Re: Mit dem Ordonnanzrad 05 vom Léman nach Zürich

von: Biotom

Re: Mit dem Ordonnanzrad 05 vom Léman nach Zürich - 24.04.21 13:41

Tag 2: Burgdorf – Langenthal – Uf em Chalt – Hochwacht – Meisterschwanden
87 km, 1475 Hm. Karte

Heutiges Ziel: Aarau grosszügig umfahren! Denn in meinem Sechserschlag habe ich gestern Abend noch ein paar Folgen der in Aarau spielenden Krimiserie «Der Bestatter» geguckt – gefährliches Pflaster, dieses Aarau! Der Plan passt gut zum Konzept «über die Hügel statt den Flüssen nach», und entsprechend sehe ich als ungefähre Route die Durchquerung des Oberaargaus, des nördlichen Luzerner Hinterlands und des südlichen Aargaus vor.

Beim Jugifrühstück schlage ich ordentlich zu und kann dabei das Jugischloss von aussen bewundern:





Ob diese Figuren ihre Masken auch schon vor der Pandemie anhatten?





Ich purzle den Burgdorfer Schlosshügel runter…





…und folge dem roten Schild:







Mal ein Blick ins Cockpit:





Es weht ein kräftiger Westwind, entsprechend komme ich sehr gut voran:





Ihr fragt euch sicher, wie es meinem Hintern geht auf dem uralten, total durchgesessenen Sattel. Nach einer Portion Sixtus-Arschwohlsalbe gestern Abend kann ich sagen: keine Sorge, er kann schmerzfrei die schöne Aussicht geniessen grins





Das Vorderrad hat so viel Spiel, dass bereits erste Ludotheken ihr Interesse angemeldet haben grins





Hm, vielleicht doch fast ein bisschen viel «Der Bestatter» geguckt gestern Abend träller





Die oberaargauische Version des Papamobils:







Ich folge ein Stück weit der Langete…





…und erreiche das Kloster St. Urban:







Ich muss gestehen: das Fotografieren fällt mir in den Bergen wesentlich leichter als in der Ebene – irgendwie fehlt mir im Mittelland jeweils eine Dimension. Die fotografischen Probleme auf dieser Tour liegen aber vielleicht auch schlicht daran, dass das Ein-Gang-Fahren doch unglaublich Körner kostet und entsprechend weniger Energie für gestalterische Überlegungen übrigbleibt…





Hier hatte wohl jemand ganz ordentlich Energie für gestalterische Überlegungen grins Egal, jedenfalls schmeckt meine Mittagspizza Bella lecker. Verspeist wird sie an einem Windschattenplätzchen, denn der Westwind hat eine arg frische Note.





Mal Fahren auf Teer…





…mal Schieben auf Schotter:





Stetig geht es weiter, bis ich den Triangulationspunkt Uf em Chalt erreiche. Am Horizont grüsst der Solothurner Jura:





Schon wieder ein Geständnis: Tourberichte von alpinen Touren fallen mir wesentlich leichter. Da erreicht man mal – taa-taa – einen Pass oder Gipfel, man kann Berge, Blumen und Seen benamsen, mit Halbwahrheiten zur Verkehrsgeschichte hausieren, über die Wegqualität jammern.
Meine Ordonnanzradtour hingegen ist eine Tour der Einsen: auf ein Tal folgt ein Hügel folgt ein Tal folgt ein Hügel, alle mehr oder weniger namenlos und für mich ohne erwähnenswerte Geschichte. Oder soll ich hier berichten, dass der Bahnhof Wynigen nebst Genf Flughafen der einzige reine Fernverkehrsbahnhof der Schweiz ist? Oder erläutern, wie die Wynental- und Suhrentalbahn im Verlauf der Zeit die doch recht eindimensionale Landschaft erschlossen hat?
Die ganz grosse Eins ist das Militärvelo: es ist unglaublich kopfentleerend-entspannend, mit nur einem Gang unterwegs zu sein. Und so bewege ich mit einem einfachen, aber wunderbaren Antrieb durch eine einfache, aber wunderbare Landschaft.







Ich überquere die Suhre…





…und das Bänkelloch und kämpfe mich nach einer weiteren flotten Abfahrt den Steiniggraben hinauf. Bei Pfiffrüti baue ich noch eine Waldschlaufe ein:





Der Grund: in der Ecke liegen gemäss Karte der Fuchsacher und das Fuchsloch – die kann ich natürlich nicht auslassen, schliessen ist der Fuchs quasi das Totemtier dieser Tour. Auch wenn ich keinen Fuchs sehe: der kleine Umweg lohnt sich.







Bei Waltersholz überholen mich zwei Velofahrer, welche das Bild farblich bereichern:





Zwischen Gontenschwil und Zetzwil habe kurz ich den Eindruck, dass ich genauso gut zwischen Norddeich und Emden unterwegs sein könnte:





Es ist später Nachmittag, und es stellt sich mal wieder die Frage: to hügel or not to hügel? Die Antwort ist klar: to hügel schmunzel Aber ich bin schon ein bisschen hinüber, und so setze ich im Aufstieg zur Hochwacht diese Steilvorlage eines Motivs knapp am Tor vorbei: leicht schräg, und mit zu wenig Platz im rechten Lattenkreuz, um noch korrigieren zu können müde





In einem flacheren Abschnitt habe ich aber bereits wieder Energie für ein Selfie:





Und am Ende bin ich oben – ufff… Ich habe ein alkoholfreies Panaché hochgeschleppt, so kann ich am (frühen) Lagerfeuer eines Wildcampers anstossen – schön!
Auf dem Hochwachtturm geniesse ich die sehr schöne Aussicht, und eine Frau erzählt mir aus ihrem Leben. Diese Pandemie macht die Leute auf eine recht spezielle, aber nicht unschöne Art ziemlich gesprächig schmunzel





In schönstem Abendlicht purzle ich nach Beinwil:





Sehr geil an am Ordonnanzrad finde ich den Rücktritt: freihändig bergabfahren hat einfach was, sogar wenn einem dabei gröberes Geschütz in Form der Seetalbahn entgegenkommt:





Als ich den Hallwilersee südlich umfahre, sind die Schatten bereits recht lang:





Ich muss noch ein paar Kilometer schottern…





…bevor ich in Meisterschwanden zum See runterdüse. Dort habe ich im Hotel Delphin ein Zimmer reserviert. Während des Eincheckens erzählt mir der Hotelier von den pandemiebedingten Schwierigkeiten – keine einfache Lage…
Ich schmeisse rasch meinen Plunder ins Zimmer und spaziere hernach zum See. Herrlich, so ein erfrischendes Bad nach einem langen Tag! Und auch die Ausblicke sind schön:









Zurück im Hotel bestelle ich über eat.ch mein Znacht – unglaublich, wie einfach das geht! Und unglaublich, wie lecker die bestellten Gnocchi und das Schützengartenbier schmecken!




Ich schaue noch, wie weit es bis nach Zürich ist – ah gut, nicht mehr allzu weit. Ich melde mich bei meinem Freund für den Brunch an, wohl wissend, dass ich in dem Fall recht früh werde losfahren müssen.
Schlafenszeit? Nein, zuerst müssen noch ein paar Folgen des Bestatters sein – hui, das wird eine kurze Nacht schmunzel