Re: Luberon; die ersten Tage waren herrlich

von: veloträumer

Re: Luberon; die ersten Tage waren herrlich - 05.06.18 13:01

Hallo Jürgen,
mal wieder eine Reise voller Dramatik. Ich weiß nicht, wie du deinen Rückblick gewählt hättest, wenn der schlimme Finger sich nicht gemeldet hätte. Ich war ja aus Lauterbourg bereits gewarnt, kann aber vieles hier beim Lesen noch weniger nachvollziehen. Die Dramatiserung ist sicherlich eines deiner Stilmittel, das ich dir nicht berauben möchte, aber ich würde dann doch ein paar Zahlen weglassen. Steigungswerte kannst teils 30 % abziehen, wenn nicht sogar halbieren. D2 Gordes rauf habe ich sogar einen E-Biker stehen lassen. Das ist keine Rampe. Auch nach Gréoux-les-Bains ist kein Hexenwerk - mit Lavendel wäre es natürlich eindrucksvoller gewesen.

Natürlich kann ich die Hitze und den Kampf mit dem Berg gut nachvollziehen, hatte selbiges in der Ecke letzten Sommer zu bewältigen und auch ich merke, dass ich immer etwas älter werde. Aber es fällt auf, dass deine Tourenprofile doch vielleicht zu sehr über deinem konditionellem Niveau gebaut sind (auch Jura). So früh im Jahr wohl auch ohne jede Vorübung. Kommt was dazwischen wie ein solcher Finger, wirst du misslaunig und verteufelst die Welt. Ich kämpfe immer noch um meine Tourform - weniger als 2 Wochen hin. Auch dieses Aufbauen von Kondition ud Muskeln dauert mit dem Alter länger. Ich quäle mich selbe Berge schwerer hoch, deswegen werden sie trotzdem nicht steiler. zwinker Es ist immer an einem selbst, die Veränderungen zu akzeptieren.

Ich hatte auch ein paar unangenehme Vorkommnisse auf meiner Reise, die waren aber anderer Natur. Ich sehe manches auch nicht oder vielleicht komplett anders. In Fontaine bist du im "Rummel" noch glücklich, in Lourmarin oder Gordes geht es dir dann auf den Geist. Ich glaube, in der Provence musst du an ein paar Hotspots auch mal mit solchen Erscheinungen leben können. Die meisten Orte in Vaucluse/Luberon haben eher zu wenig Tourismus als umgekehrt. Lourmarin fand ich zu eitel (das ist 18 Jahre her), Bonnieux fand ich überraschend charmant (trotz Autostau im Ort) und Gordes war zwar betriebig, aber sicherlich nicht so wild. Autoparkplätze habe ich keine zur Kenntnis genommen - ich vergnügte mich an einem Stück Wassermelone. Rummelplätze habe ich eigentlich gar keine wahrgenommen, vielleicht Roussillon am Nachmittag - aber bleibt schön und lebt auch ein wenig davon. Natürlich finden sich viel Radpilger am Fuße des Mont Ventoux - aber wer denn nicht, wenn die Radler, zu denen ich auch zähle? Ist das schon Rummel? In Sault wurde es gegen Abend bescheiden ruhig, woanders gab es gar kein Nachtspeisen mehr - alles tot. Einzig in Manosque war Rummel - weil Musikfest war. Das gehört auch dazu - sind Menschen dort, die da leben. In Gréoux und Malaucène erinnere ich mich an volle Märkte - das ist auch gut so, leckere Sachen, die Region kauft dann ein und - lebt.

Preise und Preise. Du weißt aus eigener Anschauung in Lauterbourg, wie schnell verzerrte Wahrnehmungen von Preisen zu ziemlich ungerechter Kritik führen kann. Ich war jüngst auf einem Camping am Rande der Alb, kostete vor einigen Jahren um die 8 €, heuer 14,50 € mit Dusche. Die Welt dreht sich - manchmal schneller, als man gucken kann und der eigene Lohn - andere verdienen leider mehr. Im Luberon/Vaucluse zahlte ich wohl nirgendwo mehr 12 € für Camping (wenn auch wohl ein paar Mal wild gezeltet) - 3 € in Revest-du-Bion, unter 6 € in Apt, gut 8 € in Murs usw. Ich finde es arg kokett wie du dich über gewisse Preise echauffierst, woanders wieder akzeptierst. Wenn von 22,30 € auf 13,30 € Vergünstigung erhälst, darfst du dir das doch als Verhandlungserfolg anrechnen und ein Lob auf die Gnade der nette Betreiberin singen. Ist das nichts? In Badenweiler wollte mal keiner verhandeln bei 20 € an Ostern (im Jahre 2010), bin ich halt weg. Campings in der frz. Provinz habe ich auch schon mit 25 € und mehr bezahlt, teils schon vor Jahren - die sind nicht nur an der Côte oder am Atlantik (i.d.R. dann pauschale Platzpreise für 2 Personen, evtl. auch Kinder dazu noch).

Essen war natürlich meist teuer - ich esse Menüs und die kosten in ganz Frankreich den selben Dreh - kein Spezialität der Region. Die Preise der Eisdiele schockieren mich nicht. Nirgendwo gibt es soviel Eisdielen wie in Deutschland (also auch Konkurrenz) - Frankreich, Spanien seltener und dann auch teurer. Ist halt so und auch nicht typisch Luberon, sondern trifft mehr oder weniger das ganze Land. Umso schöner, wenn mal ein Ausnahme nach unten. Esse Eis ohnehin meist nur als Nachtisch bei den Abendmenüs, wenn ich auf Reisen im Ausland bin.

Noch viel mehr Stoff dann irgendwann in Herbst oder Winter mit meinem eigentlich schon fertigen Bericht zur selben Region, erweitert um einiges mehr - und eine ganze andere Perpektive. Wie oft war ich jetzt in der Ecke 3- oder 4-mal? - und nochmal mit Auto dazu. - Und? Ich glaube, es war immer großartig dort - so als wäre so die Zikaden zirpen hören, die Troubadore und Trommler durch die Gassen streifen, die Lavendeldüfte aufsteigen, reife Kirschen Gaumensaft aufschäumen, dem Farbenrausch die Iris erlegen, die Schluchten im Sausezug verrauschen, der Spiegel gehalten vom Silberband der Durance. Wohl aber auch immer ein Luberon und gleichzeitig viele Luberons.

Fahr nochmal hin!