Re: It’s a Long Way … Pre-Brexit-Tour 2018

von: Keine Ahnung

Re: It’s a Long Way … Pre-Brexit-Tour 2018 - 23.12.18 21:38

INHALTSVERZEICHNIS

Teil 1: Vorwort(e)

Teil 2: Radreise (Tag 1-7: Republik Irland)

Teil 3: Radreise (Tag 8-11: Nordirland)

Teil 4: Radreise (Tag 12-16: Schottland – von Campletown bis Edinburgh)

Teil 5: Radreise (Tag 17-23: Schottland / England – von Edinburgh nach Nottingham)

Teil 6: Radreise und Résumé (Tag 24-26+2: England – von Nottingham nach Stansted (und unvorhergesehen – London) und schließlich der Endspurt nach Hause …)


DER VIERUNDZWANZIGSTE TAG (20.07. – 134 KM / 1400 HM)

Meine Zählung überspringt die Konferenztage, da ich in dieser Woche keine Zeit fand, auf das Fahrrad zu steigen. Die Tagung war interessant und produktiv und so kam auch während dieser Zeit keine Langeweile auf. Nun ging es aber weiter Richtung Stansted. In Nottingham hatte ich mir einen Karton besorgt, den ich zu einem handlichen Paket gefaltet nun bis Stansted hinten unter das Zelt gespannt mitführte.

Ich fuhr nun verschiedenen Radrouten folgend in Richtung London, was sich gleich in einer höheren Dichte an Schlössern und Burgen bemerkbar machte. Die Steigungen waren deutlich gemäßigt im Vergleich zu den Vortagen und so fielen die akkumulierten Höhenmeter gar nicht wirklich auf. Es war heute wieder ein Wechsel zwischen Wegen entlang von Wasserläufen und durch hügliges Gelände, aber wie die folgenden Bilder erkennen lassen, rückte die „Zivilisation“ schon enger zusammen.


Bild: NCR 15 bei Bingham, Nottinghamshire, England.


Bild: NCR 64/15, Grantham Canal, Nottinghamshire, England.


Bild: NCR 64, Belvoir Castle, Leicestershire, England.

Wenn nun schon gerade Weihnachtszeit ist ... viele kennen evtl. den Film Der kleine Lord, der regelmäßig zu Weihnachten ausgestrahlt wird. Als Sitz des Earl of Dorincourt diente im Film das Belvoir Castle ...




Bild: NCR 63, Oakham Castle, Oakham, Rutland, England


Bild: NCR 63, Stamford, Lincolnshire, England.


Bild: NCR 63, River Nene bei Petersborough, Cambridgeshire, England.

Am “River Nene” im “Nene Park” konnte ich wieder einen Campingplatz ausfindig machen. Zunächst wurde ich abgewiesen, mit der Begründung, dass der Platz voll sei. Nachdem ich erzählte, dass ich heute von Nottingham losgefahren sei, wollte die Dame an der Rezeption mich nicht mehr weiterschicken und ließ mich einen Platz selber suchen, was überhaupt kein Problem war. Da sich schon dunkle Wolken zusammenzogen, baute ich schnell das Zelt auf. Ich konnte gerade noch duschen und mich ins Zelt verkriechen, da fing es auch schon an, wie aus Eimern zu schütten. Ich hatte noch Brot, Käse und Schokokekse im Gepäck, so dass ich auch noch zu einem einfachen Abendessen kam.


DER FÜNFUNDZWANZIGSTE TAG (20.07. – 95 KM / 400 HM)

In der Früh war der Regen Geschichte, aber das Zelt musste ich ziemlich nass einpacken. Die Höhenmeterangaben verraten es bereits – die Hügellandschaft lag hinter mir. Kurz nach 7 Uhr fuhr ich weiter durch den Nene Park, wo außer mir und ein paar Hasen noch niemand unterwegs war.




Bild: NCR 63, Nene Park, Petersborough, Cambridgeshire, England.

Schließlich erreichte ich Petersborough, welches ich mir, ohne vielen Menschen zu begegnen, anschauen konnte.


Bild: Petersborough, Cambridgeshire, England.


Bild: St. John the Baptist Church, Petersborough, Cambridgeshire, England.


Bild: The Guildhall, Petersborough, Cambridgeshire, England.

Da die Kathedrale von innen recht interessant sein sollte, wollte ich sie besichtigen, aber die angeschriebenen Öffnungszeiten zeigten mir, dass das wohl nichts werden würde traurig . Gerade als ich umkehren wollte, kam der Küster an die Eingangstür, der gerade dabei war, eine Messe vorzubereiten. Er fragte mich nach meiner Tour. Er war begeistert und teilte mir mit, dass er in seiner Jugend auch Radreisen unternommen hätte. Schließlich lud er mich ein, mit ihm eine Privattour durch die Kathedrale zu absolvieren. Wir beide hatten die große Kirche für uns und ich bekam viele interessante Details zu hören und zu sehen lach .








Bild: Petertsborough Cathedral, Petersborough, Cambridgeshire, England.

Nach dieser erfolgreichen Stadttour fuhr ich weiter zur nächsten sehenswerten „City”, Cambridge.


Bild: NCR 51, River Great Ouse, St. Ives, Cambridgeshire, England.


Bild: NCR 51, St. Ives, Cambridgeshire, England.

Schließlich fuhr ich entlang einer recht interessanten öffentlichen Verkehrstrasse, die Cambridge mit dem Umland verbindet.


Bild: NCR 51, Cambridge Guided Busway, Cambridgeshire, England.

Cambridge ist – wie z. B. auch Oxford – vollständig geprägt von der Universität. An diesem Wochenende waren „Graduation Days“, wodurch die Stadt recht bevölkert war.


Bild: University of Cambridge, Downing Site, Cambridge, England.


Bild: Wiederum für mich als Physiker interessant, Cavendish Laboratory, Cambridge, England.


Bild: Senate House Passage, Cambridge, England.


Bild: Graduation, University of Cambridge, Cambridge, England.

Bereits am Vortag war mir aufgefallen, dass der Hinterreifen unwuchtig war. Bei näherer Inspektion entdeckte ich einen Riss im Mantel, den ich zunächst notdürftig von der Innenseite mit Klebeband stabilisierte. Allerdings war mir die Sache nicht geheuer und so kurz vor dem Flughafen wollte ich keine Pannen riskieren. So kaufte ich mir in Cambridge einen billigen Mantel und zog ihn am Campingplatz, den ich am Rand von Cambridge fand, auf.


Bild: Defekter Schwalbe Mondial, Cambridge Camping and Caravaning Club Site, Cambridge, England.


DER SECHSUNDZWANZIGSTE TAG (20.07. – 53 KM / 350 HM)

Der Ryanair-Flug von Stansted nach Bremen sollte heute um 19:25 Uhr abfliegen. Ich hatte für die restlichen gut 50 km also ausreichend Zeit. Dennoch fuhr ich kurz nach 7 Uhr los – man weiß ja nie …

Aber diese letzte Etappe verlief gemütlich und pannenfrei.


Bild: NCR 11, Whittlesford, Cambridgeshire, England.


Bild: NCR 11, Church of St. Mary and St. Andrew, Whittlesford, Cambridgeshire, England.


Bild: NCR 11, Furt bei Hinxton, Cambridgeshire, England.


Bild: NCR 11, Rickling, Essex, England.

Und schließlich rollte ich schon dem Flughafen entgegen, ohne dabei auf große Straßen zu gelangen.




Bild: Stansted Airport, Essex, England.

Es war noch nicht einmal 12 Uhr mittags und ich hatte also ausreichend Zeit, das Fahrrad zu verpacken und einzuchecken.


Bild: Fertig zum Einchecken, Stansted Airport, Essex, England.

Tja, so glatt sollte das nun leider nicht ablaufen traurig . Ich wartete sehr entspannt am Flughafen, als für meinen Flug eine Verspätung angezeigt wurde. Es war die Woche vor den angekündigten Streiks, daher konnte es nicht daran liegen. Im Laufe des Abends wurde die Verspätung größer und größer. Die Passagiere seien nicht schnell genug aus der Maschine ausgestiegen, hieß es – totaler Blödsinn bei einer Verspätung im Stundenbereich wirr . Schließlich durften wir doch noch einsteigen.

Nun saßen alle Passagiere im Flugzeug, ich hatte meine verspätete Ankunft zuhause schon per Whatsapp angekündigt, als plötzlich der Flugkapitän mitteilte, dass wir 10 Minuten über dem Zeitfenster liegen würden, in dem wir vor Eintreten des Nachtflugverbots in Bremen landen könnten. Wir sollten alle aussteigen böse . Begeisterung machte sich breit, die in Ratlosigkeit umschlug, als wir im Flughafengebäude standen und kein Mensch uns mitteilte, was nun zu tun sei. Schließlich konnte ich einen Flughafenangestellten bewegen, bei Ryanair anzufragen, was zu tun sei. Er verwies uns an ein Gepäckband, von dem wir unser Gepäck (auch mein Fahrrad) abholen könnten. Danach sollten wir zum Serviceschalter von Ryanair gehen.

„Serviceschalter“ war dann allerdings ein Hohn entsetzt . Als wir dort eintrafen, stand bereits eine ewig lange Schlange vor dem mit zwei Mann besetzten Schalter, da offensichtlich auch andere Flüge ausgefallen waren. Gegen 23:30 war die Schlange vor uns immer noch lang, so dass ich die Initiative ergriff und wieder einen Flughafenangestellten schnappte, der für unseren Flug die Situation erkunden sollte. Daraufhin gab es eine Lautsprecherdurchsage, in der wir darauf hingewiesen wurden, dass für die kommenden fünf (!!!) Tage entsetzt kein Ryanair-Flug zur Verfügung stehen würde und wir uns selber um Alternativen kümmern sollten. Zudem wurde uns eine Liste mit Hotels in die Hand gedrückt, mit dem Hinweis, dass wir dort evtl. Unterkunft finden könnten. Ich pickte mir das zweite Hotel, welches direkt am Flughafen lag, raus und schaffte es noch, über Booking.com ein Zimmer zu erhalten. Dann halfen einige jüngere Passagiere und ich einigen älteren Fluggästen, die völlig hilflos und verzweifelt die Schlange verlassen hatte, Quartiere in London zu finden, die sie mit Taxis erreichen konnten.

Ins Hotel konnte ich zumindest auch mein verpacktes Fahrrad mit einem Trolley befördern. Bis etwas drei Uhr in der Früh suchte ich im Internet nach Flugmöglichkeiten. Schließlich konnte ich bei Eurowings einen Flug nach Hamburg buchen (natürlich deutlich teurer), allerdings erst für den übernächsten Tag. Von dort konnte ich ja mit dem Zug weiter nach Bremen fahren. Am nächsten Morgen verlängerte ich den Hotelaufenthalt um eine weitere Nacht.

Den „freien Tag“ nutzte ich, um London zu besuchen (Bilder zeige ich hier keine, da das ja nicht wirklich zu meiner Radreise gehört). Am 22.07. sollte ich nun über Köln/Bonn nach Hamburg fliegen. Als ich in Stansted auf die Anzeigetafel blickte, wurde mir schon ganz schlecht – Verspätung entsetzt ! Am Ende flogen wir so los, dass eigentlich der Anschlussflug nach Hamburg nicht mehr erreicht werden würde. „Zum Glück“ hatte aber auch der Verspätung (ich fühlte mich schon wie bei der Deutschen Bundesbahn … wirr ), so dass ich im letzten Augenblick noch in die Maschine kam. In Hamburg angekommen, wartete ich am Gepäckband vergeblich. Lediglich mein Fahrrad erschien am Sperrgepäckschalter. Der Rest war wahrscheinlich in Rheinland geblieben . Egal – ich holte mir ein Bahnticket und kam dann doch noch in Bremen an. Das Gepäck kam 4 Tage später ...

Nun könnte man denken, dass bei so einem Schlamassel Ryanair sich entschuldigen müsste und selbstverständlich die Kosten erstatten würde. Pustekuchen böse . Nach mehreren Versuchen meinerseits und einem Einschreiten der Rechtsabteilung unserer Universität (der Rückflug war ja Bestandteil meiner Dienstreise) erhielten wir entweder gar keine Antwort oder dann am Schluss eine Ablehnung mit der Begründung, dass eine Erstattung nur erfolgen würde, wenn Ryanair den Anschlussflug organisieren würde. Mein Hinweis darauf, dass ja das Ryanair-Personal uns aufgefordert hatte, selber einen Flug zu suchen, da sie die nächsten fünf Tage keine Flüge anbieten konnten, zeigte keinerlei Wirkung böse . Leider scheut sich unsere Rechtsabteilung, den Aufwand eines Rechtsstreits wegen ca. 1000 Euro Mehrkosten zu bestreiten. Und nun kommt der Nachteil des „dienstlich veranlassten Fluges“ – ich kann meine Rechtsschutzversicherung nicht einsetzen, da es ja kein Privatflug war wirr . Mich wurmt es ungemein, dass Ryanair mit diesem unverschämten Verhalten durchkommen wird, ich kann aber nichts tun. Immerhin habe ich bis auf den Verpflegungsmehraufwand keine privaten Unkosten gehabt, aber mein Forschungsetat wird unnötig belastet und grundsätzlich …


RÉSUMÉ

Wenn ich einmal von dem Ärger mit dem Rückflug absehe und ihn lediglich unter dem Gesichtspunkt in Erinnerung behalte, dass ich noch einen Tag in London verbringen konnte, so würde ich meine Radreise als „vollen Erfolg“ und großartiges Erlebnis werten. Ganz klar hat hierzu auch das wirklich ungewöhnlich gute Wetter beigetragen. Hätte es die ganze Zeit geregnet, hätte ich wohl deutlich weniger Freude an der Tour gehabt. Die Natur, die ich in Irland, Nordirland, Schottland und England erleben durfte und die (für meine Begriffe) wunderschönen Wege praktisch ohne Verkehr, begeistern mich noch immer, und das Schreiben des Berichts hat viele schöne Erinnerungen wachgerufen. Wenn jemand ähnliche Vorlieben bzgl. einer Radreise hat, wie ich, dann dürfte der von mir verlinkte Track eine gute Möglichkeit darstellen, Teile dieser Länder zu erkunden. Ich würde im Nachhinein keine Änderungen an der gewählten Strecke vornehmen wollen.

Ich habe sehr viele Bilder hier eingebunden und das Lesen des Berichts benötigt auf jeden Fall einige Muße. Dabei ist der Großteil der Aufnahmen, die ich gemacht habe, schon weggefallen, nicht, weil die Bilder schlecht gewesen wären, sondern einfach, weil ich sonst zu gar keinem Ende mehr gekommen wäre. Wer also lieber Bilder ansieht und auf Text keinen so großen Wert legt, der/die wird hier auch auf seine/ihre Kosten kommen.

Ich hatte mir vorgenommen, den Bericht noch vor Weihnachten hier einzustellen. Es ist mir gelungen, worüber ich froh bin lach . Nun wünsche ich Euch allen noch

Frohe Weihnachten und einen guten Start in ein glückliches neues Jahr!


Ende …