Re: Auf Schotterpisten durch die Westalpen Teil 2

von: lutz_

Re: Auf Schotterpisten durch die Westalpen Teil 2 - 12.02.23 10:28

Aosta - Colle de Nivolet - Ceresole Reale
56,1 km
2 340 m bergauf
1 300 m bergab

Der Wecker klingelt bei Tagesanbruch, wir packen leise zusammen um die Zeltnachbarn nicht zu stören und verlassen bald darauf den Campingplatz. Die Wettervorhersage passt, heute geht es Richtung Colle Nivolet. Ein seltsamer Pass im Nationalpark Gran Paradiso, da er von Norden her nur über Wanderwege zugänglich ist. Von Süden respektive Südosten geht die Teerstraße bis auf über 2600 m Höhe, nur um kurz darauf zu enden. Schon oft habe ich Bilder des Passes betrachtet, der Reisebericht von Biotom hat mich dann so neugierig gemacht, dass wir den Pass nun unbedingt auch überqueren wollen. Doch erstmal ist Frühstück angesagt. Das ist in Italien recht einfach: Ab in die nächste Bar am Straßenrand: quattro cornetti e due chioccolate calde“ bestellen und kurz darauf hat man ausreichend leckere Kalorien für etliche Hundert Höhenmeter intus. So gestärkt geht es erstmal aus dem Aosta-Tal bergan. Von Norden grüßt der Mont Blanc. Auf kleinen Sträßchen bzw. auf einer ruhigen Schotterpiste auf der gegenüberliegenden Talseite der Teerstraße geht es ins Val Savarenche hinein. Schließlich müssen wir doch auf die Teerstraße wechseln. Hier ist trotz der Sackgasse für den Autoverkehr reichlich Ausflugsverkehr. Nach 1500 Höhenmetern erreichen wir das Ende der Straße in Le Pont. Der riesige Parkplatz ist mit all den Autos zugeparkt, die uns hier herauf überholt haben. Viele kommen hierher, um die Gletscher des Gran Paradiso zu bestaunen. Viel ist davon aber nicht mehr übrig. Die wenigen Häuser mit dem riesigen Parkplatz, das ist nun wirklich kein Ort, an dem wir lange verweilen wollen.










Für uns beginnt nun die Schiebestrecke unter der Stromleitung hinauf zum Colle Nivolet. Also machen wir uns an die üblichen Handgriffe:

Rucksack vom Gepäckträger runter
Lenkerrolle am Rucksack befestigen
Zelt am Rucksack befestigen

Über große Felsbrocken und steile Stufen wuchten wir unsere Räder bergan. Die gut 300 Höhenmeter bis zum Croce della Roley hören sich nicht viel an, der Weg ist aber mühsam zu begehen. Die entgegen kommenden Wanderer schwanken zwischen ungläubigem Entsetzen, Unverständnis und Anfeuerung. Am Kreuz angekommen haben wir den schlimmsten Teil hinter uns. Bald können wir wieder längere Strecken im Sattel zurücklegen. Noch immer sind es einige Hundert Höhenmeter bis zur eigentlichen Passhöhe auf 2612 Metern. Die wunderschöne Hochebene zieht sich kilometerweit. Doch nun gibt es kein Halten mehr, die Passhöhe lockt. Lediglich die Stromleitung stört das hochalpine Ambiente.
















Nach dem obligatorischen Gipfelfoto am völlig zugeklebten Passschild stürzen wir uns im Abendlicht in die Abfahrt hinunter. Wir besichtigen noch die kleine Kapelle auf einem Felsvorsprung mit traumhaften Aus- und Tiefblicken Richtung Ceresole Reale. Unzählige Fotostopps später erreichen wir schließlich den schattigen Talgrund. Der Campingplatz kurz vor Ceresole Reale ist zwar voll, aber für unser kleines Zelt findet sich noch ein Platz. Mindestens genauso wichtig ist der Tisch in der angeschlossenen Pizzeria. Die haben wir uns heute auch redlich verdient!