laden ist pleite? Unvorstellbar deprimierend !
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.01.12 18:12

Zitat:
wann geht dein Bericht weiter?


Vielen Dank für das Interesse. Zum Wochenende wird´ s familien- und arbeitsmäßig hoffentlich wieder etwas ruhiger und ich kann mich wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren. schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.01.12 18:31

Ich drücke hier und jetzt und heute mal auf´ s Tempo. Es bleibt keine Zeit zum Erzählen und Fabulieren über dieses oder jenes. Dieser Beitrag verlangt einen zügigen Abschluss, denn in nur vier Monaten startet bereits meine zweite Tour in die Schweiz, hehe (zu den Profis des Forums: hehe). Deshalb mach ich jetzt mal hinne, denn ich bin enorm in Verzug. Bin bereit, so manch Detail als Dessert nachzureichen sobald dieser erste Bericht endlich abgeschlossen ist. Aber jetzt ist höchste Eisenbahn.

Gesagt, getan. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, nach der anstrengenden Saarlandrundfahrt auf Empfehlung des irren Veteranen suche ich meine verlorenen Kräfte zu stärken und kippe am Wendländer Marktplatz ein paar Liter Kaffee, Orangensaft und Mineralwasser in mich hinein. Punktum. Ich pfeife meine Truppen zurück und erkläre die diplomatischen Irritationen zu den Wendländern als beigelegt.

Kette rechts, höchstes Tempo, Radwege gibt es keine oder ich finde sie nicht, bin mutig und rase nach Neunkirchen, verirre mich nicht zum ersten Mal, finde ein paar Gassen durch staubige Gewerbegebiete, passiere einige Hinterhöfe, gesäumt von schäbigen Bordellen, zu deren Blütezeit es zur Mittagspause der Stahlkocher wahrscheinlich hoch hergegangen sein mag.

Weiter, weiter. Bin auf der Bundesstraße nach Pirmasens und weiß, da will ich nicht hin. Irrer Verkehr, viele Baustellen, Umleitungen – die Pfalz modernisiert ihre Infrastruktur – und dann entdecke ich in einem Stau vor einer Baustellenampel zufällig den Hinweis zum Radweg Dahner Felsenland. OK, gurke den Radweg, stoße auf eine Bäckerei – Kaffee, Brötchen, lecker – erreiche eine Landstraße, toure routiniert und zügig, der Verkehr nervt dann doch und plötzlich bin ich im Bliestal. Nehme jetzt den touristischen Radweg, gesäumt von Bänken, Rentnern und komfortablen Kneipp-Anlagen. Sitze easy in der Sonne, werfe Schuhe und Strümpfe in den Bach, frage die Senioren nach dem Weg und mampfe die Brötchen aus dem Pfälzer Bergland.

„Wie fährt es sich denn von hier nach Zweibrücken?“
„Ooohjeeh, das ist noch weit.“
„Oooojeeehooohjeeh, wie weit denn noch?“
Die Rentner grübeln und palavern. Schlussendlich:
„Dass iss noch weit, dass zieeeeht sich, dass sinn beschdimmd noch zehn Kilomeeda“

OK. Verlasse den umständlichen Bliestalradweg, biege auf eine vernünftige Straße stadteinwärts und bestelle mir ein Bier in Zweibrücken. Lange Rede, kurzer Sinn, esse halbwegs prächtig auf der Terrasse eines spießigen Luxushotels, übernachte in einer Handwerkerherberge, wo man am späten Abend sehr großen Wert darauf legt, dass sich die ehemalige Kreisstadt keineswegs am Arsch der Welt befände. Lediglich sei bei gutem Wetter der ordinäre Ort direkt vom Marktplatz aus zu sehen, und zwar bestens. Möchte nicht unterschlagen, dass ich auf eine Besichtigung des zentralen Allerwertesten verzichtet habe.

PS: Am nächsten Morgen riskierte ich trotzdem einen flüchtigen Blick vom Marktplatz aus und schiebe zügig von dannen. Das war eine sehr, sehr kurze Kurzfassung von Zweibrücken und jetzt geht es weiter.

Meide die sinnlosen Radwege, nähere mich dem französischen Städtchen Lauterbourg, überhole bei der Ortseinfahrt ein paar Rennradler, überlege, ob ich in diesem schönen Ort was essen sollte, entscheide mich zur Weiterfahrt, verirre mich nach ein paar Hügeln in die Rheinauen, eine in der Fahrradkarte verzeichnete Fähre ist außer Betrieb, ich mach Tempo, die einzige Bar Tabac hat keine Getränke, ich erreiche über eine kleine Brücke trotzdem Rastatt und denke, das war´ s für heute. Hänge noch ein bissle rum, finde es vergleichsweise langweilig und suche am nächsten Morgen den Murgtalradweg nach Freudenstadt. Finde ihn auch bis Mittag nicht, aber gegen Abend dann doch noch, bin permanent 200 m über der Hauptstraße und beim nächste Dörfche wieder runner un dannn wieder nuff, frage einen Wanderer, ob dies der Radweg sei, keine Ahnung, umrunde zahllose Seitentäler und komme nicht voran, hab irgendwann keinen Bock mehr, stürze entlang unzähliger Windungen und Holzschuppen zu Tal, erreiche auf der vergleichsweise angenehmen Bundesstraße schließlich Baiersbronn und Freudenstadt. Dort sitzen auf dem Marktplatz ein paar Jugendliche mit Bier, Gitarren und spielen Songs von Nirwarna.

Das gefällt mir und ich bleibe über Nacht, am nächsten Tag fahre ich zum Neckar, frühstücke in Horb, esse ganz hervorragend in einem italienischen Restaurant in Rottweil, kann mich wegen dem zweifach bestelltem Mittagsmenü nicht mehr bewegen, das wusste ich vorher, steige in den Zug, fahr ein Stück mit der Eisenbahn, steige aus, quäle mich ein paar letzte Kilometer nach Singen, bin froh, dass ich dort bin, telefoniere mit der Schönsten und Liebsten, wir treffen uns morgen in Konstanz. Esse mäßig spanisch zu Abend und schleppe mich körperlich noch unausgelastet in mein zu teures Hotel.

Am nächsten Morgen ist es ein blödsinniger Radwege-Irrweg-Katzensprung nach Konstanz, der sich zu lange und nervig hinzieht und keine vernünftige Fahrt erlaubt, dann treffe ich meine Schönste und Liebste mit ihrem neuen stolzen Rad zum verlängerten Wochenende und wir machen ein paar Spritztouren nach St. Gallen und Zürich.

Geschafft. Und jetzt kann ich beim nächsten Mal endlich mit der Erzählung meiner kümmerlich kleinen Ostschweizrundfahrt für Einsteiger weitermachen.
von: iassu

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.01.12 18:52

Puhhh. Bin ganz außer Atem. Wie Bungee in der Horizontalen. Na wie gut, daß es in der Schweiz meist schön l a n g s a m läuft.
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.01.12 19:57

Das ging ja auf einmal recht gradlinig gen Süden! Aber wo bleibt denn der Ausflug zum Gotthard? Hab da eigentlich noch auf die Schilderung der Schöllenen gewartet! grins

Danke für die kurzweilige Reiseerzählung;

Bis bald!
Markus
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.01.12 04:40

Zitat:
Aber wo bleibt denn der Ausflug zum Gotthard? Hab da eigentlich noch auf die Schilderung der Schöllenen gewartet!



Hmm, Markus, keine Sorge, das kommt doch noch. schmunzel

Zitat:
Danke für die kurzweilige Reiseerzählung


Kann Dich noch nicht entlasten. Geht bald weiter schmunzel
von: Radreisender

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.01.12 08:36

bravo

In Antwort auf: kettenraucher
Geht bald weiter schmunzel


dafür

Mit den besten Grüßen

Thomas
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:10

Hurraah! Ein paar Wochen später. Yippiieh! Fahr jetzt in die Schweiz. Ihr heiligen Berge, du göttlicher Gotthard – ich eile, ich komme. Yippieh yaayaa jipii jippieeh yeiyeiyeiiih. Das war jetzt aber nur die Überschrift.

Es regnet. Es ist kalt. Es ist Juni im Sommer 2011. Verwerfe den Ritt über die Schwäbische Alb und disponiere kurzfristig eine Anreise per Bahn. Das Ziel ist Lindau am Bodensee. Planmäßige Abfahrt 08 Uhr 02. Außerplanmäßige Information um 7 Uhr 50: Dieser Zug fällt heute aus. Es gibt aber eine Alternative bis Ulm und dort umsteigen. Die nehme ich. In Friedrichshafen ertönt der Beschluss der Bahn: Dieser Zug endet hier. Bitte alle aussteigen. Ein Ersatzzug steht bereit. Gesagt, getan. Nach einer Stunde bitte ich am Schalter um Neuigkeiten. Nein, es gibt keinen Ersatzzug. Der Lokführer hat sich offenbar geirrt und ist ohne uns nach Lindau gefahren. Begründung: Er hatte zu viel Verspätung. … ? … Hm.

OK, wir warten noch ´ne Stunde am Bahnsteig in Friedrichshafen und kein Zug fährt uns die paar Meter bis Lindau. Viele Fahrgäste sind inzwischen etwas ungehalten, sie rufen und schimpfen: Scheiß Bahn, Scheiß Deutschland, Scheiß Gewerkschaften, Scheiß Demokratie, Scheiß Wetter und überhaupt schuld an allem sind Die Da Oben.

Es regnet und regnet und regnet ergiebig. Mir ist kalt. Plündere den Proviantbeutel Semmel um Semmel und warte gelassen auf den nächsten Zug. Nachmittags um fast halb drei schiebe ich endlich mein Rad aus dem Bahnhof in Lindau. Gut sechs Stunden Fahrzeit für geschätzte 200 km Bahnreise von Stuttgart nach Lindau. Die Erklärung: Auf der Strecke zwischen Ulm und dem Bodensee gab´s mehrere Baustellen und ein paar Probleme wegen dem vielen Regen, die zu Verspätungen in beide Richtungen führten bis schließlich die Fahrdienstleitung den Überblick verlor und ein paar unsinnige Entscheidungen getroffen hat. Im Allgemeinen klappt das aber mit dem Zug nach Lindau, das möchte ich betonen.

Nach dieser außerplanmäßigen Verspätung und bei diesem außerplanmäßig ungemütlichen Wetter beschließe ich, hier in Lindau außerplanmäßig zu übernachten und außerplanmäßig erst morgen mit dem Radeln zu beginnen. Suche mir also außerplanmäßig eine Pension. Wollte noch den Radweg nach Bregenz erkunden, breche aber auf halbem Weg ab, weil es so stark schüttet, dass ich beim Fahren zeitweise kaum erkennen kann, welche Verkehrsteilnehmer mir entgegen kommen.

Trocken. Der nächste Tag scheint trocken. Der Hotelier verabschiedet mich mit besten Wünschen für eine gute Fahrt, jedoch zugleich mit der „ernsthaften Warnung vor den schweren Zusammenstößen zwischen Inline-Skatern und Rennradfahrern auf den Schweizer Velorouten aufgrund überhöhter Geschwindigkeit und mangelhafter Fahrtechnik.“ Er sei zu dieser Information aufgrund seiner Mitgliedschaft im ADFC verpflichtet. Ja, exakt so waren seine alarmierenden Worte.

Endlich in Fahrt: Lindau, Bregenz, Rheintalkanal, wähne mich in der Schweiz, staune deshalb über einen Hinweis zum FKK-Strand, bin aber noch in Österreich, erreiche St. Margrethen, bin jetzt also doch in der Schweiz, finde die Veloroute 4 und steige meinen ersten Berg hinauf. Mannomann, puuh, das zieht sich. Ist schon hügelig hier. Dieses Klischee kann ich jetzt bestätigen: Die Schweiz an sich ist durchaus hügelig. Die verbliebenen Wolken reißen auf, verschwinden ins himmlische Nichts und gönnen mir einen sonnendurchfluteten Blick in das saftige Grün ringsum und das Rheintal da unten, da weit, weit unten. Stark!

Ständiges Auf und Ab macht hungrig, kurz vor Hilden nehme ich gemeinsam mit einigen Handwerkern ein frühes Mittagessen in einer Gastwirtschaft ein. Will nur Kaffee, Wasser und Salat. Aber Mutter und Tochter des Hauses bestehen auf einer kräftigenden Suppe. Ob ich will oder nicht, die muss ich jetzt essen. Und ich gestehe, es war eine Wohltat, erstens kulinarisch und zweitens überhaupt. Stark! „Schöne Reise“, „Danke, danke, vielen Dank“. Es fühlt sich saugut an in der Schweiz.

Nicht immer verkehrsarme Straßen führen mich im Auf und Ab nach Appenzell. Hier liegt mein Etappenziel, bereits 70 oder 80 km nach Lindau, aber der Routinier schont halt seine Kräfte.

„Oi“ grüßen oder sagen hier die Leute ständig, „Oi“, „Oi“, „Oi“. Esse eine Bouillon mit Ei – Weltklasse – und eine Gerstensuppe. Spaziere durch den Ort. Fünf Tausend Einwohner. Abgebrannt 1560. Wieder aufgebaut. Es gibt vorkonfektionierten Wurstproviant zu kaufen. Mit und ohne Schnaps. Wähle die Variante ohne und fülle damit meine Vorräte auf. Eine Handvoll Reiter hinterlässt tausend Pferdeäpfel auf der kleinen autofreien Gasse im Zentrum der Stadt. Ein Haus zeigt mir Arzneipflanzen, kunstvoll und kenntnisreich auf die Fassade gezeichnet, voller morphologischer Details und mit botanischer Nomenklatur. Großartig. Unregelmäßiger Stadtgrundriss, Grundstücke kreuz und quer verschoben, kaum gerade Linien und Kanten, gefällt mir sehr gut. Fühlt sich gut an in der Schweiz.

Unterwegs per pedes eine kleine Kapelle. Entzünde ein Kerzenlicht für mich und meine kleine Reise und setze direkt daneben eine zweite Kerze für das Wohlergehen der Schönsten und Liebsten daheim. Will nicht so egozentrisch sein und entzünde eine dritte Kerze für all diejenigen, denen es in diesem Moment nicht so gut geht. Möge es ein wenig Trost und Hoffnung spenden und seine Wirkung entfalten. Die drei Lichter flackern empfindsam beim vorsichtigen Schließen der knurrigen Tür.

Zwei Wanderer mit großen Rucksäcken betrachten im Schaufenster des Metzgers die lustigen Proviantvariationen mit und ohne Schnaps. Auch ihre beiden Hunde tragen ihr Gepäck selbst, seitlich am Leib jeweils links und rechts ein Lederranzen, befestigt an Halteriemen um Rücken und Bauch, geschmückt mit der helvetischen Standarte, vulgo Fahne. Find ich lässig.

Betrete den Friedhof in Appenzell. Nicht weil ich ihn suche, sondern weil es sich zufällig beim Flanieren durch die Straßen so ergibt. Frage mich, weshalb die Gräber so klein sind. Kaum 1 mal 1 Meter. Zu groß für Urnen, zu klein für Menschen. Keine Kindergräber, erwachsene Leute liegen hier begraben, viele sind jung gestorben, mit dreißig oder vierzig oder fünfzig Jahren. Eine Schweizerin fragt mich, weshalb die Gräber hier alle so klein sind. Nunja, das frage ich mich auch. Wer von uns beiden kommt denn aus der Schweiz? Wenn Sie´s nicht wissen, frag ich. Hab keine Ahnung und auch keine Idee. Ratlos wünschen wir uns einen schönen Tag.

Wir – das sind mein Velo und ich – erkunden die Umgebung. Nichts als wellige Hügel, kurz geschorenes Grün, in die Landschaft gestreute Bauernhöfe, keine Kühe, ich sehe keine Kühe, aber so einige schroffe Felsen und Gebirge.

Fauchend erschrickt und überholt mich ein rasender gelber Lamborghini. zensiert.

In einer kleinen Wirtschaft zapft man frisches, kräftiges Bier, Appenzeller Hell Lager, lasse ich mir sagen. Freundliche Männer und Frauen sitzen hier trinkend und zufrieden in der Sonne und rauchen. Grüezi. Es gibt Hanfbiersuppe, Oi, weischd. Oi. Oi. Schön isses hier. Sehr entspannt isses hier. Und heiter!

Unterwegs im Appenzeller Umland sehe ich saumäßig viele E-Bikes, sogar Mountainbikes mit E-Antrieb, aber auch Tourenradler mit elektromotorischer Unterstützung. Nicht nur alte, auch junge Leute fahren diese stromgetriebenen Mofas so selbstverständlich als hätte es nie was anderes gegeben. Nase rümpfen ist hier nicht angesagt. Die Schweizer, glaub ich, sind nicht so klein-klein kariert wie so viele von uns und ähem ich natürlich auch, manchmal, hüstel, ach was.

Beim üppigen Abendessen in einer Gaststube im Herzen der Stadt freu ich mich darüber, dass an einem Nachbartisch italienisch gesprochen wird. Es sind natürlich keine Italiener, sondern italienisch sprechende Schweizer. Das hat schon was, ein Land, das gleichzeitig deutsch, französisch und italienisch spricht. Das klingt schon multikulti, es hat Esprit oder ist es Charme, es hat jedenfalls das gewisse Etwas. Ja, zweifellos, mir gefällt´s hier in diesem großen, kleinen Land.

Boing boing bimmel limmel bengel boing boing bimmel limmel bengel boing boing …

Ein ohrenbetäubender Lärm schreckt mich im Morgengrauen aus dem Bett. Der Blick aus dem Fenster gibt Aufschluss und beschert mir eine stattliche Herde kräftiger Rinder, die über den Dorfplatz flitzen. Die Tiere toben durch die Gassen und nicht alle kennen den Weg. Scheint nicht so einfach zu sein, die Herde beisammen zu halten. Die Hirten haben alle Hände voll zu tun und treiben die Viecher per Klaps mit dem Holzstock in eine halbwegs gemeinsame Richtung.

Stelle fest, es gibt also doch Kühe in Appenzell. Gestern hat man sie wohl versteckt, um sie mir heute in einem kleinen touristischen Spektakel exklusiv zu präsentieren. Dankeschön, wär nicht nötig gewesen. Ist zwar witzig, bin jetzt aber auch wach. Frühstück gibt´s schätzungsweise erst in zwei Stunden. Und was soll ich bis dahin machen, bitteschön? Viel Zeit für hundert Liegestütze und ein paar andere gymnastische Übungen für radelnde Senioren.

Also wenn ich Kuh oder Stier oder Rind oder Kalb wäre: Ich würde mich keinen Millimeter vom Fleck bewegen, wenn man mir so´ ne scheiß Glocke um den Hals hängen würde. Undenkbar, bei jedem Schritt einen solch infernalischen Lärm ertragen zu müssen. Grrrr.

Jetzt, im Nachhinein weiß ich natürlich, in Andermatt sehe ich Ähnliches, aber dort sind die Viecher tausend Mal athletischer. Und sie verzichten auf Umtriebe bei Sonnenaufgang, sondern joggen urlauberverträglich mit ihrem Gebimmel erst nachmittags durch´s Dorf.

Das war´s für heute. Vielen Dank und beste Grüße.
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:17

Da haste Dir ja nen schönes Ei ins Nest gelegt! lach

Ich hab meinen Geburtstag früher, also sehr sehr viele Jahre, immer auf der BOOT verbracht. Riesige Party und ich hab immer Celebrations mitgenommen und hier und da auf den Tisch gestellt, wenn ein Gespräch besonders nett oder aufschlußreich war. schmunzel

Und ich hatte meine Ruhe.

Das auf die Art nun hier, in letztlich ähnlicher Weise so zu tun, hat aber auch was.

Merci! Und ich wünsch Dir nen guten und angemessenen Traum dazu. Oder so ... zwinker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:39

Zitat:
Da haste Dir ja nen schönes Ei ins Nest gelegt!


Hi Jochen,

ich schätze Dich sehr und deshalb nehm ich Dich auch ernst.

Aber ich steh auf dem Schlauch und schnalle nüschd.

Was hab ich falsch gemacht?
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:41

Ein hübsches Geburtstagsgeschenk!

Die Fortsetzung.

Jetzt. Heute.
von: SuseAnne

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:42

Hast nix falsch gemacht. Jochen hat Dich nur dazu beglückwünscht, dass Du Deinen Geburtstag feierst, indem Du uns mit einer Fortsetzung Deines Reiseberichts beglückst.

Suse
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:45

Gut, ich habe heut Geburtstag, hab deswegen einen Tag frei genommen, um mal was Schönes für mich zu tun und kam auf die Idee, an meinem ersten kleinen Radreise-Roman weiter zu werkeln. schmunzel Ist doch OK? Haste mal gelesen, was ich heute geschrieben hab?
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 15:56

Jaaa, JaH hat gelesen und ich frage mich gerade mal wieder wieso ich, obgleich Dein Schreib-/Ausdrucksstil meinem Denken doch recht ähnelt, ich es noch nie geschafft habe, in einer vergleichbaren Weise zu schreiben.
Du reduziert es auf sehr angenehme Weise und pointierst gleichzeitig mit geringsten Aufwand, dass ich echt nur noch staune.

Ich packe immer alle möglichen Details rein, also auf einmal und begrabe damit fast immer die Quintessenzen. Vielleicht weil mir immer soviele Variationen einfallen, die ich dann versuche alle auf einmal in einen Text zu pressen und weil ich mich nicht entscheiden könnte, welche Punkte es nun "sein dürfen" und welche weggelassen werden können.
Ich sehe nicht nur immer das Ganze, ich versuche es auch zu repoduzieren.

G´fall ma. Und gut, dass Du nie erwähnst wieviele Zahlungseinheiten Du da so plan- und unplanmäßig raushaust. zwinker Schweiz wollte ich vorletztes Jahr eigentlich schon, aber letztes Jahr habe ich noch weniger den Mors hochbekommen. Nun hab ich gestern Abend Reisewege Schottland "In den Highlands" gesehen und die Erinnerung an die Farben ist wieder da und ... ich hör mal auf zu faseln.
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 18:15

Das hast du wieder schön beschrieben, speziell das Appenzellerland. Meine Schwiegermutter stammt aus dem Appenzell, zieht nun allerdings die Weiten Australiens vor.
Hier noch des Rätsels Lösung zu den kleinen Gräbern auf dem Friedhof.

Es mach wirklich Spass, bei dir mitzulesen.

Gruss
Markus
von: Pedalpetter

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 18:20

Hallo Stefan,

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag party und vielen Dank für Deinen Bericht. bravo
Sag mir bescheid, wenn Dein erstes Buch erschienen ist. (aber nur wenn ich es hier noch nicht gelesen habe.)
Schönen Abend noch.
Gruß
Volker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 18:25

Meine Vorgehensweise ist mittlerweile: Ich schreibe und palaver und fasel einfach so vor mich hin bis es gut ist und ich keine Lust mehr habe. Diesen Text kürze ich um neunzig Prozent nach den Kriterien: Isses verständlich, muss ich ausholen oder sonst wie erklären, interessiert das irgend jemanden, löse ich zusätzlichen Erläuterungsbedarf aus? Den verbleibenden kleinen Teil setz ich in den Status „Antworten“ ins Forum und überleg mir bei der „Voransicht“, wo ich straffen oder ein paar Formulierungen verbessern kann.

Das war`s. Aber wir unterhalten uns bestimmt bald detaillierter mal persönlich. schmunzel
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 18:28

In Antwort auf: mstuedel

Hier noch des Rätsels Lösung zu den kleinen Gräbern auf dem Friedhof.

Ja äh, das erklärt aber immer noch nicht weshalb die Gräber kürzer sind, als ein um den Kopf kürzer gemachter Altappenzeller (angenommenerweise jetzt! ich weiß ja nicht welche Rituale es einst gegeben haben könnte). Wird dort stehend begraben? Oder liegen die Särge auf Stoß aneinander und man läßt oben halt noch Platz für den Weg?
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 19:03

Naja, wenn man die Altersschrumpfung noch berücksichtigt... schmunzel
Ich empfehle mal den Besuch eines alten Appenzeller Bauernhauses. Das ist fast wie in einer Puppenstube (schreibt einer, der auch nicht gerade zu den Grössten zählt).
von: FordPrefect

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 19:17

In Antwort auf: kettenraucher
Die Schweiz an sich ist durchaus hügelig.


Lieber Stefan - Danke für diesen herrlichen Satz !!! Ich sitze wieder mit einem breiten Grinsen vor dem Bildschirm.


Zum Geburtstag wünsche ich Dir natürlich alles Gute wein


Liebe Grüße / Micha
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.01.12 20:10

Hallo Stefan,
wenn es ist genehm ist, möchte ich deine detailreichen Studien der Schweizer Welt fotografisch etwas unterstützen.
In Antwort auf: kettenraucher
Ein Haus zeigt mir Arzneipflanzen, kunstvoll und kenntnisreich auf die Fassade gezeichnet, voller morphologischer Details und mit botanischer Nomenklatur. Großartig.

Am besagten Kräuterhaus steht folgendes geschrieben, das sicherlich auch aus deiner Feder hätte stammen können:



Das Haus im ganzen Bilde dann auch noch:





In Antwort auf: kettenraucher
Freundliche Männer und Frauen sitzen hier trinkend und zufrieden in der Sonne und rauchen. ... Schön isses hier. Sehr entspannt isses hier. Und heiter!

Obacht! In Appenzell zu sitzen kann auch ganz schön ungemütlich werden:

Ein unauffälliger Picknickplatz lach
von: winoross

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.01.12 17:17

In Antwort auf: kettenraucher
Meine Vorgehensweise ist mittlerweile: Ich schreibe und palaver und fasel einfach so vor mich hin bis es gut ist und ich keine Lust mehr habe. Diesen Text kürze ich um neunzig Prozent nach den Kriterien: Isses verständlich, muss ich ausholen oder sonst wie erklären, interessiert das irgend jemanden, löse ich zusätzlichen Erläuterungsbedarf aus? Den verbleibenden kleinen Teil setz ich in den Status „Antworten“ ins Forum und überleg mir bei der „Voransicht“, wo ich straffen oder ein paar Formulierungen verbessern kann.


Prima Stefan und der Rest, der übrig bleibt ist das, was uns alle so begeistert.
Ich möchte mal den ersten Entwurf lesen, den, den Du in's "Unreine" schreibst. grins
Und...sei froh, dass Du das nicht mit der guten alten Schreibmaschine tippen musst.
Kommt noch eine Fortsetzung??
Und...nachträglich die besten Wünsche zum Geburtstag.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 21.01.12 17:02

Zitat:
wenn es genehm ist, möchte ich deine detailreichen Studien der Schweizer Welt fotografisch etwas unterstützen.


Hi Matthias,

endlich Bilder in dieser Bleiwüste cool Vielen Dank für die Unterstützung ! Kannste gern zur Gewohnheit machen.

Hab ja bereits versprochen: In meinem nächsten Reisebericht gibt´s nur noch Bilder und zwar mit ohne Text schmunzel

PS: Regionale Forumstour im Spätwinter bereits in Planung? Schwäbisch-badische Transversale?
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 21.01.12 21:18

In Antwort auf: kettenraucher
PS: Regionale Forumstour im Spätwinter bereits in Planung? Schwäbisch-badische Transversale?

So schnell, wie derzeit die Wetterlagen wechseln, kann man ja gar nichts planen. In den letzten Jahren war meistens erst Ostern die erste Gelegenheit, um mehrere Hügelketten hintereinander niederzumachen. Und selbst das war nicht immer ratsam - nicht zuletzt habe ich mir bei einer Osterfahrt (2010) wegen der Windverhältnisse mir mein Knie etwas ruiniert. traurig Bei gutem Wintersonnenwetter, wenn es nicht zu kalt ist, eignet sich die offenere Alb recht gut für eine Tagestour als schattige Schwarzwaldtäler. Wir könnten ja mal den Hohenneuffen ins Auge nehmen - der Blick zum nächsten Wochenende ist für mich allerdings diesmal besonders weit - mir steht noch eine Art "Jahrhundertwechsel" bevor. schmunzel
von: Dipping

Re: Ach so, nur Schweiz - 21.01.12 21:24

Hallo Matthias,
halbes Jahrhundert?
Gruß, Ralph
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 21.01.12 21:36

In Antwort auf: Dipping
Hallo Matthias,
halbes Jahrhundert?
Gruß, Ralph

pssssst! weinend
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 22.01.12 12:06

In Antwort auf: veloträumer
pssssst! weinend

Muttu halt rechtzeitig den Haken im Profil entfernen. Gell? cool
Aber ach! Guck an, sind wir 10 Jahre auseinander. wein
von: jovo

Re: Ach so, nur Schweiz - 22.01.12 19:50

Auf 60 hätt ich dich jetzt aber echt nicht geschätzt!
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 25.01.12 16:07

Zitat:
Auf 60 hätt ich dich jetzt aber echt nicht geschätzt!


Höööööchstens auf Neununddreißigdreiviertel. schmunzel
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 31.01.12 12:00

Wir warten auf eine Fortsetzung! träller
von: Flori87

Re: Ach so, nur Schweiz - 31.01.12 15:20

ne klasse Leistung mach weiter so :-D
von: Suttung

Re: Ach so, nur Schweiz - 01.02.12 17:15

Habe mir deinen Reiseverlauf ausgedruckt. Dieses scrollen teuflisch
Jetzt noch mal in einem Rutsch.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.02.12 13:36

In diesem Kapitelchen wollte ich bereits das Dach meiner kleinen Tour erreichen und mich zügig auf den Rückweg machen, aber ich schaffe es leider nur von Appenzell über Glarus und Schlandern bis zum Vierwaldstätter See. Erst im nächsten Beitrag kann ich Andermatt und den Gotthard erklimmen traurig. Aber was mich betrifft, ich mach beharrlich weiter bis zur Zieleinfahrt schmunzel.

Das akribische Kartenstudium entlang der Veloroute 4 kommt beim Frühstück zu folgendem Ergebnis: Von Appenzell zunächst ein mäßiger Anstieg in Richtung Urnäsch, dann Abfahrt, erster starker Anstieg hinter Urnäsch, dann Abfahrt, nun folgt ein sehr starker Anstieg bis Hemberg, dann – was sonst - Abfahrt und dann ein steiler Anstieg in Kombination mit einer rasanten Abfahrt nach Wattwil, dann wahrscheinlich wieder ein Anstieg, eine Abfahrt – keine Ahnung - und schließlich über Kaltbrunn, Näfels und Glarus noch etwas talaufwärts bis Schlandern, meinem heutigen Etappenziel.

So weit die Theorie. In der Praxis einer Fahrt durch´ s Appenzeller Land sind es oft nur noch ein paar hundert Meter Luftlinie bis zum nächsten Dorf. Denn sobald man einen Bergbuckel erobert hat, sieht man die nächste Siedlung zum Greifen nahe zusammengekauert auf dem höchsten Punkt des gegenüberliegenden Hügels. Doch die schmale Straße stürzt sich zu Tal, ach was, sie überstürzt sich zu Tal, sie liebkost eine felsige Schlucht, hoppelt über den quirligen Bach, rekelt sich in felsige Flanken und klettert an der gegenüberliegenden Wand euphorisch gen Himmel. Zehn, zwölf Prozent Steigung schätzungsweise, und der eifrige Radler hat nach ein paar bodenständigen Kilometern entlang der Topographie das gegenüberliegende Hügelchen samt Dörfchen erklommen.

Diese wiederkehrenden Anstiege lassen sich übrigens bequem in kleine Häppchen portionieren, denn alle fünfzig oder hundert Meter markiert ein in den Straßenrand gerammter Holzpfahl den Verlauf des Asphalts, wahrscheinlich weil sich in dieser Gegend während des zehn Monate dauernden Winterhalbjahrs der Schnee drei Meter hoch türmt und dann die Route für Fahrzeuglenker aller Art unerkennbar unter sich begräbt.

Der Velonaut verliert also ständig 200 Höhenmeter im Sturzflug zu Tal, die er immer wieder auf´ s Neue im strammen Gegenanstieg zurückerobern darf. Ein gelungenes Trainingsprogramm im Rhythmus zwischen minimaler und maximaler Velogeschwindigkeit. Fabelhaft, denn exakt so habe ich mir das Radeln in der Schweiz – äh – im schweizerischen Voralpenland vorgestellt. Das macht Spaß und ich ignoriere nicht ohne Stolz die dicklichen Motorradfahrer, die sich in so manchem Dorf beim Capuccino von ihren Strapazen erholen.

Nach Kilometer 40 oder 50 erreiche ich ein Hochplateau und es öffnet sich ein hemmungslos grandioser Blick: Unten im Tal zu meiner Rechten blinzelt in einiger Ferne das Wasser des Zürichsees im schimmernden Licht, zu meiner Linken weitet sich lasziv ein ausgedehntes Tiefland, deftig grün und fruchtbar, und im Hintergrund erheben sich die unzähligen Zacken, Flanken und Gipfel der steinernen Riesen. Sie funkeln und leuchten in einem Potpourri aus grünen und grauen, schwarzen und braunen, blauen und weißen Farben.

Unmissverständlich liegt jetzt das Alpenvorland hinter mir und die Bergwelt vor mir. Mann, ich bin jetzt aufgeregt. peinlich

Eine enthusiastische Abfahrt in ein paar Kurven führt mich in ein zunächst noch wiesensattes weites Tal, das sich in den Glarner Alpen rasch verengt und alsbald den Radkurs im Zick Zack durch viele kleine Gewerbegebiete und Neubausiedlungen zwängt.

Bin bereits um 14 Uhr in Schlandern und finde sofort den Bahnhof. Dort ist der Schlüssel für mein Zimmer hinterlegt, das ich gestern telefonisch reserviert habe. Ich finde diese vertrauensvolle Methode sehr charmant, denn eigentlich hat der Gasthof heute geschlossen und ich werde über Nacht der einzige Bewohner sein. Bemerkenswert.

Bin jetzt also angekommen zu meiner ersten, kleinen Alpenexkursion. Und das genieße ich im hellen Sonnenlicht, bewundere die Berge von unten, fahr ein kleines Stück in Richtung Klausen, dann zurück nach Glarus, erkunde die Stadt, aha, hier geht´ s zum Pragel, nehme eine üppige Vesper aus Speck, Käse und Schinken, bin zwar überrascht, dass ich so früh hier angekommen bin, traue mir den Klausenpass aber heute nicht mehr zu, spüre sehr intensiv das gute Gefühl, sorgenfrei auf Reisen zu sein, kein Glück, aber eine große und ruhige Zufriedenheit. Alles fließt - panta rhei.

Heftiger Regen weckt mich während der Nacht. Die Wirtsleute beim schönen Frühstück zu dritt und nicht zuletzt das überraschend fachkundige Bahnhofspersonal raten mir eindringlich davon ab, heute einen Pass mit dem Rad zu fahren. Nun gut, den Klausen lass ich sausen und versuche ab Glarus ein paar Meter zum Pragel zu steigen. Macht auch keinen Sinn und ich nehme den Zug über Pfäffikon nach Arth-Goldau. Betrachte die Schlieren und Schwaden des prasselnden Regens am Fenster und erschrecke ein wenig als der keuchende Zug in vielen Kurven die schroffen Felsen hinunter nach Goldau rattert. Mann, ist das steil hier und so was nennt sich Vor-Alpen-Express, als wär das hier die Lüneburger Heide.

Ein paar wenige Kilometer durch den Regen, vorbei an Schwyz, und ich bin in Brunnen. Sitze stumm in einem Café am Ufer, suche mir ein Zimmer, deponiere mein Gepäck und beschließe eine Rundfahrt um den Vierwaldstätter See. Bei gutem Wetter isses hier wahrscheinlich ganz schön. Gedacht – erhört und der Graupel verwandelt sich in Niesel. Als ich in der nördlichen Bucht bei Küssnacht die Veloroute verliere, verbünde ich mich mit einem Rennradfahrer, der mich in hohem Tempo entlang der Hauptstraße in die quirlige Luzerner Altstadt geleitet. Mein Plan für morgen, die Schöllenen hoch nach Andermatt - niemals könne er mir das empfehlen. Sehr steil, viele Galerien, viel Verkehr, sehr unangenehm und zudem gefährlich. Nein, er würde auf jeden Fall den Zug nehmen. Paah ! Ich hab heut schon am Pragel gekniffen. Kommt überhaupt nicht in Frage cool

In Luzern müffelt es nach Geld, mit Verlaub, ich bin kein Feind von Luxus und Reichtum, ich finde Geld nicht unanständig und gönne jedem Menschen dieser Welt ein verzehnfachtes Einkommen, auch mir selbst, aber hier, naja, es stinkt nicht direkt in unverschämter Weise, aber es müffelt doch schon etwas taktlos. Der Duft von dicken Bündeln Schweizer Franken flirrt durch die Luft in dieser kleinen Stadt und belastet ein wenig das freie Denken und Atmen. Ich parke mein stolzes Velo trotzig neben einem ungeheuerlich großen Rolls Royce und gönne mir ein winziges Schälchen geschnippelter Gurke und Tomate für 18 Fränkli 50.

Beim Anblick der demonstrativ monumentalen Kunsthalle bin ich mir sicher: Im Vergleich wirkt das neue und ambitionierte Stuttgarter Kunstmuseum am Schlossplatz wie eine kleinkarierte Billigheimer-Hinterhofbarracke aus dem Uelzener Baumarkt.

Verlasse erhobenen und trockenen Hauptes die Uferpromenade. Auf der Veloroute rund um den See begegnet mir kein einziger Tourenradler, aber so einige Rennvelos von BMC oder Trek, Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 70 im emsigen Regionalverkehr, manche mit kleinen Tagesrucksäcken, hin und wieder mal ein Mountainbike von Cannondale, bloß kein billiges Zeugs, und immer flott in die Pedale. Am felsigen Südufer verläuft parallel zum Radweg eine Autobahn, die einige steil aufragende Felsen durchsticht. An einer Engstelle verkündet das Schild: „Während dem Betrieb der Materialseilbahn für Fußgänger und Velos für zehn Minuten geschlossen“. Nach wenigen Minuten öffnet sich die automatische Schranke und gibt den Weg entlang der Felsen frei. Cool, oder?

In einer unübersichtlichen Flussaue verfranse ich mich mehrmals in einem Wirrwarr neu angelegter Freizeitwege und Hochwasserdämme und stoße dabei mehrmals auf eine Joggerin, die mehrmals versucht, mich in die richtige Richtung zu lenken. Beim x-ten Mal lachen wir gemeinsam und sie schenkt mir in herzzerreißender Herzlichkeit ein Vierblättriges Kleeblatt, das sie heute gefunden hat und das mir viel Glück bringen soll. „Schöne Zeit und gute Reise“ wünscht mir die Schweizer Fee zum Abschied und ich gestehe, dass ich auch im Nachhinein noch sehr beeindruckt bin.

Nach Fahrplan legt die Fähre bei Beckenried um 17 Uhr 20 ab. Nicht um 17 Uhr 19 und auch nicht um 17 Uhr 21. Noch um 17 Uhr 18 hat man nicht den Eindruck, dass der Kahn sich heut noch mal bewegen würde. Außer einem halben Dutzend wartender Autos, meinem Velo und mir ist niemand zu sehen und nichts zu hören. Es tut sich überhaupt nichts. Um 17 Uhr 18 und schätzungsweise 45 Sekunden springen der Kapitän und sein Adjutant aus dem Bootshaus, schwingen sich auf´ s Schiff, lösen die Leinen, starten den Motor, platzieren die Passagiere und legen ab. Ein perfektes Zusammenspiel. Die Fahrzeit beträgt 20 Minuten. Nicht 19 dreiviertel und auch nicht 21 ein halb. Exakt nach 20 Minuten legt der Frachter mit einem souveränen Landemanöver um präzise 17 Uhr 40 am gegenüberliegenden Ufer an. Wir Fahrgäste sind fast alle Touristen und wir beschmunzeln und bestaunen und bewundern diese außergewöhnlich perfekte Vorführung lautlos, fassungslos und anstandslos. Für heute haben mir die Schweizer jedenfalls alle ihre Klischees auf´ s Überzeugendste bestätigt. bravo

An der Uferstraße in Gersau finde ich eine Kneipe, dort wird der Grill vorbereitet und es gibt ein Bier. Was den Schwaben eine „Halbe“, ist den Schweizern in dieser Gegend ein „Chübli“. Nach süddeutscher Lesart handelt es sich nicht um ein großes Bier, sondern eben um eine „Halbe“. Und die hier nennen das gleich „Kübel“? verwirrt

Ringsrum über den direkt vom See aus steil aufragenden Bergketten türmen sich gigantische Wolkenungeheuer, sie lauern und blähen sich brodelnd über den Gipfeln wie es uns von den hämischen Vulkanen im Vorfeld ihrer Eruption vertraut sein sollte.

Nun ja, am See ist es heute Nachmittag trocken geblieben, sitze hier also für einen Moment, sortiere meine vielen Eindrücke und erkenne in einem Sekundenbruchteil wie so ein 58 Kilo Fabian Cancellara mit sagenumwobener Geschwindigkeit an meinem Biertisch vorüberzischt.

Ziehe mich zurück nach Brunnen, wo mir an der zentralen Kreuzung des Örtchens ein Trupp rasender Randonneure aus Richtung Axenstraße entgegen kommt. Ich bin völlig begeistert von diesen Jungs, es gibt sie also doch, die Tourenradler in der Schweiz. Leider verzichten sie auf einen Zwischenstopp. Setze mich deshalb im Badhüsli an der Kante zwischen Ober- und Untersee zur Ruhe und beschließe, diese Ecke hier, ja, diese Ecke hier hat durchaus ihren Charme.
von: panta-rhei

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.02.12 20:54

Hallo Stefan,


In Antwort auf: kettenraucher
In diesem Kapitelchen
...


Vielen Dank für die Fortsetzung - eine köstliche Bereicherung.
von: joeyyy

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.02.12 22:08

In Antwort auf: kettenraucher
In der Praxis einer Fahrt durch´ s Appenzeller Land sind es oft nur noch ein paar hundert Meter Luftlinie bis zum nächsten Dorf. Denn sobald man einen Bergbuckel erobert hat, sieht man die nächste Siedlung zum Greifen nahe zusammengekauert auf dem höchsten Punkt des gegenüberliegenden Hügels. Doch die schmale Straße stürzt sich zu Tal, ach was, sie überstürzt sich zu Tal, sie liebkost eine felsige Schlucht, hoppelt über den quirligen Bach, rekelt sich in felsige Flanken und klettert an der gegenüberliegenden Wand euphorisch gen Himmel. Zehn, zwölf Prozent Steigung schätzungsweise, und der eifrige Radler hat nach ein paar bodenständigen Kilometern entlang der Topographie das gegenüberliegende Hügelchen samt Dörfchen erklommen.


Meinst Du das in etwa so:



Dauerte ungefähr eine halbe Stunde, bis ich drüben war.

Bildergruß aus dem Appenzeller Land, Du Meister der Adjektive omm

panta rhei auch dort grins

Jörg.
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.02.12 22:32

In Antwort auf: kettenraucher
In Luzern müffelt es nach Geld, ... es stinkt nicht direkt in unverschämter Weise, aber es müffelt doch schon etwas taktlos. Der Duft von dicken Bündeln Schweizer Franken flirrt durch die Luft in dieser kleinen Stadt und belastet ein wenig das freie Denken und Atmen. Ich parke mein stolzes Velo trotzig neben einem ungeheuerlich großen Rolls Royce


War es etwa dieser auf der Seebrücke: grins



Der Prunk hängt auch an den Schiffen:



In Antwort auf: kettenraucher
Beim Anblick der demonstrativ monumentalen Kunsthalle bin ich mir sicher: Im Vergleich wirkt das neue und ambitionierte Stuttgarter Kunstmuseum am Schlossplatz wie eine kleinkarierte Billigheimer-Hinterhofbarracke aus dem Uelzener Baumarkt.


Aber es gibt dort mehr Fahrräder:



Merke: Wer Geld hat, fährt Rad. unsicher

P.S.: Von Urnäsch über Kräzeren Passhöhe (Schwägalp/Säntis-Station vorbei) wäre es nur ein Hügel ins Toggenburg gewesen (allerdings etwas höher). zwinker
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 06:17

Zitat:
Meinst Du das in etwa so:

Hallo Jörg,

ja, ja, ja, das kommt mir bekannt vor, auch das schöne Wetter auf dem Foto. Bin erleichtert, dass ich mir das mit Fotographieren sparen kann. Herzlichen Dank für die visuelle Unterstützung aus den Archiven.

Zitat:
... Du Meister der Adjektive

Naja, ob ich das als Kompliment oder als höfliche Kritik verstehen soll ... schmunzel
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 07:43

Kompliment!!! cool
Meinerseits jedenfalls grins
von: dogfish

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 07:49

In Antwort auf: joeyyy
Dauerte ungefähr eine halbe Stunde, bis ich drüben war.

Fast so lange dauert es auch, bis man jetzt den Antworten-Button findet.
Dein Bild hat momentan satte 3500 x 2325 px! teuflisch

Gruß Mario
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 15:16

Ihr zwei könntet euch doch zusammen tun und gemeinsam die Geschichte als illustrierte Reisebeschreibung publizieren. Veloträumer scheint ja in der Tat für jedes Kapitel die passenden Fotos hervorzaubern zu können, schon fast so, als wäre er mit dabei gewesen!

Erzeugt immer noch grosses Lesevergnügen. Schade, dass schon bald Schluss ist. traurig

Aber im Frühling steht ja schon die nächste Schweiztour in deiner Agenda! grins

Wäre schön, wenn du dich am Treffen als Chronist betätigen würdest.

Gruss
Markus
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 17:12

Hi Matthias,

Zitat:
War es etwa dieser (Rolls Royce) auf der Seebrücke?

Mein stolzes Velo … in Verbindung mit diesem klapprigen Kleinwagen ... ich bin empört.

Nein, nein, es war ein eher repräsentatives Modell in sehr großzügigen Dimensionen. Ich wette, ich hätte mein Velo ohne Demontage und samt Gepäck bequem in den Kofferraum betten und mir einen spontanen Spaß mit einer kleinen automobilen Sause zu den angesagten europäischen Königshäusern machen können, zum Kaffeeklatsch oder so listig.

Zitat:
Merke: Wer Geld hat, fährt Rad.

Hab ´nen Verbesserungsvorschlag: Wer Stil hat, fährt Rad.

Liebe Grüße und danke für die Bilder schmunzel
von: Jimmy

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.02.12 19:27

Hey Kettenraucher, sei hart gegen Dich selbst, ignoriere die Kältewelle, ziehe Dich warm an, bestelle der SchuL viele Grüße aus dem Forum...

... Aber verdammt noch mal, hock Dich auf den Bock...

... und schreib!
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.02.12 06:15

Hallo Markus,
Zitat:
Schade, dass schon bald Schluss ist.

Es wird sich schon noch ein bissel hinziehen. Schätze, zwei Episoden brauch ich mindestens noch bis zum Schluss, sofern die Proteste nicht überhand nehmen sollten.

Zitat:
Wäre schön, wenn du dich am Treffen als Chronist betätigen würdest

Ich erstarre mal während der nächsten Wochen in unkommentierter Schamesröte und wende mich vertrauensvoll an veloträumer. Ich hätte aber auch sagen können: Jetzt wollen wir mal nicht gleich überheblich werden.

@Jimmy
Der Faden scheint langsam etwas unübersichtlich zu werden zwinker. Hab doch eben erst weiter geschrieben, siehe oben, vor weniger als 48 Stunden, glaube ich. Ich interpretiere Deine harten Worte mal so, dass Du gelesen hast und noch weiter lesen möchtest.
Was ist „SchuL“?
Übrigens: Beste Grüße an Dich und die harten Jungs.
von: Jimmy

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.02.12 06:50

SchuL = Abkürzung für Schönste und Liebste
von: mobil

Re: Ach so, nur Schweiz - 11.02.12 19:17

jaja d ^schwiizer sind wiedr mal a allem und jedem schuld , wenn s d unschuld nid au scho lang vorher erfundä hettet, denn würdets sicher immer no suächä

ààà bin grad für 3 wuche in palma de mallorca ,ich hoffe ihr frühred euri äääää-----sch ab und freued eu ufs schöne wätter olé
von: pest

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.02.12 10:48

Lieber Stefan.

Auch mich begeistert Dein Reisebericht. Besten Dank.

Etwas hat mich aber ein bisschen irritiert. Nach Deiner Einfahrt ins Glarnerland übernachtest Du in "Schlandern". Da ich hier wohnhaft bin frage ich mich ob Du nicht vielleicht in "Schwanden" übernachtet hast. Währe nur ein Schönheitsfehler in Deinem Text und ändert somit nur wenig.

Lieber Gruss und allzeit gute Fahrt

pest
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.02.12 12:45

Schwanden, selbstverständlich Schwanden. Ich habe den Ort aus dem Gedächtnis zitiert ohne beim Schreiben auf die Karte zu schauen. Schön, dass Du korrigiert hast und zudem zur Nachsicht neigst schmunzel.

Im Nachhinein ist es schon witzig: Als ich vergangenen Juni in Schwanden war ahnte ich nicht, dass ich mich ein paar Monate später hier im Forum anmelde, einen Reisebericht schreibe und dieser auch noch von einem Foristi aus Schwanden gelesen wird schmunzel.

Ich betrachte dies mal als freundliches Omen und werde das Glarner Land alsbald wieder besuchen, da ich den Pragel unbedingt mal fahren will. Es soll ja ein schöner Pass sein. Vom Klausen sehe ich inzwischen nach meinen Erfahrungen mit dem vielen Verkehr eher mal ab. Aber das werd´ ich ja noch erzählen schmunzel.
von: pest

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.02.12 13:21

Falls Du Dich aufmachst den "Pragel" zu bezwingen, solltest Du Dich unbedingt bei mir melden, da ich Dir als Dankeschön für Deinen "coolen" Reisebericht gerne Kost und Logis zur Verfügung stellen werde.
Uebrigens: Der Klausenpass ist abgesehen von Motorrädern "harmlos" und mit dem Velo wunderschön zu fahren.
Auch die Kombination Pragel/Klausen ist an einem Tag ohne weiteres möglich.
Lieber Gruss pest
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.02.12 13:31

OK, ich nehme alles dankend an: Erstens Deinen ortskundigen Rat und zweitens Deine freundliche Einladung. Dann komm ich ja wohl nicht umhin, die Kombination aus Pragel und Klausen zu fahren. Das wird ne schöne Sause schmunzel.

Und ich nehme Deinen infektiösen Forumsnamen mal nicht so wörtlich zwinker
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.02.12 15:51

In Antwort auf: pest
Uebrigens: Der Klausenpass ist abgesehen von Motorrädern "harmlos" und mit dem Velo wunderschön zu fahren.

Das kann ich zumindest von einer Herbsttour 2008 so bestätigen - sogar Motorradler waren da wenige unterwegs. Jenseits der Orte wirkte der Klausenpassen auf mich sehr zivilisationsfern, nur wenige ganz einfache Bergbauern dazwischen. Es reicht wohl, wenn man die brisanten Frühjahrswochenenden meidet, wenn die Organspender ihren Hormonspiegel wieder aus dem Winterschlaf nach oben holen müssen. Ich würde ihn allerdings vorzugsweise von Altdorf her befahren, weil man auf der Ostseite teils gerade über eine ansteigende Hochebene fährt - das finde ich psychologisch gesehen unangenehmer als über Kurven bzw. engere Täler. Sofern kettenraucher noch zwischen Zigarettenqualm und Schreibpapier Licht sieht, kann er ja mal in meine Wilhelm-Tell-Tour schauen, da sind Pragel und Klausen nacheinander befahren - allerdings nicht an einem Tag zwecks weiterem Exkurs zu Tell-Stätten um den Vierwaldstätter See rum.
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 25.02.12 09:23

War das jetzt schon alles oder kommt da noch was zu Deiner schweizer Tour? Ich möchte gerne noch mehr von Dir lesen schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 27.02.12 13:20

Vielen herzlichen Dank für Dein Interesse. Es freut mich sehr, dass Du gerne noch weiter lesen möchtest. Bald werde ich auch weiter schreiben können, aktuell tendieren meine freien Kapazitäten jedoch leider gegen null, aber dieser unglückselige Zustand wird sich in den nächsten Tagen hoffentlich auch wieder entspannen.... Und darauf freue ich mich schmunzel
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 27.02.12 15:11

Hi JoJo,
nich so ungeduldig, oder hast Du schon vergessen, wie lange die Forumsbuffbestellung sich hinzieht.
Ausserdem hat uns Stefan am 14. Dezember um 17:47 bereits mitgeteilt, dass es Ostern werden kann, bis wir den dramatischen Verlauf der letzten Episode, sozusagen den Kreuzweg in der Gallerie zu(m) Gott(hard), miterleben dürfen.
Jetzt in der Fastenzeit wird er schon die spirituelle Ruhe finden, die für ein solches Werk sicherlich notwendig ist. omm
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.03.12 13:47

Ich werde langsam ungeduldig. Wann beendest Du Deine Kreativpause? Bis Ostern ist es nicht mehr lang grins
von: Ferri

Re: Ach so, nur Schweiz - 15.03.12 11:11

Ein wirklich toller Reise-Bericht. Bin schon sehr gespannt, wie's weitergeht.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 01.04.12 14:03

Nein, nein, es folgt kein Wimmern und kein Jammern. Dank der Diskussion im Faden zum Gotthardtrip korrigiere ich meine verhätschelten Ideen und Erwartungen an eine Radtour in den Alpen: Vor mir liegt kein Höllentrip, vielmehr ist das alles bloß ein Kinderspiel. Ich stelle mich also nicht so an und lamentiere keinesfalls über das lästige akustische Inferno der lärmenden Übermotorisierten - jedenfalls nicht mehr als unbedingt nötig.

Breche auf in Brunnen am Vierwaldstätter See und tauche ein in die Dunkelheit der Tunnel der berühmten Axenstraße. Es ist laut und ungemütlich, keineswegs gefährlich, aber trotzdem: Ich will raus hier, nichts wie weg, ich flüchte so schnell ich kann vor dem Gebrüll der keifenden Monster.

Und dann, siehe da, völlig unerwartet zweigt ein winziges Stück der historischen Militärstraße von der Hauptstraße ab und verläuft separat als Radweg außen entlang der Felsen. Das akustische Gemetzel der Unterzivilisierten ist hier wie weggeblasen. Himmlische Ruhe breitet sich aus. Lautlose Stille. Endlich Durchatmen und sofort nehmen mich Anmut und Schönheit dieser Landschaft gefangen. Ich blicke ringsum auf die Gipfel der Berge, hinab auf den tiefdunkelblauen See und hinüber auf saftige Wiesen und üppige Wälder. In einer weiten Ebene tief unten am Ufer wartet schon verschlafen das Örtchen Flüelen auf meinen Besuch. Mann, ist das schön hier, aber nach geschätzten 300 Metern schwenkt der Radweg zurück zur Hauptstraße und der Zauber hat sich erledigt.

Es folgt eine kurze Abfahrt, ein paar Dörfer und ich holpere entlang so einiger Schutthalden, Steinbrüche und Baustellenstraßen. Hier wird wohl der Basistunnel durch das Gotthardmassiv gegraben. Eine insgesamt sowohl imposante als auch staubige Angelegenheit. Ha! Endlich entdecke ich das ersehnte Hinweisschild zur Veloroute 3. Ade Hauptstraße, hier darf ich endlich rechts abbiegen und das Getümmel hinter mir lassen. Die Route bietet sofort ein euphorisches Gefühl, denn ich lese in weißer Schrift auf roter Tafel: Steigt 1560 m auf 34 km.

Das Wetter ist prächtig, die Straße ist schmal und sie ist kaum befahren. Herrlich! Nach der ersten Rampe wird sie schon flacher, dann windet sie sich in ein paar Kurven nochmals empor und überquert souverän die Streckenführung zuerst der Eisenbahn und dann der Autobahn, die dankenswerter Weise im Orkus des Gotthardtunnels versinkt.

Direkt hinter dem Örtchen Göschenen gibt sie sich unmissverständlich zu erkennen. Sie ist nicht zu verfehlen. Teils in atemberaubend eng übereinander führenden Kehren und teils mit in die Flanken der Felsen geschlagenen lang gestreckten Steinschlag- und Lawinenverbauungen – den Galerien - zwängt sich die Straße durch die steil aufragende und immer enger werdende Schlucht, die sich Schöllenen nennt, aber wohl der erosiven Kraft der tosenden Reuss zu verdanken ist. Widme dem Ensemble eine anspruchsvolle ästhetische Betrachtung und verschwende keinen einzigen Gedanken an den Rennradfahrer aus Luzern, der mich vor exakt dieser Passage ausdrücklich gewarnt hat.

Warum sollte ich Angst haben? Entlang der Axenstraße war der Verkehr zwar nervig, aber dank des separierten Radwegs auch völlig ungefährlich. Und die Auffahrt bis hier war im Grunde harmlos, wahrscheinlich sogar belanglos. Jedenfalls fühle ich mich gut und locker und voller Tatendrang. Unbekümmert setze ich mein Velo mit festem Tritt in Bewegung und folge der Straße, die sich mühsam in die Höhe schraubt.

Wo kommen plötzlich bloß die vielen Autos her? Wie kann das sein? Eben noch so beschaulich und jetzt Reisebusse, Lastwagen und Wohnmobile jeder Größenordnung, Dutzende so genannter Krafträder – einige sicher jenseits aller Zulassungsvorschriften - und unzählige Automobile dröhnen, brüllen und brummen von oben und von unten, über mir, vor mir, hinter mir, neben mir. Eine unaufhaltsame Lawine aus Stahl, Metall, Lärm und keifendem Gekreische quält sich durch die Schlucht.

Wenige Zentimeter verbleiben mir auf meiner schmalen Furt zwischen den Stoßstangen, Außenspiegeln und Lastwagenreifen, die mich links bedrängen und einem betonierten Wassergaben, dem ich unmittelbar rechts neben meinem Vorderrad auf keinen Fall zu nahe kommen darf. Unzählige Motoren knurren mich an und ich halte tapfer dagegen. Hier bin ich und hier fahre ich und ihr könnt mich mal.

Bald fließt der Schweiß und rinnt mir in die Augen. Wie die Maus vor der Schlange blicke ich entsetzt in das Licht der halsbrecherisch auf mich zurasenden Scheinwerfer. Überholende Motorräder kommen mir von oben entgegen geflogen. Mir stockt der Atem. Sehen die mich? Als sich das Gekreische dieser Horden bereits talwärts zu verlieren scheint, schiebt sich eine mächtige Stoßstange von hinten an mich ran, ein großer Diesel jault und schnaubt im kleinen Gang, das Ungetüm quält sich langsam auf meine Höhe, ich verteidige todesmutig meinen kleinen Überlebensraum und der Lastwagen furzt mir mit besten Wünschen noch eine apokalyptische Wolke aus Ruß und Abgas ins Gesicht. Es ist ein Inferno, ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalten kann, komme ins schlingern, ich darf nicht schwächeln und ich darf auf keinen Fall anhalten. Kurbeln, zentimetergenau den Kurs halten. Werden sie mich in den Graben drücken oder schlicht von hinten überrollen?

Ich fahr so schnell ich kann, halte die Spur, weiter, weiter, nichts wie weg, nichts wie raus hier aus dieser Hölle. Ich bin durstig, die Beine werden schwerer, bloß nicht die Hände vom Lenker nehmen und zur Trinkflasche greifen, bloß nicht, Spur halten, Kante zeigen, durchhalten. Meine Kräfte schwinden, vor allem die psychologischen. Die Lage ist dramatisch.

Ich sehe ein Licht, Sonnenlicht am Ende der Galerie. Diesen Punkt muss ich erreichen, das ist mein nächstes Ziel. In kleinen Etappen denken, Kräfte schonen, Meter für Meter, fast hab ich es geschafft, bald bin ich am Ende des Tunnels, nur noch hundert Meter, der Lärm wird fast zur Stille, noch ein paar Meter, finde eine Stelle für eine Rast, lege mich ins Gras, schütte meine Wasservorräte in mich hinein und weiß nicht, wie das hier weitergehen soll. Zurück? Ausgeschlossen. Weiter fahren? Auch Ausgeschlossen.

Klettere etwas die Böschung hinauf und peile die Lage. Ach Du zensiert, das bist Du schon hochgefahren! Blicke hinab in die Schlucht, sehe viele Serpentinen und lange Galerien. Ein paar Kilometer und so einige Höhenmeter hab ich ja wohl schon hinter mich gebracht. Wie weit wird es jetzt noch sein? Halte ich das durch? Blicke nach oben und sehe wieder nur Serpentinenstapel. Ruhig bleiben, keine Panik, Ruhe bewahren. Ordne meine Gedanken: Das Schlimme hier ist nicht der viele Verkehr, sondern der apokalyptische Lärm, der sich in den Galerien tausendfach verstärkt und die Panikgefühle auslöst. Glaubt mir: Die Startbahn auf einem Flugzeugträger im Pazifikmanöver ist ein vergleichsweise stilles Örtchen, im Grunde ein guter Platz für ein beschauliches Nickerchen zwischendurch.

Das Sterben zieht sich hin, zentimetergenaue Navigation, nicht schwächeln, nicht denken, nicht fühlen, möglichst ignorieren, alles ignorieren, den Lärm, die Steigung, die Enge, einfach Meter für Meter treten und bloß nicht schwächeln. Ich schäme mich nicht für meine Angst.

Irgendwann, bereits am Abgrund der Verzweiflung: Parkende Busse, ein paar Militärfahrzeuge der Schweizer Armee. Was ist denn hier los? Ein lässiger Typ in Jeans und Radlersandalen steht mit seinem Randonneur am Straßenrand und winkt mir freundlich zu. Steht hier so rum und winkt. Wie, bin ich schon oben? Ja, das hier ist die Teufelsbrücke und dort ist das Urner Loch. Du hast es geschafft. Du bist oben! Ich kann es garnicht fassen. Der Italiener belächelt mein Gewimmer.

Wir schreien uns häppchenweise an, denn auch hier ist der Verkehr so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Er tourt durch Europa und nimmt heute die Schöllenen bergab. Er sagt, an den Verkehr gewöhne man sich. Er sagt, weil ich das hier geschafft habe, wird mich so schnell nichts mehr schocken können, denn er kenne auch die Auffahrt. Ich sage, dass ich kaum glauben kann, dass ich noch am Leben bin.

Ich empfinde eine unfassbare Erleichterung und ringe um Fassung. Bei überschlägiger Berechnung von Fahrzeit und Fahrstrecke berichte ich meinem neuen Kameraden stolz und scheinbar scherzhaft von meinem mindestens Vierziger-Schnitt die Schöllenen hinauf. Darf ich mich vorstellen: Marco kettenraucher Pantani. Haha. Ich bin völlig aus dem Häuschen, ich hab es tatsächlich geschafft. Wir besprechen noch ein paar velosophische Gedanken und fahren unserer Wege. Ein Händedruck unter Freunden. Viel Glück und Gute Fahrt.

Das Hochtal um Andermatt empfängt mich als Großbaustelle: Hotels. Golfplatz. Straßenbau, was weiß ich, Freizeitpark mit Alpenpanorama. Großvolumig.

Weiß nicht, warum, aber „I was born in a cross fire hurricane …” erklingt in meinen Ohren „… and I howled to my ma in the driving rain…” Die ehemals rotzigen Stones sind vom Himmel gefallen und sie geben mir und meinem Velo ein triumphales Konzert auf der Baustelle vor den Toren der Stadt. “… But it´s all right now, in fact it´s a gas. I´m jumpin Jack flash it´s a gas, gas, gas.“ Danke Jungs, für den netten Empfang. So hat halt jede Tour ihren Soundtrack, ich hab´ s ja gewusst.

Schlängele mich in die Dorfmitte. Gasthöfe. Freundliche Leute. Eine köstliche Gulaschsuppe. Verwerfe meinen Plan, heute Mittag den Gotthard zu fahren. Wer weiß, was mich dort erwartet? Heut fahr ich keinen Meter mehr. Und diese Schlucht fahr ich auch nie wieder. Mir ist eher nach Entspannung. Etwas Zerstreuung im Hurra, wir leben noch. Zimmer frei? Ja. Und eine Ladung Schweizer Rösti bitte. Und ein Bierchen. Bitte, danke, gerne.

Ein Pulk von Rennradfahrern versammelt sich an dem kleinen Platz. Alle in Oranje. Alle. Einer klickt nicht rechtzeitig aus und legt sich volle Breitseite mitten auf das Pflaster. Das riesige Gelächter der holländischen Gruppe hat nicht einen Hauch von Häme im Unterton und klingt einfach nur wunderbar locker, unbeschwert, freundschaftlich und lebenslustig. Holländer eben, extrem sympathisch, die können Humor auch ohne Schadenfreude und Überheblichkeit.

Betrachte zwei Motorräder. Gigantische Boliden, Ducati, die Bremsscheiben fast so groß wie die Felgen, Rennmaschinen für die Rennstrecke, ungeeignet für Amateurfahrer im öffentlichen Verkehr. Meine Meinung. Außerdem belasten sie mein sensibles musikalisches Gemüt, äh, sie gehen mir gehörig auf die Nerven.

Hupen. Vielstimmiges Hupen. Penetrant hupende Autos. Dutzendweise hupende Alfa Romeo historischer Baujahre knattern durchs Dorf, die Fahrer und Beifahrerrinnen winken aus dem Fenster und sie johlen und rufen und grüßen mit großer Begeisterung. Sie finden ihre Art der Freizeitgestaltung offensichtlich toll, toll, ganz, ganz toll. Ich tippe nicht mit dem Zeigefinger den Autofahrergruß an meine Stirn sondern winke halbwegs kooperativ zurück.

Radfahren die nächste Tage kann ich knicken, sagt die Frau, die mir eine fabelhafte Lammfleischsuppe serviert. Es wird Regen geben. Heute noch. Atlantische Störungszonen. Pah, mir doch egal. Als Schönwetterradler sitz ich den Regen auch gern mal in der Kneipe aus.

In der Gaststube fragt der Schweizer: „Sie sind der Radfahrer?“
Kettenraucher: „Ja.“
„Wollen Sie einen Schnaps?“
„Ja, gerne, die ganze Flasche.“
„Ooooh! So durstig?“
„Nein, war nur ein Scherz! Bin heut aber etwas mitgenommen.“
„Warum?“
„Die Schöllenenauffahrt war die Hölle“
„Oh ja, das sagen alle. Zu viel Verkehr. Sehr gefährlich, vor allem in den Galerien.“
„Wem sagen Sie das!“
„Auf großer Tour?“
„Ja, ja. Für meine Verhältnisse schon.“
„Weltreise?“
Ich muss lachen.
„Europatour?“
„Nö, nur Schweiz.“
„Ach so, nur Schweiz.“

Diese Enttäuschung spricht heute und morgen aus vielen Andermatter Mündern zu mir. Man erwartet hier am Alpenhauptkamm gefälligst ein paar abenteuerliche Geschichten über fulminante Weltreisen oder wenigstens eine mickrige Eurasientour. Aber da ich meine Neigung zur wahrheitsgemäßen Auskunft selten unterdrücken kann, ernte ich immer wieder dieses beinahe schon mitleidige „Aha, ach so, nur Schweiz … wie langweilig“.
von: Jimmy

Re: Ach so, nur Schweiz - 01.04.12 16:58


Schön, es geht weiter!!!! bravo
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 01.04.12 18:22

Die Schöllenen ist bezwungen! bravo

Ich glaub' du kannst nach dieser (Tor-)Tour am besten nachvollziehen, wie die Urner aufgeatmet haben, als sie im 13.Jh. die Schöllenen endlich mit Hilfe des Teufels erschlossen und für den Säumerverkehr eröffnet hatten.
Während sie damals gegen die Unbille der Natur - Steinschlag, Hochwasser, Lawinen & Erdrutsche gekämpft hatten, hast du dich den Monstern des motorisierten Strassenverkehrs gestellt; Gratulation!

Ich hab' die Schöllenen auch erst einmal bergaufwärts mit dem Rad befahren - was vollauf genügt für den Rest meines Radlerlebens ! bäh (Ausser die Strecke wird dereinst für den MIV gesperrt).
Runter ist sie eigentlich recht spassig zu fahren; man kann da gut mit der Geschwindigkeit der motorisierten Kollegen mithalten (gelegentlich sogar auch mal einem ängstlichen Wohmobilfahrer auf die Pelle rücken) und ausserdem viel besser anhalten, wo erwünscht; z.B. beim Suworov- Denkmal.

Deine Schilderungen waren mal wieder köstlich zu lesen, schade, dass damit schon bald Schluss ist, wenigstens was deine letzte Schweizreise anbelangt!

Gruss
Markus
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 01.04.12 18:36

Hallo Stefan,
hab ich zuerst bei Deinen Beschreibungen noch herzhaft lachen müssen und war etwas skeptisch , ob das jetzt immer so weiter geht, so bin ich von deinem heutigen Bericht und der süffisanten Wortwahl tief beeindruckt. bravo bravo

Solltest Du aber jemals auf einer Duc sitzen und dieses italienische Symphonieorcheser erleben, dann lass es mich bitte wissen. omm

Liebe Grüße und herzlichen Dank für deine Schreibe
Jürgen
von: BeBor

Re: Ach so, nur Schweiz - 02.04.12 13:27

In Antwort auf: kettenraucher
Man erwartet hier am Alpenhauptkamm gefälligst ein paar abenteuerliche Geschichten über fulminante Weltreisen oder wenigstens eine mickrige Eurasientour.

Immerhin stellen die Eidgenossen aktuell einen der bekanntesten Protagonisten der Zunft "Fahrradweltreisender". Selbst bin ich gerade im zweiten Buch.

Bernd
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 02.04.12 17:13

In Antwort auf: kettenraucher
In einer weiten Ebene tief unten am Ufer wartet schon verschlafen das Örtchen Flüelen auf meinen Besuch. Mann, ist das schön hier, aber nach geschätzten 300 Metern schwenkt der Radweg zurück zur Hauptstraße und der Zauber hat sich erledigt.

Es folgt eine kurze Abfahrt, ein paar Dörfer und ich holpere entlang so einiger Schutthalden, Steinbrüche und Baustellenstraßen. Hier wird wohl der Basistunnel durch das Gotthardmassiv gegraben.

verwirrt

hmm

erstaunt

hmmhmm

Irre ich, oder ...

schockiert

fehlt da wirklich was?

Stefan, Hömma! Flüelen ist, oder war es zumindest in den 80ern, DER Ort der Millionäre der Schweiz (höchste Dichte) und zudem der Ort von dem aus man den weltberühmten bhistorischen Blick, wie dereinst der olle Jötheee (Goethe) auf den Axen hat. [Ich war in den 80ern 3 oder 4x dort, insgesamt mind. 8 Wochen, immer direkt neben der Mündung des Gruonbachs, da wo jetzt die Kantonspolizei ihr Bootshaus hat, dort war früher ne alte und ne neue Fischerhütte... lange Geschichte ..]
Und die nahebei gelegene Stadt Altdorf ist, wenn man schon in der Gegend ist, ein unbedingtes MUSS was das besichtigen des Ortskerns angeht. Und die Brauerei - gibts die eigentlich noch? hmm Eichhof o.ä. war es - und der Kräuterschnaps und die hier und da und dort (is klar, is ja überall so, also das "hier und da und dort).

Du bist da wirklich nur so durchgerauscht? listig lach
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 02.04.12 17:19

Zitat:
Du bist da wirklich nur so durchgerauscht?


Ja. peinlich

Ich hatte es eilig. Und andere Ziele. peinlich

Aber die nächste Tour in der Gegend ist ja schon in Planung. schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 03.04.12 15:25

Zitat:
Solltest Du aber jemals auf einer Duc sitzen und dieses italienische Symphonieorcheser erleben, dann lass es mich bitte wissen


Hi Jürgen,
ich war vor zwanzig Jahren schon zu alt für so ein Monstermotorrad. Ich war damals ein geübter und sehr guter Motor-Biker, aber so eine 200 PS Maschine zu beherrschen, hätte ich mir auch zu meinen besten Motorradfahrerzeiten niemals zugetraut. Sinfonie hin oder her: wer soll so was fahren können? Und dann auch noch im Alltagsverkehr ?
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 03.04.12 20:20

In Antwort auf: JaH
... der Ort von dem aus man den weltberühmten bhistorischen Blick, wie dereinst der olle Jötheee (Goethe) auf den Axen hat. [Ich war in den 80ern 3 oder 4x dort, insgesamt mind. 8 Wochen, immer direkt neben der Mündung des Gruonbachs, da wo jetzt die Kantonspolizei ihr Bootshaus hat, dort war früher ne alte und ne neue Fischerhütte... lange Geschichte ..]

Meinst du diesen Blick, Jochen?



Direkt auch dort befindet sich der Campingplatz. Hier der Blick auf den Bootshafen nebst Camping:



In Antwort auf: JaH
Und die nahebei gelegene Stadt Altdorf ist, wenn man schon in der Gegend ist, ein unbedingtes MUSS was das besichtigen des Ortskerns angeht. Und die Brauerei - gibts die eigentlich noch? hmm Eichhof o.ä. war es - und der Kräuterschnaps und die hier und da und dort (is klar, is ja überall so, also das "hier und da und dort).

Da kann ich leider nicht mit dienen (kein Schnapstrinker grins). Vielleicht als Ersatz diese Fotos - ich hoffe, dass es kettenraucher wieder genehm ist:



Das Theater für die Tell-Festspiele



Das Zeughaus - wie in der Schweiz üblich, auch immer etwas kriegerisch



... und er sollte nicht fehlen... - kettenraucher offenbar auf der Flucht vor der Armbrust mit Apfel auf dem Kopf?
von: FordPrefect

Re: Ach so, nur Schweiz - 03.04.12 21:29

In Antwort auf: kettenraucher
[
..... aber so eine 200 PS Maschine zu beherrschen, hätte ich mir auch zu meinen besten Motorradfahrerzeiten niemals zugetraut. Sinfonie hin oder her: wer soll so was fahren können? Und dann auch noch im Alltagsverkehr ?


Wer Motorrad fahren kann, braucht bei weitem keine 200 - nicht mal 100PS. Das ist so, wie wenn manche behaupten, um Alpenpässe richtig mit dem Rad zu genießen, bräuchte man einen Carbonrenner mit 7 - höchstens 8kg. Es sollen aber angeblich sogar schon Radler gesehen worden sein, die mit 30kg Gepäck und einem breiten Grinsen ganz oben angekommen sind......

Die Schöllenenschlucht kenne ich zum Glück nur von Abfahrten - da ist man schnell durch und die Autos sind nur lästige Bremsklötze - aber aufwärts hätte ich dort den gleichen Schiß wie du.

Viele Grüße / Micha
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 04.04.12 12:49

Herzlichen Dank. Es lebe das veloträumer Archiv. bravo
Falls Du noch ein Foto von der Schöllenen haben solltest … hihi ... grins
von: JaH

Re: Ach so, nur Schweiz - 04.04.12 14:36

In Antwort auf: veloträumer


Yipp.

Ich finde jetzt spontan keinerlei Hinweis oder Seite, auf die Schweizfahrten in den großen Ferien, die der Stadtsportbund Hamm über Jahrzehnte (ab den 50ern? bis in die 90er) durchgeführt hat.
Direkt angrenzend zum Campingplatz (wo ich mir einst das erste Mal richtige Kopfschmerzen holte, als ich in Ermangelung einer Duschmarke, mit kaltem Wasser den Kopf wusch) war einer der beiden dort am See noch ansässigen Berufsfischer (Oswald Fähndrich - O.F. -> Ostfriese, sagte er selber immer). Ach am besten mal ein Luftbild klick auf welchem der Zustand nach der Übernahme des gesamten Geländes durch die Kantonspolizei zu sehen ist.

Die Wasserzufahrt in das Bootshaus direkt nördlich des C-Platzes ist das neue Gebäude, nördlich ist ein Platz, nun wohl mit Tor abgesperrt, und dort ist die alte Fischerhütte, die damals immer das Zentrum der Ferienfreizeit war und die Unterkunft für die Frauen/Mädchen. Links davon der alte Anleger, von dem aus ich mit einem Surfbrett immer da in der Ecke herumpaddelte (und einmal bis zum Axen rüber, gab Ärger, weil ich war zu weit weg). ...tralala ...

Die Schweizfahrten des Hammer SSB waren Legende. Der eine Sohn des wesentlichen Mitinitiators war der beste Freund meines Vaters und ist meines Bruders Patenonkel.

Ich selber hab mich hauptsächlich beim Fischer herumgetrieben, habe die Netze herrichten geholfen, die Forellen neben dem Haus mit den Resten der Fischerverarbeitung gefüttert, bin mit rausgefahren Netze auslegen (und den fetten Yamaha steuern) und stank irgendwie meistens nach Fisch. grins
Ach jau, einmal waren wir (Familie) Ostern mit dort, wo die jährlichen Arbeiten am Lager verrichtet wurden, da durfte ich mal mit raus als er die Hechtreuse nahe der Reuss-Mündung steckte. Mordsarbeit und man verstand weshalb sowas heutzutgage kaum noch jemand machen möchte.
Oswald war ein Original und Mensch der Extraklasse. War ne tolle Zeit dort.

Und hin und wieder konnte man auf der nahen Eisenbahnstrecke eine der Nachfolger-Lokomotiven der legendären Krokodile fahren sehen. zwinker


Nach Altdorf wurde übrigens hingelatscht! Nix Bus, der übrigens die Zeit über vor Ort blieb und der Fahrer machte dann auch etwas Urlaub. - Witzig am Rande, damals 92, als unsere Studienreise von der Schule nach Dresden ging, fuhr ein Bus dergleichen Firma vor, die auch immer den Bus für die Schweizfahrten stellte. Die Tür ging auf und heraus kam "Herbie", den ich von eben daher kannte. Hab einmal mitgeholfen, als er den Bus gewaschen hat, Schlauch halten ... lach

Ach jaaaa.... alles inzwischen so verdammt lang her. unsicher
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 04.04.12 17:15

In Antwort auf: kettenraucher
Falls Du noch ein Foto von der Schöllenen haben solltest … hihi ... grins

Youw - aber analog, müsste ich scannen, hab jetzt keine Zeit dafür. Für "on the top" habe ich aber schon ein Foto in Wartestellung - quasi als Passtrophäe ... schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 04.04.12 17:37

Unglaublich !!! grins
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 04.04.12 18:14

dafür Die Bild-Unterstützung tritt aber bestimmt nur dann in Kraft, wenn der Autor dieses wirklich wundervollen Reiseberichts die weitere Fortsetzung seines Abenteuers noch vor dem kommenden Wochenende schriftlich in diesem Theater veröffentlicht ...? grins
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.04.12 03:45

Zitat:
Immerhin stellen die Eidgenossen aktuell einen der bekanntesten Protagonisten der Zunft "Fahrradweltreisender". Selbst bin ich gerade im zweiten Buch.

Hallo Bernd,
danke für den Tipp. ich vermute es handelt sich um Pflichtlektüre, oder?

@radlsocke: Mit der Bitte um Nachsicht, ich verspäte mich ein wenig. peinlich
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 07.05.12 12:43

Wir warten immer noch träller
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 16.05.12 16:00

Ja, sehnsüchtigst! schmunzel
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.06.12 14:39

Gibt es noch ein glückliches Ende??? grins dafür
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.06.12 15:15

dafür
von: panta-rhei

Re: Ach so, nur Schweiz - 08.06.12 20:28

In Antwort auf: radlsocke
dafür


Ja, Kettenraucher, bitte hab erbarmen! Habe Dich schon in Sutz verpasst <seufz>
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 06:31

Zitat:
Gibt es noch ein glückliches Ende???

Selbstverständlich. Nur die Ruhe, bin manchmal nicht der Schnellste schmunzel
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 06:39

Ja, wir haben uns knapp verpasst, aber noch ist nicht aller Tage Ende und sicherlich werden wir noch zu Lebzeiten eine Gelegenheit finden, ein zünftiges Bierchen miteinander zu zischen, spätestens in ein paar Monaten beim nächsten Forumskonvent in Berlin.

Das geplante Wiedesehen am Sonntag in Basel hatte meine Frau auf den Samstag vorverlegt. Deshalb bin ich bereits samstags spontan aus Biel abgereist, halb lachend in Freude auf die Schönste und Liebste, und halb weinend, weil ich so gerne mit den Foristi noch die Berntour am Samstag gefahren wäre.

Übrigens haben wir dann den Sonntagvormittag in Basel im Wesentlichen damit verbracht, den Weg aus der Stadt zur Veloroute 7 zu finden. Im Verlauf dieser verbaselten Irrfahrt hat meine Frau an einer Kreuzung ein paar Radler gesehen, wovon mir einer laut „Hi Kettenraucher“ hinterher gerufen hätte. Leider habe ich davon nichts bemerkt, weil ich zu diesem Zeitpunkt bereits den allgemeinen Überblick verloren hatte. Aber dieser sensationelle Gruß in der fremden Stadt inspirierte vor allem meine Frau zu einer Reihe von Witzen – leider über mich. Und schließlich habe ich doch noch den richtigen Weg zur Juraroute gefunden. Naja, ich sage es geringfügig ergänzend mal so: Die Schönste und Liebste hat mir in bemerkenswerter Ruhe und Gelassenheit den entscheidenden Tipp gegeben.

Beste Grüße und bis bald.
von: inga-pauli

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 08:03

moin,

ist denn die Veloroute 7 so schwer zu finden?
Wir kommen nächsten Freitagmorgen mit dem Zug in Basel-Bad an und wollen auch die Jura-Route fahren. Hast du Tipps, damit wir nicht den ganzen Vormittag "verbaseln"?

Danke und beste Grüße
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 08:34

die 7 findest Du am SBB Nordausgang.
In Seleute ist die Juraroute gesperrt (Erdrutsch). Eine Umleitung über den Col de la Croix ist aber eingerichtet Veloroute 7

Gute Reise
Jürgen
von: haegar

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 14:05

Was ich auch erst in Basel lernen musste, Vertrauen in die erstklassige Schweizer Beschilderung haben schmunzel

Entweder es ist die Route explizit ausgeschildert, oder es gib es ein kleines auf der Spitze stehendes viereckiges Schild, wenn alle Routen in die Richtung gehen. Wenn weder noch zu sehen ist, der Strasse folgen bzw. geradeaus fahren. Es ist nicht wie in HH, wo man gelegentlich erstmal interpretieren muss, wie es wohl hätte gedacht sein können listig

Edit: Will nur nochmal unterstreichen, die Route beginnt am Basel SBB und NICHT in Basel Bad, vielleicht fragt ihr mal freundlich, ob Ihr durchfahren dürft.
von: inga-pauli

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 14:44

In Antwort auf: Juergen
die 7 findest Du am SBB Nordausgang.
In Seleute ist die Juraroute gesperrt
Gute Reise
Jürgen


Danke, Jürgen!!!

In Antwort auf: haegar

Es ist nicht wie in HH, wo man gelegentlich erstmal interpretieren muss, wie es wohl hätte gedacht sein können listig

Oh - neues Foto!?
In Hamburg möchte ich nicht als Radtouristin unterwegs sein - besser wirds nicht: jetzt wird sich um den Elberadweg an der Großen Elbstraße gestritten - peinlich, diese "weltoffene" Stadt weinend

In Antwort auf: haegar
Edit: Will nur nochmal unterstreichen, die Route beginnt am Basel SBB und NICHT in Basel Bad, vielleicht fragt ihr mal freundlich, ob Ihr durchfahren dürft.

Danke Thorsten, da hab ich gar nicht drauf geachtet - mal sehn, ob unser Zug überhaupt bis zum SBB fährt!

Donnerstag abend geht's los - ich freu mich und bin ganz gespannt!
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 18:10

Hi Ingrid,
generell ist die Beschilderung der Velorouten in der Schweiz erstklassig. In Basel war es aber Mist und wir wurden im Kreis geleitet. Das ist erstens eher ein Ausnahmefall und liegt zweitens daran, dass wir von der Innenstadt aus die Route gesucht hatten und nicht vom Bahnhof aus oder von einer beschilderten Veloroute auf die nächste gewechselt sind.
Die Infos von Haegar und Juergen sind völlig zutreffend. Aber für den hypothetischen Fall, dass ihr die Veloroute 7 in der Innenstadt nicht sofort finden solltet, müsst ihr einfach Richtung Zoo oder Oberwil fahren. Eher früher als später gibt es parallel dieser Straßen einen Radweg, der dann bald auf die beschilderte Veloroute 7 trifft. Und dann ist es wieder völlig problemlos – und sauschön zu fahren.
von: inga-pauli

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 18:31

Moin Stefan,

dir auch ein ganz herzliches Dankeschön - wird schon klappen!

Lieber Gruß
von: Irrwisch

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 18:46

So, jetzt wissen wir also detailliert, wie Familie Kettenraucher nach überstürztem Aufbruch aus Biel sich stundenlang in Basel verbaselt hat. Wir wissen auch, dass sie wieder herausgefunden haben, vor allem dank der holden Weiblichkeit. Und dass die Veloroute 7 wie überhaupt die Schweizer Velorouten ganz wunderbar und schön zu fahren und zu finden sind.
Soooo viel Zeit hat der liebe Kettenraucher für diese Informationen an uns investiert. bravo

Aber was wir immer noch nicht wissen:
Wie ging es weiter nach der Schöllenen???? weinend weinend weinend

Ob wir es jeeeeeeeeeeeeeee erfahren werden...? unsicher

Gruß Irrwisch,
die Ruhe selbst und von Geduld erfüllt omm
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 09.06.12 21:56

In Antwort auf: kettenraucher
generell ist die Beschilderung der Velorouten in der Schweiz erstklassig. In Basel war es aber Mist und wir wurden im Kreis geleitet. Das ist erstens eher ein Ausnahmefall und liegt zweitens daran, dass wir von der Innenstadt aus die Route gesucht hatten und nicht vom Bahnhof aus oder von einer beschilderten Veloroute auf die nächste gewechselt sind.

Ich darf das nochmal ergänzen, auch wenn mein Basel-Erfahrung schon historische 10 Jahre zurückliegt: Wenn man einmal die wegweisende Ausschilderung verlässt, weil man vielleicht irgendeine ein schönes Kirchlein oder ein schöne Schweizerin entdeckt hat, wird es leider schwer zurückzufinden. Autoausschilderung und Radwegausschilderung sind verschieden und nicht parallel. Ich hatte damals sehr große Probleme, einerseits bei der Einfahrt die Jugendherberge zu finden, weil ich kurz die Ausschilderung verlassen hatte und ebenso große Probleme den Weg heraus nach Delemont zu finden, weil ich einmal ein Hinweisschild für Radler übersehen hatte. Wenn man sich also nicht "linear" sondern "kreativ" durch Basel bewegt, kann es durchaus schwierig werden, insbesondere weil die Autoauscchilderung Autobahn-orientiert ist. Mag sein, dass es heute etwas besser ist als damals.
von: inga-pauli

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.06.12 05:50

In Antwort auf: veloträumer
oder eine schöne Schweizerin entdeckt hat, wird es leider schwer zurückzufinden.

.... oder einen schönen, interessanten Schweizer cool !!!

Aber dann ist die Veloroute nicht mehr wichtig lach


Schönen Sonntag!
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.06.12 07:19

Zitat:
... die Ruhe selbst und von Geduld erfüllt

Hi Uschi,
ich muss aufrichtig gestehen: Deine humorvolle Anmerkung zum Sachstand motiviert mich sehr zum Weiterschreiben. Allerdings muss ich jetzt ständig und schmunzelnd an unsere Schoki-und-spontan-über-den-Chasseral-Tour zurückdenken. Die war ganz große Klasse! Auch wenn es mir bei der vielen Warterei auf jedem einzelnen Hügelchen mit der Zeit doch ganz schön kalt geworden ist. lach Ich hoffe, Du verzeihst mir diesen unvermeidlichen kleinen Radfahrer-Scherz. grins Ich freue mich jedenfalls schon auf die nächste gemeinsame Fahrt.
Und: Klar, schreibe ich weiter. Ich hab mir das kleine, persönliche Jahrhundertprojekt ja selber eingehandelt. träller
von: Radreisender

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.06.12 11:05

In Antwort auf: kettenraucher
Und: Klar, schreibe ich weiter. Ich hab mir das kleine, persönliche Jahrhundertprojekt ja selber eingehandelt. träller


Hallo Stefan,

nachdem das Jahrhundert-Hochwasser alljährlich wiederkehrt, freue ich mich schon auf die Fortsetzung und viele weitere lesenswerte Reiseberichte von dir, die noch folgen werden grins

Mit den besten Grüßen

Thomas
von: Irrwisch

Re: Ach so, nur Schweiz - 11.06.12 20:36

In Antwort auf: kettenraucher
Auch wenn es mir bei der vielen Warterei auf jedem einzelnen Hügelchen mit der Zeit doch ganz schön kalt geworden ist.


Wenn Du da auch so kalte Sachen trinkst und Dich einfach so auf den nackten Boden setzt... zwinker
Ja, die Schoggi-Chassi-Tour war auch ganz nach meinem Geschmack, hier noch ein verspäteter Dank an den Spontan-Guide Micha! bravo

Soso, Du fühlst Dich motiviert. Das schadet ja nich. schmunzel

Gruß
Irrwisch
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 17:26

Der Mittelgebirgsradler betritt Neuland und denkt: Groß, diese Gegend ist vor allem saumäßig groß. Das eigentlich riesige Tal ritzt nur eine winzige Furche in dieses übermäßig gewaltige Gebirge. Aber die Nordrampe des Gotthard ist zielstrebig und erklimmt den Scheitelpunkt hoch oben auf diesem gigantischen Monstrum schnurstracks und in vielen langen Geraden. Unnötige Schlenker und geschmeidige Serpentinen sind hier nicht angesagt.

Trotzdem liegt die Steigung im Schnitt bei nur etwa acht Prozent, sie zieht sich aber hin, und zwar über eine Strecke von etwa zehn Kilometer, also für einen Hochgebirgsneuling durchaus eine kleine Herausforderung jenseits seiner beschaulichen Alltagsroutine. Aber ich komme gut voran und drücke sogar ziemlich auf´s Tempo, da es nach Auskunft der meteorologisch Sachverständigen heute noch kräftig regnen und stürmen soll.

Die prächtige Landschaft empfängt mich übrigens mit erstaunlich viel grünem Klimbim. Unzählige Gebüsche umzingeln die steinalten Gerölle und so manche Sträucher erobern wagemutig sogar die steilsten Felsenklippen. Zottelige Kräuter machen Lust auf eine botanische Untersuchung und auch den interessanten hexagonalen Mustern der verblassenden Schneefelder könnte man eine vertiefende naturkundliche Betrachtung widmen. Aber ich hab grad was anderes vor und konzentriere meine Kräfte ganz auf meinen ersten richtigen Alpenpass.

Kaum ein Auto unterbricht die Meditation des Velonauten. Es ist himmlisch still. Ich höre eigentlich nichts und fahre entspannt vor mich hin. Welch ein Genuss nach der gestrigen Fahrt durch diese verdammte Höllenschlucht. Aber mit der Höhe kommt der Nebel, er wird dichter, dunkler, grauer, er legt sich schwerfällig über die Straße und ich erkenne bloß noch ein paar Meter Asphalt vor meiner Nase. Ohne Sicht lassen sich im Anstieg keine Zwischenziele ins Auge fassen und somit auch keine Zwischenziele erreichen und die ganze Sache wird mit der Zeit schon mal zu einer mühsamen Kurbelei.

Trotzdem erreiche ich schneller als gedacht den Abzweig zur historischen Passstraße und gerate nun endgültig in das dichteste Nebelmeer. Ruhe, Einsamkeit, ein paar tiefen-entspannt herumliegende Gesteinsbrocken, ein paar Meter Straßenpflaster aus der Familie der Gneise, ein buntes Velo, ein interessierter Abenteurer aus der Dynastie der Möchtegerns, alles zusammengeschrumpft auf eine kleine sichtbare Welt von zehn mal zehn Metern. Das ist es, was mir der unsichtbare Berggigant heute zu bieten hat. Ein winziges Hier und Jetzt. Ich halte an und halte inne, setze mich auf einen Felsen, koste die reinste Luft, sauge die tiefste Stille, fühle die schönste Ruhe und erlebe eine kaum vorstellbare Glückseligkeit. Es ist ein wunderbarer Ort. Ich verweile stumm und in Gedanken versunken. Es ist hier tausendmal schöner und zauberhafter als ich es jemals erwartet hätte.

Hätte nicht wenig Lust, hier und jetzt in diesen felsigen Trümmern ein Zelt aufzuschlagen und ein paar Tage zu bleiben. Rein kontemplativ. Allein mit dem zottigen Gras auf diesem vom Nebel bedampften Ungeheuer. Die freundliche Einladung von Onkel Gotthard, auch mal bei Sonnenschein vorbeizuschauen, nehme ich aber dankbar an. Das ist doch Ehrensache.

Dann meldet sich Brutus, mein angeblich freier Wille zu Wort:
Er: Wie weit mag es noch sein?
Ich: Wie weit wohin?
Er: Bis zur Passhöhe?
Ich: Keine Ahnung.
Er: Das Gelände ist hier ziemlich eben, oder? Wir müssten doch schon weit oben sein?
Ich: Das kann täuschen. Die Sicht ist und bleibt lausig.
Er: Wir sind aber doch auf dem richtigen Weg?
Ich: Ja, sicher. Es gibt hier doch nur diesen einen und einzigen Weg.
Er: Oder haben wir uns verirrt?
Ich: Mann, Mann, Mann, wenn Du mich nicht hättest. Kaum ist mal ein bissel Nebel, schon machste Dir in die Hosen.
Er: Niemals mach ich mir in die Hosen, bloß weil ich nicht sehen kann, wo`s langgeht, wo´s hingeht und wie´s ausgeht.

Stumm, vergnügt und heiter radeln wir jetzt weiter.

Wir tasten uns Meter für Meter voran und nur ein paar Minuten später stehen wir vor den Gebäuden der Passstation. Nebenan drei parkende Autos. Ein Wegweiser zeigt zur Via tremola. Sonst nichts. Stille. Nebel. Nichts. Warum fällt mir ausgerechnet jetzt dieser blöde Spruch meines ehemaligen Physiklehrers ein: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Warum Sie nichts sehen, sehen wir später. Ha ha ha.

Summa summarum ergeht folgender Beschluss: Wegen der schlechten Wettervorhersage fahr ich heute nicht wie geplant nach Italien, sondern mache mich sofort auf den Rückweg. Der Berg ist erobert, das Ziel ist erreicht. Es gibt keinen Grund, hier länger herum zu lungern. Wir haben heut auch noch was anderes vor.

Hoppele die Pflasterstrecke retour, erreiche wieder die Asphaltstraße und segle vorsichtig bergab bis sich der Nebel etwas lichtet. Löse jetzt die Bremsen und begebe mich also in den freien Fall. Mühelose Beschleunigung von null auf hundert in vier Sekunden. Grobe Schätzung. Bei 70 oder so bremse ich zurück auf etwa 30, um den grandiosen Blick, meinen kleinen Triumph und den gebührenfreien Antrieb der Schwerkraft ausschweifend genießen. Was für ein großartiger Blick hinunter ins steil hinabstürzende Tal: Und das bist Du wirklich schon alles hochgefahren? Ja, ja, ja, so ist es. Quod erat demonstrandum. Unglaublich. Huuraaaaaaaaaaah fliegen wir zurück nach Hospental und biegen erst mal ab in Richtung Furkapass.

Schon der schlichte Anblick sorgt für ein verschüchtert mulmiges Gefühl. Also, wenn das, was ich hier so andeutungsweise bei der Anfahrt zum eigentlichen Pass von hier unten aus nur so erahnen kann, also wenn das wirklich zutrifft, dann kann ich nur sagen, … dass ich dazu überhaupt nichts sagen kann. Ich bin jedenfalls sprachlos. Bestenfalls kommentiere ich ein „Um Himmels Willen“. Oder ein „Nein danke.“ Zur Not auch ein entsetztes „Aber ohne mich.“

Selbst mein ansonsten eher furchtloses Velo zittert und klappert ängstlich vor sich hin bevor es schamvoll zaudernd das weiße Tuch der Kapitulation vor mir in den Ring wirft.

OK, mach Dir keine Sorgen, wir wollten hier eh bloß mal schauen und nicht hochfahren, zumindest nicht heute. Nach der Euphorie am Gotthard und der Demoralisierung am Furka begeben wir uns zügig zurück nach Andermatt und kurbeln die ersten Serpentinen zum Oberalppass hinauf, das ist hier in der Gegend die Kindergartenvariante des Furka.

Denn Morgen möchte ich über den Oberalp in Richtung nach Hause fahren, nicht, weil ich keine Lust mehr auf die Berge hätte, sondern weil die Wetteraussichten für die nächsten Tage so :zensiert: sind. Heute möchte ich nur mal üben. Deswegen bin ich ja hier, zum Üben und zum Sammeln von Erfahrungen und deswegen fahr ich jetzt den Oberalp, mal nur so zur Probe.

Zunächst geht es ganz gut, man gewinnt rasch an Höhe, man blickt bald hinab auf`s Dorf und stellt fest, dass es die Schweizer nicht für nötig halten, hier eine Leitplanke oder ein kleines Mäuerchen oder wenigstens ein Fangseil entlang der Straße zu installieren. Sollte man, aus welchem Grund auch immer, einen halben Zentimeter vom Asphalt abkommen, gibt´s nichts zu rammen und auch nichts zu halten und man stürzt sofort und unwiderruflich den mit der Höhe immer unbarmherziger werdenden Abgrund hinunter, zerschellt an den paar Felsen und findet – zerschmettert und in seine Einzelteile zerlegt - ein wenig heldenhaftes Ende. Exitus. Mit Verlaub - das möchte ich vermeiden und halte deshalb in dem dichten Verkehr stur mindestens 30 Zentimeter Abstand zum tödlichen Abgrund. Ich nehme mir den Platz, den ich brauche, lasse mich nicht verunsichern und schon gar nicht bedrängen. Komme, was da wolle.

Aaaaaah ! Hilfe ! Ein kräftiger Schubs von hinten links und mein Rad schnellt plötzlich nach rechts Vorne auf den Abgrund zu. Einigermaßen sofort reiße ich den Lenker herum und rette mich zurück auf den Asphalt. Dieser erste Schreck sitzt mir noch gehörig in den Gliedern und schon drückt mich die nächste Windböe von hinten rechts mit einem Ruck nach links in die Mitte der Straße. Der Brummer, der mir entgegenkommt und auf mich zu hält, sieht sich aber nicht zum Bremsen, sondern lediglich zu einem empörten Hupmanöver veranlasst. Im vorletzten Moment reiße ich das Ruder herum und finde zurück in meine Spur am Fahrbahnrand. Hier ist es heute aber windig, heikel windig, denk ich noch so blöde vor mich hin und kaum hab ich tief Luft geholt, katapultiert mich hinterrücks der nächste Windstoß wieder gefährlich nah an den tödlichen Abgrund. Ich rette mich einigermaßen reaktionsschnell nur wenige Zentimeter vor dem Ende.

Nichts wie weg hier, stemme ich mich jetzt gegen den heftigen Wind von rechts, halte mit großer Kraft den Lenker fest in den Händen und werde doch immer weiter in Richtung Fahrbahnmitte gedrückt. So geht das eine ganze Weile unkontrolliert Hin und Her mit dem scheiß Wind und ich muss mal wieder zugeben, dass mir das Ganze doch schwer zu schaffen macht. Dass ich einen Anstieg fahre habe ich ja schon ganz vergessen, denn die Steigung ist bestenfalls noch eine Nebensächlichkeit. Ich habe jetzt definitiv andere Probleme. Ich hab ja nichts gegen Wind, aber warum muss er denn jede Sekunde aus einer anderen und unvorhersehbaren Richtung blasen, und dann auch noch so heftig. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll und halte an einem geeigneten Plätzchen erst mal an. Meine Betrachtung der Lage ähnelt der von gestern in der Schöllenen: Zurück? Ausgeschlossen. Weiterfahren? Auch Ausgeschlossen. Mein Gott, denk ich, was war denn der Gotthard vorhin für ein Kinderspiel. Nun gut, ich bin ja jetzt schon einiges gewöhnt und entscheide mich für´s weiter fahren und der Wind entscheidet sich für´s weiter stürmen.

Was soll ich am Ende des Tages sagen: Ich hab´s mal wieder überlebt. Oben auf der flachen Schlussgeraden – noch vor der Galerie - bläst mir der zunehmende Sturm so heftig entgegen, dass ein Weiterfahren unmöglich ist. Hier kehre ich also um, aber auf der Abfahrt zurück nach Andermatt schlottern mir nicht nur die Knie, sondern ich hab auch ganz gehörig die Hosen voll.

Dann sitze ich mental relativ erschöpft auf der Mauer vor einer geschlossenen Kneipe und bin unendlich glücklich, dass ich (trotzdem noch) lebe und beschließe, morgen Richtung Deutschland zurück zu fahren. Nicht, weil ich keine Lust mehr auf die Schweizer Berge hätte, sondern weil sich die desaströse Wettervorhersage zu bestätigen scheint: stürmisch und heftiger Regen. Das mit dem stürmisch habe ich ja eben schon kennen gelernt und das mit dem Regen, der jetzt wieder beginnt, kenne ich eigentlich auch schon. Vergangene Nacht ging dermaßen eine Sintflut nieder, dass ich dachte, direkt unter dem Wasserfall des Niagara übernachten zu müssen.

von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:06

Ich wär' ja weitergefahren die Tremola runter ins Tessin, ist allemal besser als in Andermatt festzusitzen! grins

Aber das kannst du ja immer noch ein andermal, vielleicht ja via Grimsel-Furka, bei besserem Wetter, und zum Schluss ein sündhaft feines und teures Eis am Lago Maggiore wünsch' ich dir jedenfalls!

Hast mich wieder gut unterhalten!

Gruss
Markus
von: winoross

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:28

Das war sehr schön bildhaft beschrieben, als wär man dabei gewesen. Danke, kettenraucher. Aber, ach du liebe zensiert Güte...warum macht mensch so was freiwillig. Während des Lesens hatte ich wieder das Bild von Jan Ulrich vor Augen, als dieser bei der Abfahrt über den Abhang stürzte. Damals am Fernseher ist mir fast das Herz stehen geblieben.
Da fahre ich meine Höhenmeter lieber hier zur Ottensteiner Hochebene. Die Aussicht ist herrlich und die Abhänge nicht so steil.
von: MikeBike

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:40

...endlich geht es wieder voran. Danke Stefan, wie immer großartig, ganz herzliche Grüße aus Mannheim.

Mike
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:41

Zitat:
Ich wär' ja weitergefahren die Tremola runter ins Tessin,

Tessin. Ich höre immer wieder Tessin. Zugegeben, eine wunderbare Gegend und ein Traum meiner Kindheit. Aber hier prallte das eine Tief aus dem nördlichen Atlantik auf das andere Tief aus dem südlichen Tessin. Glaub mir, das macht dann keinen Spaß mehr. Vorhergesagt war nördlich der Alpen ein perspektivisch deutlich besseres Wetter und so ist es dann auch gekommen.

Aber die Gegend fand ich toll. Das nächste Mal werde ich die Via tremola von Süden aus erklimmen und … und … und so einige Klassiker in eurer Gegend auch noch fahren.

Ursprünglich wollte ich ja ins Tessin und über den Lucomagno oder Graubünden irgendwie zurück. Ausschließlich wegen dem Wetter war es aber dieses Mal zu heftig. Mit anderen Worten: Ich werde versuchen, die erweiterte Tour nachzuholen.
von: MikeBike

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:46


Zitat:
sündhaft feines und teures Eis am Lago Maggiore


Hi Markus,

zum Glück hat der Lago Maggiore auch einen italienischen Teil. Dort kann man zu mittlerweile erstaunlich erschwinglichen Preisen "sündigen".
Eis und Pizza sind dort kaum teurer als in Mannheim.
Die Aussicht ist allerdings meist wesentlich schöner...

herzliche Grüße

Mike
von: panta-rhei

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 18:50

Hi Peter,

In Antwort auf: winoroß
Das war sehr schön bildhaft beschrieben, als wär man dabei gewesen. Danke, kettenraucher. Aber, ach du liebe zensiert Güte...warum macht mensch so was freiwillig..


Also... im Gebirge radfahren macht echt Spass (wenn man nicht das vollbeladene Rad tragen muss - und das Wetter ein bisschen gnaedig ist zwinker...)

In Antwort auf: winoroß

Da fahre ich meine Höhenmeter lieber hier zur Ottensteiner Hochebene.


Wo ist denn das?
von: panta-rhei

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 19:04

Hi Stefan


Supi, dass Du weitergeschrieben hast - der Gotthard war auch mein erster "richtiger" Pass. Erinnere mich noch, wie ich mit Klassenkameraden über jedes Steigungsprozent bei der 1. Alpenüberquerung (damals mit superwackeligem Kettler Dixi mit Mixterahmen) gefeilscht habe und nur einen einzigen Pass-Anstieg akzeptieren wollte ...

Kühl, feucht - so hab ich ihn auch in Erinnerung.

In Antwort auf: kettenraucher
Zitat:
Ich wär' ja weitergefahren die Tremola runter ins Tessin,

Tessin. Ich höre immer wieder Tessin. Zugegeben, eine wunderbare Gegend und ein Traum meiner Kindheit. Aber hier prallte das eine Tief

...

Aber die Gegend fand ich toll. Das nächste Mal werde ich die Via tremola von Süden aus erklimmen und … und … und so einige Klassiker in eurer Gegend auch noch fahren.


Val Tremola von Süden ist sehr zu empfehlen - dann hast Du die "Rennstrecke" Col-Andermatt und Schöllenen bergab schmunzel ... ist aber anstrengender, als von Norden grins
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 19:16

Zitat:
...warum macht mensch so was freiwillig...

Lieber Peter, Du hast diesen Abschnitt aber genauestens gelesen. Man macht den Kram schlicht, so lange man es körperlich noch kann und dabei Freude empfindet. Ich jedenfalls könnte morgen zu meiner nächsten Fahrt über alle Berge dieser Welt aufbrechen … bevor ich dann irgendwann zu alt sein werde. Wir alle wissen, wie schnell das geht. Also lasst uns fahren.
von: Irrwisch

Re: Ach so, nur Schweiz - 12.06.12 19:39

In Antwort auf: kettenraucher
Ich halte an und halte inne, setze mich auf einen Felsen, koste die reinste Luft, sauge die tiefste Stille, fühle die schönste Ruhe und erlebe eine kaum vorstellbare Glückseligkeit.

bravo
Ich hab es noch nicht geschafft, einem Nichtbergfahrer die Faszination des Pässefahrens verständlich zu machen. Dir braucht man das nicht zu zu erklären. lach

Gruß
Irrwisch
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 07:29

Heidenei, das macht große Freude zu lesen bier

Zuerst möchtest Du von Stuttgart nach Berlin und lässt dich von einem Klugscheißer überreden, der Schweiz einen Besuch abzustatten. Deine Trainingsfahrt über Karlsruhe und Kaiserslautern ändert ein gestöckelter blonder Vamp Richtung Köln und Deine Liebste lockt dich sirenengleich an den Bodensee.
Jetzt wunder ich mich so langsam über gar nichts mehr und frage mich, ob der nette Kerl neben mir am Tisch in der Schweizer Pizzeria wirklich der ist, der eine Geschichte erlebt, die den geneigten Leser zunächst völlig fassungslos macht.
Sicherheitshalber habe ich vor der letzten Nacht mal alles auf 30 Seiten kopiert und unter mein Kopfkissen gelegt, damit ich dich verstehe und, ich nehme es vorweg, ein wenig kann ich es doch nachvollziehen.

Angekommen auf dem Gipfel der Genüsse sitzt Du nun auf der Mauer vor einer geschlossenen Kneipe und lauerst auf weniger Wind?
Die Spannung auf das Ende im Allgäu wächst, und ich glaube ja, dass dir eine tapfere, unverzagte und heitere Person schon den richtigen Weg zeigen wird. lach

Gruß
Jürgen
von: winoross

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 07:40

In Antwort auf: panta-rhei

In Antwort auf: winoroß

Da fahre ich meine Höhenmeter lieber hier zur Ottensteiner Hochebene.

Wo ist denn das?


Schau mal: http://www.natur-erleben.niedersachsen.de/karte/tour-900000006-2602.html
Es gibt hier nicht nur den Weserradweg. Rechts und links der Weser im Naturpark Weserbergland gibt es wirklich Bergland und nicht nur die Ottensteiner Hochebene. Die Anstiege und Abfahrten sind nicht soo steil und die "Pässe" nicht gar so hoch. Aber schee ist's. Und auch hier gilt: Bist du erst mal oben geht's erstmal bergab. grins
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 07:59

In Antwort auf: Juergen
Zuerst möchtest Du von Stuttgart nach Berlin und lässt dich von einem Klugscheißer überreden, der Schweiz einen Besuch abzustatten. Deine Trainingsfahrt über Karlsruhe und Kaiserslautern ändert ein gestöckelter blonder Vamp Richtung Köln und Deine Liebste lockt dich sirenengleich an den Bodensee.


Sieht so in etwa nicht die ideale Radtour aus?
Aber ja doch!! dafür

Und das ebenfalls:

In Antwort auf: Juergen
Heidenei, das macht große Freude zu lesen bier
von: winoross

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 08:06

In Antwort auf: kettenraucher
Zitat:
...warum macht mensch so was freiwillig...

Ich jedenfalls könnte morgen zu meiner nächsten Fahrt über alle Berge dieser Welt aufbrechen … bevor ich dann irgendwann zu alt sein werde. Wir alle wissen, wie schnell das geht. Also lasst uns fahren.


Recht hast Du. Aber es muss ja nicht sooo aufregend sein. Ich erinnere mich noch, dass meine Eltern mit mir (vor ca. 50 Jahren) im Auto die Großglockner-Hochalpenstraße bewältigt haben. Auch damals fehlten Leitplanken oder ähnliche Sicherheiten. Lediglich ca. alle 50 m lag ein weiß angemalter Felsbrocken am Straßenrand zur "Begrenzung". Dass man solche Strecken mit dem Rad fahren könnte, habe ich damals in meinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten.
Ich bewundere dich für deine Leistung. bravo Aber: Kann man die Schönheiten dieser Welt auch erfahren ohne sein Leben aufs Spiel zu setzen? In deinem Bericht habe ich auch den stillen Genießer kennen gelernt. Denk bei deinen Touren immer daran, dass du der Forumsgemeinde anschließend einen schönen Reisebericht schuldest. lach
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 14:30

Zitat:
… Die Spannung auf das Ende im Allgäu wächst …

Ins Allgäu muss ich mit diesem Bericht erst mal kommen. Wenn´ s blöd läuft, kann das noch dauern. Schon seit vielen Wochen möchte ich diesen Reisebericht mit der nächsten Episode abschließen. Dann fang ich an zu schreiben in der Erwartung, mit ein paar Zeilen ist die Sache erledigt, dann finde ich dies und das noch erwähnenswert und ich muss beschließen, doch noch einen vorletzten Teil hier einzufügen. Letztlich verschiebe ich das Schlusskapitel immer wieder auf die nächste Folge. Ich glaub, seit Januar läuft das schon so. Wenn das so weitergeht … ich mag gar nicht daran denken.

Besonders schlimm ist ja auch der Zufall, dass ich vor wenigen Wochen schon wieder mit dem Rad in der Schweiz gewesen bin …. beim Forumstreffen …. und diese Tour knüpft ja irgendwie an …und die ganze Radfahrerei ist und bleibt doch eine … irgendwie … unendliche Geschichte…

Das soll jetzt aber keine Drohung gewesen sein grins
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 13.06.12 21:39

In Antwort auf: kettenraucher
Wir tasten uns Meter für Meter voran und nur ein paar Minuten später stehen wir vor den Gebäuden der Passstation. Nebenan drei parkende Autos. Ein Wegweiser zeigt zur Via tremola. Sonst nichts. Stille. Nebel. Nichts.

Hallo Stefan,
da wage ich kaum der Poesie des Nichts etwas entgegenzusetzen. Zumal ich das Gefühl kenne - das Gottahardmassiv hat sich da mehrfach in meine Erinnerung geschraubt. Die Nordseite erlebte ich noch sichtbar, und auch auf der Passhöhe gab es noch was zu sehen, obwohl gleichwohl auch bei meiner Reise im Sommer 2005 das Wetter wohl nicht freundlich gesonnen war. Auf der Passhöhe hättest du eigentlich einen warmen Kaffee trinken können - zumindest damals gab es ein SB-Restaurant dort (gibt es das nicht mehr?).

Damals lernte ich ein Schweizer Radelpaar kennen, die auch ihren ersten Pass bezwungen hatten. Die Wetterfront schreckte sie ab und sie luden ihre Räder in den Postbus - traurig darüber, nicht das Erlebnis der Passfahrt zu erhalten, bei der sich das Adrenalin zur Hormonausschüttungen freudiger Gefühlswelten entlädt, die sich in der Anspannung auf der Auffahrt angesammelt haben. Das Geleistete des Aufstiegs wird so erst offenbar, wenn die Talfahrt trotz teuflischer Geschwindigkeiten kaum ein Ende findet - und doch man nur ein Tal erreicht, nicht mal das Meer.

So gesehen war es wohl recht, wie du umzukehren oder wie das Radlerpaar in den Postbus zu steigen, denn es ist dabei auch nicht ganz ungefährlich. Ich selbst stürzte mich in die undurchsichtige Wand - eine Wassersäule wie für Ortlieb-Taschen-Tests gemacht (und hatte nur halbdichte Vaude-Taschen). Manchmal ahnte ich die Kurven nur, meine Cantilever-Bremsen reduzierten mich auf ein Geschwindigkeit marginal vor der Aquaplaninggrenze - wirklich zum Stehen wäre ich kaum gekommen, wenn sich ein lebensmüdes Mumeltier vor meine Reifen geworfen hätte. Im Tale kurz vor Airolo lichtete sich das Himmelswasser etwas und ich schütte erst mal das Wasser aus meinen Schuhen - in rechten wie im linken je eine Maß - leider kein Bier, nur Tessiner Wasser. Ich dachte nicht, dass es in dieser Gegend noch schlimmer kommen kann, aber einige Jahre später war es nahezu Winter mitten im Sommer am Lukmanier - Gewitter, Kälte, Wind und Regen ließen mich zwischen schneegezuckerten Bergen erzittern.

So sei dir mein Mitgefühl dargelegt. Der eigentliche Sinn meines Anliegens ist ja hier die fotografische Begleitung deiner Reiseerlebnisse - zur Belohnung für das Geschaffte hier die historische Postkutsche am Gotthard (in wohl dir bekannten Wetterverhältnissen) - Symbol für den planmäßigen Kutschenverkehr (etwa 1840-80) und der damals neuen Gotthardstraße und einer neuen Reisefreiheit. Es gab auch noch früher Kutschenfahrten, auch zu Goethes Zeiten, doch die mussten an schwierigen Passagen zerlegt werden und waren alles andere als eine Reise wert. Der alte Goethe nahm da lieber sein eigenen Füße (nicht aber am Brenner, auf seiner italienischen Reise) - wohl hätte er lieber ein Fahrrad gehabt? Doch egal wie wir reisen, wir alle lernen auf solchen leidvollen Wegen: Egal was wir schaffen, wie auch immer wir rackern - die Berge sind noch größer, die Krallen der Natur noch stärker - der Mensch immer wieder an der Schwelle zum Nichts. Damit bin ich doch noch zurück bei deiner Poesie des Nichts.

von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 14.06.12 08:17

Zitat:
Auf der Passhöhe hättest du eigentlich einen warmen Kaffee trinken können

Blink blink im Angebermodus: Nö, war nicht nötig, ich bin ja direkt nach dem Frühstück in Andermatt losgefahren und von dort ist es nur ein Katzensprung bis zur Passhöhe, sozusagen ein gemütliches Warmfahren. Blink blink. Angebermodus aus. lach

Zitat:
So gesehen war es wohl recht, wie du umzukehren

Die Auffahrt von Süden über die Via tremola habe ich mir für das nächste Mal aufgehoben. Ich will ja auch was sehen von der Landschaft. Mit ein bisschen Glück klappt`s vielleicht noch dieses Jahr.

Übrigens: In Biel haben mir zwei Foristi erzählt, dass sie im vergangenen Sommer über die Via tremola aufgefahren sind und oben auf dem Pass von einer Frau aus dem Gasthaus zu einer topographisch 10 m entfernten, aber optisch unsichtbaren Leitplanke geführt werden mussten, an der sie sich - teilweise die Räder schiebend - hinab nach Andermatt gehangelt haben. Soooooo schlimm war der Nebel bei mir nicht, ich kann´s mir aber vorstellen.


Zitat:
.. im Sommer am Lukmanier - Gewitter, Kälte, Wind und Regen ließen mich zwischen schneegezuckerten Bergen erzittern


Den Lukmanier hatte ich auf meiner Liste, aber als bekennendes Weichei hasse ich nun mal Winterwetter im Sommerurlaub, und aus diesem Grund wird aus mir bestimmt auch kein Hochgebirgsfetischist mehr werden. Trotzdem bin ich am nächsten Tag in etwa bei diesen Bedingungen immerhin noch bis Flims gefahren. Später, kaum die Schweiz verlassen, hatte ich dann wie erhofft wieder fabelhaftes Wetter und konnte die Fahrt ins Allgäu in Sommerkleidung genießen.

Zitat:
So sei dir mein Mitgefühl dargelegt. Der eigentliche Sinn meines Anliegens ist ja hier die fotografische Begleitung deiner Reiseerlebnisse

Und für beide Kooperationen möchte ich Dir mal wieder herzlich danken. bravo

Beste Grüße und bis bald
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 13:35

Nun ja, ich habe beschlossen, diesen kleinen Reisebericht möglichst kurz und schmerzlos zum Abschluss zu bringen. Ich habe gelernt, dass man auch in ein paar Tagen während einer kleinen Radelei rund um den Kirchturm so viel sehen und erleben kann, dass sich damit ein kleines Büchlein füllen ließe. Jedenfalls ginge mir der Stoff nicht aus, aber ich möchte schon gern in die Zukunft schauen und ein nächstes Projekt angehen.

Ihr könnt Euch bestimmt nicht vorstellen, wie dankbar ich bin für den Zuspruch, die Ermutigung und die Unterstützung, die ich in diesem Faden von Euch erfahren habe. Herzlichen und aufrichtigen Dank an alle. Und zwar mit zigtausend begeisterten Ausrufezeichen. Für mich war es jedenfalls eine eindrucksvolle Erfahrung, ein richtig aufregendes Erlebnis.

Allerdings war es auch nicht ohne Anstrengung. Von alleine schreibt sich der ganze Kram jedenfalls nicht. Deshalb jetzt in Kurzfassung eine komprimierte und unvollständige Chronologie der Schlussetappen:

Ja, die athletischen und wunderschönen Rinder waren hinreißend und die Audienz beim König des Urserentals war mir auch eine Ehre. Ich fahre aber zügig über den Oberalp nach Flims und bin entsetzt über diese neblige, kalte und triefend nasse Einöde. Hier ertrage ich den Tiefpunkt meiner kleinen Reise mit ein paar Bierchen in einer winzigen portugiesischen Hinterhof-Kaschemme und lerne, dass es sich bei dem deutschen Vater Rhein definitiv um einen gebürtigen Schweizer handeln muss. Und den Rheinradweg entlang Chur und Landquart empfand ich gar nicht als so langweilig, wie er so oft beschrieben wird. Jedenfalls befindet man sich zur Abwechslung mal in der Zivilisation und kann jederzeit links oder rechts über die vielen Passstraßen ins alpine Ungewisse abzweigen, wenn man denn will.

Beim nächsten Mal werde ich dies auch tun, aber eigentlich bin ich jetzt nur auf der Flucht vor der miesepetrigen Wetterlage und mache mächtig Tempo, ohne auf die Umgebung zu achten. In Bregenz ist es endlich trocken und eine Frau aus Wien bedrängt mich mit der ein oder anderen Frivolität. Und um die Ecke in Lindau verbringe ich schließlich den Abend mit einem Schweizer Radler im ebenfalls angeregten Gedankenaustausch. Er fuhr ein wenig durch Deutschlands Süden und ist jetzt voller Eindrücke auf dem Heimweg nach Solothurn, ich tourte ein wenig durch den Schweizer Norden und bin jetzt auch voller Eindrücke, so dass wir stundenlang und bis spät in die Nacht ganz viel zu bereden haben.

Am nächsten Tag wähle ich den Bodensee-Königssee-Radweg in Richtung Allgäu und pausiere mittags auf halbem Weg in einer vorzüglichen Gaststätte, wo man mir und meinem Velo eine besonders schmeichelhafte Aufmerksamkeit widmet. Dann - was für eine himmlische Freude - treffe ich in Oberstdorf auf die Schönste und Liebste und wir radeln hinauf zu wirklich jeder Alpe, die sich dort und in der Umgebung so finden lässt. Mittags um zwölf trifft man auf den Bergen die bereits betrunkenen, aber trotzdem lustigen und nicht unsympathischen Rentner aus zum Beispiel Köln: Und Sie sinn dadd alles hochjefahrn, janz ohne Modörchen?

Youw. Claro. Was denn sonst. Dann fahren wir auf dem Rückweg bis Kempten, sind aber schon bald total gelangweilt von dem Iller-Radweg. Deshalb steigen wir in den Zug und sind in ein oder zwei Stunden zurück in deiner halbwegs zivilisierten Welt. Und dann sind wir auch noch weitergefahren, aber das ist wie immer, eine andere Geschichte.
von: SuseAnne

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 16:59

Stefan, ich danke Dir. Und Du ahnst noch nicht, was folgen wird.... grins

Suse
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 18:17

endlich fertich, ich kanns nicht glauben und muss es doch hinnehmen.
Vielen, vielen Dank für diese kurzweilige Unterhaltung.

Lieben Gruß
Jürgen
aaaber: der Rhein hat doch mindestens 3 Schweitzer Väter? party
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 18:50

Zitat:
aaaber: der Rhein hat doch mindestens 3 Schweitzer Väter?

Ja, ja, ja. Aber ich bin gedanklich schon auf dem Weg zu Dir in Richtung Niederrhein, und da gibt´s bestimmt nur den einen großen Fluss, gefühlt jedenfalls, oder? Bedenklich ist aber: Sogar der Deutschen Vater Rhein hat einen so genannten Migrationshintergrund. lach lach lach Das find ich gut. lach.
von: Vinz

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 18:58

In Antwort auf: kettenraucher
[zitat] Sogar des Deutschen Vater Rhein hat einen so genannten Migrationshintergrund. lach lach lach Das find ich gut. lach


Und er hat Identitätsdiebstahl betrieben... zwinker (beim Zusammenfluss von Rhein und Aare führt der Rhein weniger Wasser)
von: mstuedel

Re: Ach so, nur Schweiz - 18.06.12 20:11

Das muss ein Berner hier schon mal klar stellen! grins
von: veloträumer

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 11:33

Großartig, gratuliere zum Abschluss. bravo Bin leider in Zeitnot (Reisefieber), sodass ich keine weiteren Bilder beisteuern kann, obwohl ich in Flims ja mal wieder ähnliches Wetter hatte.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 12:15

Danke für die Glückwünsche. Mein Eindruck ist, dass sich mit dem endlich geschafften Abschluss der Geschichte offenbar eine große Erleichterung unter den Lesern ausbreitet – zumindest unter den Kommentatoren.
lach lach

PS: Wünsche Dir eine gute Fahrt und viel warmes und trockenes Wetter.
von: Juergen

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 12:21

In Antwort auf: kettenraucher
Ja, die athletischen und wunderschönen Rinder waren hinreißend


dafür
von: Vinz

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 16:34

In Antwort auf: mstuedel
Das muss ein Berner hier schon mal klar stellen! grins

Aber natürlich! zwinker
von: h.g.hofmann

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 17:32

Geburt als Schweizer, zum Teil Liechtensteiner als auch Österreicher, ein paar Tropfen Franzosenwasser dabei, dazwischen mal r(h)eindeutsch und endet als Holländer wo er nach etwas über 1200km sein Leben in der Nordsee ausschüttet. Ein echter Europäer mit Migrationshintergrund. Aber wer beantwortet die Frage: "Warum ist es am Rhein so schön?"
von: Vinz

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 19:29

In Antwort auf: h.g.hofmann
"Warum ist es am Rhein so schön?"


Na weil die Aare schon sooo schön ist natürlich!
von: h.g.hofmann

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 19:44

In Antwort auf: Vinz
In Antwort auf: h.g.hofmann
"Warum ist es am Rhein so schön?"


Na weil die Aare schon sooo schön ist natürlich!

Der Neckar macht den Rhein noch schöner grins
von: Oldmarty

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 20:01

In Antwort auf: h.g.hofmann
In Antwort auf: Vinz
In Antwort auf: h.g.hofmann
"Warum ist es am Rhein so schön?"


Na weil die Aare schon sooo schön ist natürlich!

Der Neckar macht den Rhein noch schöner grins


ne ne ... erst ab de Emscher kommt die Note dazu teuflisch
von: radlsocke

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 21:00

In Antwort auf: kettenraucher
Danke für die Glückwünsche. Mein Eindruck ist, dass sich mit dem endlich geschafften Abschluss der Geschichte offenbar eine große Erleichterung unter den Lesern ausbreitet – zumindest unter den Kommentatoren.
lach lach

Ja, sehr, wunderbar, besten Dank! bravo
– and now to something completely different – ich trau mich ja fast nicht, es zu schreiben, aber: es entstand bei der Lektüre große Vorfreude auf

Zitat:
Und dann sind wir auch noch weitergefahren, aber das ist wie immer, eine andere Geschichte.

grins
von: FordPrefect

Re: Ach so, nur Schweiz - 19.06.12 23:36

In Antwort auf: Vinz

Und er hat Identitätsdiebstahl betrieben... zwinker (beim Zusammenfluss von Rhein und Aare führt der Rhein weniger Wasser)


Hanoi Vinz - dees därfsch dr nett so oifach mache - mir Schwobe trinket halt scho dr halbe Bodesee leer, bevor er sich enn Schaffhause übermütig enn de Abgrund schtürzt........ Ond dees was mr trinket - dees schicke mr no relativ schnell über dr Neckar zrück zom Rhein enn Richtung Holland......

http://www.themenpark-umwelt.baden-wuert...0&width=750

bier Micha
von: Vinz

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 01:14

Gibts das wirklich, ein Wasserfernnetz? Ich meine Deutschland ist ja nicht gerade Staubtrocken.
Ich für meinen Teil habe noch nie was derartiges gehört. Nicht dass ich dich anzweifle, aber hier kommt das Wasser halt immer vom Hügel um die Ecke. schmunzel

LG Vinz
Ganz èberrascht
von: panta-rhei

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 04:00

Hallo Stefan

In Antwort auf: kettenraucher
Nun ja, ich habe beschlossen, diesen kleinen Reisebericht möglichst kurz und schmerzlos zum Abschluss zu bringen.


Auch von mir nochmals vielen Dank für Deinen spannenden und amüsanten Bericht!
von: Oldmarty

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 04:38

In Antwort auf: Vinz
Gibts das wirklich, ein Wasserfernnetz? Ich meine Deutschland ist ja nicht gerade Staubtrocken.
Ich für meinen Teil habe noch nie was derartiges gehört. Nicht dass ich dich anzweifle, aber hier kommt das Wasser halt immer vom Hügel um die Ecke. schmunzel

LG Vinz
Ganz èberrascht


Ist in den meisten Gegenden von D auch so. Nur ist Alb wird das Wasser ferngeleitet. Die Alb ist recht trocken, der Niederschlag wird nicht im Boden gross gesammelt, sondern fliesst recht schnell in die Flüsse. Stuttgart hat die Wahl zwischen den Neckar leer zu saufen oder den Bodensee.
von: lutz_

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 05:15

Hallo Vinz!

In Antwort auf: Vinz
Gibts das wirklich, ein Wasserfernnetz? Ich meine Deutschland ist ja nicht gerade Staubtrocken.


Guckst du hier!

http://www.uni-giessen.de/geographie/phy/akn/Exkursionen/Hochrhein/hochrhein5.htm


Gruß LUTZ, bei dem auch ein Teil Bodenseewasser aus dem Wasserhahn kommt...
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 05:41

Zitat:
Gibts das wirklich, ein Wasserfernnetz? Ich meine Deutschland ist ja nicht gerade Staubtrocken


Schau mal bei wikipedia unter Bodensee-Wasserversorgung.

Außerdem ein paar jährliche Niederschlagssummen im Vergleich (Quelle: wikipedia)

Sevilla/Spanien 530 mm
Mainz 600 mm
Stuttgart 660 mm
Köln 790 mm
München 960 mm
Bern/Schweiz 1020 mm
von: Vinz

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 11:35

Interessant, was es alles so gibt schmunzel

Ich bleibe trotzdem gerne bei meinem Aarenahen Quell-/Grundwasser grins
von: Radreisender

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 13:18

In Antwort auf: Oldmarty
Stuttgart hat die Wahl zwischen den Neckar leer zu saufen oder den Bodensee.


Also ich halte jedes mal bei der Wasserentnahmestelle am Überlinger See ^^ omm

Und: Vielen Dank Stefan für deine wunderbaren Texte.
Ich hoffe, wir dürfen dich noch auf vielen deiner Touren begleiten.

bravo

Thomas
von: Jojo64

Re: Ach so, nur Schweiz - 20.06.12 15:20

In Antwort auf: kettenraucher
...In Bregenz ist es endlich trocken und eine Frau aus Wien bedrängt mich mit der ein oder anderen Frivolität...

...Am nächsten Tag wähle ich den Bodensee-Königssee-Radweg in Richtung Allgäu und pausiere mittags auf halbem Weg in einer vorzüglichen Gaststätte, wo man mir und meinem Velo eine besonders schmeichelhafte Aufmerksamkeit widmet...

Schade! traurig

Schon zu Ende und dann auch noch so ein kurzes und abruptes Ende! Dabei hätte ich doch noch soooooooo gerne etwas über die oben zitierten Stellen erfahren träller
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 21.06.12 17:49

Zitat:
Dabei hätte ich doch noch soooooooo gerne etwas über die oben zitierten Stellen erfahren

Als älterer Herr freut man sich zwar diebisch über jede belanglos daher gequasselte Schmeichelei, behält sie dann im Zweifel aber besser für sich lach. Das gebietet die Erfahrung. So verbleiben in jeder Geschichte ein paar unaufgelöste Geheimnisse in der emotionalen Schatztruhe des Lebens. lach
von: redorbiter

Re: Ach so, nur Schweiz - 25.06.12 10:39

In Antwort auf: veloträumer
[zitat=JaH]

Direkt auch dort (Flüelen) befindet sich der Campingplatz. Hier der Blick auf den Bootshafen nebst Camping:




Da ich in der Region dort lebe hier eine kleine Korrektur:
Auf dem Foto ist das Dorf Sisikon abgebildet und NICHT Flüelen.
Sisikon ist ab Flüelen ca. 5 km weiter nördlich am Vierwaldstättersee zu finden.



@kettenraucher
geniale geschrieben dein Bericht.
Bist Du sicher dass du nicht Schriftsteller werden wolltest? zwinker

Hier noch ein Foto der "mörderischen" Schöllenenschlucht:

Schöllenschlucht <klick um zu vergrössern>
Die Schöllenschlucht kann auf dem signalisierten Radweg hochgefahren oder hochgeschoben werden. Mit Mountainbike oder geländegängigem Fahrrad kann dieser Radweg durchgehend im Sattel gemeistert werden. Mit Gepäck am Rad muss evtl. etwas geschoben werden da teilweise etwas steil.
Dort auf dem Radweg kannst du alles elegant ohne den "mörderischen Verkehr" hoch nach Andermatt kommen. Der Radweg ist aber erst seit ca. 1 Jahr offiziell signalisiert. Vorher war dieser Schöllenen Wanderweg eher nur den Anwohnern bekannt.
Als Alternative zur Schöllenenschlucht Strasse kannst du Dort das Rad auch in die MG-Bahn verladen und so von Göschenen ohne Mühe hoch nach Andermatt mitfahren.

cu
RedOrbiter
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 25.06.12 14:26

Ich danke Dir sehr für die Blumen und noch viel mehr für das Bild aus der Schöllenen, aber wenn das Ganze mal keine Werbung für Deine Trails und Co gewesen ist. Wenn ich das Forum richtig verstehe, sind wir zwar für die Teilnahme gewerblicher Teilnehmer offen, aber diese sollten das unbedingt auch kennzeichnen. Das geht nicht gegen Dich persönlich, aber aus meiner Sicht wollen wir uns hier ohne kommerzielle Interessen austauschen und ein paar Radlergeschichten erzählen. Ich bin jedenfalls eindeutig gegen eine gewerbliche Einflussnahme.
von: kettenraucher

Re: Ach so, nur Schweiz - 27.06.12 07:39

Ich muss mich bei Dir für mein dummes Geschwätz über „gewerblicher Teilnehmer“ und „kommerzielle Interessen“ aufrichtig entschuldigen. Meine Stellungnahme war erstens übereilt und zweitens total blödsinnig. Diese Erkenntnis ist mir leider nicht von selbst gekommen, sondern man hat mich per PM darauf aufmerksam machen müssen. Peinlich. peinlich Peinlich. peinlich Peinlich. peinlich

Umso mehr möchte ich mich nochmals für Deine tolle Unterstützung mit dem Foto von der Schöllenen und den Tipps zur Umfahrung bedanken.

PS: Wenn wir uns mal treffen, werde ich Dich als Wiedergutmachung zu einem genussvollen Essen (und Trinken) einladen. Versprochen. wein
von: jovo

Re: Ach so, nur Schweiz - 27.06.12 09:02

In Antwort auf: kettenraucher
Wenn wir uns mal treffen, werde ich Dich als Wiedergutmachung zu einem genussvollen Essen (und Trinken) einladen. Versprochen. wein


Blödsinn. Schreib lieber weiter! Das bringt uns allen was. zwinker
von: Barfußschlumpf

Re: Ach so, nur Schweiz - 10.09.15 20:12

Den Wünschen entsprechend verlinke ich hier ein Traktat über die Schweiz (Bünden - Engadin) nach der Aufwertungskatastrophe Frühjahr 2015 (Fahrt Anfang September)

Re: Der "Wo war ich heute"-Thread (Dies & Das)

Die zugrundeliegende Wochenendtour findet man durch Anklickseln der Schrift 'Re: Barfußschlumpf' über dem verlinkten Beitrag

Bitte beachtet, daß sich die Verhältnisse bis zur Saison 2016 noch verschieben können, aber die Lage bleibt gespannt schmunzel