Re: Pyrenäen von Ost nach West

von: Tom72

Re: Pyrenäen von Ost nach West - 04.12.17 23:30

10. Tag (25.07.2016), Esterri d’Aneu – Vielha
Strecke: 41 km
Fahrzeit: 3 Std. 36 min
Höhenmeter: 1105


Heute geht es über den 2072 m hohen Port de la Bonaigua. Als ich die erste Informationstafel für Radfahrer erreiche, habe ich bereits ein paar hundert recht steile Höhenmeter hinter mir (meiner Erinnerung zufolge betrug die Steigung auf den ersten Kilometern ab Esterri d’Aneu 8%). Im weiteren Verlauf ist die Steigung aber verhältnismäßig moderat.



Bei fast wolkenlosem Himmel und trotz der gut ausgebauten Straße (C-28) extrem geringem Verkehrsaufkommen genieße ich die Fahrt hinauf in die wunderschöne Hochgebirgslandschaft.





Schließlich windet sich die Straße in zahleichen engen Serpentinen landschaftlich traumhaft aus dem Tal hinauf zum Pass.







Einige Kilometer vor der Passhöhe starte ich noch eine kurze Wanderung (Nr. 10 in meinem Wanderführer „Pyrenäen 3“ aus dem Rother-Verlag), die sich anbietet, weil sie direkt an der Passstraße ihren Ausgangspunkt hat. Ziel ist der Bergsee Estanyola de Gerber. Ich stelle also an einer um diese Jahreszeit verwaisten Skilift-Talstation mein Rad ab, schnüre die Wanderschuhe und mache mich auf den Weg.





Es bietet sich von hier oben ein herrlicher Blick zurück auf die bereits bewältigten Serpentinen



und auf die noch bevorstehenden. Der Pass ist ungefähr am linken Bildrand.



Weiter geht es hinauf zum auf 2035 m gelegenen Bergsee.



Im wunderschönen Estanyola de Gerber hätte ich bei dem herrlichen Wetter auch baden können; ich begnüge mich aber damit, die Füße im Wasser zu kühlen und die Aussicht zu genießen.



Für den weiteren Aufstieg zum größeren Bergsee Estany de Gerber ist es mir angesichts der noch unvollendeten Passüberquerung zu spät, so dass ich von hier wieder zu meinem Rad hinabmarschiere.

Nach einigen weiteren Serpentinen erreiche ich mit dem Port de la Bonaigua auf 2072 m den höchsten Pass der Reise. Es ist nach dem Col de la Cayolle in den französischen Alpen (2326 m) mein bisher (2017) zweithöchster Pass.





Hier oben tummeln sich zahlreiche freilaufende Rindviecher. Sie lassen sich von den Autofahrern, die auf der Passhöhe einen kurzen Aufenthalt zum Fotografieren einlegen, nicht stören; vielmehr scheinen die Touristen vor den Kühen mehr Respekt zu haben als umgekehrt.





Nun genieße ich die lange Abfahrt hinunter ins Val d’Aran nach Vielha. Ein für die engen Serpentinen überdimensionierter vor mir fahrender Reisebus hindert mich zunächst am zügigen Abwärtsrollen, bis ich ihn schließlich überholen kann.



Unterhalb des Port de la Bonaigua entspringt die Garonne, die sich einige hundert Kilometer weiter kurz vor Bordeaux mit der Dordogne zur Gironde vereinigt, die dann in einem breiten Mündungstrichter in den Atlantik fließt.



Ich erinnere mich bei der Gelegenheit an zwei Radreisen, die mich durch Bordeaux und das Médoc, die Landschaft an der Mündung der Gironde, geführt haben. Der Name des Flusses erscheint auf dem Schild in aranesischer Sprache; „era“ ist im Aranesischen der bestimmte weibliche Artikel. Im zu Katalonien gehörigen Val d’Aran hat die romanische aranesische Sprache, die sich vom Katalanischen deutlich unterscheidet, neben dem Spanischen und dem Katalanischen den Status einer weiteren Amtssprache. Mit dem Port de la Bonaigua habe ich nach der Überquerung der Cerdanya (Wasserscheide von der Têt zum Segre/Ebro) den Hauptkamm der Pyrenäen das zweite Mal überquert (Wasserscheide von der Noguera Pallaresa/Ebro zur Garonne und damit vom Mittelmeer zum Atlantik), der aber hier ausnahmsweise nicht die Grenze zwischen Spanien und Frankreich markiert. Das zwar zu Spanien gehörige, aber nördlich des Pyrenäen-Hauptkamms gelegene Val d’Aran mit seinem Hauptort Vielha war vielmehr über Jahrhunderte, bis zur Eröffnung des Tunnels Richtung Lleida Mitte des 20. Jahrhunderts und dem Bau der Straße über den Port de la Bonaigua, kulturell und sprachlich nach Frankreich, genauer auf den okzitanischen Kulturraum hin, ausgerichtet, von wo aus es über das Tal der Garonne besser erreichbar war.

Ich rolle weiter hinab ins Val d’Aran



und erreiche den sehr touristisch geprägten Ort Vielha.





Die ersten beiden Hotels, die ich auf der Suche nach einer Unterkunft ansteuere, sind ausgebucht, aber dann bekomme ich in einem Hotel mitten im Zentrum ein einigermaßen preiswertes Zimmer, mit dem ich sehr zufrieden bin.

11. Tag (26.07.2016), Wanderung von Vielha auf den Tuc de Montcorbison, 2174 m

Heute bleibe ich in Vielha und unternehme von hier aus eine weitere Tageswanderung. Ziel ist der Gipfel des Tuc de Montcorbison mit einer Höhe von 2174 m, den man auch vom Ort aus sehen kann.



Die Beschreibung der Tour in meinem Wanderführer ("Pyrenäen 3", Rother-Verlag, Tour Nr. 2) beginnt an einem Parkplatz hoch oberhalb des Tals am Ende einer Serpentinenstraße auf einer Höhe von 1600 m. Ich hätte bis dorthin mit dem Rad hinauffahren können; da ich meiner Wanderkarte aber einen Wanderweg vom Tal aus entnehmen kann, entscheide ich mich, direkt in Vielha, das auf knapp 1000 m Höhe liegt, zu starten und das Rad für heute im Hotel zu lassen.

Blick zurück auf Vielha



Am Ausgangspunkt der Tour aus meinem Wanderführer, dem kleinen Stausee Bassa d’Oles auf 1600 m, grasen in malerischer Berglandschaft freilaufende Pferde.



Eines von ihnen interessiert sich sehr für meinen Rucksack und hat wohl meine Picknick-Sandwiches gerochen. Es ist nicht ganz einfach, es davon abzubringen, den Rucksack anzuknabbern.





Einige der Pferde tragen Glocken um den Hals, wie man es sonst eher von Kühen kennt.



Nun geht es, nachdem ich bereits etwa 600 Höhenmeter seit dem Tal bewältigt habe, weitere gut 500 m ziemlich steil über nicht immer eindeutig markierte Pfade aufwärts. Außer zwei absteigenden Wanderern begegnet mir niemand. Aber der Gipfel ist bereits in Sichtweite.



Der Aufstieg ist tatsächlich recht anstrengend, aber schließlich erreiche ich die Antennen auf dem Gipfel des Montcorbison. Er ist noch ein wenig höher als der vorgestern erwanderte Mirador de Fogueruix und der höchste auf dieser Reise erreichte Punkt.



Von hier oben bietet sich ein fantastischer Blick hinab auf Vielha



und vor Allem, Richtung Südwesten, auf das Maladeta-Massiv (Macizo de la Maladeta) mit mehreren Dreitausendern einschließlich des höchsten Pyrenäen-Gipfels, des Pico de Aneto mit 3404 m. Leider ist die Fernsicht durch die im Laufe des Nachmittags heraufziehende Bewölkung eingeschränkt.



Auch der Abstieg, wenn auch auf gleicher Route, begeistert durch traumhafte Landschaftseindrücke.









Nach einem ganzen Tag in der einsamen Hochgebirgslandschaft und gut 1100 auf- und wieder abwärts gewanderten Höhenmetern erreiche ich am Spätnachmittag wieder das quirlige Vielha mit seinen zahlreichen Hotels und entspechender touristischer Infrastruktur.




12. Tag (27.07.2017), Pausentag in Vielha


Heute lege ich in Vielha noch einen Pausentag ein, weil ich online einige wichtige Angelegenheiten zu erledigen habe, wozu ich vor der Reise nicht mehr gekommen bin und wozu ich das WLAN des Hotels benötige.

Fortsetzung folgt…