Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee

von: Biketourglobal

Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 15.03.10 17:30

Ostern steht ja vor der Tür und ich habe Zeit gefunden, mal eine sehr kurze, aber auch intensive Tour durch Norwegen 2006 aufzuarbeiten.

Ostern im Schnee - Norwegen mit dem Rad 2006




Um es kurz zu machen: es war viel zu kalt und zudem mit 360 km die kürzeste meiner Touren.

Rückblickend weiß ich auch gar nicht mehr, wie ich zu der Auffassung kam, dass es eine gute Idee ist mit dem Fahrrad zu Ostern durch Norwegen zu fahren. Spätestens als ich im Landeanflug auf Oslo aus dem Fenster schaute und unter mir alles weiß von Schnee war, wurde mir klar, dass diese Tour doch etwas anders werden würde.

Am 9. April 2006 landete ich in Oslo Gardermoen und war von der Menge an Schnee doch überrascht, die mich hier erwartete. Aber das das Wetter war ganz gut und so fuhr ich erstmal los. Natürlich musste mir meine Regenhose gleich nach 5 km am Hintern aufreißen. Notdürftig genäht ging es aber trotzdem weiter.



Die Temperaturen schwankten zwischen 2 und 6 Grad, bei einer Schneehöhe von 40 cm. An längere Pausen war bei diesen Temperaturen nicht zu denken und so machte ich erst nach einem Pass und 50 km in einem Schnellrestaurant bei Burger und Cola die erste Aufwärmpause.





Die Straßen bergauf Richtung Jurnaker waren schnee- und relativ eisfrei, aber die vielen Tunneldurchfahrten machten das Radeln doch etwas gefährlich, da in diesen unbeleuchteten Röhren der an sich geringe Autoverkehr doch recht unkalkulierbar war.

Der Schnee hatte zudem noch eine Nebenwirkung, denn die Suche nach einem Zeltplatz gestaltete sich recht schwierig. Teilweise war selbst im Wald der Schnee Hüfthoch, so dass ich mit Rad und Zelt gar nicht so weit rein kam. Aber einmal geschafft, war ich dann wirklich schön allein und machte es mir bei 7 Grad Zeltinnentemperatur und etlichen Minusgraden draußen gemütlich.



Am nächsten Tag lief es schwer – Temperaturen von 3 Grad Minus begrüßten mich morgens vor dem Zelt und legten sich auf meine Beine. Dadurch liefen die ersten 40 Km bis zum Frühstück in einem Supermarkt Richtung Kongsberg ziemlich schwer. Aber hier oben war wenigstens der Schnee nicht mehr so hoch. Ich fuhr die ganze Zeit in meinen Regenklamotten, was das Radeln noch etwas anstrengender machte. Aber nach dem Frühstück kam die Sonne raus und bei angenehmen 13 Grad machte es richtig Spaß. In Notodden meldete sich mein rechtes Knie und bekam eine Stütze. Dann ging es einen 465 m hohen Pass hinauf auf dem mich dichter Nebel und Temperaturen um die 0 Grad erwarteten. Glücklicherweise gab es eine Toilette mit Heißluftfön, der mich und meinen durchgeschwitzten Klamotten erstmal ordentlich warm pustete.





Highlight des heutigen Tages war aber die Holzstabkirche von Heddal. Obwohl mit 20 metern Länge und 26 Metern Höhe doch recht klein, ist diese Kirche ganz imposant. Teile der Kirche stammen aus dem 12. Jahrhundert und sie gilt als eine der ältesten, schönsten und höchsten ihrer Art in Norwegen. Eigentlich zählt sie zu den meistbesuchten Attraktionen des Landes, aber ich war ganz alleine dort. Lag vermutlich am Wetter ;-)







Im Hintergrund grüßten die Berge der Telemark und da nun auch mein linkes Knie Probleme machte, war ich froh nicht über diese Berge fahren zu müssen. Die Kälte schien sich doch in den Gelenken eingenistet zu haben.

Nach 120 Tagenskilometern baute ich mein Zelt wieder im Wald auf – diesmal mit weniger Schnee, aber umso mehr Elchspuren rundherum.



Der nächste Tag zeigt meinem Körper die Grenzen. Das rechte Bein schmerzte plötzlich derart stark, dass an ein Weiterradeln nicht zu denken war. Es lag nicht am Knie, sondern am Oberschenkel. Der Schmerz sitzt tief und ein radeln geht nur mit Müh und Not. Trotzdem fahre ich noch drei Pässe, aber der letzte hat Konsequenzen: nix geht mehr. Ich mache eine längere Pause – leider tritt keine Besserung ein. Ich versuche noch in Richtung Küste weiter zu radeln, in der Hoffnung auf weniger Schnee und Kälte. Leider tritt das Gegenteil ein. Aber wenigstens verfügt der Zeltplatz bei dem Örtchen Vik heute über eine warme Dusche. Noch einmal keimt Hoffnung auf, dass es morgen vielleicht besser geworden ist.





Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber in meinem Fall war sie definitiv tot. Nix geht mehr – aus und vorbei. Mist. Die Reise hat ein jähes Ende gefunden, mein Bein und mittlerweile auch meine Knie schmerzen. In der Nacht ist neuer Schnee gefallen. Das machte die 50 km bis nach Nelauk recht rutschig und gefährlich.







Ich nehme den Zug zurück nach Oslo, ziehe meinen Rückflug vor und bin traurig. Aber noch eine Nacht im Zelt lasse ich mir nicht nehmen. In der Nähe der Bahnstation, an der am nächsten Morgen der Zug nach Oslo geht, baue ich noch ein letztes Mal mein Zelt auf.



Da erneut Schnee gefallen ist, muss ich mit einer Einfahrt zu einem Umspannwerk als Zeltplatz vorlieb nehmen. Im Wald war kein Durchkommen.

Nach 360 Radelkilometern endete diese Tour. Ich machte mir Sorgen um meine Beine und Knie, dachte schon, dass es nun nicht mehr ohne Schmerzen mehr geht, aber bereits im jahr darauf konnte ich mich in Marokko vom Gegenteil überzeugen. Es war die Kälte, die mir in die Glieder gefahren ist und somit meinen Osterurlaub zu einem echten (bösen) Überraschungs-Ei machte.



von: MapaMundi

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 22.03.10 23:41

Na, dann war meine Tour jetzt im Februar und März (in Italien) doch nicht so schlimm, auch wenns da auch mal Schneegestöber gab, aber wenigstens keine Minusgrade.
von: nöffö

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 23.03.10 06:58

Super Bericht, schöne Bilder, danke!! In Finnland mache ich Ostern Skilanglauftouren und lass das Rad zu Hause stehen... Allerdings war ich letzten Herbst auch schon mal mehrere Stunden mit dem Rad bei -13 Grad unterwegs. Ich hatte mich fett eingepackt (wichtig: gute Schuhe!!) aber so richtig Spass hat´s nicht gemacht, denn das Rad war ziemlich lahm. Für die Lunge war -13 kein Problem, aber so ab -18 Grad würde ich auch wegen der Lunge keine Radtouren machen sondern nur kurze Tripps. Skilanglauf lasse ich aus letzterem Grund auch spätestens ab -18 Grad sein.

vG
nöffö
von: Jim Knopf

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 27.03.10 13:17

Hallo Martin,

klasse Bericht und tolle Bilder. Ich muss zugeben, dass ich doch schon ein wenig mehr Weichei bin grins. Deshalb habe ich bei meiner gerade beendeten Norwegenreise das Rad gegen ein Postschiff eingetauscht.
Mir steckt allerdings schon in der Nase mal im Winter mit Spikesreifen den RV17 und auf die Lofoten zu fahren.
Was mich bislang davon abhält ist die Tatsache, dass man beim Zelten wohl nix mehr trocken bekommt und alles einfriert.
von: Radlfreak

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 12.04.10 12:43

Hallo Martin,

Als ich Deinen Bericht gelesen habe, sehe ich da einige Ähnlichkeiten zu meiner Irlandtour, von der ich gerade zurück bin.
In den Wicklow Mountains bin ich von einem Schneesturm überascht worden und hatte es noch in die nächste Ortschaft geschafft, zum Glück ohne Erfrierungen.
So hatte auch ich gesehen, dass das Wetter selbst in südlicheren Küstengebieten noch für ordentliche Überaschungen sorgen kann.
Ich war nicht auf Kaltfufteinbrüche vorbereitet und hatte eigentlich die ganzen zwei Wochen dauernd gefroren und war oft durchnässt. Am meisten hatte ich unter dem immerwährenden eisigen Wind gelitten, das war einfach nur eine einzige kräftezehrende Strapaze. Trotzdem sind 950 km zusammen gekommen, und mein Knie verkraftet auch 100km- Tagesetappen.


Gruss Alex
Auch hier mein Fazit: ES WAR EINFACH NUR SAUKALT!!
von: Rennrädle

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 12.04.10 18:03

Hallo Alex,

im März Radfahren in Island?

Auch nich schlecht....

Rennrädle
von: Biketourglobal

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 13.04.10 06:40

Irland! grins
von: bk1

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 25.04.10 09:49

Ich glaube schon, daß es einmal interessant ist, so eine Wintertour zu machen, aber in dem Fall muß man wohl die Ausrüstung schon gut auswählen. grins

Meine Wintertouren waren alle relativ einfach, es gab nur wenig Schnee oder nur an einzelnen Tagen. Spikereifen finde ich trotzdem gut.

Was mich im Winter vor allem stört und das ist natürlich zu Ostern nicht so ein Problem wie im November, ist der frühe Sonnenuntergang. Ich habe
2003 einmal eine Fahrradtour, die eigentlich sehr schön war, aber es wurde halt immer schon um 14:00 dunkel und ich mußte die Hälfte der Zeit bei Dunkelheit fahren.

Interessant finde ich auch die Aussage, daß nicht die recht willkürliche Temperatur von 273 K (0 Grad Celsius/32 Grad Fahrenheit/273.15 Kelvin) unbedingt die Grenze ist, unterhalb derer es zu kalt ist, sondern eher sowas wie 258 K (-15 Grad Celsius/5 Grad Fahrenheit) oder 255 K (-18 Grad Celsius/0 Grad Fahrenheit). Vielleicht ist die Fahrenheit-Skala doch nicht so dumm, von 0 Grad Fahrenheit bis 100 Grad Fahrenheit kann man eingermaßen bequem mit einigermaßen vernünftiger, aber noch konventioneller Ausrüstung Fahrrad fahren. Darunter wird es zu kalt, darüber zu heiß. schmunzel
von: Jakob

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 25.04.10 15:53

In Antwort auf: Rennrädle
Hallo Alex,

im März Radfahren in Island?

Auch nich schlecht....

Rennrädle


Es lohnt sich auf jeden Fall das mal zu machen! Es ist zwar anstrengender als im Sommer aber die Eindrücke sind umso intensiver.

Als ideale Reisezeit für Winterradtouren im Norden hat sich Mitte Februar-Ende März bewährt. Es ist dann lange genug hell und meisst noch recht winterlich.

der Jakob
von: k_auf_reisen

Re: Viel zu kalt! Norwegen 2006 – Ostern im Schnee - 09.05.10 06:11

Danke für den Bericht von Deiner Abenteuertour in "Niflheim". Gut geschrieben und nett bebildert - so mag ich's. (Und schön, daß Du es seither doch auch mal wieder wärmer gehabt hast!)

K.