Re: Westliche Pyrenäen 2019

von: Tom72

Re: Westliche Pyrenäen 2019 - 24.12.19 14:44

7. Tag (06.07.2019), Bayonne – St.-Jean-Pied-de-Port
Strecke: ca. 90 km
Höhenmeter: ca. 1800


Heute verlasse ich erstmals auf der Reise die mir bereits bekannte Route, und es geht endlich in die Pyrenäen. Falls man das erste Mal in dieser Gegend ist, sollte man sich, auch wenn man von hier eine Pyrenäen-Tour startet, unbedingt auch den Küstenbereich weiter westlich mit Biarritz, St.-Jean-de-Luz, der Küsten-Panoramastraße Corniche Basque, Hendaye und vielleicht bis Donostia-San Sebastian ansehen. Da ich all das aber auf meinen Radreisen bereits, teilweise zwei- und dreimal, gesehen habe einschließlich des küstennahen, markanten Gipfels La Rhune, auf den man mit einer Zahnradbahn mit historischen Fahrzeugen gelangt, kann ich diesmal guten Gewissens ab Bayonne eine direkte und mir noch nicht bekannte Route in die Berge nehmen, die mir schon vor Jahren auf der Karte aufgefallen ist und die Bezeichnung „Route impériale des Cimes“ trägt, ein kleines, verkehrsarmes und in der Michelin-Karte als landschaftlich reizvoll gekennzeichnetes Sträßchen (D 22). Im weiteren Verlauf der heutigen Etappe werde ich dann noch zweimal auf meine Reiseroute einer früheren Tour treffen.



Problemlos finde ich aus Bayonne hinaus; die D 22 bietet schon bei der Ausfahrt aus dem Stadtgebiet ordentliche, wenn auch nicht allzu lange Steigungen. In stetigem Auf und Ab geht es fast ohne Verkehr durch die hier noch eher hügelige als gebirgige, grüne Landschaft des Baskenlandes. Höhere Berge sieht man noch kaum, und der Fernblick gen Süden, wo man vielleicht schon das Hochgebirge erahnen könnte, bleibt wegen des bewölkten Wetters weitgehend verwehrt. Anders als am östlichen, katalanischen, Ende steigen die Pyrenäen hier, auf der baskischen Seite, vom Meer her gesehen erst recht allmählich an; ich werde heute noch nicht über 700 m hinausgelangen.

In der Nähe von Cambo-les-Bains verlasse ich die D 22; in Cambo treffe ich wieder auf die Route meiner Pyrenäen-Tour von 2016, der ich nun auf der D 20 über Espelette und über den Col de Pinodiéta bis Ainhoa folge. Der Col de Pinodiéta ist mit seinen bescheidenen 176 m der erste Pass der Reise.



Ainhoa ist ein hübsches, typisch baskisch anmutendes Örtchen, das augenscheinlich auch eine gewisse touristische Bedeutung hat und mit mehreren Läden für regionale baskische Produkte aufwartet.



Während ich auf meiner damaligen Pyrenäen-Tour ab hier Richtung Nordwesten an die Küste bei Ciboure gefahren bin, um die am Mittelmeer begonnene Reise in Hendaye zu beenden, geht es diesmal für mich südwärts über den Puerto de Otxondo (602 m), dessen Auffahrt in Ainhoa beginnt. Nach wenigen Kilometern überquert sie in Dantxarinea die spanische Grenze. Ein Schild weist mit dem typischen gelben Muschel-Symbol auf den Jakobswegs hin. Die beiden Hauptrouten des Pilgerwegs überqueren die Pyrenäen aber weiter südöstlich; die eine über den für mich morgen auf dem Programm stehenden Ibañeta-Pass und die andere über den Somport-Pass.



Die Autonome Gemeinschaft (Comunidad Autónoma) Navarra begrüßt mich mit einem Schild überwiegend in baskischer Sprache; nicht nur das eigentliche Baskenland (Cominidad Autónoma del País Vasco), sondern auch dieser nördliche Teil Navarras gehört zum baskischen Sprach- und Kulturraum, und die Bedeutung der baskischen Sprache, die hier neben dem Spanischen einen offiziellen Status genießt, zeigt sich überall anhand zweisprachiger Beschilderungen.



Die Auffahrt auf den Puerto de Otxondo (D-121 B) und der Pass mit seinen 602 m sind eher unspektakulär.



An der Passhöhe beginnt das Sträßchen zum 1090 m hohen Pico Gorromakil; die Auffahrt soll landschaftlich traumhaft sein, ebenso die Aussicht vom Gipfel, aber da nach meinen Informationen die Qualität des Straßenbelags eher bescheiden sein soll und der Abstecher auch schlecht in den Zeitplan für den heutigen Tag gepasst hätte, verzichte ich darauf, wohl wissend, etwas verpasst zu haben.

Stattdessen rolle ich vom Otxondo südwärts wieder talwärts.



Ich verlasse die N-121 B und biege Richtung Osten auf das Sträßchen ab, das mich auf den nächsten Pass, den Grenzpass Puerto de Izpegui führt (französisch Col d’Ispéguy, baskisch Izpegi). Vor dem eigentlichen Anstieg gönne ich mir in Erratzu eine kurze Pause mit Einkehr.



Nicht allzu steil und in wunderschönen Serpentinen führt mich das Sträßchen praktisch ohne Kfz-Verkehr hinauf zum Pass.







Das Schild auf der Passhöhe mit 690 m, über die die Grenze zu Frankreich verläuft, gibt die baskische Namensform an. Ich werde die Grenze auf der Tour einschließlich der beiden heutigen Male insgesamt sechsmal überqueren, zuzüglich zweier weiterer Male auf einer Wanderung. Gleichzeitig überquere ich hier zum ersten Mal auf der Tour den Pyrenäen-Hauptkamm.



Auf dem Pass gibt es eine willkommene Einkehrmöglichkeit, so dass ich mich mit einem Bier belohnen kann, und freilaufende, sehr zutrauliche Pferde.





Blick vom Pass voller Vorfreude auf die abwärts führende Straße



Auf der Abfahrt begeistert mich die Landschaft noch mehr als bereits bei der Auffahrt.





Ich vermute, dass es sich bei diesem Raubvogel, der hier majestätisch über der Bergwelt dahingleitet und an den ich mit dem Zoom meiner Kamera leider nicht näher herankomme, um einen der für die Avifauna der Pyrenäen typischen Gänsegeier handelt.







Vom Talort St.-Étienne-de-Baïgorry sind es noch gut 10 km über einen kleinen Pass, der offenbar keinen Namen hat, bis St.-Jean-Pied-de-Port. Dieser bedeutende Pilgerort liegt, wie der Name andeutet, am Fuß des Passes, über den die westlichere die beiden Hauptrouten des Jakobswegs die Pyrenäen überquert, nämlich des Puerto de Ibañeta, über den auch mich mein Weg morgen führen wird. Hier habe ich bereits 2016 auf meiner Pyrenäenreise übernachtet, ohne damals aber den Ibañeta überquert zu haben.

Der Campingplatz, auf dem ich nun also das zweite Mal übernachte, ist sehr zentral gelegen, in Sichtweite der Porte Notre-Dame, eines der historischen Stadttore, durch das der Jakobsweg Richtung Spanien und Ibañeta-Pass führt. Die Brücke vor dem Tor überspannt die Nive, die in Bayonne, dem Startpunkt meiner heutigen Etappe, in den Adour mündet.



Auf dem Campingplatz übernachten viele Reiseradler. Die allermeisten werden, anders als ich, auf dem Jakobsweg unterwegs sein, der sich seit langem auch bei Radpilgern einer großen Beliebtheit erfreut; auch ich habe ihn vor etlichen Jahren, allerdings erst in Pamplona startend, mit dem Rad bereist, so dass ich morgen gleichsam auch die dazugehörige Pyrenäenquerung nachhole.



Fortsetzung folgt…